Symbiotische Aussaat

Begonnen von Berthold, 13.Sep.08 um 12:57 Uhr

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Berthold

Zitat von: Timm Willem am 29.Okt.09 um 12:13 Uhr
Zitat von: Berthold am 29.Okt.09 um 10:41 Uhr
Zitat von: Timm Willem am 29.Okt.09 um 09:06 Uhr
Mir war nicht klar, dass die Lagerung so sensibel ist. Wenn ich Gläser erst nach einem Jahr umlege, ist meist eine Staubschicht auf den Deckeln, wenn sie nicht in Kartons gelagert waren, da wische ich zum Umlegen nicht mal den Staub ab, Probleme hatte ich nie.

dann verschliesse die Gläser nach der Entnahme einiger Sämlinge wieder und schau, ob sie steril bleiben. Das ist ja genau unser Problem, dass man aus einem Pilzmutterglas mehrmals in grösseren Zeitabständen Proben entnimmt und es dabei öffnen und wieder verschliessen muss. Der Staub von aussen darf halt dabei nicht nach innen kommen.
Berthold, ich habe sterile Aussaaten von calceolus aus KW 31/2008, die Gläser wurden drei bis vier mal geöffnet um die Sämlinge zu ernten, da gibt es keine Kontamination.
das entspricht genau unserer Situation.



ZitatDer Staub darf nicht in die Gläser kommen, das ist klar. Es ist aber ein Fehler sich bildlich Mengen von Sporen vorzustellen, die durch leichte Bewegung direkt ins offene Glas fliegen, da spielt die Umlegetechnik auch eine große Rolle. Die Luft ist normalerweise nicht stark belastet, der Mist klebt aber an allen Oberflächen.

Claus taucht die gesamten Gläser in Desinfektionslösung und Du wischt nicht einmal den Staub aussen ab.

Mir ist es nicht gelungen, Sämlinge aus Gläser mit Schraubverschluss zu entnehmen und die Gläser dabei nicht zu infizieren. Bei Entnahme aus Reagenzgläser gelingt mir dagegen gut. Deshalb war ich der Meinung, die Infektion muss beim Öffnen des Deckels von aussen ins Glas wehen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Zitat von: Timm Willem am 29.Okt.09 um 12:37 Uhr
Hallo Claus,
das sind doch aber alles Beispiel, bei denen eine mögliche Ursache in der unbemerkten Vermehrung bereits kontaminierter Kulturen gesehen werden kann.
Viele Grüße
Timm

stimmt, aber die Fragestellung bleibt, warum sind die Kulturen kontaminiert. Vorher waren sie nämlich sauber.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

winwen

Zitat von: Berthold am 29.Okt.09 um 12:43 Uhr
Mir ist es nicht gelungen, Sämlinge aus Gläser mit Schraubverschluss zu entnehmen und die Gläser dabei nicht zu infizieren. Bei Entnahme aus Reagenzgläser gelingt mir dagegen gut. Deshalb war ich der Meinung, die Infektion muss beim Öffnen des Deckels von aussen ins Glas wehen.
Vielleicht spielt dabei die Gestalt des Gefäßes und v.a. der Öffnung eine große Rolle: Reagenzgläser sind sehr eng gebaut, ebenso die Öffnung von Kaffeesahne-Flaschen. Geht dort ein Luftzug drauf, bildet sich offenbar rasch eine Überdrucksituation im Inneren und es kann nicht so viel Luft von außen eindringen. Ist die Öffnung weiter, funktioniert das wahrscheinlich nicht so.
Ich sah vor kurzem im deutschen Kinder-TV dazu einen Versuch: Ein Kügelchen aus einem zusammengeknüllten Stück Papiertaschentuch wurde in die Öffnung einer horizontal  gehaltenen Kaffeesahneflasche gelegt und ein Kind gebeten, das Kügelchen hineinzublasen. Das Kind blies drauf, das Kügelchen jedoch flog sogar aus der Öffnung heraus anstatt in die Flasche hinein!
Was meinst Du, Berthold? Du bist ja der Physiker.....

Claus

Vielleicht ist das noch nicht richtig rübergekommen, also mal anders herum.

Ich will in diesen Tagen die Samen, die ich habe, daraufhin überprüfen, ob der B1 sie keimt oder nicht. Also koche ich 60 Gläser Haferagar und infiziere sie aus einem Agarklumpen, den ich mit sterilem Teelöffel aus einem Glas entnommen habe, in dem der Pilz gut aussieht, hell, "trockene" Oberfläche, Hyphen gut zu sehen und auf dem Sämlinge gut wachsen.

