Symbiotische Aussaat

Begonnen von Berthold, 13.Sep.08 um 12:57 Uhr

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Berthold

Zitat von: Timm Willem am 20.Sep.10 um 13:16 Uhr
Gibt es denn schon Keimung?

nein, aber dazu ist es auch noch zu früh. Bei der Orchis palustris-Gruppe sehe ich so etwa 14 Tage nach der Aussaat Miniprotokorme (22°, dunkel).
Hängt aber auch von dem Pilz, bzw. der Pilzmischung im individuellen Glas ab.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Niko

Zitat von: Berthold am 20.Sep.10 um 11:53 Uhr
..., es ist mit Sicherheit B1 im Glas.

Hallo Berthold, die Aufnahme hatte mich stark an eine Aussaat einer Dac.-Species aus einem Flachmoor im Toten Gebirge (ca. 1800m) erinnert. Damals meinte ich der Pilz müsse passen und der Fehlschlag (es kamen keine Protokorme mehr) wäre auf eine Fremdinfektion zurückzuführen. Hmmm - Dein obiges statement bringt mich auf die Idee, ob so vielleicht einfach ein unpassender B1 ( = phagozytierend) aussehen könnte?

Gruß Niko

Berthold

Zitat von: Niko am 20.Sep.10 um 20:56 Uhr
Zitat von: Berthold am 20.Sep.10 um 11:53 Uhr
..., es ist mit Sicherheit B1 im Glas.
Hmmm - Dein obiges statement bringt mich auf die Idee, ob so vielleicht einfach ein unpassender B1 ( = phagozytierend) aussehen könnte?

Gruß Niko

Niko, ich wollte nicht behaupten, dass nur ein B1 im Glas ist, könnte also durchaus eine Mischung sein. In spätestens 2 Wochen müsste ich Protokorme erkennen können, wenn ein brauchbarer B1 im Glas wäre und nicht verdrängt würde.
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Claus

Normalerweise keimt der B1 sogar, wenn er mischinfiziert ist. Nur entwickeln sich die Sämlinge dann nicht gut oder gehen bald nach der Keimung wieder ein.

Berthold, sind das O. palustris und Samen von Manne? Sieht bei mir z.Z. ähnlich aus.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Claus

Ich will noch ergänzen: B1 auf imprägniertem Holz bildet überhaupt nur lange Lufthyphen, allerdings sind auch Langhyphen auf der Glaswand. Aber in Ermangelung einer glatten Oberfläche wie auf Nährboden wächst er eben auch in die dritte Dimension hinein. Ich glaube aber nicht, dass dies dann eine andere Form des B1 ist.

Wenn also die Samen als Futter angesehen werden, vielleicht bildet er dadurch auch kurze Lufthyphen. Ich halte es aber für unwahrscheinlich, jedenfalls ist in einem Teil meiner Gläser eine echte Zweitinfektion eines anderen Pilzes.

Und demnächst werden wir die Gläser mal vergleichen.
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Berthold

Zitat von: Claus am 20.Sep.10 um 23:01 Uhr
Ich will noch ergänzen: B1 auf imprägniertem Holz bildet überhaupt nur lange Lufthyphen, allerdings sind auch Langhyphen auf der Glaswand. Aber in Ermangelung einer glatten Oberfläche wie auf Nährboden wächst er eben auch in die dritte Dimension hinein. Ich glaube aber nicht, dass dies dann eine andere Form des B1 ist.
.
Aber wenn ein reiner keimfähiger B1 auf Holz Lufthyphen bildet wie Du sagst, Claus, dann sollte er das auf den Testa der Samen doch auch versuchen wollen.

Samen ist von rumänischen Orchis elegans, Marler Orchis laxiflora Samen zeigt aber das gleiche Bild.
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Berthold

Zitat von: Berthold am 19.Sep.10 um 23:47 Uhr

Oder habe ich mir eine Pilzverunreinigung eingefangen und es handelt sich garnicht um reinen B1?



