Symbiotische Aussaat

Begonnen von Berthold, 13.Sep.08 um 12:57 Uhr

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Berthold

Zitat von: Claus am 01.Mär.09 um 22:32 Uhr
Berthold,
wenn du lange genug wartest, hast du in jedem Glas eine dünne Schicht Suppe. Man sieht das erst, wenn man mit dem Spatel hineinreicht.

Claus

kann ich nicht bestätigen. Bei den meisten meiner Gläser trocknet das Gel langsam ab und die Substanz wird fester. Im Kühlschrank bleibt sie sehr viel länger gleichmässig.

Oder meinst Du, wenn man lange genug wartet, hat man in jedem Glas eine Fremdinfektion? Das wäre ja plausibel.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von Berthold: Oder meinst Du, wenn man lange genug wartet, hat man in jedem Glas eine Fremdinfektion? Das wäre ja plausibel.

Ach Berthold,
das glaubst du doch selbst nicht.  :-D

Wenn bei dir das Gel allmählich abtrocknet, dann verliert es Flüssigkeit und der Deckel ist undicht, d.h. du hast mehr Luftaustausch als dem Nährboden gut tut. Das passiert bei meiner eingekerkerten noch nicht einmal nach 3 Jahren.

Wenn meine Gläser sich alle infizieren würden, könnte ich ja keine saubere Neuanzucht des Pilzes machen.

Viel Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

winwen

Zitat von: Berthold am 01.Mär.09 um 22:05 Uhr
...und genau deshalb habe ich die Eichenblätter auch nur in ca. 1 cm breite Streifen geschnitten. Dann ragen nämlich immer Teile in die Luft und liegen flach auf der Oberfläche. Dann können sich die Samen nämlich aussuchen, von welchen Pilzen sie sich am liebsten keimen lassen, geschickt, nicht wahr?
Das sehe ich auch so, aber die Frage ist: Bringt das Agar in solchen Situationen noch irgendwas? Wäre es da nich geschickter ein luftigeres Trägersubstrat (Kokosfasern z.B.) zu nehmen, mit den (zerkleinerten) Blättern zu mischen, mit Haferwasser zu imprägnieren und danach zu sterilisieren und zu inokkulieren? Das Problem des Absinkens bestimmter Teile gilt ja auch für den Hafer!

Claus

#138
Hallo Erwin und Berthold,

das habe ich schon mehrfach geschrieben: Gegenüber dem Haferagar wachsen die Sämlinge von D. praetermissa - und auch von anderen Dactys - wesentlich besser und schneller und zu größeren Pflanzen auf dem imprägnierten Eichengemisch. Die große Holzmenge liefert dem Pilz für längere Zeit Material zur Verarbeitung, man muss also nicht so oft umlegen.

Man benötigt größere Gläser, weil die Pflanzen sowohl längere Blätter bilden als auch längere Wurzeln, in Einzelfällen sind die Wurzeln mehr als 10 cm lang. Das Umlegen solcher Pflanzen ist schwierig, wenn man es überhaupt noch einmal machen will. Aber sie wachsen dann auch problemlos weiter.

Die Pflanzen können bereits im Glas Speicherwurzeln bilden, man kann hier übrigens auch sehr gut die Hyphen sehen:


Auch die längere Kultur von D. sambucina, die mir auf Haferagar nicht gelang, scheint auf Eiche möglich zu sein, jedenfalls leben immer noch Exemplare der Aussaat von 2007 auf Eiche und wachsen weiter.

Diese "patentumgehende" Zwischenlösung mit den Eichenblättern im Haferagar hat nur den einen Vorteil: Sie spart die Imprägnierung, weil der Hafer die benötigten Stoffe - Eiweiß = Stickstoff, Kalium, Phosphor, Calcium, Magnesium, Vitamine und Spurenelemente - mitbringt. Aber die Gefahr des Parasitierens begrenzt die Einsatzmenge dieser Stoffe, von daher hat ein solches Nährmedium bei weitem nicht die Kapazität wie ein Kirschglas halb gefüllt mit holzhaltigen Substraten.

Viele Grüße
Claus
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winwen

Oh, genialer Claus!

