Mykorrhiza-Pilz B1, was kann er?

Begonnen von Berthold, 04.Okt.08 um 16:31 Uhr

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Claus

Glomus ist kein Pilz, der Endomykorrhiza bildet sondern sog. arbuskuläre Mykorrhiza, wie sie z.B. bei Heidekraut üblich ist. Und der und seine Varianten sind auch nur im Mikromengen in den Produkten enthalten. Also nicht zur Keimung geeignet.

Es kommt noch etwas anderes hinzu, das Ganze kann ja nicht steril sein, weil ja Lebewesen verkauft werden sollen. Also sind da noch andere Kameraden drin, die wir nun wirklich nicht in den Aussatkulturen haben wollen, z.B. Trichoderma = Schimmelpilze.

Wie gesagt, kann beim Auspikieren ggf. helfen, zur Keimung nicht geeignet, und viel zu teuer.

Wenn man mal einen guten Orchideenpilz hat und den pflegt und nicht verunreinigt, hält der ein Leben lang und liefert beliebige Mengen i.w. kostenfrei.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Kellergeist.

Gut,wieder was dazu gelernt.  :classic

Uhu

Ist keine wirkliche Überraschung nach dem guten Ergebnis frischer Spiranthes spiralis Samen im letzten Herbst. Bisher konnte ich damit jedoch wegen fehlender Saat keine Versuche machen. Spiranthes aestivalis keimt nun mittelmäßig - gesät ca. 1 Wo nach Samenernte.
Grüße Jürgen

winwen

Bei erneutem Durchlesen dieses tollen Threads fiel mir in Zusammenhang mit einer Bemerkung zu einem Holzfaser-basierten Substrat (Toresa Protect) etwas auf:
Bei den versuchen hier im Thread zeigte sich ja, dass in holzbasierten Substraten auch gewaltig hohe Stickstofflevels (bis 150mg/l) noch dem B1 zuträglich waren. In der Beschreibung von Toresa Protect heißt es dass die Holzfaser dort stickstoffstabilisiert wäre, damit dem Boden beim Abbau kein Stickstoff entzogen würde.
Also offenbar verbraten die Mikroorganismen beim Zelluloseabbau ziemliche Mengen an Stickstoff, was letztlich erklären könnte, warum sie auch bei hohen N-Levels nicht stark genug sind zu parasitieren. In dem Zusammenhang gefragt (an die Biologen,...):
Weiß jemand, wie es sich mit dem Stickstoffbedarf beim Abbau von Zellulose  verglichen mit dem Abbau von Stärke verhält?

Claus

Wir haben ja über die Jahre festgestellt, dass die Grenzmenge an Hafer im für B1 geeigneten Nährboden so bei etwa 3 g/l liegt, optimal ca. bei 2,5 g/l. Bei höheren Hafergehalten parasitiert der Pilz, Samen keimen erst gar nicht, und gekeimte Protokorme frisst der Pilz auf.

Dies entspricht von der als Stärke vorliegenden Energiemenge allerdings nur etwa 1/8 - 1/10 der von zuckerhaltigen Nährböden mit 20 g/l Zuckergehalt, da Hafer relativ viel Eiweiß enthält.

Ich hatte ja schon über eine Versuchsreihe auf imprägniertem Holz geschrieben. Ziel war ja da, die Intervalle des Umlegens zu vergrößern oder nach Möglichkeit ganz zu vermeiden, d.h. von der Aussaat bis zum Auspikieren nur ein Gefäß benutzen müssen.

Mir hat allerdings keine Ruhe gelassen, dass man zwar nur 3 g/l Hafer einsetzen kann, wenn man den normalen Nährboden kocht, aber danach steriles Hafermehl auf die Kulturen schütten kann, ohne dass der Pilz parasitiert. Ich habe Bertholds Entdeckung mehrfach ausprobiert, und es funktioniert.

Im Dezember letzten Jahres habe ich daher normalen Haferagar mit 2,5 g/l gekocht und in die erkalteten Gläser mit je 50 ml Nährboden in der Sterilbank jeweils 1 gestrichenen Teelöffel steriles Hafermehl eingerührt, das sind etwa 1,5 g. Die so in den Nährboden eingebrachte Hafermenge entspricht vom Stärkegehalt mindestens den 20 g/l Zucker im asymbiotischen Boden.

Auf diesen Boden habe ich dann mit B1 infizierte Sämlinge von A. morio, D. maculata und G. conopsea gelegt.

Der von den infizierten Sämlingen sich ausbreitende Pilz überzieht die Oberfläche sehr rasch und intensiv und färbt sie gelblich bis leicht orange. Zunächst sah es so aus, als ob der Pilz die Sämlinge verspeisen wollte, aber sie blieben beständig und wuchsen sehr rasch. Bei A. morio und D. maculata sind schließlich beim Abbruch des Versuchs nach knapp 16 Wochen einige vom Pilz getötet worden. Am besten war die Sämlingsqualität bei G. conopsea, siehe Foto. Insbesondere die Wurzelbildung ist im Vergleich zur normalen Kultur sehr intensiv.

