Wie habt ihr diesen Tag erlebt.
Ich für meinen Teil habe das vor dem Fernseher erlebt. Nach den Ereignissen in Ungarn und Tschechien war mir schon vorher klar, das dies kommen würde. Zwei Tage später bin ich dann mal nach Kassel gefahren. Die Grenzübergänge waren immer noch extrem verstopft. Eine Woche säter habe ich mir dann einen Job bei einer englischen Firma besorgt. Nicht Arbeitsamt.
Ich sass vor Fernsehen und konnte es kaum glauben.
Ich bekomme jetzt noch Gänsehaut, wenn ich daran denke, denn ich hatte Angst, dass die Russen doch dazwischen gehen.
Das Fernsehen wurde nur zur Schlafzeiten ausgeschaltet.
David Hasselhoff hat ja gestern wieder einen übern Durst getrunken zur Feier des Tages.....
Da ich ja in Ostösterreich wohne bekam ich fast live mit wie die Wochen vor dem Mauerfall täglich dutzende Menschen über die ungarische Grenze nach Österreich geflüchtet sind. Drüben in Ungarn waren schon ganze Parkplätze gefüllt mit verlassenen Trabis. Dann hieß es ab durch Wald und Wiese und man war in Österreich. Hier gabs schon Willkommenparties mit Speis und Trank für die Flüchtlinge , gleich ein paar hundert Meter nach der Grenze. Viele reisten dann bald weiter nach (West)Deutschland weil dort Verwandte warteten.
Die Polizei hat hier nur zugesehen, auch die ungarische Polizei. Hier wurde nicht eingegriffen. Anscheinende gabs da schon irgendwelche Absprachen im Osten????
Den Mauerfall hab ich dann live im TV angesehen, war irgendwie unbeschreiblich das Gefühl, spannender als jeder Derrick......
eerika,
hier muss ich mal eine Lanze für die Russen brechen. Gorbatschov und Schewadnaze sind für mich die größten, lebenden Zeitgenossen.
Viele im Westen wissen ja nicht was die Russen geleistet haben. Bei den ersten großen Demos in Leipzig wollte die SED ja eingreifen und hat Armeeeinheiten in Marsch gesetzt. Auf Weisung von Schewadnaze sind darauf hin russische Panzereinheiten in Eilmärschen von Eilenburg nach Leipzig gestürmt und haben die Zufahrten für die NVA abgeriegelt.
Ich habe zwei Wochen später bei einem beruflichen Termin die Kaserne dort gesehen. Die sind, beim Ausrücken nicht durch das Tor, sondern durch die Kasernenmauern gefahren. Die Russen müssen mit einem Wahnsinnstempo losgelegt haben. Die Straße zwischen Eilenburg und Leipzig sah aus wie ein Schlachtfeld.
Zitat von: Manne am 09.Nov.09 um 13:10 Uhr
Wie habt ihr diesen Tag erlebt.
Ich habe auf der Lassenstrasse in Berlin abends die Pressekonferenz von Schabowski im Fersehen verfolgt und mir war sofort klar, das ist das dramatischste poltische Ereignis in meinem Leben (bisher).
Einen Monat später bin ich nach Dresden gefahren, um abzuschätzen, ob die Leute vom IEV (Institut für Energieversorgung) für uns arbeiten könnten. Am Grenzübergang von Westberlin nach Schönefeld wollte man uns nicht durchlassen, weil ein Mitarbeiter im Auto einen chinesischen Pass besass (Ausländer dürfen nur über die Friedrichstrasse ausreisen). Ich war sauer und sagte, dann sollen die Dresdner gefälligst zu uns nach Berlin kommen. 5 Minuten später hatte der diensthabende Grenzoffizier entschieden, wir dürfen rüber fahren.
Zitat von: Manne am 09.Nov.09 um 13:27 Uhr
eerika,
hier muss ich mal eine Lanze für die Russen brechen. Gorbatschov und Schewadnaze sind für mich die größten, lebenden Zeitgenossen.
Da spricht nichts dagegen, Manne!
Estland hat die ganzen Jahre unter Russen gelitten, angefangen mit Okkupation, Erschiessungen und mehrmaligen Deportationen nach Siberien.
Da wächst man halt so auf, insbesondere, wenn die Familienmitglieder betroffen waren), und es immer mehr Russen wird, dass man ein Volk nicht mehr vertrauen kann. (Obwohl das Volk nie was zu sagen hatte)
Ich kam 1987 nach Deutschland und dachte immer, KGB sei das sclimmste.
Was ich nach Mauerfall durch Medien mitbekommen habe, habe ich am Anfang nicht für möglich gehalten. Da war KGB neben Stasi ja nichts.
