Lebenserwartung von Cypripedium

Begonnen von Berthold, 04.Feb.11 um 11:39 Uhr

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Ute Rabe

Was passiert wenn man die Horste teilt? Wirkt das verjüngend , wie bei den "normalen" Gartenstauden?
Gruß, Ute

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Wolfgang

Also ich finde, reginae ist mit calceolus eine der am einfachsten zu kultivierenden Naturarten. Bei mir steht der eine Horst jetzt 10 Jahre ohne besondere Pflege- bzw. Erhaltungsmaßnahmen, ein weiterer im dritten oder vierten Jahr.

Letztlich dürfte es doch tatsächlich so sein, dass die Lebenserwartung der Cyps in unseren Gärten weit überproportional von örtlichen und persönlichen Kulturbedingungen (ungünstige klimatische Bedingungen, Pflegefehler) bestimmt wird als von einer genetischen Veranlagung der Pflanze zur generellen Kurzlebigkeit, gleichgültig wie optimal die Rahmenbedingungen auch sein mögen.

LG Wolfgang

Manne

C. calceolus Horste können über 100 Jahre alt werden. Längere Beobachtungen liegen noch nicht vor, weil es noch niemand länger beobachtet hat.

Berthold

Zitat von: Wendelin am 05.Feb.11 um 10:57 Uhr
Was passiert wenn man die Horste teilt? Wirkt das verjüngend , wie bei den "normalen" Gartenstauden?

ja, auf jeden Fall, insbesondere auch durch den Substratwechsel, der damit verbunden ist.

An einigen Naturstandorten erneuert sich das Substrat auch selbständig stärker als an anderen. Dort wird man dann langlebigere Pflanzen finden.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Zitat von: Jürgen a.d.E. am 04.Feb.11 um 19:36 Uhr
Ich habe mal gelesen, eine Orchidee lebt so lang wie der Samen bis zur ersten Blüte braucht.

Und umso leichter der Samen keimt, desto kürzer muss die Lebenserwartung der Mutterpflanze sein, denn anderenfalls müsste bald alles voll von dieser Art sein und sie stände sich selber im Wege.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Timm Willem

Zitat von: Jürgen a.d.E. am 04.Feb.11 um 19:36 Uhr
Ich habe mal gelesen, eine Orchidee lebt so lang wie der Samen bis zur ersten Blüte braucht.
Ich bin sicher, dass viele Stöcke von Cypripedium calceolus mit mehr als 50 Sprossen in der Natur mehrere hundert Jahre erreicht haben.

Da dürften schon mehrere Generation parallel existieren.

Langlebigkeit ist nicht zwangsläufig ein Kriterium dem die Evolution einen bedingungslos hohen Rang einräumt(z.B. Sonnenblume), die Lebensdauer ist aber bei den meisten Orchideen nicht durch ein genetisch festgelegtes Ereignis begrenzt, also rein zufällig oder durch genetische Degeneration(z.B. zu Tode blühen) bestimmt.

Diese Annahme kann man leider nicht beweisen, da die Kultur unter künstlichen Bedingungen offensichtlich einen sehr großen Einfluss auf die Lebenserwartung einer Pflanze hat. Für Orchideen bedeutet dies unnatürliche Lebensbedingungen und erheblicher Stress durch eine unangepasste Nährstoffversorgung. Untersucht werden könnte diese Frage lediglich an absolut ungestörten Primärstandorten.


Charlemann

Ich bin ja nicht der ganz große Ekschpärte auf dem Gebiet, aber bei regelmässigen Substratwechsel zusammen mit Teilung der Pflanze kann ich mir schon vorstellen, das so eine Pflanze praktisch ewig leben könnte.
Hängt natürlich auch von anderen äußerlichen Einflüssen ab, Witterung, strenge Winter, Schneckenfraß etc.
Aber sicher bin ich mir da als Laie natürlich nicht.

Timm Willem

Zitat von: Charlemann am 15.Jun.13 um 11:09 Uhr
Ich bin ja nicht der ganz große Ekschpärte auf dem Gebiet, aber bei regelmässigen Substratwechsel zusammen mit Teilung der Pflanze kann ich mir schon vorstellen, das so eine Pflanze praktisch ewig leben könnte.
Hängt natürlich auch von anderen äußerlichen Einflüssen ab, Witterung, strenge Winter, Schneckenfraß etc.
Aber sicher bin ich mir da als Laie natürlich nicht.
Kann man so sagen, da es Dir bei durchschnittlicher Lebenserwartung schwer fallen dürfte, mit einem calceolus mitzuhalten.

