Orchideenkultur

Fachbereich => Orchideenvermehrung und Kultur => Allgemeine Kultur => Thema gestartet von: Eveline† am 09.Jul.11 um 15:53 Uhr

Titel: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Eveline† am 09.Jul.11 um 15:53 Uhr
Einar, danke  :baby

Meinst Du einen Druckkochtopf, in dem in der Küche Speisen zubereitet werden? Wie funktioniert das? Wasser nur bodenbedeckt, Substrat in den gelochten Einsatz? Wie mißt Du die Temperatur?
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Regina. am 09.Jul.11 um 16:22 Uhr
Wenn Du keinen Druckkocher hast (es gibt auch sterilisiergeräte für Gartenbaubetriebe) kannst du´s auch im Herd machen, z.B. in einem großen Gansbräter. Das einzige, worauf Du achten solltest, ist dass im Sterilisiergut keine feinbröselige Kohle mit drin ist...ich hatte schon mal einen Schwelbrand im Herd
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Berthold am 09.Jul.11 um 16:39 Uhr
Zitat von: vanessa am 09.Jul.11 um 15:53 Uhr
Einar, danke  :baby

Meinst Du einen Druckkochtopf, in dem in der Küche Speisen zubereitet werden? Wie funktioniert das? Wasser nur bodenbedeckt, Substrat in den gelochten Einsatz? Wie mißt Du die Temperatur?

Ja, ein Drucktopf ist das Sicherste. Es muss etwa 2 cm Wasser auf dem Boden sein. Das Substrat kann man darüber in einen warmfesten offenen Behälter füllen. Dann muss man 30 Minuten auf dem 2. Ring des Druckventils sterilisieren, so als wenn man ein Stück Rindfleisch kocht.
Die Temperatur misst man garnicht. Man stellt nur den Druck ein, nämlich auf 2. Ring. Die Temperatur ergibt sich dadurch automatisch nach der Dampfdrucktabelle bei etwa 120°C.
Die Sterilisation im Backofen ist ungünstig, da man dort nie 100° erreicht, die Temperatur im Inneren immer niedriger ist als aussen und das ganze Zeug austrocknet.
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Regina. am 09.Jul.11 um 17:18 Uhr
Die Sterilisation im Backofen ist ungünstig, da man dort nie 100° erreicht, die Temperatur im Inneren immer niedriger ist als aussen und das ganze Zeug austrocknet.
[/quote]

Meiner schafft 350°C
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Berthold am 09.Jul.11 um 17:25 Uhr
Zitat von: Lycaste53 am 09.Jul.11 um 17:18 Uhr
Zitat
Die Sterilisation im Backofen ist ungünstig, da man dort nie 100° erreicht, die Temperatur im Inneren immer niedriger ist als aussen und das ganze Zeug austrocknet.

Meiner schafft 350°C

das steht nur auf dem Temperaturregelknopf.
Wenn Wasser im Ofen in den Speisen oder dem Substrat ist, wird es nie heisser als ca. 100°, dann geht nämlich alle Energie nicht in weitere Temperaturerhöhung sondern in die Verdampfung des Wassers.
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Regina. am 09.Jul.11 um 17:28 Uhr
Wieder was gelernt
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Norweger am 09.Jul.11 um 20:27 Uhr
Es ist schnell viele Antworten gekommen weil ich weg bin.

Bertholds Beschreibung vom Sterilisierungsprozess ist was ich selber gesagt hätte wenn mein deutsch jedenfalls ein bisschen besser wäre.  :-D