Zitat von: Niko am 20.Sep.10 um 09:52 Uhr
Hallo Bertold,
mit an Sicherheit grenzender Warscheinlichkeit eine Fremdinfektion... (nebenbei gutes Bild! Mit "echtem B1" habe ich meist schlechte Bilder, da die B1-Hyphen an der Glaswand hochgehen)

Gruß Niko

Niko, leider muss ich Dir vollumfänglich Recht geben. Es handelt sich tatsächlich um eine Verunreinigung, die nicht zur Keimung geeignet ist und teils dichte Hyphenteppiche bildet.

Der saubere B1 macht keine 1 mm langen Lufthyphen.
Allerdings macht diese Verunreinigung auf reinem 2.5 g Haferflockenagar auch keine Lufthyphen und ist deshalb in Rückstellgläsern ohne Samen optisch kaum zu identifizieren.
Die Lufthyphen scheinen nur zu entstehen, wenn die Verunreinigung auf andere Futterquellen trifft, wie z. B. Testa.

Ich werde jetzt bei dem Impfen neuer Gläser gleich etwas vollsterilisierten (abgetöteten) Samen mit auf den Agar streuen, damit sich eine ev. Pilzverunreinigung schneller optisch zu erkennen gibt und ich dadurch wertvollen Orchideensamen nicht den falschen Pilzen zum Frass vorwerfe.

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Ich hatte Samen ausgesät auf infizierten Boden, der vor der Aussaat einwandfrei nach sauberem B1 aussah.

3 bis 4 Tage nach der Aussaat bildeten sich an den Samen Lufthyphen.
Zunächst dachte ich, der Samen sei nicht richtig desinfiziert gewesen. Die Ursache scheint aber eine andere zu sein.

Der Pilz ist von vorne herein verunreinigt. Allerdings zeigen sich die Schmutzpilze nicht auf dem 2.5g-Haferflockenagar. Sie kommen erst zum Vorschein, wenn sie mit anderm gefüttert werden, entweder mit Samentesta oder reinen sterilisierten Haferflocken, die ich zum Nachfüttern in die Gläser gekippt habe.
Sehr hinterlistig, die Keimhelferpilzmischungen :nee
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Berthold,
ich habe doch Zweifel an dieser Darstellung. Du arbeitest je nicht unter Sterilbedingungen, und da fängt sich der Haferboden doch das eine oder andere ein.

Ich weiß nicht mehr, was du an Gläsern bekommen hattest, aber ich habe dir ja schon erläutert, dass die Reagenzgläser mit dem Impfpilz über Monate in einem nicht sehr trockenen Kellerraum standen. Wenn dann vor der Entnahme des Impfpilzes das Reagenzglas von außen nicht zu 100% mit z.B. 0,5% NaOCl-Lösung + Spülmittel desinfiziert wird, hat man schon eine Infektion beim Übertragen. Ist mir auch so passiert. Die nächste Charge, bei der ich so wie beschrieben gehandelt hatte, war einwandfrei. Und ich impfe in der laufenden Sterilbank an.
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Berthold

Zitat von: Claus am 06.Nov.10 um 16:43 Uhr
Berthold,
ich habe doch Zweifel an dieser Darstellung. Du arbeitest je nicht unter Sterilbedingungen, und da fängt sich der Haferboden doch das eine oder andere ein.

Claus, ich habe sicherlich durch nicht steriles Arbeiten eine Mischpilzkultur produziert und habe diese dann weiter verschleppt. Ich wollte auch nur sagen, dass es Mischpilzkulturen gibt, die man schlecht optisch erkennen kann, wenn nur 2.5-Haferflockenagar als Futter zur Verfügung steht.

Die nicht besäten Rückstellproben sahen nämlich sauber aus und die Verunreinigung wurde erst nach der Aussaat erkennbar, deshalb dachte ich, der Samen wäre verpilzt und habe mit den Rückstellproben kräftig weiter infiziert.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Mit dem Haferboden hat es sowieso etwas Eigenartiges an sich. Ich habe vor unserem Urlaub ab 11.10. Gläser sterilisiert. Dabei blieb eins übrig, und dafür wollte ich den Sicomatic nicht extra einsetzen. Ich habe das Glas also nicht sterilisiert sondern nur in den Kühlschrank gestellt. Da steht es heute immer noch und ist nicht infiziert.
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winwen

Schönen Abend allen Nachteulen!