Berthold

Zitat von: Timm Willem am 15.Jun.13 um 04:08 Uhr
Langlebigkeit ist nicht zwangsläufig ein Kriterium dem die Evolution einen bedingungslos hohen Rang einräumt(z.B. Sonnenblume), die Lebensdauer ist aber bei den meisten Orchideen nicht durch ein genetisch festgelegtes Ereignis begrenzt, also rein zufällig oder durch genetische Degeneration(z.B. zu Tode blühen) bestimmt.

Die Lebenserwartung muss aber von der Evolution durch eine gewisse genetische Stabilität geregelt sein. Diese darf nicht zu gross und nicht zu gering sein.
Wenn sie zu gross ist, kann sich die Pflanze nicht an veränderte Umweltbedingungen anpassen, nimmt Platz für ihre Nachkommen weg und endet irgendwann in der Sackgasse. Wenn sie zu niedrig ist, gehen bereits entwickelte erfolgreiche Eigenschaften der Art wieder verloren.

Man sollte bei den Orchideen folgende Faktoren unterscheiden, die allein oder in Kombination die Lebenserwartung der Pflanze festlegt:

- genetisch bedingte artspezifische mittlere Lebensdauer
- Sensibilität der Art gegenüber Umwelteinflüssen und insbesondere Infektionsresistenz
- Lebensdauer von Symbiose-Partnern, insbesondere bei Orchideen, die stark von Schutzpilzen abhängen

Der Einfluss dieser Faktoren in ihrer Kombination macht es unübersichtlich, die genetisch bedingte Lebenserwartung einer Art zu ermitteln.
Aber sie existiert sicherlich, denn kein Pflanze darf unendlich lange Leben, auch wenn die übrigen Randbedingungen optimal sind.

Damit die Lebensdauer beim Menschen nicht von Zufall abhängt und er definiert ablebt, hat sich die Evolution für ihn ein definiertes Verfahren überlegt, nach dem die Zellteilung auf eine bestimmte Anzahl begrenzt ist.
Nach meiner Kenntnis existiert eine solche Technik bei Pflanzen nicht, oder?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Timm Willem

Ich denke, das ist eine Frage der Perspektive.
Alles was nicht der Erhaltung(Verbreitung) eigener Chromosomen nützt ist unökonomisch.
Danach macht es keinen Sinn vor der optimalen Umsetzung aller erreichbaren Ressourcen in Nachkommen und eigenen Erhalt eine komplexere Strategie zu verfolgen.
Eine Pflanze produziert entweder so viele langlebige Samen wie möglich, z.B. Melde oder erzeugt Samen über einen möglichst langen Zeitraum und bleibt dabei für den Preis geringerer Samenmasse länger am Leben, z.B. Eiche.
Die Pflanze hat auch aus Sicht der "Art" kein Interesse an einer Begrenzung der Nachkommenanzahl, was eine Begrenzung der Lebenserwartung immer bedeuten würde.

Ich bin etwas skeptisch, ob es überhaupt Schutzpilze mit den hier angedachten so fest formulierten Funktionen bei sehr vielen Orchideen gibt. Zumindest erkenne ich eine direkte Verknüpfung der Frage einer allgemeinen Lebenserwartung bei Pflanzen mit den Eigenschaften der Schutzpilze nicht direkt.

Was die Lebenserwartung beim Menschen betrifft, so scheint es eine ganze Reihe von "Uhren" zu geben, keine von denen korreliert exakt mit dem zeitlichen Alter. Es gibt wohl verschiedene Uhren, bei denen irgendwann der Wert "Verbraucht" auftreten kann. Die meisten Menschen sterben aber an anderen Ursachen.
Was die genaue Bedeutung einer begrenzten Lebenserwartung ist, steht dabei aber noch außen vor. Möglicherweise ist es nur ein Abbild erreichbarer Ressourcen. Es macht aus Sicht der Chromosomen keinen Unterschied wie alt ein Mensch wird, seine Fähigkeit zur Reproduktion hat engere Grenzen(sollte sie zumindest).

Berthold

Zitat von: Timm Willem am 15.Jun.13 um 15:53 Uhr
Ich bin etwas skeptisch, ob es überhaupt Schutzpilze mit den hier angedachten so fest formulierten Funktionen bei sehr vielen Orchideen gibt. Zumindest erkenne ich eine direkte Verknüpfung der Frage einer allgemeinen Lebenserwartung bei Pflanzen mit den Eigenschaften der Schutzpilze nicht direkt.


Es gibt sicherlich eine ganze Reihe solcher Orchideen, z. B. alle Arten mit Blattgrün, die sich selber ernähren können und trotzdem kaum umpflanzbar sind.
Dazu gehören z. B. Cephalanthera damasonium, wie andere Cephalanthera aus Kleinasien und dem fernen Osten, aber auch Knollenorchideen wie Chamorchis oder Pseudorchis albida.