Dann fahre ich zwei Wochen in Urlaub und beginne danach mit der Aussaat. Beim 11. Glas merke ich, dass da auch Schimmel drauf ist. Bei der weiteren Kontrolle zeigen fast alle Gläser irgendwelche Beeinträchtigungen: Schimmel, Flecken, Verfärbung. Ich schmeiße also 50 Gläser weg.

Zum Glück habe ich die Gläser nicht gleich nach der Infektion besät, was ja auch sehr gut geht.

Nun kommt die Frage: Habe ich mir den Klumpen bei der Herausnahme infiziert? War das Glas mit der Quelle doch schon infiziert, nur der B1 hat sich sehr gut gegen den Schimmel gewehrt? Und schließlich: Habe ich überhaupt einen B1, der aus nur einer Komponente besteht?

Nehmen wir mal die letzte Frage beiseite. Dann bleibt aber die Notwendigkeit, äußerst pingelig bei der Vermehrung des Pilzes vorzugehen und zwar pingeliger als bei asymbiotischen Aussaaten. Denn dort bemerkt man nach spätestens 4 Tagen eine Infektion, hier aber ggf. zunächst gar nicht sondern zum Teil erst nach Monaten und nachdem man den Pilz schon wieder weiter vermehrt hat.

Als ich 3 Kulturen Symbiosepilz bei der DSMZ gekauft hatte, war einer davon mit Schimmel kontaminiert. Das wurde seitens der DSMZ auch bestätigt, der Kaufpreis erstattet und der Pilz aus dem Angebot genommen. Man sieht daran, auch Profis haben das gleiche Problem.

Die eine auch wichtige Frage, ob der B1 aus nur einer Komponente besteht, kann ich natürlich nicht beantworten.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Claus am 29.Okt.09 um 16:32 Uhr
Die eine auch wichtige Frage, ob der B1 aus nur einer Komponente besteht, kann ich natürlich nicht beantworten.

Claus, selbst wenn der B1 aus mehreren Komponenten bestehen würde, so kommen doch mit Sicherheit Fremdinfektionen innerhalb einer Impfkette über mehrere Monate hinzu. Die Infektionen sind Fremdpilze und Bakterien. Die Fremdpilze bilden anders aussehende Hyphen aus (ich habe sie gesehen).

Die Muttergläser, die ich von Dir bekam waren anfänglich sehr sauber und haben zu guten Keimerfolgen in fast allen Gläsern geführt. Aber so nach 2 bis 3 Impfgenerationen hat sich die Lage bei mir dramatisch verschlechtert. Die Keimrate wurde immer mickeriger und ging dann auf null. Ich war so frustriert, dass ich schon exklusiv auf asymbiotische Aussaat wechseln wollte. Dann hoffte ich, es läge an der Alterung des Samens. Aber frischer Samen aus der nächsten Saison brachte auch nichts. Es lag also ausschliesslich an den Pilzen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Berthold,
am besten soll es sein, wenn man den Pilz immer nur von Protokormen aus vermehrt. Allerdings, wenn die auf versifftem Boden wachsen ist das auch keine Lösung.

Ich halte viel von einem sehr sauberen Rückstellmuster, so wie ich das (hoffentlich noch sauber) von Frank habe. Da sollten wir mal überlegen, wie das am besten aufzubewahren ist. Kühlschrank ist klar, weil bewährt. Es müsste eine zweite Hülle um den eigentlichen Behälter sein. So macht das übrigens die DSMZ, das ist ein Glasröhrchen mit Schraubverschluss in einem Kunststoffröhrchen mit Schraubverschluss (siehe Foto). Hier ist es der Pilz, bei dem schon der Schimmel mitgeliefert wurde.  O-) O-) O-) 
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Claus am 29.Okt.09 um 23:12 Uhr
Berthold,
am besten soll es sein, wenn man den Pilz immer nur von Protokormen aus vermehrt. Allerdings, wenn die auf versifftem Boden wachsen ist das auch keine Lösung.

Claus, ein Beispiel dazu.
Ich habe grosse Protokorme zum Impfen benutzt, die in einem Glas gewachsen sind, das zwischenzeitlich weisse Lufthyphen gezeigt hatte, die aber wieder verschwunden sind. Die Protokorme hatten eine Wachstumspause von ca. 3 Wochen eingelegt, sind dann aber wieder normal weiter gewachsen. Die Pausephase war wohl die Zeitspanne, in der der Lufthyphenpilz das Sagen im Glas hatte.

Nach dem Umlegen der Impfprotokorme ist das neue Glas vollständig versifft. Der Fremdpilz sass also wohl schlafend am Protokorm und ist erst auf dem neuen sterilen Agar wieder richtig los gewachsen und hat den B1 verdrängt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Timm Willem

Um die Anzahl an Komponenten im B1 festzustellen, könnte man eine Verdünnungsreihe mit flüssigem Medium machen, dass ist leider sehr aufwendig. Möglicherweise ist eine richtige Trennung nur nach Temperatur und Medienvariation möglich.
Ich werde mal Medium dafür ansetzen und über den Fortgang berichten.