An eine Atmosphäre Druck(ob meine Erinnerung nicht fehlt) etwa 116 Grad wird das Substrat völlig steril. Nach meiner Meinung reicht es eigentlich ob das Substrat in Backofen eine Stunde kocht. Nicht viele Pilze oder Bakterien überleben eine Stunde im Backofen. Für Sämlinge ist es wichtig dass sie kein Konkurrenz von Unkaut ins Substrat die ersten Wochen bekommen. Als sie grösser und starker werden verliert man nur selten Sämlinge. Anfangs juni habe ich 60 Sämlinge(Cyp. reginae und passerinum) aus Deutschland bekommen. Keine sind so weit von Krankheiten angegriffen worden.
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Claus am 10.Jul.11 um 12:53 Uhr
Ich sterilisiere gelegentlich auch mal Substrate im Sicomatic, der 6,5 Liter fasst. Nun kann man ja nicht unten einfach Wasser einfüllen und das Substrat darauf schütten, das hat Berthold schon beschrieben. Ich stelle dann auf den Einsatz einen passenden Kochtopf, dem ich zum passend-machen die Henkel abschraube. Dann kann man ihn bis zum Rand füllen.

Der Sicomatic schafft am zweiten Ring 118 °C. Und einen dritten Ring gibt es nicht. :-D
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Eveline† am 10.Jul.11 um 12:56 Uhr
Schmunzel!
Claus, vor meinem geistigen Auge sehe ich Deine arme Frau, die vehement ihre Kochtöpfe verteidigen muß.
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Claus am 10.Jul.11 um 13:05 Uhr
Genau so ist es.  :-D Aber den Sicomatic hat sie nie benutzt, der steht grundsätzlich links vom Herd (Linkshänder  :rot). Etwas fassungslos war sie, als sie den kleinen Topf ohne Henkel sah, gefüllt mit Erde.  :whistle :whistle :whistle

Auch das Umtopfen oder Tauchen von Töpfen auf dem Tisch im Esszimmer wird nicht so gern gesehen. Aber mit dicken Zeitungen als Arbeitsunterlage kann man sich doch eigentlich nicht beklagen.  :weird :weird :weird
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Eveline† am 10.Jul.11 um 13:13 Uhr
 :rofl

Eine köstliche Vorstellung! Deine Frau wird wahrscheinlich jedes Mal froh sein, wenn der Drucktopfdeckel nicht explosionsartig abhebt und das Substrat am Plafond pickt (klebt).
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Claus am 10.Jul.11 um 13:15 Uhr
Dafür gibt es ja eine doppelte Sicherung. Aber wenn man vergisst, das Ventil zu schließen und das Wasser ist verkocht, dann durchzieht ein köstlicher Duft das ganze Haus. Seither ist der Topfboden etwas dunkel, aber er sterilisiert immer noch.  :whistle
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Berthold am 10.Jul.11 um 16:06 Uhr
Zitat von: ohey am 10.Jul.11 um 14:02 Uhr
Hallo zusammen,
ich will mich auch noch mal Melden, mein Gymnadenia bicornis lebt auch nicht mehr ist von unten auf einmal schwarz geworden und weg gefault schade.
Viele Grüße
Dieter

Gegen das Abfaulen reicht auch eine einmalige Sterilisation des Substrates nicht aus.

Das Substrat muss verhindern, dass sich dort auch mittelfristig keine Infektionskeime (meist anaerobe Bakterien, die alles auffressen) ansiedeln. In der Natur machen das die Mykorrhizapilze oder andere Pilze im Boden, die direkt nichts mit den Orchideen zu tun haben.

In der Topfkultur schafft eine Zusatz von Neudohum Erleichterung oder auch der Zusatz anderer Pilze.
Ein Bekannter aus Tschechien hat jetzt erfolgreich Austernseitlinge getestet, mit denen er sehr gut Orchis militaris schützen konnte.
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Niko am 10.Jul.11 um 16:39 Uhr
Hmmmm- Austernseitlinge leben doch auf abgestorbenem Holz - ob die wirklich die militaris geschützt haben  :nee

Gruß Niko
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Berthold am 10.Jul.11 um 18:05 Uhr
Zitat von: Niko am 10.Jul.11 um 16:39 Uhr
Hmmmm- Austernseitlinge leben doch auf abgestorbenem Holz -

Gruß Niko

ja, das scheint gerade der Vorteil gegenüber anderen Ständerpilzen zu sein.

Ich habe ja Tests gemacht mit mehreren Lamellenpilzarten aus dem Garten. Die Orchideen faulen zwar nicht ab mit den Pilzen im Substrat, aber diese bewachsen mit ihren Hyphen die Orchideenwurzeln so stark, dass die Orchiden "Erstickungserscheinungen" zeigen.