Als ich das meinem Mann sagte, meinte er, das wäre typisch Deutsch - wenn sie schon was machen, dann gründlich!
Das waren die Gründe, warum ich so mitziterte!
eerika, das ehrt Dich heute noch. Ich wollte auch nicht vergessen machen, wie viel Leid auch von Rußland ausgegangen ist. In diesem betreffenden Fall und zu dieser Zeit, haben sie halt auch sehr Positives geleistet.
Ich war damals noch zu klein, Deutschland und der Name meiner Stadt verhielten sich weitgehend synonym zueinander, und Mauern waren da, um darauf herumzuklettern.
Ich weiß noch, daß ich meine Mutter fragte, was denn da los sei und warum das die ganze Zeit im Fernsehen lief und warum ich denn nicht was anderes gucken darf und wo denn die Mauer wäre und warum. Aber ich glaube nicht, daß ich das wirklich verstanden habe.
Aber ich kann mich noch erinnern, wie David Hasselhoff zu Sylvester auf der Mauer gesungen hat. Coooool! (Heute würde man das Risiko sicherlich nicht mehr eingehen, daß er sternhagelvoll herunterfällt.) Und als er dann in seine Armbanduhr sprach und K.I.T.T. aufforderte: "Kumpel, tear down this wall!" Werde ich nie vergessen.
Pink Floyd hätte mit dem Live-Konzert "The Wall" noch nur 17 Monate warten müssen.
Das wäre ein Show geworden!!
Mit Hasselhoff ist es jetzt bisschen anders, ich glaube, es ist nicht gut, wenn er AUF der Mauer singen würde, unten wäre es sicherer für ihn.
Zitat von: Mr. Kaizer am 09.Nov.09 um 16:20 Uhr
Ich war damals noch zu klein,
Man Robert, das war doch erst neulich.
Ja der David, leider derzeit eine traurige Geschichte.
Ich weiß es noch genau. Ich war zwar auch noch "verhältnismäßig" jung - süße 16.
Damals ging ich noch zur Schule und morgens hatte ich einen Radiowecker, der um 6:30 losging. Es liefen gerade Nachrichten und ich war noch so verpennt, dass ich die Nachricht nur auf einem Ohr mitbekommen habe.
Dann kam meine Mutter rein und weckte mich mit den Worten: "Die Grenzen sind offen"
Die Wochen danach waren sehr spannend.
Flüchtlinge wurden in Turmhallen untergebracht, man sammelte Kleiderspenden etc.
Es gab Schüleraustausch etc.
Komisch war, dass die DDR für mich bis dato einfach immer Ausland gewesen ist.
Die wollten mit uns nichts zu tun haben.
Und nun wurde plötzlich von Brüdern etc. gesprochen.
Die offiziellen Feiern heute in Berlin mit dem Fall der Domino-Mauerstücke in Anwesenheit des russischen Präsidenten und vieler anderer wichtiger Politiker hatte ja doch das Niveau von Thomas Gottschalks Sendung "Wetten, dass".
Ich hoffe, dass unserem Forum ein solcher Abstieg erspart bleibt (oder ist es schon zu spät, nein, denke nicht).
Wenn wir nicht zu prüde werden, kann es ganz lustig sein.
Hallo,
Frage: Gibt es in diesem Forum noch jemand, der sich nach dem Mauerbau 1961
an den Tunnelgrabungen von West nach Ost (Berlin) beteiligt hat? Diese Tunnels
führten ja nicht immer zu einem positiven Ergebnis.
Oh Himmel, war das seinerzeit eine Schufterei und Knochenarbeit.
MfG
Sigrid
Zitat von: Sigrid von Goldacker am 09.Nov.09 um 23:00 Uhr
Oh Himmel, war das seinerzeit eine Schufterei und Knochenarbeit.
MfG
Sigrid
Sigrid, hast Du etwa mitgegraben? Das würde ich Dir gar nicht zutrauen. Du kannst ruhig die Wahrheit sagen, wir verraten nichts an die Stasi, ehrlich.
Moin.
Zitat von: Alexa am 09.Nov.09 um 20:35 Uhr
...
Komisch war, dass die DDR für mich bis dato einfach immer Ausland gewesen ist.
...
Das siehst Du nun also grundsätzlich anders...!?
War schon sehr geschichtsträchtig, was sich da im Herbst '89 entwickelt hat, aber die Zeit ohne Soli war für mich auch zu ertragen.
Schönen Gruß
Peter
Zitat von: PeterH am 10.Nov.09 um 09:41 Uhr
aber die Zeit ohne Soli war für mich auch zu ertragen.
Schönen Gruß
Peter
Früher hieß das Ergänzungsabgabe. Noch früher Notopfer Berlin, das war aber nur eine Zuschlagsmarke zu Postsendungen.
