Cypripedium acaule Substrate

Begonnen von purpurea †, 18.Mär.09 um 13:33 Uhr

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Stick †

Claus, das ist ein hervorragender Beitrag. Da bin ich in der Vergangenheit auch einigen Irrtümern erlegen. Da muss ich mein 'angebliches' wissen schnellstens auf den neuesten Stand bringen. Da hätte ich eine Frage an dich. Ich nehme Quarzsand der ja neutral ist und giese ihn mit kalkreiem Wasser, dass ich mit Essigsäure auf ph 4 eingestellt habe. Ich messe den Quarzsand und die Messung ist ca ph 4. Wie lange hält dieser ph4?  Solange der Sand feucht ist?
Die Blöden rennen, die Schlauen warten, die Guten gehen in den Garten.

Berthold

Zitat von: Stick am 02.Feb.17 um 11:33 Uhr
Wie lange hält dieser ph4?  Solange der Sand feucht ist?
Der pH4-Wert hält sich so lange bis Bakterien den Essig zerlegt haben. Etwas Essig verdunstet auch. Dann musst Du nachsäuern.
Wenn Du Essigwasser offen in die Küche stellst, riecht man deutlich den Essig. Nach einer gewissen Zeit (1 oder 2 Wochen) ist der Essig im Wasser verschwunden.
Ich denke, Zitronesäure (gegen Kaffee-Maschinen-Kalk) ist langzeitstabiler.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

purpurea †

Ich habe eben nachgemessen so weit ich messen konnte.Ich komme nur in die  oberen 4 Zentimeter da der Boden noch gefroren ist.Ich bekomme 5,8 Ph angezeigt.
Weiss aber nicht ob mein Gerät richtige Werte anzeigt eventuell durch eine mangelhafte Abgleichung.
Abdeckung ist reine Pinienrinde ohne Sphagnum.
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast Du es hinter Dir.

Berthold

Ich denke, der Wert wird schon etwa stimmen und das ist auch der Grund, warum acaule sich verabschiedet hat.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

purpurea †

Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

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Carsten

Ich habe acaule vor vielen Jahren in den White Mountains gesehen. Die Berge sind aus Granit. Die acaule wuchsen verstreut und fast ohne Begleitvegetation (in der Krautschicht) im Mischwald der niederen Lagen. Der Wald besteht aus Buche, Birken, Ahorn und Fichten und ist relativ licht. An Kiefern kann ich mich nicht erinnern. Sphagnum ebenfalls, aber ich habe gerade gesehen, daß auf dem einen Foto etwas Sphagnum zu sehen ist.  Jahresniederschlagsmenge ca. 1200 mm, gleichmäßig verteilt. Immer am Hang, also bei sehr guter Drainage. Anfang September wirkte der Wald recht trocken.
Im Gegensatz zu unseren Laubwäldern der niederen Berglagen bildet sich dort eine 5-10 cm starke Rohhumusschicht, wie man sie in den Fichtenwäldern bei uns findet. Rohhumus bildet sich,wenn die Bedingungen für eine schnelle Zersetzung der organischen Substanz ungünstig sind: zu kalt, zu naß, schwer abbaubar.

Unter dem Rohhumus ist der Mineralboden stark podsolidiert, d.h. der zersetzte Granit wurde aufgelöst und besteht in den oberen cm nur noch aus reinem Quarzsand. Ich hatte ein wenig gepuhlt und festgestellt, daß bei den acaule, die ich freigelegt hatte, die Wurzeln ausschließlich in der Rohhumusschicht liefen und nicht den Quarzsand berührten. Eine einzelne Pflanze wuchs auf einem vermoderten Baumstumpf.

Ich habe gerade keine Idee, wie ich im Garten eine permanent stark saure organische Schicht mit guter Wasserableitung herstelle wollte.

