Symbiotische Aussaat

Begonnen von Berthold, 13.Sep.08 um 12:57 Uhr

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Claus

Hallo Erwin,
stehen die Gläser dunkel? D. maculata ist wie fast (!) alle Erdorchideen ein Dunkelkeimer.

15 Grad ist an sich zu niedrig. Zum Keimen solltest du Raumtemperatur haben, also 20-22 Grad. Symbiotisch keimen D. maculata bei Raumtemperatur nach 2-3 Wochen. Jetzt musst du aber noch eine Woche addieren; denn so lange braucht der Pilz, um die Oberfläche zu infizieren.

Der Pilz ist in Ordnung, falls er unter Sterilbedingungen verarbeitet wurde, aus der gleichen Quelle keimen bei mir zur Zeit D. maculata und D. sambucina sehr gut.

Die Knötchen sind die "Vermehrungsprodukte" der fungi imperfecti, sie werden manchmal "Konidien" genannt, obwohl das nicht ganz richtig ist, richtig wäre "Sklerotien". Kannst du mal googeln.

Ach ja, und die Samen? Wie alt? Gut gelagert? Embryonen unter dem Mikroskop erkennbar?

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

winwen

Hallo,

ja, Verarbeitung war steril, Samen 5 Monate alt, kühlschrankgelagert, Embryonen erkennbar, Gläser stehen dunkel. Ferner keine "Stiele", Sporen, Pelz, etc sichtbar. Auch kein Schleim, aber eben auch keine Keimung.
Samen aus derselben Tranche keimten jedoch auch vor 5 Monaten asymbiotisch nur  äußerst zickig (evt. schwieriger Samen wg. Selbstung).
Ich werde mal etwas wärmer stellen und noch etwas warten.
Wenn's nicht funkt, darf ich Euch eine Samenprobe schicken?

Berthold

Mischplize:




anfänglich wollte ich ein anderes Wuchsverhalten des B1-Mykorrhizapilzes auf Haferflocken-Eichenblatt-Agar nicht ausschliessen.
Da diese grünen Sporenträger aber nur in Gläsern mit nicht sterilisiertem Orchis laxiflora Samen aufgetreten sind, wird es sich wohl doch um eine Fremdinfektion handeln, die mit dem Samen eingebracht worden ist.

Die Protokorme entwickeln sich auch in diesen Mischpilzkulturen fast normal.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

winwen

Wollte nur mal updaten:
Mir ist heute ein Paper in die Hände gefallen (aus 1978, gratis am Internet zu finden) mit dem Titel:"Nutritional Requirements of Orchid Endophytes". Darin geht es hauptsächlich um Tulasnella calospora - dem Global Player unter den Mykorrhizapilzen. Die Autoren bestätigen u.a. dass der Pilz ein breites Spektrum von Kohlenstoff-Quellen zu erschließen imstande ist, konkret auch Zellulose. Weiters geht es hauptsächlich um die Frage, wie es mit N-Quellen und Vitaminen aussieht. Kurz zusammengefasst: bezüglich B1 und PABA ist T. calospora heterotroph, jedoch gleichzeitig unbedingt darauf angewiesen. Bei den Stickstoffquellen ist er wählerisch, wobei insbesondere Asparagin bzw. Glycin alleine sehr gute, jedoch Urea und Hefeextrakt bessere und Caseinhydrolysat Top-Ergebnisse brachten.
Nitrate und Ammonium konnten kaum verstoffwechselt werden.
Apropos Top-Ergebnisse:
Nachdem Fiasko meiner ersten symbiotischen Aussaat, habe ich neue Ansätze gemacht u.a. mit eine agarfreien Substrat (Kokosfaser, Kleintierstreu, geriebene Eichenblätter, imprägniert mit einer Lösung aus 1g Caseinhydrolysat, einer Kapsel B-Vitaminen und 3ml Compo Complete Flüssigdünger pro Liter Lösung). Gestern früh erst habe ich das gannze inokuliert - heute abend bereits sieht man aus den Pilzagarstückchen in ungewohnter Dichte die Pilzhyphen sprießen. Recht lokal zwar noch, aber enorm pelzig. Verglichen mit Hafer würde ich richtiggehend meinen: der Pilz wütet!
Ich bin schon neugierig, wie das wird, wenn die letzten Dactylorhiza-Samen, die ich von letztem Jahr noch übrig habe, dazukommen.
Stay tuned for more....
Erwin