Es ist also ein deutlicher Unterschied, ob die Haferstärke in durch Kochen stark gequollener Form oder als trockenes Pulver in den Nährboden eingebracht wird. Der Pilz kann dieses trockene Pulver offenbar nur ganz allmählich verarbeiten.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

winwen

Zitat von: Claus am 12.Apr.12 um 18:49 Uhr
.....
Es ist also ein deutlicher Unterschied, ob die Haferstärke in durch Kochen stark gequollener Form oder als trockenes Pulver in den Nährboden eingebracht wird. Der Pilz kann dieses trockene Pulver offenbar nur ganz allmählich verarbeiten.
Claus,
woher willst Du wissen, dass das nur die Haferstärke betrifft und nicht die anderen Haferanteile, wie z.B. den Stickstoff, dass sie durch das Kochen besser aufgeschlossen und damit dem Pilz bequemer zugänglich gemacht werden?
Auch das Mahlen der Haferkörner hat einen Einfluss:
Tsutsui & Tomita haben bereits früher Untersuchungen zum Thema Haferkonzentration durchgeführt und dabei z.B. entdeckt, dass
.) die Obergrenze der bekömmlichen Haferkonzentration von Pilz UND Orchideenspezies abhängt
.) die Obergrenze der bekömmlichen Haferkonzentration etwa halb so hoch ist, wenn der Hafer als Mehl anstatt in Form von Körnern in das Agar-Medium eingekocht wird.
Ob die 2. Darreichungsform auch nachhaltiger gewesen ist (also eine proportional zum Gewichtsüberschuss des Hafers längere Entwicklungsdauer möglich gemacht hat), darüber schweigt sich der Artikel leider aus.

Berthold

Zitat von: winwen am 13.Apr.12 um 12:47 Uhr
Ob die 2. Darreichungsform auch nachhaltiger gewesen ist (also eine proportional zum Gewichtsüberschuss des Hafers längere Entwicklungsdauer möglich gemacht hat), darüber schweigt sich der Artikel leider aus.

Die Orchideeen scheinen auch mit zunehmendem Alter des Sämlinges eine zunehmende Abwehrreaktion gegen das Eindringen der Pilze zu entwickeln.

Deshalb wird es ab einem bestimmten Sämlingsalter egal sein, wie aktiv der B1 ist.
Der Sämling wird sich dann selbständig durch aktive Nährstoffausnahme und Photosynthese ernähren müssen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: winwen am 13.Apr.12 um 12:47 Uhr
Claus,
woher willst Du wissen, dass das nur die Haferstärke betrifft und nicht die anderen Haferanteile, wie z.B. den Stickstoff, dass sie durch das Kochen besser aufgeschlossen und damit dem Pilz bequemer zugänglich gemacht werden?

Das ist natürlich möglich, vielleicht beides. Ich denke nur, dass der Pilz in erster Linie an chemischer Energie interessiert sein müsste, um sich vermehren zu können. Eiweiß, Vitamine und Mineralien sind vielleicht nur Vor- oder Nachspeise.

Ich habe die Sämlinge an sich zu lange auf dem Nährboden gehabt, konnte mich über mehr als zwei Monate nicht darum kümmern.

Was mir auch auffiel: Unter einer recht dünnen Haut mit den wesentlichen Pilzanteilen war der Nährboden i.w. vom Pilz unberührt. Es ist ja bekannt, dass der Pilz unbedingt Sauerstoff benötigt. Die extrem dicht liegenden Hyphen und Konidien verstopften vielleicht den Sauerstoff-Zugang zur Unterwelt.

Es ist ja nun nur ein Stein ins Wasser geworfen worden mit evtl. schon zu großer Hafermenge. Gelegentlich wiederhole ich den Versuch mit abgestuften Mengen. Ich muss mal sehen wie ich das Hafermehl steril abmessen kann.
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Uhu

frisch in Keimung, Herminium monorchis
Grüße Jürgen

erdorchideen

Joo,
Herminium geht meist ganz schnell, erste Knollen schon nach ein paar Wochen!
Liebe Grüße,
Frank

Uhu

hast Du Erfahrung was man mit den kleinen Herminien über den Winter macht? Durchkultivieren wie morios oder kalte Winterpause wie Dactys. Auspikieren will ich im Frühjahr.
Grüße Jürgen

Claus

Ich habe zur Zeit 25 Gläser mit D. sphagnicola auf Haferagar mit B1, die eigentlich noch einmal umgelegt werden müssten. Große Lust dazu habe ich nicht. Die Sämlinge sind andererseits auch schon groß genug, um sie pikieren zu können.

Kann man sie eigentlich auf dem Haferagar vernalisieren, d.h. die Gläser ab in den Kühlschrank? 
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Uhu

klar kann man auf dem Hafaeragar vernalisieren. Mache ich bei allen Dactys regelmäßig, da ich immer erst mit Austrieb im Frühjahr auspikiere.
Grüße Jürgen

Berthold

Zitat von: Charlemann am 07.Nov.12 um 19:02 Uhr
Zitat von: Claus am 07.Nov.12 um 17:53 Uhr
Kann man sie eigentlich auf dem Haferagar vernalisieren, d.h. die Gläser ab in den Kühlschrank?

Was spricht dagegen?

mehr Platzverbrauch als in eine Plastiktüte. Also für einen gewerblichen Betrieb wäre das nichts.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Die schnellste Keimung, die ich bisher sah, macht zur Zeit Spiranthes spiralis sowohl auf B1 neu als auch auf A36. Am 14.11. auf vorinfiziertem Haferboden ausgesät, beginnen sie jetzt zu keimen, ersichtlich an den langen Rhizoiden. Die Samen sind übrigens von 2009 und lagen im Kühlschrank.
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