Claus

Zitat von: Berthold am 29.Okt.09 um 23:50 Uhr
Nach dem Umlegen der Impfprotokorme ist das neue Glas vollständig versifft. Der Fremdpilz sass also wohl schlafend am Protokorm und ist erst auf dem neuen sterilen Agar wieder richtig los gewachsen und hat den B1 verdrängt.
Berthold,
genau das ist es, ich habe das auch in völlig verschiedenen Situationen beobachtet. Im Ausgangsmedium wird der Schadpilz durch den zuvor beherrschenden B1 in Schach gehalten, aber wenn man die Protokorme umlegt, regiert ab Beginn nur der Schadpilz.

Zur Zeit habe ich z.B. ein mit braunem Schimmel infiziertes asymbiotisches Glas mit Ophrys helenae. Die Pflanzen wachsen ganz normal weiter, sind in gutem Zustand, so wie in den anderen Gläsern. Der braune Pilz hemmt sich wahrscheinlich selbst, so dass er die Pflanzen nicht zerstört.

Wenn ich nun die Sämlinge umlegen würde, wären sie sofort dem Verfall preisgegeben, das habe ich früher schon mehrfach erlebt. Ich kann sie aber auspikieren, da muss sich der braune Schimmel dann mit Bodenorganismen auseinandersetzen, und die Sämlinge können überleben.

Diese Verdünnungsreihe, die Timm beschrieben hat, steht auch im Buch von Otto Schwantes. Im Prinzip ist es nichts anderes, als die Hyphen in einer geometrischen Reihe so lange zu verdünnen, bis nur noch ein Individuum im Glas ist. Man muss dann nur immer wieder Tests machen, und das ist sehr zeitaufwendig.
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Berthold

Mir ist gestern zum ersten Male bewusst geworden, dass der B1-Pilz, der auf Haferflockenagar keine Lufthyphen ausbildet doch welche entwickelt, wenn er auf die Testa von Orchideensamen trifft. Wahrscheinlich regt ihn diese Nahrungsquelle an, die andere Form der Hyphen zu bilden. Die Lufthyphen erscheinen etwa 3 Tage nach der Aussaat des Samens.

Oder habe ich mir eine Pilzverunreinigung eingefangen und es handelt sich garnicht um reinen B1?

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Berthold,
das kann auch bei stark versifften Samen auftreten, bei denen die Desinfizierung der Samen nicht ausreichend war. H2O2 ist da besonders hervorzuheben, da es im Gegensatz zu Hypochlorit deutlich weniger aggressiv bei der Bildung der Sauerstoff-Singuletts ist. Das Hypochlorit-Anion ist wahrscheinlich die Bakterien und Pilze zerstörende Komponente.

Das ist der Grund, weshalb ich auch bei symbiotischer Aussaat mit 0,5% Hypochlorit arbeite, wobei bei stark verkeimten Samen die bei mir üblichen 5 Minuten auch nicht immer reichen.

Beobachte mal die weitere Entwicklung. Letztlich müssten sich diese Hyphen weiter über den Nährboden verbreiten. Derzeit sind sie wahrscheinlich noch durch die B1-Hyphen gehemmt.
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Niko

Hallo Bertold,
mit an Sicherheit grenzender Warscheinlichkeit eine Fremdinfektion... (nebenbei gutes Bild! Mit "echtem B1" habe ich meist schlechte Bilder, da die B1-Hyphen an der Glaswand hochgehen)

Gruß Niko

Timm Willem

Berthold, stand das Glas dunkel?

Ich hatte den Eindruck, das B1 am Glasrand bei Dunkelheit besser wachsen kann. Daraus folgt aber eine hohe Fremdinfektionsgefahr, da B1 als Nahrung für Eindringlinge funktioniert.

Berthold

Niko, es ist mit Sicherheit B1 im Glas. Die Wände sind fast alle mit B1-Hyphen bewachsen, sodass man schlecht durchschauen kann. Dieses Glas hatte aber eine Wandstelle, die durchschaubar war.
Die Hyphen auf den Samen der anderen Gläser sind aber identisch zu diesem Glas.

Dass es sich um eine Infizierung durch schlecht desinfizierten Samen handelt, halte ich für unwahrscheinlich, denn die einzelnen Samenkörner sind alle sehr gleichmässig betroffen und auch 2 Orchideenarten.

Die Gläser stehen dunkel. Sie kommen erst ans Licht, wenn die Protokorme eine ca. 5 mm lange Spitze gebildet hat, die dann bei Licht Chlorophyll bilden soll.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Timm Willem

Gibt es denn schon Keimung?