Lebenserwartung von Orchideen

Begonnen von Ruediger, 28.Apr.11 um 21:55 Uhr

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orchitim

Zitat von: Berthold am 24.Okt.12 um 21:57 Uhr
Es ist uns klar, Roman, dass die Evolution ungerichtet arbeitet. Wir sind ja keine Kreationisten. Aber von aussen betrachtet erscheint es so, als wenn die Evolution optimiert.

Evolution ist ein Thema für sich und führt hier eigentlich eher zur Ablenkung vom Thema als zur Erklärung. Nich die Evolution, aber die Natur, die Individuen(außer der Mensch) strebt das optimale Minimum an. Keine Orchidee wird Völlerei betreiben wenn sich dadurch kein "Nutzen" ergeben würde.
Ich bin gegen ein Tempolimit - jeder soll soviel Taschentücher haben wie er mag.

krötenlilly

Evolution und "ewiges" Leben schließen sich m E nicht aus. Eine langlebige Cattleya, richtiges Qualitätsteil mit jede Menge Vegetationpunkten, nutzt mit jedem neuen Trieb ihre Chance, ihr Extraklasse-Erbgut per Blüte weiterzugeben, neu zu mischen, gleichzeitig ein Stück Ast zu erobern. Was will sie mehr?
Den programmierten Zelltod sterben nur ihre ältesten Bulben, deren Erbgut sicherlich im Laufe der Zeit einiges wegstecken musste. Strahlung, Chemikalien, Reduplikationsfehler. Hauptsache es finden sich mehr Stellen, um vegetativen Zuwachs zu ermöglichen (schlafende Augen) als absterbende Bulben, solange wird sie wachsen.
Gruß
krötenlilly

orchitim

Ich bin gegen ein Tempolimit - jeder soll soviel Taschentücher haben wie er mag.

Berthold

#78
Zitat von: krötenlilly am 24.Okt.12 um 22:08 Uhr
Evolution und "ewiges" Leben schließen sich m E nicht aus. Eine langlebige Cattleya, richtiges Qualitätsteil mit jede Menge Vegetationpunkten, nutzt mit jedem neuen Trieb ihre Chance, ihr Extraklasse-Erbgut per Blüte weiterzugeben, neu zu mischen, gleichzeitig ein Stück Ast zu erobern. Was will sie mehr?
Den programmierten Zelltod sterben nur ihre ältesten Bulben, deren Erbgut sicherlich im Laufe der Zeit einiges wegstecken musste. Strahlung, Chemikalien, Reduplikationsfehler. Hauptsache es finden sich mehr Stellen, um vegetativen Zuwachs zu ermöglichen (schlafende Augen) als absterbende Bulben, solange wird sie wachsen.

Kirsten, ich meine keinen "programmierten" Zelltod, wie es ihn bei den Menschen gibt, sondern einen Zelltod, der statistisch auftritt durch Fehler bei der Zellteilung.

Wenn ein Individuum ewig leben könnte, würde es den Platz für die nachfolgende Generation nehmen und dann könnte sich eine Art nicht weiter entwickeln. Das wäre ungünstig bei der Evolution und deshalb hat die Evolution keine extrem stabile und zuverlässige Reproduktionsmechanismen geschaffen.   
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Reinhold

#79
Zitat von: orchitim am 24.Okt.12 um 22:06 Uhr
Nich die Evolution, aber die Natur, die Individuen(außer der Mensch) strebt das optimale Minimum an. Keine Orchidee wird Völlerei betreiben wenn sich dadurch kein "Nutzen" ergeben würde.
Evolution bedeutet wohl Variation der Eigenschaften eines Lebewesens und Überprüfung der Überlebensfähigkeit in einer hochvernetzten Umwelt.
In Anlehnung an die Algorithmen der mathematische Optimierung (Operation Research) würde man sagen können, die Evolution erzeugt laufend zulässige Lösungen eines "Optimierungsproblems" unter restriktiven Nebenbedingungen. Nur, und das scheint hier fast unbestritten, es fehlt die Optimierungsfunktion. Die Reise hat kein Ziel. Die Evolution hat keinen Plan. Auch nicht "Platzschaffen durch Sterben", auch kein "Optimales Minimum" von irgendetwas.
Ob das Weltall nun einer finalen Unordnung zustrebt oder ein pulsierendes Entstehen und Vergehen oder sonst was ist, wer weiß? Eine Glaubensfrage.

Was uns bitte wieder auf die Realität der Fensterbank zurückbringen sollte. Ich erwarte, daß sie in den nächsten Jahren stabil vorhanden ist, die Umwelt sich ändert, aber nicht katastrophal, wir also nicht von einem Planeten getroffen werden oder die Erde in die Sonne oder ins All taumelt.

Also zurück zur "heilen" Fensterbank und den dort in den Regelkreisen der Umwelt (manipuliert von den eingreifenden Menschenhänden) lebenden Orchideen!

Wie alt werden Orchideen in der Praxis?
Wir haben gehört, sie können uralt werden und unsere Enkelkinder erfreuen.
Wie tröstlich für uns  grins ?! Mal schauen, was die Erben damit anstellen  O-) ?!
Die Chancen stehen aber schlecht für die Pflanzen. Was nicht an ihnen liegt.