Berthold

Zitat von: winwen am 25.Mär.09 um 23:36 Uhr
Verglichen mit Hafer würde ich richtiggehend meinen: der Pilz wütet!
Erwin

Erwin, ähnliche Beobachtung habe ich bei Haferagar mit viel Eichenlaub drin gemacht. Leider haben da nur 2 Samen gekeimt von ca. 1000.

Entweder ist es eine Fremdinfektion oder der zu aktive Pilz tötet die Embryonen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: winwen am 25.Mär.09 um 23:36 Uhr
Ich bin schon neugierig, wie das wird, wenn die letzten Dactylorhiza-Samen, die ich von letztem Jahr noch übrig habe, dazukommen.

Ich empfehle eigentlich die asymbiotische Keimung und dann das Umlegen von Protokormen auf den Pilz. Das Ergebnis ist wesentlich besser. Offenbar verspeist der Pilz doch viele Samen. Das könnte erklären, weshalb die Keimung in der Natur so selten ist.

Nun könnte man ja sagen, dann lasst doch die Protokorme gleich auf dem asymbiotischen Nährboden. Der Unterschied ist aber gewaltig, die symbiotischen Protokorme laufen den asymbiotischen in der Entwicklung weit voraus.

Vielleicht noch eine Info zur Kultur auf holzhaltigen Substraten. Da gibt es Gläser, in denen das Wachstum hervorragend ist und andere, in denen die Sämlinge eigentlich nur vor sich hinmickern - alles bei Infektion aus gleicher Quelle. Für mich bislang unerklärlich, obwohl es das auch in asymbiotischen Gläsern gibt.

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

winwen

...und ab welcher Größe würdest Du asymbiotische Protokorme symbiotisch umpflanzen, Claus?

Berthold

Zitat von: Claus am 26.Mär.09 um 09:05 Uhr
Ich empfehle eigentlich die asymbiotische Keimung und dann das Umlegen von Protokormen auf den Pilz. Das Ergebnis ist wesentlich besser.

Claus, das gilt sicherlich für die meisten Arten, wenn man nur B1-Pilz hat. Aber die symbiotisch gezogenen Orchis elegans blühen schon, wenn Du bei Deiner asymbiotischen Aussaat mit der Lupe gerade Quellungen der Embryonen erkennen kannst (zur Verdeutlichung des Sachverhaltes musste ich etwas übertreiben).



Zitat
Vielleicht noch eine Info zur Kultur auf holzhaltigen Substraten. Da gibt es Gläser, in denen das Wachstum hervorragend ist und andere, in denen die Sämlinge eigentlich nur vor sich hinmickern - alles bei Infektion aus gleicher Quelle. Für mich bislang unerklärlich, obwohl es das auch in asymbiotischen Gläsern gibt.

Viele Grüße
Claus

Auch gerade habe ich wieder beobachtet, dass der Pilze direkt nach der Infizierung in manchen Gläsern doppelt so schnell wächst wie in anderen, obwohl aller Infektionsagar aus der gleichen Quelle stammt.

Ich kann mir das eigentlich nur so erklären, dass der Ursprung eben doch nicht die gleiche Quelle ist. Wenn man von einer infizierten Agar-Oberfläche an zwei Stellen, die vielleicht 1 cm Abstand zueinander haben Agar-Proben zum Infizieren entnimmt hat man vielleicht doch zwei etwas genetisch unterschiedliche Pilze erwischt, die dann unterschiedlich schnell wachsen und auch unterschiedlich gut keimen können. Wahrscheinlich versorgen manche Pilze die Protokorme auch mit geringfügig unterschiedlichen Nährstoffen, sodass manche Protokorme schnell grüne Triebspitzen und Wurzeln andere dagegen kaum Triebspitzen dagegen allerdings dicke Protokorme bilden.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: winwen am 26.Mär.09 um 11:29 Uhr
...und ab welcher Größe würdest Du asymbiotische Protokorme symbiotisch umpflanzen, Claus?
Also, die können noch sehr klein sein, 1 mm ist schon sehr gut. Es gibt aber große Unterschiede bei den Arten.