Dann gibt es natürlich all die chlorophyllfreien oder -armen Arten, die zu 100% vom Wohlergehen ihrer Pilzpartner abhängen.

Wenn man Ophrys langfristig im Garten ansiedeln will, muss ein entsprechender Pilz vorhanden sein, der die Keimung sicherstellt, sonst bricht jeder Ophrys bestand nach einigen Jahren zusammen, weil die alten Mutterpflanzen absterben.
Ophrys apifera sät sich leicht selber aus, aber die neue Pflanze verschwindet schnell wieder. Man kann fast vermuten, dass sie monocarp ist.

Dr. Beyrle sollte mal ein in einem Gebiet in Süddeutschland ein Dactylorhiza-Biotop anlegen. Er hatte zu diesem Zweck zunächst passende Mykorhizza-Pilze aus der Orchideen-Art isoliert, die Pilze dann vermehrt und im grossen Stil in dem Gelände ausgebracht. Die Population soll anfänglich erfolgreich gewesen sein, dann sei sie aber zusammengebrochen, weil sich die Pilze nicht langfristig etablieren konnten
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Timm Willem

Zitat von: Berthold am 15.Jun.13 um 16:16 Uhr
Zitat von: Timm Willem am 15.Jun.13 um 15:53 Uhr
Ich bin etwas skeptisch, ob es überhaupt Schutzpilze mit den hier angedachten so fest formulierten Funktionen bei sehr vielen Orchideen gibt. Zumindest erkenne ich eine direkte Verknüpfung der Frage einer allgemeinen Lebenserwartung bei Pflanzen mit den Eigenschaften der Schutzpilze nicht direkt.


Es gibt sicherlich eine ganze Reihe solcher Orchideen, z. B. alle Arten mit Blattgrün, die sich selber ernähren können und trotzdem kaum umpflanzbar sind.
Dazu gehören z. B. Cephalanthera damasonium, wie andere Cephalanthera aus Kleinasien und dem fernen Osten, aber auch Knollenorchideen wie Chamorchis oder Pseudorchis albida.

Dann gibt es natürlich all die chlorophyllfreien oder -armen Arten, die zu 100% vom Wohlergehen ihrer Pilzpartner abhängen.

Wenn man Ophrys langfristig im Garten ansiedeln will, muss ein entsprechender Pilz vorhanden sein, der die Keimung sicherstellt, sonst bricht jeder Ophrys bestand nach einigen Jahren zusammen, weil die alten Mutterpflanzen absterben.
Ophrys apifera sät sich leicht selber aus, aber die neue Pflanze verschwindet schnell wieder. Man kann fast vermuten, dass sie monocarp ist.

Dr. Beyrle sollte mal ein in einem Gebiet in Süddeutschland ein Dactylorhiza-Biotop anlegen. Er hatte zu diesem Zweck zunächst passende Mykorhizza-Pilze aus der Orchideen-Art isoliert, die Pilze dann vermehrt und im grossen Stil in dem Gelände ausgebracht. Die Population soll anfänglich erfolgreich gewesen sein, dann sei sie aber zusammengebrochen, weil sich die Pilze nicht langfristig etablieren konnten
Für mich schmarotzt die Orchideen aber in diesen Fällen lediglich an den klassischen Mykorrhiza anderer Pflanzen. Da ist weder eine Schutzfunktion noch eine direkte Abhängigkeit als allgemeine Regel erkennbar, für mich.

Sicher gibt es Arten die auf eine andere, wesentlich belebtere Bodenflora und leichte Verletzungen mit schnellem Ableben reagieren, das gilt aber nicht für alle Arten, und für die Beispielarten sind die genauen Gründe auch noch nicht abschließend untersucht.

Das Ophrys unter Umständen relativ aggressive(stark schmarotzend) und kurzlebige Arten hervor bringt, stimmt wohl, ob dies für alle Arten gleichermaßen gilt, denke ich nicht. An extremeren Trockenstandorten werden Arten existieren, die mehr eine langfristige Strategie verfolgen.

Was die Geschichte mit den Dactylorhiza betrifft, da gibt es wohl tausende mögliche Ursachen.

Es ist erst seit kurzer Zeit möglich ein quantitatives und qualitatives Gesamtbild des Bodenlebens zu erstellen.
Aus den mir bekannten unveröffentlichten Untersuchungen zu diesem Thema lässt sich aber erkennen, dass die Veränderungen in der qualitativen MO-Zusammensetzung eines Bodens eine sehr zähe Angelegenheit darstellt. Um einen Pilz oder ein Bakterium nicht mehr nachweisen zu können, muss man wohl mehr von Jahrzehnten als von Jahren sprechen.