Das sieht ja wie ein Durchbruch aus!
Ich nehme an, das Bild is aktuell - die wären ja schon fast pikierreif, die Orchis. Kannst Du vielleicht noch was sagen über die Dimension des Glases?

Claus

Hallo Erwin,

das ist ein Glas, wie es für Sauerkirschen verwendet wird, Gurkengläser sehen auch so aus. D.h. 720 ml Inhalt, Durchmesser außen 9 cm, Höhe ca. 11 cm.

Das sind Pflanzen, die im Juli 2007 asymbiotisch ausgesät wurden (Grünaussaat). Wegen der damals massiven Keimung wurden alle möglichen Experimente mit den Pflanzen gemacht: asymbiotisch belassen, eine wurde in 140 ml B1-Haferagar in einem ähnlich großen Glas "eingekerkert", die meisten irgendwann auf B1 umgelegt, in 2008 dann für die Versuche mit den Holzsubstraten verwendet, diese jetzt am 13.12.08 nochmals von Eiche auf Eiche umgelegt. Da gingen die dann so richtig ab. Die Art treibt relativ leicht aus und braucht dazu deutlich weniger als 3 Monate Kühlung.

Ja, die Pflanze ist längst auspikierfähig. Parallel hatte ich schon früher Pflanzen von B1 (Hafer) auspikiert, die kommen jetzt gut aus dem Substrat, zur Zeit noch Triebknospen. Da sie aber kalt gestanden haben, werden sie austreiben.

Im vergangenen Sommer hatte ich einige auf Eiche gezogene, schon recht große D. praetermissa in einen großen Blumentopf gesetzt, der ein ebenso imprägniertes, sterilisiertes und infiziertes Eichensubstrat enthielt. Eine übergezogene Plastiktüte sollte zunächst die Feuchte halten. Aber da sind die Pflanzen in der nicht sterilen Umgebung langsam eingegangen. Ich hatte die Hoffnung, den Pilz auf diese Weise allmählich in den Gartenboden zu bringen, das ist wohl gescheitert, ebenso wie die laufenden Infektionen des Komposthaufens mit den gebrauchten B1-Agarabfällen.  :whistle :-D :whistle

Viele Grüße
Claus

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Claus

#141
Hallo,
bei der Durchsicht der Gläser fiel mir heute eines auf, das den Pilz der DSMZ Nr. 3713 enthält sowie recht schnell wachsende Protokorme der D. maculata:

Die Besonderheit: Neben der anamorphen Phase des Rhizoctonia-Pilzes in Form von langen Hyphen ist noch ein graugrüner Pilz vorhanden, ähnlich wie ein Schimmelpilz. Das war nicht gleich zu Beginn der Infektion, sondern das hat sich allmählich gebildet.

Den Protokormen macht das nichts aus, auf ihren Rhizoiden sitzen auch diese grünlichen Gebilde.

Christian, falls du das jetzt liest: Wir wissen ja viel zuwenig vom Leben der Pilze. Wie könnte denn ein Teleomorph von einem Rhizoctonia aussehen?

Grüße
Claus
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Berthold



Ein Pilz 5 Wochen nach der Infizierung (4 Wochen nach Aussaat von Spir. spiralis) auf Haferflocken und Eichenblatt.

Es hatte sich ein feiner Wattefilm gebildet, der jetzt in 3Uhr Position grüne Körperteile bildet. Auch die Flüssigkeitbildung an der zentralen Infektionsstelle gefällt mir überhaupt nicht.
Es scheint mir doch nicht der Mykorrhiza-Pilz zu sein, sondern eine Fremdinfektion, trotz 10 Min. Bleiche des Samens mit 2% H2O2. Die Wattebildung liegt wahrscheinlich doch nicht an den anderen Wachstumsbedingungen mit Eichenblattzumischung.

Ich starte gerade einen Kontrollversuch mit L1 und B1 Pilz auf Haferflocken-, Haferflocken+Eichenblatt- und Haferflocken+ viel Eichenblatt- Agar. Dann sollte man endlich genauer erkennen können, ob die Wattebildung mit der Pilzernährung zusammenhängt.

Eine Protokormbildung der Spiranthes spiralis kann bisher nicht festgestellt werden.
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Berthold

Zitat von: Charlemann am 05.Mär.09 um 21:48 Uhr
Ist das der Samen von Lothar?
Bei mir sind auch die Hälfte aller Gläser (asymbiotsch) verpilzt.
Ber Claus verlief das ähnlich.

