Cypripedium

Begonnen von Berthold, 14.Nov.08 um 23:28 Uhr

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Timm Willem

Zitat von: Manne am 02.Okt.09 um 09:59 Uhr
Also ich bin bestimmt kein Pilzexperte, aber die Logik der Sache sagt mir, das man an den Ansatz gehen müsste. Die größten Chancen sähe ich bei sehr jungen Keimlingen. Wenn diese mit einem Pilz gekeimt haben, ist die Wahrscheinlichkeit groß, diesen dort noch zu finden. Bei Altpflanzen kann der schon längst verschwunden sein.

Manne, da ist noch ein Problem, ich hatte mal Protokorme von calceolus an den Wurzeln von Iris sibirica gefunden, dass war aber leider mehr als 18 Monate nachdem ich die Samen dort versenkt habe. Die Vermutung liegt nun für mich nahe, dass möglicherweise eine Überwinterung in diesem Zustand normal sein könnte. Dann würde Die Pflanze bis zur Bildung des ersten Blattes mehr als zwei Jahre benötigen. Da ist der Keimpilz dann vermutlich bereits substituiert.

Timm Willem

Zitat von: Berthold am 02.Okt.09 um 11:00 Uhr
Bei der symbiotischen Keimung laufen ja vermutlich völlig andere Vorgänge ab als bei der asymbiotischen.

Bei der symbiotischen Keimung müssen die Pilzhyphen in den Embryo bzw. das Protokorm hinein wachsen und werden dort als Abwehrreaktion von der Orchidee enzymatisch aufgelöst. Die Abwehrreaktion muss genau in der richtigen Weise ablaufen, damit Zellflüssigkeit des Pilzes in das Orchideenprotokorm einglagert werden kann.
Ist die Abwehrreaktion zu stark, gelangt die Pilzhyphe gar nicht in das Orchideenprotokorm, ist sie zu schwach, wird das Orchideenprotokorm zerstört (aufgefressen).

Vermutlich läuft bei der Auflösung der Pilzhyphen im Protokorm eine gänzlich andere Biochemie ab als bei der Nährstoffaufnahme des Protokorms durch Diffusion aus der Umgebung (asymbiotische Keimung).

Das die Aufnahme von Stoffen ob aus einem Pilz oder im Wasser gelöst sehr unterschiedlich ist, vermute ich auch. Die Erdorchideen müssen aber zu beidem grundsätzlich in der Lage sein.

Claus

Zitat von: Timm Willem am 02.Okt.09 um 13:17 Uhr
Hallo Claus,
hast Du ein Foto von den vergilbenden Jungpflanzen?
Timm

Welche meinst du jetzt? Die von dir oder von den aufgefressenen Sämlingen. Von ersteren kann ich Fotos machen, von letzteren habe ich keine, das sind ja auch Protokorme, die man auf den Pilz legt. Asymbiotisch gezogene Jungpflanzen im Sinne von "schon Spitzen oder Blätter haben" gehen nach dem Auflegen auf den Pilz mit 99,9%iger Wahrscheinlichkeit ein.

BAP wird normalerweise mit 0,2 ppm verwendet, bei mir läuft zur Zeit (asymbiotisch) ein Vergleich 0,2 gegen 0,4 ppm, habe aber noch keine Ergebnisse.

@ Manfred, es werden normalerweise 2,5 g/l Hafer eingesetzt, Hafer enthält alle notwendigen Vitamine, Hauptnährstoffe, Spurenelemente und 13% Eiweiß. Der Pilz verarbeitet das alles sehr gut und stellt es über die Hyphen dann der Orchidee zur Verfügung. Das Problem: Gegenüber der asymbiotischen Kultur mit 20 g/l Zucker enthält das Hafermedium nur 1/8 der energetischen Nährstoffe (Stärke). Viel mehr kann man zumindest in gelöster Form nicht einsetzen, sonst parasitiert der Pilz.

Zusätze an z.B. Nitraten führen auch zum Parasitieren, d.h. mehr Stickstoff kann man nicht geben. Zusätzlich K, S, P habe ich noch nicht gegeben.