Bei O. elegans z.B. war die Keimung auf B1 schlecht, viel zu wenig Protokorme, aber die asymbiotisch gezogenen starben dann beim Umlegen auch reihenweise ab. Also das muss man selbst ausprobieren was geht.

Jetzt hatte ich O. coriophora fragrans sowohl asymbiotisch als auch auf B1 ausgesät. Die asymbiotischen keimten zwar in Massen und sind noch im Reagensglas, aber die deutlich wenigeren symbiotischen sind in der gleichen Zeit (seit 3.12.08) bereits auspikierfähig gewachsen.

Es gäbe sehr viel zu untersuchen, z.B. auch die Keimung verschiedener Arten auf unterschiedlichen Pilzen, auf holzhaltigen Substraten etc. Aber man muss sich ja doch beschränken, die Zeit reicht einfach nicht.

Ich finde auch große Unterschiede auf den holzhaltigen Substraten (gleiche Imprägnierung), teils bilden die Pflanzen relativ rasch Rüben (Dactys), teils schießen sie nur ins Kraut, lange Blätter, aber das Protokorm bleibt klein. Die sind sicher nicht so toll nach dem Auspikieren. Das ist glasabhängig, sonst würde ich denken es liegt nur an den Genen.

Viele Grüße
Claus
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Berthold

Zitat von: Claus am 26.Mär.09 um 14:22 Uhr
Das ist glasabhängig, sonst würde ich denken es liegt nur an den Genen.
Viele Grüße
Claus

Claus, versuch doch mal Jenaer Glas oder Geräteglas 33.

Meinst Du die Gene von den Orchideen oder von den Pilzen?
Da ich die Samen vor dem Ausäen nicht nach Genen sortiere aber in den Gläsern sich die Pflanzen jeweils oft einheitlich entwickeln, vermute ich, es liegt an den Genen der Pilze.

Gruss von der Keimfront
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Na, du weißt schon wie ich es meine.  :-p

LG Claus
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Claus

Dactylorhiza praetermissa

Die sind von einer Aussaat in 2005. Sie wurden zunächst asymbiotisch ausgesät und dann auf B1 gelegt. Mit denen habe ich allerlei Versuche gemacht und sie schließlich in mein damaliges Substrat aus Seramis, Perlite, Rindenhumus, Kiefernrinde, Holzfaser und zerrupftes Moos auspikiert. Wie man sieht geht es ihnen gut. Die Moosschicht hatte ich entfernt.

Das zweite Foto zeigt einen anderen Topf mit der inzwischen dicken Moosschicht.

Viele Grüße
Claus

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Berthold

Claus, ich hätte die Moosschicht drauf gelassen sonst musst Du im Sommer immer mit der Giesskanne daneben stehen. Dieses grobe Substrat trocknet doch sehr schnell aus.
Ich habe so die ersten Sämlinge von Frank von Dact ochroleuca verloren. Es hatten nur die überlebt, die ich zum Test an den Teichrand gepflanzt hatte und als der Sommer dann heisser wurde starben auch diejenigen ab, die etwas weiter vom Wasser weg standen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Berthold,
die sollen ausgepflanzt werden, sobald die Biotope fertig sind. Die Wurzelsperre ist schon eingebaut.

Gruß
Claus
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Berthold

Zitat von: Claus am 26.Mär.09 um 21:58 Uhr
Berthold,
die sollen ausgepflanzt werden, sobald die Biotope fertig sind. Die Wurzelsperre ist schon eingebaut.

Gruß
Claus

Claus, das sieht solide aus, da werden sie nicht durchwurzeln.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)