Ja, Michael, ist er. Dann müssen wir den Samen wohl vor der Bleiche doch mal 24 Stunden in körperwarme Zuckerlösung stecken, oder?
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Ahriman

Hallo Claus!

Tut mir leid, das ist nicht so ganz meine Baustelle.
Ich versuche aber auch gerade mehr über Orchideenmycorrhizen zu lernen.
Sonst war meine einzige Kulturerfahrung mit Pilzen bisher Shiitake den ich mir im Supermarkt besorgt und geklont habe und der nun im Glas auf gehäckselten Eichenzweigen vor sich hin wächst. Ebenfalls wesentlich besser als auf Agar. Als Symbiosepilz allerdings ungeeignet, überwuchert und verdaut alles.

Keine Ahnung wie ein Teleomorph von Rhizoctonia aussehen sollte. Dazu weiß Frank wahrscheinlich mehr. Allerdings ist zu beachten dass es "Rhizoctonia" genetisch nicht gibt. Die bereits identifizierten Teleomorphe dessen was man früher als Rhizoctonia klassifiziert hatte heißen beispielsweise Ceratobasidium oder Thanatephorus. Sobald ich mal den B1 von dir habe werden sich das unsre Mycologen mal ansehen. Vielleicht bringe ich die Leute ja dazu auch andere Pilze zu sequenzieren.
Von Rafael habe ich bislang leider nichts gehört, hoffe er präsentiert mal seine Ergebnisse.
Ich denke aber dass die meisten dieser Symbiosepilze zu den Tulasnellales oder Sebacinales gehören dürften.

LG,
Christian

Berthold

#145
In einigen B1-Gläsern bildet sich manchmal eine weisse flüssige Schleimschicht und die B1-Hyphen verschwinden. Die Schleimschicht mit der Lupe (500fach):



Unter Vorbehalt wurde mir gesagt, es handele sich um "Hefe-Mandelmännchen" und die Kügelchen in den Zellen könnten Bakterien sein, also alles Zeug, was nicht ins Glas gehört.

Kann jemand die Zellstrukturen identifizieren?
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Niko

Hallo Berthold,
die Kügelchen in den Zellen sind sicher keine Bakterien (die sind viel kleiner und in der Größe homogener), das Zeugs sieht anders aus. Allerdings erscheinen die Pilzzellen "leer", so als ob nur noch die Zellwand übrig wäre (vielleicht sind die ügelchen restliches Cytoplamsa, hast Du das Präparat gequetscht?)?.

Viele Grüße
Niko

Berthold

#147
Hier Hyphen von einem arbeitenden B1 (alle Aufnahmen mit 500facher Vergrösserung):



Die Zellen sind wesentlich länger als die Zellen des Schleimers in Beitrag 162.


Diese Hyphen stammen von einem schwarz wirkendem Infektionspilz:



Die Zellen haben nur den halben Durchmesser, sind aber auch sehr lang und voller Organellen, die wohl die schwarze Farbe bewirken. Im Hintergrund sieht man noch Hyphen von dem Mykorrhiza-Pilz L1.

Claus, schau doch mal genau in Deinen Komposthaufen, ob nicht vielleicht doch B1 drin ist.
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Claus

Zitat von: Berthold am 07.Mär.09 um 21:58 Uhr
Claus, schau doch mal genau in Deinen Komposthaufen, ob nicht vielleicht doch B1 drin ist.
Berthold,
der hat zur Zeit mindestens 10 m3, da ist die Suche nach der Nadel im Heuhaufen einfacher.  :-D

Also, das Problem bei den Rhizoctonia ist ja, dass man sie nur morphologisch unterscheiden kann. Breite der Hyphen, Verzweigungen etc. Von daher bringen uns die Fotos - glaube ich - auch nicht weiter. Da ich demnächst einige zig Gläser Sämlinge von Hafer-B1 umlegen werde, achte ich mal auf vorhandene Schleimschichten. Ich meine, sie sind nach einiger Zeit immer da.