Ja, der Staat war immer sehr einfallsreich mit seinen Bezeichungen, so wie jetzt auch wieder mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz - was für ein Wort!
Und die Abgaben werden immer höher: Notopfer Berlin 2 Pf. pro Brief; Ergänzungsabgabe 3% von der Steuer, Solidaritätszuschlag 5,5% von der Steuer.
Bei der Zerrüttung der Finanzen erwarte ich in Bälde eine Besserverdienendenvermögensabgabe. :-p :-p :-p
Also wir hier im Osten zahlen ihn ja auch. Der Witz an der Sache ist nur, das er unnötig und eigentlich sogar schädlich ist. Der Markt hätte den Osten schneller aufgebaut als die deutsche Staatsbürokratie. Aber die Deutschen unterliegen irgendwie dem Wahn, das der Staat so etwas irgendwie besser könne. Auf Grund wessen sie auch immer darauf kommen.
Gestern habe ich mich einmal mit den Wirtschaftsdaten von Polen und Tschechien befasst. Merkwürdiger Weise haben die, so wie Ostdeutschland auch, mittlerweile 70 % der wirtschaftlichen Leistungskraft Westdeutschlands erreicht.
Aber ohne Soli !!!!!
Wofür ist der Soli dann in Deutschland verwendet worden ????
Der Osten soll über 1.000 Mrd. Hilfe bekommen haben. Wieso sind wir nicht wesentlich weiter als unsere Nachbarn.
Ich kann es Euch sagen, es sind die Kosten für die unsinnigerweise einführte Megabürokratie und irgendwelche Spielchen, mit welchen sich Politiker eine Denkmal setzen wollten.
Um es noch einmal deutlich zu sagen über 1.000 Mrd verplempert.
Manfred,
genau das ist es. Es wurden Unsummen in Projekte gesteckt, die keine Rendite bringen. Die Restaurierung des Dresdener Schlosses soll z.B. 1.000.000.000 Euro gekostet haben. Natürlich haben da Firmen und Handwerker profitiert, und es ist auch sehr schön geworden, aber die Eintrittsgelder decken nicht einmal die Kosten, geschweige denn, dass sie eine Rendite bringen.
Der Wiederaufbau der Frauenkirche wurde dagegen aus privaten Spenden finanziert.
Es fehlten Investitionen in renditebringende Projekte. Aber leider, das muss man sagen - gibt es die dank unserer Ministerialbürokratie auch in den alten Bundesländern nicht. Alles innovative wird doch kurz und klein diskutiert, es sei denn, man kann es unter dem Mäntelchen des Umweltschutzes verkaufen.
Und warum sind wir international immer weniger wettbewerbsfähig und gehen uns immer mehr Produktionslinien nach Fernost und sonstwohin verloren?
Weil wir ein grundsätzlich für solche Produkte und Leistungen zu hohes Lohnniveau haben, gewerkschaftlich abgesichert, und einen Kündigungsschutz, der den Arbeitnehmer zwar vor momentanem Rauswurf schützt, nicht aber vor der Pleite seines Arbeitgebers. Hinzu kommen die unseligen Regulierungen, die uns ja z.B. auch den Kauf von Chemikalien für Nährböden mehr oder weniger untersagen.
Das zieht sich jetzt schon über ca. 4 Jahrzehnte hin, und bei der Aufzählung, was uns alles verloren ging, können einem die Tränen kommen: Foto, Hifi, Motorräder, Textilfasern, Webereien, Textilien, Farbstoffe, viele Grundchemikalien, Fahrräder, praktisch die gesamte moderne Elektronik incl. Handys, Spielwaren, das ist sicher nur ein Teil von dem Verlorenen. Um den Transrapid zu erleben braucht es ein Ticket nach China. Dort ist er eine unglaubliche Attraktion.
Die Kernenergie wird verteufelt, die medizinische Gentechnik, die grüne Gentechnik, gegen das Zertrampeln von gentechnisch modifizierten Feldern schützt auch das Gesetz nicht.
Was sind die Konsequenzen? Nicht die neuen EU-Länder werden wirtschaftlich auf unser Niveau aufsteigen, nein, wir werden auf ein mittleres Niveau herabsteigen.
Eine weitere Konsequenz ist nun, dass wir die Textilien aus Fernost einführen müssen, teilweise gefärbt mit - so sagt man - krebserregenden Farbstoffen. Die Spielwaren für unsere Kinder enthielten Blei. Auch Vitamin C kommt jetzt aus China und enthält deutlich mehr Nebenprodukte als die frühere europäische Produktion. In importiertem Milchpulver fand man große Mengen an Melamin.