Bei Holzsubstraten setze ich ja meine asymbiotische Rezeptur mit Ausnahme von Zucker ein, da ist also alles drin, was die Protokorme und Sämlinge auch lieben und im Glas zu höchstem Wachstum antreiben. Mehr ist da wohl auch nicht angesagt. Und durch die Cellulose im Holz gibt es für Pilz und Orchidee eine fast unerschöpfliche Energiequelle. Ich muss aber sagen, dass manche Pilze diese Energiequelle rasant verbrauchen und so eine Substratmenge von einem guten halben Marmeladenglas in wenigen Tagen völlig mit Hyphen durchziehen.  
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Manne am 02.Okt.09 um 13:05 Uhr
..alle Substrate mit sehr hohem Nährsalzgehalt bringen wohl gute Ergebnisse. Sowohl in der normalen Kultur als auch beim Auspikieren. Was mir sagt, das diese hohen Salzgehalte in diesen Phasen wesentlich wichtiger sind als ein Pilz.
Wen dem aber so ist, wird in nährsalzreichen Naturböden auch die Pilzflora zumindest beeinflusst, wenn nicht gar geprägt.

Bei der Keimung ist sicher der Pilz entscheidend. Es kann natürlich sein, dass der hohe Salzgehalt den richtigen Pilz im Boden selektiert, d.h. z.B. alle zu gefrässigen Pilze können sich nicht entwickeln.

Ich glaube nicht, dass in wirklich humusfreien Rohböden eine Orchideenkeimung stattfindet. Manfred, an den versalzten Stellen Deiner Wiese, wo Keimung stattfindet sind ganz viel kleine abgestorbene Würzelchen im Boden.

Bei den adulten Pflanzen sind die Verhältnisse andere, da wird kein Mykorrhiza-Pilz benötigt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Manne

Hallo Claus,
Stickstoff ist ja in den Naturböden auch sehr niedrig. Ich hatte da schon mehr an K, Mg, Mn und andere Spurenelemente gedacht.


Hallo Berthold,
meine Gedanken gingen schon in Richtung von Selektion bzw. Regelung des Verhaltens der Pilze bei entsprechenden Nährsalzverhältnissen.
Interessant sind für mich noch Eure Ausführungen zu den Problemen  der symbiotischen Keimung von z. B. Epipactis. Genau diese Arten sind es aber oft, welche völlig frische Rohböden in Kiesgruben, Tagebauen und Aufschlüssen sehr schnell besiedeln.
Unter der Braunkohle bei Leipzig gibt es eine Schicht, in der Bernstein vorkommt. Ich sammle dort alle paar Jahre auf den gerade 3 – 4 Jahre abgebauten Stellen (dann hat der Regen alles schon freigespült) Bernstein. Oft sind aber E. palustris und/oder E. helleborine sowie E. atrorubens auf Sandflächen schon vor mir da.
Sonst also ein Problem und dort keimen sie wie Unkraut. Tja, da ist guter Rat teuer.

Timm Willem

Zitat von: Claus am 02.Okt.09 um 14:03 Uhr

Welche meinst du jetzt? Die von dir oder von den aufgefressenen Sämlingen. Von ersteren kann ich Fotos machen, von letzteren habe ich keine, das sind ja auch Protokorme, die man auf den Pilz legt. Asymbiotisch gezogene Jungpflanzen im Sinne von "schon Spitzen oder Blätter haben" gehen nach dem Auflegen auf den Pilz mit 99,9%iger Wahrscheinlichkeit ein.

BAP wird normalerweise mit 0,2 ppm verwendet, bei mir läuft zur Zeit (asymbiotisch) ein Vergleich 0,2 gegen 0,4 ppm, habe aber noch keine Ergebnisse.
Hallo Claus, ich hatte es so verstanden, dass die Jungpflanzen nachdem sie auf den Pilz gelegt wurden, gelblich werden und damit das Wachstum einstellen. Das ist nach meiner Erfahrung ein anderes Phänomen und hat eine Reihe anderer Ursachen. Ich habe einige Versuche mit BAP aber ohne Pilz gemacht und denke, dass da auch bei höheren Konzentrationen noch was geht. Das Problem mit dem richtigen Medium ist dadurch aber nicht gelöst.
Viele Grüße
Timm