Berthold,
könnte es sein, dass du diese Verunreinigungen nur hast, weil du nicht steril arbeiten kannst? Das ist ja auch bei Dieters Pilz so, wobei man nicht weiß, ob er sich die weiteren Pilze nach und nach eingefangen hat, oder ob die vonm Anfang an vorhanden waren. Ich erinnere mich aber, dass ich beim ersten Pilz von ihm nur eine Komponente hatte.

Durch die offenbar mögliche Koexistenz von mehreren Pilzen in einem Glas kann man ja wohl öfter Sämlinge erfolgreich kultivieren, ohne dass sie gleich wieder gefressen werden.

Wenn ich ein Stückchen Toresa von Dieters Pilzkultur auf Haferagar lege, dann bilden sich im Laufe der Zeit auch mehrere Zonen aus, die zwar in sich etwas verschachtelt sind, aber i.w. eine Trennung nach Arten zeigen, es gibt dunkle Zonen, dann Stellen mit Watte und auch helle Zonen. Diese Trennung scheint auch für die einzelnen Faserstückchen zu gelten. So habe ich eine winzige Faser in einem Glas auf den Agar gelegt, und da wuchs dann nur der Rhizoctonia.

Wir haben ja auch früher bei der Isolierung von Pilzen immer mit Haferagar gearbeitet, d.h. wir haben die Pilze in der Ebene kultiviert. Da laufen die Hyphen im Wettbewerb miteinander von der Impfstelle weg, das kann man mit bloßem Auge oder einer schwachen Lupe sehr gut erkennen, wenn man das Licht schräg auffallen lässt. Wenn man dann ein winziges Stückchen von der Front der Hyphen nimmt, dann kann man die Arten oft voneinander trennen. Pech nur, wenn die Schimmelhyphen das Wettrennen gewinnen.  :whistle :whistle :whistle

Ich habe da eine andere Idee, die vielleicht auch grundsätzlich zur Isolierung von Symbiosepilzen geeigneter wäre und die mir bei der Trennung von Dieters Pilzen kam: Kultur auf Holzsubstrat. Der Vorteil: Es bilden sich Lufthyphen. Man kann nach ein paar Tagen winzige Stücke der reinen Hyphen entnehmen und dann auf Haferagar kultivieren. Dort kann man dann erkennen, ob es sich um sog. Langhyphen handelt, das ist dann in der Regel der Symbiosepilz oder ob sich dann Sporenköpfchen oder Wuschelwatte bildet, das wären dann die Schimmel- oder sonstigen Pilze.

Wenn ich wie Dieter damals ein Stück Orchideenwurzel nehme und auf imprägniertes Toresa lege, muss ich natürlich mit mehreren Pilzen rechnen. Dieses Dreigespann, das Dieter zur Zeit hat, scheint aber mit den Sämlingen koexistieren zu können.

Berthold, vielleicht machst du einmal den Versuch und legst etwas von dem Schleim auf Holzsubstrat und schaust, was sich da tut.

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Claus

Zitat von: Charlemann am 08.Mär.09 um 10:52 Uhr
@Claus:
Hast Du schon mal probiert die verschiedenen Pilze zu isolieren?
Vielleicht ist da ein Pilz am Werk der wirklich gut ist und die anderen hemmen ihn daran.

Hallo Michael,

der grüne Schimmel wird es nicht sein; denn darauf wächst nichts, was irgendwie an Orchideensämlinge erinnert. Was eher sein könnte, ist dieser Faserpilz mit teilweise winzigen schwarzen Sporenkapseln. Die werden im Laufe der Zeit immer weniger. Ob ich den isoliert zu fassen bekomme muss ich mal sehen. Aber es gibt ein Glas, in dem er Lufthyphen gebildet hat. Wenn ich mir davon eine schnappe ...  :whistle

Heute ist sowieso Pilztag, ich habe gestern 38 Marmeladengläser und 3 Kirschgläser Haferagar gekocht, der wird heute mit Protokormen von D. maculata infiziert. Und in die drei Kirschgläser mit je 150 ml Nährboden wird jeweils ein Protokorm vo D. maculata eingekerkert mit B1, L1 und D1. Da können die mal im Wettbewerb zeigen, was sie drauf haben. Nachfütterung ist zugesichert, also sozusagen Sicherungsverwahrung.  :-p

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)