Ich möchte Eure Aufmerksamkeit auf eine Webseite lenken, die von den Erfahungen mit symbiotischer Orchideenvermehrung in Kew berichtet:
http://www.ionopsis.com/sainsburyp.htm

Interessant finde ich v.a. das beschriebene Isolationsverfahren sowie den Hinweis auf einen Pilz mit der Bezeichnung F414.

Selbiger liegt auch im CBS auf (CBS 505.93) und wurde u.a. von H. Rasmussen eingesetzt (D 347-1) sowie durch einen ihrer Mitarbeiter im CBS deponiert. Aus ihren Ausführungen (...from seeds to mycotrophic plants) geht hervor, dass er u.a. Platanthera chlorantha und Aceras anthropophorum keimt UND gut fördert. Wie unser B1 mit Aceras zurecht kommt weiß ich leider nicht (Suche brachte nichts) aber P. chlorantha keimt er nur sehr zögerlich ohne weitergehende Förderung. Daher denke ich dass das evt. eine Investition wert sein könnte (zumindest um zu sehen, wie das Highlight aus 25 Jahre Forschung in Sachen symbiotischer Orchideenkeimung aussieht und es gegebenenfalls entsprechend zu würdigen).

Was haltet Ihr davon?


winwen

Noch ein kleiner Nachsatz:
Bei der bitischen HOS (deren Website ich länger nicht besucht hatte) scheint es einige Updates gegeben zu haben.
Konkret bieten sie nun ihren Mitgliedern pilzinfizierte Haferagar-Platten in Petrischalen an zu 6 GBP pro Platte. Als verfügbare Pilze sind der B1, der Q414 (wohl ident mit F414) und ein gewisser A36 genannt, über den ich jedoch am gesamten Internet nichts finden konnte.
Hat wer von Euch irgendwelche Infos über den letztgenannten Pilz?

Claus

Hallo Erwin,
kannst du mal den Link dazu einstellen? Ich habe die Seite mit den Pilzen nicht gefunden. Außerdem ist Philip Seaton, der für die Seedbank verantwortlich ist, nicht gerade sehr zuvorkommend, um es mal höflich auszudrücken.
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winwen

#299
...aber gern, Claus!
http://www.hardyorchidsociety.org.uk/consumables.htm
Vielleicht bezeichnend, dass es NICHT die Pilzbank ist, von der das kommt, sondern der allgemeine Supply für die Hobbyzüchter der HOS  ;-) (6 GBP/Platte!)

However: Q414 ist definitiv der CBS 505.93 (Rasmussen D 347-1), von dem es heißt
1.) er keimt und supportet Platanthera chlorantha (Rasmussen) und Aceras anthopophorum und
2.) er wäre der meistgebrauchte und potenteste Pilz, der in den ersten 10 Jahren des Sainsbury Orchid Conservation Project in den Kew-Micropropagation-Laboratories isoliert worden wäre (ohne weitere, dies illustrierende Angaben in Joyce Stewart, "THE SAINSBURY ORCHID CONSERVATION PROJECT: THE FIRST TEN YEARS").

Über den A36 schweigen sich das Internet und sämtliche Pilzbanken aus - leider!
Gemäß Krum Zotirov (offenbar ehemals Kew) gab es jedoch in den letzten 12 Jahren massive Fortschritte auf dem Gebiet der symbiotischen Anzucht von Orchideen in Kew, insbesondere betreffend die Differenzierung von Orchideen mit sehr spezifischen fungalen Ansprüchen (lt. Zotirov sind das die Ausnahmen) bzw. mit eher unspezifischen Ansprüchen (die eindeutige Mehrheit nach Zotirov).

BTW: auch Himantoglossum haben die in Kew vor mehr als 12 Jahren schon gekeimt (Q403 heißt der Übeltäter, Info stammend aus persönlicher Kommunikation zw. J. Stewart und G. Prendergast [Mykologin in Kew])