Berthold

#201
Zitat von: Carsten am 02.Feb.17 um 13:39 Uhr
Ich hatte ein wenig gepuhlt und festgestellt, daß bei den acaule, die ich freigelegt hatte, die Wurzeln ausschließlich in der Rohhumusschicht liefen und nicht den Quarzsand berührten.
Interssant, Carsten. Dann muss in der relativ dünnen Humusschicht durch die Zersetzung ein lokal sehr niedriger pH-Wert entstehen. Anscheinend spielt immer Sphagnum eine wesentliche Rolle dabei.

Jetzt muss Claus uns erklären, wie das möglich ist.  :yes

Wenn wir das wissen, müssen wir einen Pilz suchen, der bei einem pH-Wert von 3 existieren und sogar noch acaule Samen keimen kann. Vielleicht können wir ihn in den USA am Standort einsammeln. Ein B1 oder ein A36 kann das nicht.

Vielleicht sorgt sogar der Original-Pilz selbst bei der Zersetzung zu dem niedrigen pH-Wert. Das wäre Klasse. Man könnte ihn hier in steriles Sphagnum setzen und er könnte mit seiner Arbeit anfangen. Wenn der pH-Wert dann niedrig wäre, würden sich keine weiteren Infektion ansiedeln können und das System wäre stabil.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Carsten

Ich glaube nicht, daß Sphagnum in diesem Habitat eine große Rolle spielt. Hier war es eher zufällig und untypischerweise mit auf dem Foto. Ich glaube mich zu erinnern, daß Sphagnum eher weiter oben vorkam, wo der Wald von Nadelbäumen und Schwarzbirken mit Cornus canadiensis dominiert wurde (und acaule nicht wuchs).


Berthold

Zitat von: Carsten am 02.Feb.17 um 14:11 Uhr
Ich glaube nicht, daß Sphagnum in diesem Habitat eine große Rolle spielt.

Wir wissen aber, dass der Zersetzungsprozess von Sphagnum in unseren Torfmooren zu diesen niedrigen pH-Werten führt, deshalb halte ich Sphagnum für äusserst verdächtig als Kandidaten.
Gibt es irgendwo ein Biotop auf der Welt mit so niedrigen pH-Werten (bedingt durch die Zersetzung pflanzlicher  Stoffe), an dem andere Pflanzen beteiligt sind als Sphagnum? 
Schwefelquellen zählen nicht.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

FlorianO

Torfmoose säuern den Boden nicht nur durch Huminsäuren beim zersetzen sondern auch aktiv durch einen Kationenaustausch aus.

Ich denke das der Boden durch Huminsäuren die beim Zersetzen von Laub entstehen sauer genung ist das Torfmoose sich auch wohl fühlen an Stellen die nass genung sind. Es gibt viele Sphagnumarten und nicht alle leben im Moor.

Claus

Zitat von: Stick am 02.Feb.17 um 11:33 Uhr
Ich messe den Quarzsand und die Messung ist ca ph 4. Wie lange hält dieser ph4?  Solange der Sand feucht ist?

Meist wird ja ein Gemisch aus Quarzsand und Weißtorf genommen. Da puffert der Torf den niedrigen pH-Wert einige Zeit ab. Wenn du nur Quarzsand nimmst passiert das, was Berthold schrieb. Essigsäure ist ja nicht stabil.

Hat noch jemand acaule-Samen? Ich habe zwar noch welchen, aber der ist schon älter, und ich weiß nicht wie lange der keimfähig ist.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: FlorianO am 02.Feb.17 um 15:53 Uhr
Torfmoose säuern den Boden nicht nur durch Huminsäuren beim zersetzen sondern auch aktiv durch einen Kationenaustausch aus.

Das spricht zusätzlich für eine notwendige Beteiligung des Sphagnums an den sehr sauren acaule-Standorten. Vermutlich sind nur wenige Sphagnum-Arten an den acaule-Standorten zu finden.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: Berthold am 02.Feb.17 um 14:20 Uhr
Wir wissen aber, dass der Zersetzungsprozess von Sphagnum in unseren Torfmooren zu diesen niedrigen pH-Werten führt, deshalb halte ich Sphagnum für äusserst verdächtig als Kandidaten.