Ich bin nicht gegen die Globalisierung, im Gegenteil, aber es muss uns möglich sein, von dem größer gewordenen Kuchen ein Stück abzuschneiden. Ohne Rohstoffe brauchen wir eine industrielle Produktionsbasis, Dienstleistungen werden uns nicht retten. Und die Reste wie Maschinenbau und Automobilproduktion sind bereits in Gefahr.
Und das gilt für die neuen wie auch die alten Bundesländer.
Ich will gleich noch einmal nachlegen, weil es heute im Bundestag ja wieder um die zentralen Themen geht: soziale Ungleichheit oder Gerechtigkeit und ,,Nicht von seinem Gehalt leben zu können – was ist das eigentlich für ein Menschenbild?" (Steinmeier)
Das bestreite ich ganz energisch. Man kann von seinem Gehalt nur dann leben, wenn die Tätigkeit so viel Wertschöpfung bringt, dass der Arbeitgeber davon überleben kann. Sonst kann man solange man will arbeiten; wenn das Ergebnis der Arbeit nicht mindestens in der Höhe des Lohns bezahlt wird, dann wird man davon nicht leben können. Soziale Ungerechtigkeit hin oder her.
Die aktuellen Pleiten von Karstadt, Quelle und praktisch auch Opel sind solche Beispiele. Und die vielen Schließungen und Verlagerungen - ich denke da mal an Nokia in Bochum oder die Alumniumproduktion in Norf - sind da noch gar nicht mitgezählt.
Claus, unser Bundeskanzler ist ja Physikerin. Da wird er sich nach der NRW-Wahl wohl einige Dinge mit Unterstützung der FDP "wieder ins Bewusstsein zurück rufen".
Obwohl, als sie vor dem amerikanischen Kongress geredet hat, haben einige Abgeordnete nicht applaudiert, als sie die Klimaerwärmung auf 2° begrenzen wollte. Vielleicht hätte sie mehr Sonnenfleckenaktivitäten fordern sollen.
Ja, es ist Einges faul im Staate Deutschland. Ich glaube auch nicht, das man den Abstieg ins Mittelfeld aufhalten kann. Von den jetzigen Zuständen profitieren zu Viele.
Aber noch mal ein Beispiel von hier. Als die neuen Herren über Bundesländer, Kreise und Gemeinden ins Land schauten, waren sie unzufrieden mit ihrem Hof und ihren Lakaien. Es mußte Unterkunft für die Erweiterung ihres Hofes und zur Unterbringung weiteren Gefolges geschaffen werden. Und dann hat man gebaut, Landtage, Ministerien, Kreisverwaltungen und Rathäuser. Wegen der notwendigen Prunkentfaltung ihres Hofes natürlich nur das Teuerste vom Besten. Ein durchschnittlicher Landkreis hat so um die 100 - 300 Mio.(je nach Größenwahn oder Minderwertigkeitskomplexen der jeweiligen Politiker)verpulvert.
Irgendwann hatte man dann genug Gefolge um jede wirtschaftliche Initiative erfolgreich behindern zu können.
Das nennt man dann Aufschwung Ost, finanziert mit dem Soli.
35. Jahrestag :
Scholz: Mauerfall war ein ,,gesamteuropäischer Sieg (https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/olaf-scholz-deshalb-ist-die-botschaft-des-mauerfalls-aktueller-denn-je-110100238.html)
Die Forumverwaltung möchte an den Berliner Mauerfall vor 35 Jahren erinnern.
Es war das bisher dramatischste politische Ereignis in meinem Leben.
Man sollte fairerweise das entscheidende Mitwirken Gorbatschows in Moskau an der Wiedervereinigung Deutschlands erwähnen.
Ich halte es deshalb für völlig unangemessen, dass verantwortliche deutsche Politiker die Teilnahme an seiner Begräbniszeremonie in Moskau verweigert haben.
Putin wohnte noch in Dresden.
Wer hat nicht diese Worte von Günther Schabowski noch im Ohr:,,... sofort, unverzüglich"
Es war ein unglaubliches freudiges Ereignis, man konnte es erst gar nicht glauben, was damals passiert ist.
Und das alles ohne blutige Umstände, das ist das eigentliche Wunder, dass die alten Machthaber nicht noch ein Blutbad veranstaltet haben.
Und auf das alles dürfen die Bewohner der damaligen DDR sehr stolz sein, so etwas passiert sonst nicht, und natürlich hatte man großes Glück mit Gorbatschow und Kohl, das darf man ruhig mal erwähnen.
Das man das Begräbnis von Gorbatschow von der deutschen Regierung so schäbig anging, dass beschämt einen zutiefst.
In der Politik gibt es keinen echten Dank oder Anstand, das war der finale Beweis, zumindest für mich.