Volzotan

Zitat von: Timm Willem am 15.Jun.13 um 18:37 Uhr

Es ist erst seit kurzer Zeit möglich ein quantitatives und qualitatives Gesamtbild des Bodenlebens zu erstellen.

Das klingt nach micro-arrays, kannst du das noch etwas detaillierter ausführen?

Gruß Volzotan

Berthold

Zitat von: Timm Willem am 15.Jun.13 um 18:37 Uhr
Zitat von: Berthold am 15.Jun.13 um 16:16 Uhr
Zitat von: Timm Willem am 15.Jun.13 um 15:53 Uhr
Ich bin etwas skeptisch, ob es überhaupt Schutzpilze mit den hier angedachten so fest formulierten Funktionen bei sehr vielen Orchideen gibt. Zumindest erkenne ich eine direkte Verknüpfung der Frage einer allgemeinen Lebenserwartung bei Pflanzen mit den Eigenschaften der Schutzpilze nicht direkt.


Es gibt sicherlich eine ganze Reihe solcher Orchideen, z. B. alle Arten mit Blattgrün, die sich selber ernähren können und trotzdem kaum umpflanzbar sind.
Dazu gehören z. B. Cephalanthera damasonium, wie andere Cephalanthera aus Kleinasien und dem fernen Osten, aber auch Knollenorchideen wie Chamorchis oder Pseudorchis albida.

Dann gibt es natürlich all die chlorophyllfreien oder -armen Arten, die zu 100% vom Wohlergehen ihrer Pilzpartner abhängen.

Wenn man Ophrys langfristig im Garten ansiedeln will, muss ein entsprechender Pilz vorhanden sein, der die Keimung sicherstellt, sonst bricht jeder Ophrys bestand nach einigen Jahren zusammen, weil die alten Mutterpflanzen absterben.
Ophrys apifera sät sich leicht selber aus, aber die neue Pflanze verschwindet schnell wieder. Man kann fast vermuten, dass sie monocarp ist.

Dr. Beyrle sollte mal ein in einem Gebiet in Süddeutschland ein Dactylorhiza-Biotop anlegen. Er hatte zu diesem Zweck zunächst passende Mykorhizza-Pilze aus der Orchideen-Art isoliert, die Pilze dann vermehrt und im grossen Stil in dem Gelände ausgebracht. Die Population soll anfänglich erfolgreich gewesen sein, dann sei sie aber zusammengebrochen, weil sich die Pilze nicht langfristig etablieren konnten
Für mich schmarotzt die Orchideen aber in diesen Fällen lediglich an den klassischen Mykorrhiza anderer Pflanzen. Da ist weder eine Schutzfunktion noch eine direkte Abhängigkeit als allgemeine Regel erkennbar, für mich.


Ja, das sehe ich auch so. Ich denke, die Orchidee wird durch die Nähe des Pilzes, der antibiotische Stoffe ausstösst geschützt. Manchmal bewächst ein Pilz auch die Wurzeln der Orchideen, was zum Erwürgen der Orchidee führen kann, aber abfaulen tut die Orchideen nicht dabei.

Die Nährstoffaufnahme durch den Pilz im Keimvorgang ist eine andere Geschichte.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Timm Willem

Zitat von: Volzotan am 15.Jun.13 um 18:49 Uhr
Zitat von: Timm Willem am 15.Jun.13 um 18:37 Uhr

Es ist erst seit kurzer Zeit möglich ein quantitatives und qualitatives Gesamtbild des Bodenlebens zu erstellen.

Das klingt nach micro-arrays, kannst du das noch etwas detaillierter ausführen?

Gruß Volzotan
Wir machen das nicht selber, ich sehe das nur bei Ergebnispräsentationen anderer Arbeitsgruppen.
Ich würde das auch als Bombenteppich-Methode bezeichnen.
Es werden dabei sehr lange Spuren erzeugt. Alles ist zunächst unspezifisch.
Im Gegensatz zu DNA aus einem einzigen Lebewesens bei der ich etwas bestimmtes suche und alles daran anpassen kann und so schnipsele wie ich es brauche, kann man bei DNA aus Boden immer nur das finden, was auch quantitativ hervorgehoben ist. Die erzeugten Spuren werden dann mit bekannten Bandenmustern verglichen und als Nachweis werden die Spuren einzelner Arten noch direkt gegen die Bodenmischung gezeigt.
Ich denke, es geht mehr darum, dass die Methoden sehr weit optimiert sind und ansonsten altbekannte Techniken verwendet werden, RAPDs etc.