Ja, dann wäre das ein Programm, eine Zielfunktion? Wir bilden lauter lokale Optima: möglichst viele Orchideen auf Dauer zu erhalten.


Beste Grüße
Reinhold



Matthias

In den Kew Gardens steht im öffentlich zugänglichen Bereich ein Grammatophyllum scriptum (oder papuanum, hab´s vergessen), dem über 200 Jahre nachgesagt werden und das ein Gewicht von (vor 10 Jahren) 1.7 Tonnen haben soll. Ich bin heute auf dem Sprung nach England zum BOC in Bristol und schaue auch schnell bei den Kews vorbei, allerdings bin ich da in der Aufzuchtstation. Sollte ich noch Zeit haben, in das eine GWH zum Grammatophyllum zu kommen, bringe ich euch von diesem Monster ein Foto mit.
Das Apoptose-Programm ist in jeder Zelle enthalten, solange diese nicht maligen entartet. Je mehr eine Zelle differenziert, umso näher kommt sie dem irreversibel postmitotischen Zustand. Sonst würde ja ein Organismus bis ins Unendliche wachsen können. Siehe die Pflanze nicht als einen einheitlichen Organismus an, sondern un-einheitlich und geteilt in unendlich viele Organismen, die in der Summe erst den Totalfunktionen gerecht werden. Auch das tierische Leben ist über die Einzeller entstanden, die sich zu einem Verband zusammengeschlossen haben, um die verschiedensten Funktionen delegieren, überantworten, differenzieren und schließlich in Summe realisieren zu können.
Der physische Tod ist per definitionem das irrversible Ende der Kooperation und des Ineinandergreifens von Einzelfunktionen.  Der Tod ist keine Momentanaufnahme, sondern ein stadienhafter Prozess. Wenn am Freitag eine männliche Leiche in die Prosektur kam und die Obduktion fand erst am darauffolgenden Montag statt, dann war es üblich und überraschte uns nicht, dass aus dem am Freitag vielleicht noch frisch rasierten Gesicht am Montag ein 3-Tagebart gewachsen war. Genauso wachsen die Fingernägel weiter.
Wenn du nach dem (ewigen ?) Leben fragst, kommst du vielleicht eher zu einer Lösung, wenn der Tod als biologisches Phänomen der aufgetretenen Dysfunktionen innerhalb eines Gesamtorganismus betrachtet wird und man den Zustand *Tod* näher beleuchtet. Gleichsam kommt es aber bei jedem Absterben zur Inkorporation von Bestandteilen in neue Organismen, naiv gesprochen Bakterien, Pilze und Würmer etc., die *dich* auffressen. Um den Versuch zu starten, ob ein Organismus ewiglich lebt, bräuchtest du absolut sterile Bedingungen und gleichzeitig aber jene Konditionen, die der Lebensform des Organismus gerecht werden. Somit artifiziell und auch wieder nicht.
In-vitro kannst du ein Zellgewebe ewig am Leben halten, zB Blutstammzellen aus dem roten Knochenmark.
Aber bevor ich mich wieder verlaufe, packe ich lieber zusammen, damit ich den Flieger nicht verpasse.
Forscher haben herausgefunden ... und sind dann doch wieder hineingegangen.

Berthold

Zitat von: Matthias am 25.Okt.12 um 09:20 Uhr
Um den Versuch zu starten, ob ein Organismus ewiglich lebt, bräuchtest du absolut sterile Bedingungen und gleichzeitig aber jene Konditionen, die der Lebensform des Organismus gerecht werden. ..

In der Natur gibt es aber grundsätzlich nicht solche Bedingungen, die der Lebensform eines Organismusses voll gerecht werden.

Das liegt unter anderem an kleinen Störungen, die bei der Synthese neuer Moleküle auftreten.
So kann es sein, dass ein Atom, was in ein Molekül eingebaut werden soll, urplötzlich und prinzipiell unvorhersehbar zerplatzt (zum Beispiel C14) oder es kommt ein Lichtquant angeflogen, das ein Atom aus dem Molekülverband schlägt oder an eine andere Stelle im Molekül verschiebt.

So kommt es im Laufe der Zeit zu einer völligen Funktionsunfähigkeit eines wiederholt reproduzierten Moleküls.
Das führt zwangsläufig zur Veränderung eines Organismusses, was einem unendlichen Leben entgegen steht.

Höhere Lebewesen haben einen Reparaturmechanismus entwickelt, um solche Fehler teilweise auszugleichen. Aber auch der funktioniert nicht zu 100% zuverlässig. Brauch er auch nicht, denn der programmierte Zelltod hat eh Priorität bei der Funktionsfähigkeit der Zelle.