Berthold, nein, so ist es eben nicht. Ich hatte das beschrieben. Lebendes Sphagnum existiert davon, dass es Kationen aus dem Wasser entnimmt und diese gegen Protonen (H+) austauscht. Nur so sind die Moore sauer geworden.

Und jetzt zum Humus und den Mythen des Internets. Man darf eben nicht alles glauben, was da so im Internet herum geistert. Eigene Messungen sind wichtig.

Ich habe mir heute Humus von Kiefern und Fichten geholt, der in der Nähe des Stammes unter oberflächlich ankompostierten Nadeln liegt, das ist Rohhumus. Das pH-Meter habe ich frisch justiert, es war aber kaum verschoben. Zum Anfeuchten habe ich sowohl salzfreies Wasser (kein Regenwasser) als auch 0,1% CaCl2-Lösung genommen, ich muss das noch oben korrigieren, nicht 1% sondern 0,1%. Nun die pH-Messwerte.
Kiefer mit Wasser: 3,7
Kiefer mit CaCl2: 3,0
Fichte mit Wasser: 4,4
Fichte mit CaCl2: 3,6

Von daher ist ganz klar, Humus liefert wie Torf saures Substrat, ausreichend für acaule.


Nochmal zur Erklärung: Humus besteht aus sehr großen, vernetzten und völlig unterschiedlichen Molekülen, welche eine Menge an sauren Gruppen tragen mit dem Ende -COOH. Dieses H kann im Boden ausgetauscht werden wenn er Calcium, Magnesium, Natrium, Kalium, Ammonium (Vogelscheiße) enthält. Das wird im Wald immer sehr wenig sein, so dass gleichzeitig -COOH-Gruppen vorhanden sind. In Verbindung mit Wasser spielen diese -COOH-Gruppen ihre Säureeigenschaft aus.

Der so gemessene Wert (in Wasser) ist aber nicht korrekt. Wenn man nun Calciumchloridlösung zusetzt bildet sich -COOCa und die Protonen (H+) werden freigesetzt. Deshalb misst man mit CaCl2-Lösung den richtigen (also niedrigeren) Wert.

Es wird sich daher empfehlen, wenn man einen Mix aus Weißtorf und Quarzsand nimmt, dass man darauf auch noch Sphagnum ansiedelt, das dann vermutlich für lange Zeit den niedrigen pH-Wert garantiert.

Nimmt man dagegen anorganische Substrate muss immer wieder nachgemessen und justiert werden.

Berthold, aber Sphagnum muss an den Naturstandorten nicht vorhanden sein.
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Berthold

Zitat von: Claus am 02.Feb.17 um 16:55 Uhr
Zitat von: Berthold am 02.Feb.17 um 14:20 Uhr
Wir wissen aber, dass der Zersetzungsprozess von Sphagnum in unseren Torfmooren zu diesen niedrigen pH-Werten führt, deshalb halte ich Sphagnum für äusserst verdächtig als Kandidaten.

Berthold, nein, so ist es eben nicht. Ich hatte das beschrieben. Lebendes Sphagnum existiert davon, dass es Kationen aus dem Wasser entnimmt und diese gegen Protonen (H+) austauscht. Nur so sind die Moore sauer geworden.


Berthold, aber Sphagnum muss an den Naturstandorten nicht vorhanden sein.

Ja, einverstanden.
Aber wenn das Sphagnum nicht nur durch Zersetzung säuert, sondern auch noch durch Ionenaustausch, so schafft es viel leichter für acaule hinreichend saure Standorte.
Das würde erklären, warum die meisten acaule-Standorte Sphagnum enthalten.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

purpurea †

Ich vermute es hängt damit zusammen dass die acaule es nicht nass wollen.
Wir setzen sie in's Moor weil es dort sauer ist.Sie sollte aber sehr erhöht stehen, also trocken.In meinem alten kleinen Moor sind sie prima gewachsen.Erst im grossen nassen Moor haben sie sich verabschiedet.
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

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