Claus

Zitat von: Timm Willem am 02.Okt.09 um 21:44 Uhr
Hallo Claus, ich hatte es so verstanden, dass die Jungpflanzen nachdem sie auf den Pilz gelegt wurden, gelblich werden und damit das Wachstum einstellen. Das ist nach meiner Erfahrung ein anderes Phänomen und hat eine Reihe anderer Ursachen. Ich habe einige Versuche mit BAP aber ohne Pilz gemacht und denke, dass da auch bei höheren Konzentrationen noch was geht. Das Problem mit dem richtigen Medium ist dadurch aber nicht gelöst.
Viele Grüße
Timm
Hallo Timm,
das hast du falsch verstanden. Ich setze keine Jungpflanzen auf den mit Pilz infizierten Haferagar, das hat bei asymbiotisch gezogenen Sämlingen keinen Sinn, die gehen sofort ein. Ich lege Protokorme auf. Wenn die mit dem Pilz kompatibel sind, dann bilden sich nach ein paar Tagen neue Rhizoide. Wenn sie nicht zueinander passen, dann passiert zunächst gar nichts, und dann werden die kleinen Kugeln allmählich kleiner, verfärben sich zum Teil, und zum Schluss ist davon nicht mehr viel zu sehen.

Anders ist das mit kompatiblen Sämlingen, die kann man dann nach 4-6 Wochen umlegen, z.B. auf unifizierten Agar. Den infizieren sie, und wenn man Glück hat, dann beginnt bald ein starkes Wachstum. Das kann man leider nicht immer so weiter machen, irgendwann hören die Pflanzen auf zu wachsen, und wenn man sie dann nicht auspikiert, dann gehen sie wieder ein. Ein kleiner Teil geht auf dem Pilz in eine Ruhephase und kann dann lange überleben. Man kann dann sogar mit sterilem Hafermehl nachfüttern, so eine Pflanze habe ich jetzt im 4. Jahr im Glas. Das ist jedenfalls keine Methode, mit Sicherheit große Stückzahlen zu produzieren, es geht immer ein hoher Prozentsatz verloren.

Dieses Eingehen hängt mener Meinung nach mit dem Entwicklungszyklus der Pflanzen zusammen, Berthold dagegen ist der Meinung, das der Pilz irgendwann nicht mehr funktioniert oder fördert. Dass der Pilz am Leben bleibt, auch nach Jahren, habe ich nachgewiesen. er ist immer wieder vermehrbar, falls man ihn sauber gehalten hat.

Bisher ist meine Erfahrung die, dass man relativ früh im Jahr - so etwa im August, spätestens September - auf dem Pilz aussäen sollte oder asymbiotische Protokorme umlegen, dann alle 4-6 Wochen auf frisches Medium umlegen und schließlich ab Februar, spätestens im April - je nach Art - auspikiert. A. morio kann man z.B. ab Februar auspikieren, D. sambucina so im März - April.
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Berthold

zum Glück faulen die Bilder nicht so schnell wie die Pflanzen, eine kleine zierliche Pflanze Cyp. segawai:



5 Jahre hatte die Pflanze im Garten geblüht, 2007 das letzte mal. Dann ist sie abgefault. Auch der Rettungsversuch in den Topf kam leider zu spät.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Manne

Dein C. segawai sieht etwas grün aus. Mir gefällt an der Art, das sie, mal abgesehen von der Größe, sehr an C. irapeanum erinnert.

Berthold

Manfred, das Bild hat einen Grünstich. Sie war richtig gelb, so wie auf dem obersten Bild von Frosch http://www.w-frosch.de/Cypris/Arten/segaw.htm

Das Laub ist fest wie bei den meisten anderen chinesischen Cypripedien, na, sie ist ja auch aus China.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Erwin

@ Berthold
Pflanzt du ohne Sicherungskopie diese Raritäten in den Garten?
VG
Erwin

Claus

Vielleicht eher so? Ganz kriegt man's nicht hin.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Erwin am 13.Nov.09 um 09:50 Uhr
@ Berthold
Pflanzt du ohne Sicherungskopie diese Raritäten in den Garten?
VG
Erwin
als ich sie gekauft habe, erschien sie mir nicht als besondere Art. Als ich gemerkt hatte, dass sie schwer zu beschaffen ist, stand sie sehr gut gesund im Garten. Als sie krank wurde, war eine Rettungsaktion zu spät. Vielleicht war es auch Ältersschwäche. Ich weiss nicht, wie alt diese Art im Mittel wird.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Erwin

Gibt es denn Sämlinge???

Berthold

Zitat von: Erwin am 13.Nov.09 um 12:29 Uhr
Gibt es denn Sämlinge???

leider nein, einmal hatte die Pflanze eine Samenkapsel produziert, die ich aber dummerweise im Garten sich selber überlassen hatte (war vor meiner Aussaatzeit).
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