Aber ich denke doch, dass letztlich die Wissenschaft für die Allgemeinheit arbeitet, von der sie auch bezahlt wird.
Aber Wolfgang, das heißt dass die Wissenschaftler empirische Erkenntnisse nach "angenehm oder unangenehm für die Allgemeinheit (wer auch immer das sein soll; ich scheinbar nicht, denn ich lerne gerne dazu)" reihen sollen und letztere ignorieren? Und was macht man dann bloß mit dem (mehr oder weniger breiten, je nach Ansicht, Interesse und Toleranz) Graubereich?
Ich glaube, da könntest Du an Deinem Bild von Grundlagenforschung noch etwas arbeiten.
Und die sollte am Ende auch irgendwo verstehen, was da herauskommt, nicht ausschließlich die wissenschaftliche Elite ( da wundert es mich gerade bei dir Walter, dass du dieses Elitendenken so unterstützt
).
Also, eine wissenschaftliche Elite ist ja wohl etwas Anderes als irgend eine andere...
Die "die" darf aber durchaus auch ihren Kopf benutzen, wenn es da etwas zu verstehen gibt. Bei gewissen Erkenntnissen gibt es vielleicht auch gar nicht so viel zu verstehen, oft reicht es wenn man näher hinschaut. Zum Beispiel um zu verstehen dass purpurata eine Cattleya ist und sicher keine Laelia. Oder eben auch bei den europäischen Orchideen.
Ich hab mich in der Prä-Genetiker-Ära wohler gefühlt und eine Orchis wird bei mir keine Neotinea. Und eine Anacamptis auch nicht.
Wie gesagt, in der Grundlagenforschung kann es nicht vordergründig darum gehen dass sich jemand wohl oder nicht wohl fühlt, es geht schlicht und ergreifend um Erkenntnisgewinn.
Wenn Du Dir aber gewisse Zusammenhänge ansiehst, wie zum Beispiel die natürliche Hybridisierung, wird auch das deutlich nachvollziehbarer. Natürlich kann man die Gattung Orchis noch größer machen, aber da sprechen wohl auch einige Aspekte dagegen. Wo sich doch "Orchis" auch sehr wiederspruchsfrei aufteilen lässt. Sinnvoll ist es dabei jedenfalls über die Grenzen Österreich bzw. Mitteleuropas zu schauen und Arten aus dem restlichen Europa und dem Mittelmeergebiet einzubeziehen.
Gewisse Artengruppen der früheren "Orchis" hybridisieren regelmäßig miteinander und mit ehemals anderen früheren (oft monotypischen) Genera, mit anderen "Orchis" hingegen so gut wie nie.
Als Erstes denke ich da an Kreuzungen von Orchis anthropophora mit anderen Arten ihrer Verwandtschaft wie militaris, simia, usw., die ganze Hybridschwärme bilden können.
Oder ist für mich die optische Ähnlichkeit von Neotinea maculata mit N. ustulata ein offensichtlicher Hinweis auf eine Verwandtschaft dieser Arten. Die Häufigkeit von N x dietrichiana bei gemeinsamem Vorkommen der Elternarten erklärt den Rest...
Bei Anacamptis läuft es ähnlich. Hier stellt allerdings die unterschiedliche Blütezeit von A. pyramidalis eine recht effektive Kreuzungsschranke dar (doch kommt auch das vor), vor allem die Arten der morio-Gruppe kreuzen munter miteinander, wo immer sie sich treffen. Seltener mit "Anteriorchis" und "Paludorchis" (wenn man die weiter abtrennt), wobei auch das regelmäßig vorkommt. Interessanterweise aber mit keiner "echten" Orchis oder einer Neotinea, selbst am gemeinsamen Standort.
Aber extrem ernst nehmen muss man das alles nicht
Das bleibt Jedem und Jeder selbst überlassen. Doch ist das doch alles sehr interessant und erweitert den Horizont.