Auch bei der generativen Vermehrung bleibt die Art nie langfristig identisch. Sie ändert sich wie bekannt durch Mutation in quasi alle Richtungen. Die meisten Mutationen sterben ab, einige erobern aber auch neue Biotope, sofern welche zur Verfügung stehen.
Ein Extremfall in der generativen Vermehrung ist die Wollemia, die genetisch sehr stabil ist, sich dafür aber veränderten Umweltbedingungen nicht anpassen kann
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Zitat von: Charlemann am 25.Okt.12 um 11:01 Uhr
Ihr müüst mal von der generativen Vermehrung abgehen, das verwirrt nur. Es geht sich nur um den vegetativen Wachstum einer Pflanze. Ich bleib aber dabei, theoretisch kann eine Orchidee ewig und drei Tage alt werden.
Wenn sämtliche Umstände passen und der Kultivar sich ab und zu die Mühe macht der Pflanze so optimale Bedingungen wie möglich geben wird, ist dem nichts entgegen zu setzen.
Das was hier ständig unter Zellschädigung etc. abgetan wird ist für mich nichts anderes als Mutation.
Das kann auch beim vegetativen Wachstum geschehen.

Nein, auch theoretisch kann eine Orchidee nicht ewig leben, weil es die optimalen Bedingungen dazu nicht gibt.
Ebenso könntest Du behaupten, man kann theoretisch ein Kartenspiel durch Mischen in die richtige Kartenreihenfolge bringen. Das geht auch nicht.

Deine Rhababerstaude aus dem 30-jährigen Krieg ist da eine Ausnahme, die wird sicherlich ewig leben.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Manne

es gibt in erfurt eine gymnadenia in einem garten, die hat über 50 jahre auf dem buckel.
c. calceolus gibt es noch länger in kultur.

biki

Über Phalaenopsen wird hier zwar nicht diskutiert, aber ich habe 2, die von Anfang der 80'er Jahre stammen. Durch rapide Verjüngungsmaßnahmen (mußte sein) sehen sie jetzt aus, als seien sie mal gerade 5 Jahre alt. Trotzdem sind die Pflanzen an sich 30 JAhre alt.

Berthold

Zitat von: biki am 25.Okt.12 um 12:33 Uhr
Durch rapide Verjüngungsmaßnahmen (mußte sein) sehen sie jetzt aus, als seien sie mal gerade 5 Jahre alt. Trotzdem sind die Pflanzen an sich 30 Jahre alt.

es gibt auch 60jährige, die sehen wie 40 aus. Aber das nützt ihnen letzten Endes nicht.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

krötenlilly

Meine erste Orchidee ist eine Baumarktnopse und die habe ich immer noch. Sie heißt "der Rentner"  und ist ca. 21 Jahre alt. Was sie neubildet an Wurzeln und Herzblättern sieht aus wie eh und je, keine Anzeichen von fehlerhaftem Wuchs weil die sich teilenden Zellen allem Anschein nach rel. gesund sind.
Gruß
krötenlilly

orchitim

Zitat von: Matthias am 25.Okt.12 um 09:20 Uhr
Wenn am Freitag eine männliche Leiche in die Prosektur kam und die Obduktion fand erst am darauffolgenden Montag statt, dann war es üblich und überraschte uns nicht, dass aus dem am Freitag vielleicht noch frisch rasierten Gesicht am Montag ein 3-Tagebart gewachsen war. Genauso wachsen die Fingernägel weiter.
Irrrrrrrtum!!!!
Dieser Irrglaube entsteht dadurch das Barthaare prominenter erscheinen weil das umliegende Gewebe durch Fäulnissprozesse und Austrocknung schrumpft. Es kann nur wachsen was mit Wuchsmitteln, sprich Blut und Nährstoffen, versorgt wird. Kommt der Kreislauf zum Erliegen sterben in kürzester Zeit alle anderen Zellen mangels Lebensgrundlage(Versorgung) ab.
Soviel zu dieser Theorie.

Schon mal bei Gemmatio nachgeschaut? Knospung/Sprossung ist der Prozess welcher die von mir erwähnte theoretische Unsterblichkeit unserer Orchideen nebst vielen anderen Pflänzlein ermöglicht. Es handelt sich dabei um eine Form, bzw. Unterform der ungeschlechtlichen Vermehrung. Und genau das machen unsere Orchideen in jedem Vegetationszyklus, wie von vorab schon beschrieben.
Ich bin gegen ein Tempolimit - jeder soll soviel Taschentücher haben wie er mag.

Berthold

Zitat von: orchitim am 25.Okt.12 um 22:00 Uhr
Knospung/Sprossung ist der Prozess welcher die von mir erwähnte theoretische Unsterblichkeit unserer Orchideen nebst vielen anderen Pflänzlein ermöglicht.

nein, auch bei der Sprossung schleichen sich Fehler ein und das führt langfristig zum Tod. Du weisst aber doch selber, wie langlebig die verschiedenen Stauden und andere Gewächse sind. Es gibt eben keine ewig lebenden. Viele Arten scheitern schon daran, dass sie sich selber das Substrat zerstören und keine Nährstoffe mehr aufnehmen können. Aber das ist nür ein Nebengrund für die Endlichkeit der Existenz. 
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

orchitim

Zum Glück ist das wahre Leben erfinderischer Als Du bei Deinen Argumenten. :boredom:
Ich bin gegen ein Tempolimit - jeder soll soviel Taschentücher haben wie er mag.