Eine Reise durch Nordost-Anatolien

Begonnen von Berthold, 25.Jun.11 um 16:41 Uhr

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Berthold

Wir wollten uns in 11 Tagen einen Eindruck von den pontischen Gebirgen und der sich nach Osten anschließenden Steppenlandschaft verschaffen.

Die pontischen Gebirge bestehen aus mehreren einzelnen Gebirgszügen, deren Gipfel etwa 4000 Meter erreichen. Die Nordhänge sich feucht, da die Wolken von schwarzen Meer auf die Nordhänge ab regnen. Dafür sind die Südhänge umso trockener. Der östliche Teil, das Kackar-Gebirge, wird auch der kleine Kaukasus genannt.

Die Reise startete und endete in Trabzon (400000 Einwohner) an der östlichen Schwarzmeerküste, das man von Düsseldorf über Istanbul mit dem Flugzeug erreicht. Dann ging es mit dem Mietwagen durch die Landschaft. Eine Geländewagen war nicht zu bekommen, hätte uns allerdings auch nur 2 weitere Routen ermöglicht.

Die Reise war sehr interessant, endete jedoch leider ziemlich unbefriedigend. 

Es ging zunächst von Trabzon über die Nordseite des Pontus zum Zigana Pass mit ca. 2000 Höhe. In Macka wurde Zwischenquatier gemacht.

Blick aus dem Hotelfenster auf das rege Treiben in der Stadt. Die Geschäfte sind an jedem Tag und meist bis Mitternacht geöffnet. Der Muezzin ruft um 3:15 nachts und noch mal um die Mittagszeit. Wahrscheinlich war die Uhr der Tonbandmaschine defekt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Jetzt beginnt die richtige Reise:

Auffahrt zum Zigana-Pass mit Blick auf die neue Passstrasse. DerPflanzenfreund muss die alte Passstrasse benutzen (leider war sie im letzten und interessantesten Stück gesperrt)



Bald beginnt das Orchideenparadies. Hier Orchis stevenii. Sie ist eng verwandt mit Orchis militaris, jedoch ist Blüte viel schmaler und länger.



Orchis lactea




Eine Ophrys cornuta in dieser feuchten kühlen Höhe ist ungewöhnlich



Dactylorhiza saccifera, eine von 4 Fingerwurzarten in dieser Region. Alle gefundenen Pflanzen besitzen Merkmale von einer oder mehrerer dieser Arten.
Die saccifera hat sehr lange Tragblätter unter der Blüte, sodass sie beim Aufblühen wie ein Igel aussieht.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ralla

Ein schöner Anfang.  :thumb

Was sind denn das für blaue Streifen auf dem ersten Bild?
Liebe Grüsse, Carola     

'Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.' - Thomas Mann

Daz

Also das sieht so aus als hätte der Muezzin seine Unterhose zum Trocknen aufgehängt ... :bag

Berthold

In den pontischen Gebirgen gibt es 4 Rhododenron Arten.
Hier R. luteum. Er ist sommergrün und duftet stark




R. ponticum, nicht duftend




selten beide zusammen



weiter oben nur noch luteum. Er duftet das ganze Tal voll



in anderen Tälern aber auch ganz oben der kleine weisse R. caucasicum
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Die Passhöhe von ca. 2000 Metern am Zigana Pass, von der Nordseite meist in dichte Wolken eingehüllt. Wir haben immer einen GPS Waypoint an der Startpunkt jeder Wanderung gesetzt, denn machmal kommt eine Wolke ganz plötzlich angezogen und dann sinkt die Sicht auf 20 Meter. Da sind die Kenntnisse einer Instumentenflugberechtigung durchaus hilfreich.



In der Nähe wächst die türkische Zwillingsschwester unserer Orchis mascula, die Orchis pinetorum. Sie hat grössere Blüten als unsere Orchis mascula und ist manchmal dichtblütiger.




Über der Baumgrenze der kleine Daphne glomerata




Wenn man irgendwo eine Rauchfahne im Tal erkennen kann, sollte man hinfahren. Dort gibt es leckeres Kebab zu essen und für Lisa ist immer leckerer Salat mit Schafskäse verfügbar.

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

cklaudia

Ich war schon sehr gespannt auf deinen Bericht. Der geht noch weiter, nehme ich doch an?

Und: Vor allem die zwei ersten gezeigten Orchideen, die Orchis, Orchisse, wie auch immer, finde ich wunderschön.  :good Die würde ich auch gerne mal in echt sehen! Ich glaube, ich käme kaum wieder davon weg...

Lg Claudia

Claus

Zitat von: cklaudia am 25.Jun.11 um 23:24 Uhr
Die würde ich auch gerne mal in echt sehen! Ich glaube, ich käme kaum wieder davon weg...
Lg Claudia

Kannst du wahrscheinlich leichter haben als dir lieb ist.  :whistle :whistle :whistle
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

#8
Zurück geht die Fahrt nach Norden an die Schwarzmeeküste und weiter im Osten wieder in die Berge über den 2600 m hohen Ovit Pass auf die Südseite der Gebirge.

Die ersten 20 km landeseinwärst von Norden kommend sich noch so feuchtwarm, dass Tee angebaut werden kann und zwar in grossem Umfang. Die Türken produzieren allen Tee selber, obwohl sie 2 kg im Jahr vertrinken, also etwa das 7-fache wie die Deutschen.

Die Ernte ist Frauenangelegenheit



Camellia sinensis, der Tee



Die abgeschnittenen Camelientriebe werden in grosse Plastiksäcke gepackt und an den Strassenrand transportiert




Irgendwann kommt die staatliche Teegesellschaft vorbei und holt die Säcke aller kleinen und grossen Teepflücker ab. Die Camelienblätter werden dann in der Fabrik weiterverarbeitet, fermentiert, getrocknet usw. und dann an den Einzelhandel verkauft.
Die Teeproduktion ist ein sozial orientierter Wirtschaftszweig, denn jeder kleine Bauer kann seine 3 Camelienbüsche im Garten anpflanzen und die Triebe für einen festgesetzten Preis garantiert verkaufen. Er muss sich bei der Ernte nur an den von der Staatsgesellschaft vorgegebenen Termin halten.

Hier werden die Teeblätter auf Laswagen verladen und in die Teefabrik gefahren:




Die gesamte Landschaft ist stark geprägt vom Teeanbau
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ralla

Zitat von: Berthold am 26.Jun.11 um 00:41 Uhr

Die abgeschnittenen Camelientriebe werden in grosse Plastiksäcke gepackt und an den Strassenrand transportiert


Haben die die echt abgeschnitten? In Sri Lanka wurden die Triebspitzen einfach mit den Fingernägeln abgeknipst.
Liebe Grüsse, Carola     

'Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.' - Thomas Mann

Claus

Der türkische çay ist aber auch stark gewöhnungsbedürftig. Der ist ja allenfalls geeignet, momentane Coffein-Defizite zu beheben. Da lobe ich mir doch meinen Darjeeling.  :thumb
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Die Fahrt geht weiter das Tal hinauf. Ab 1000 Meter Höhe fangen die Orchideen wieder an.

Dact. urvelliana, eine Verwandte unserer Dact maculata



An Quellhängen, die Primula auriculata



ganz idyllische Gegend hier




Dann das Schwarzmmeerknabenkarut, Dact. euxina. Es hat gepunktete Blütenlippen und ist sehr dunkel im Laub, aber natürlich gibt es die Art auch ungefleckt.




Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Zitat von: Claus am 26.Jun.11 um 10:14 Uhr
Der türkische çay ist aber auch stark gewöhnungsbedürftig. Der ist ja allenfalls geeignet, momentane Coffein-Defizite zu beheben. Da lobe ich mir doch meinen Darjeeling.  :thumb

Claus, man soll den Tee auch 1:3 mit heissem Wasser verdünnen. Aber mir war er konzentriert mit 5 Stücken Zucker in einem kleinen Teeglass angenehmer, zumal er auch in hoher Konzentration nicht bitter schmeckt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Ein Bergdorf mit Nationalfahne und hübschem Vorgarten



Der Pass in ca. 2600 Metern ist ungemütlich
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

#14
Es ging über den Pass nach Süden weiter



Auf dem gegenüberliegenden Strassenhang hinter dem reissenden Gebirgsbach leuchtete etwas Rotes. Zum Glück war eine Brücke vorhanden.



Richtig, es ist Paeonia mascula arietina. Da staunt Nicole nicht schlecht






Eine Gruppe von Paeonienfreunden hatte eine einwöchige Reise in die Türkei durchgeführt, um sich diese Art am Naturstandort anzusehen.
Die Pflanzen dürfen hier natürlich nicht ausgegraben werden. Aber um die Reiseteilnehmer nicht zu frustrieren hatte sich der Veranstalter der Reise Samen der Art besorgt und sich bereit erklärt, den Teilnehmern die Sämlunge 3 Jahre später zuzuschicken.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)