Die Austernseitlinge scheinen da zurückhaltender zu sein, weil sie sich ausschliesslich auf den Holzanteil im Substrat konzentrieren und die Orchideenwurzeln in Ruhe lassen.

Dass die Austernseitlinge aber hinreichend Antibiotika ausscheiden, um sich andere Mikroorganismen vom Halse zu halten und dabei auch die Orchideen voe Fäulnis schützen, halte ich für nicht unwahrscheinlich.

Mein Bekannter will im Frühling den Test mit Cephalanthera damasonium machen, zu dem ich dringend geraten habe. Wenn diese Art auch in Austernseitling-Substrat überlebt, hat er wirklich eine grossartige Entdeckung gemacht.
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Norweger am 11.Jul.11 um 09:02 Uhr
Nach meiner Meinung ist eine einmalige Sterilisierung effektiv als übergangsmassnahme. Kultivation handelt immer um die Balansierung von schädliche Mikroben im Substrat gegenüber Pflanzen die von verschiedenen Grunden starke Konkurrenz von Mikroben nicht ertragen künnen. Wenn dass Substrat Vorteilhaft für die Pflanze ist, gilt es um zu vermeiden dass Sämlinge oder schwache Pflanzen in Topf von Anfang an eine gut etablierte Mikrobenkultur eksponiert wird. Sterilisierung vom Substrat gibt dann die Pflanzen einen konkurrenzvorteil die sie anfangs manchmal benötigen.
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Berthold am 11.Jul.11 um 10:31 Uhr
Zitat von: Norweger am 11.Jul.11 um 09:02 Uhr
Sterilisierung vom Substrat gibt dann die Pflanzen einen konkurrenzvorteil die sie anfangs manchmal benötigen.
ja, das sehe ich auch so. :yes
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Stanislav am 12.Jul.11 um 15:14 Uhr
Zitat von: Berthold am 10.Jul.11 um 16:06 Uhr

Ein Bekannter aus Tschechien hat jetzt erfolgreich Austernseitlinge getestet, mit denen er sehr gut Orchis militaris schützen konnte.

Yes, I am that "ein Bekannter aus Tschechien". I want to show you some pictures from my test with Orchis militaris. The pictures Militaris 1 and Militaris 3 show the plant during the growth and Militaris 7 is the tuber after finishing of this year´s season. In the substrate (perlite, white peat and wooden shavings) there are wooden pins inoculated by oyster mushroom. How the pins look after this year´s season it shows pic. Militaris 7. The two black pins were not inoculated by oyster mushroom. I was inspired by Berthold´s experience with mushrooms from a garden whose mycelium he added to a substrate. My friend from a university advised me to use oyster mushroom and he made the first inoculation of wooden pins for me. I think that it is too early for any conclusion, many other experiments have to be done. Admittedly I want to try this practise with Cephalanthera damasonium.

Stanislav
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Berthold am 14.Jul.11 um 10:25 Uhr
Ich habe vor längerer Zeit Austernseitlinge kultiviert, um die Fruchtkörper zu braten.

Dabei wurde frisch geschlagenes keimfreies Pappelholz mit dem Myzel auf Hirsebasis infiziert und im Garten an eine schattige Stelle im Regen aufgestellt.
Nach ca. 4 Monaten war das Holz vom Myzel durchwachsen und nach ca. 8 Monaten erschienen die ersten "Pilze".

Nach 3 Jahren war das Holz vom Pilz ausgesaugt und es fing an zu faulen und andere Pilze haben sich angesiedelt. Der Austernseitling ist verschwunden.

In den Jahren davor als der Austernseitling aktiv war, konnte ich keinerlei Infektion an dem Pappelstamm feststellen, während andere Pappelstämme ohne Austernseitlinginfektion bereits nach einem Jahr anfingen, abzufaulen.

Die Beobachtung zeigt, dass der Austernseitling doch eine erhebliche antibiotische und fungizide Wirkung entwickelt.
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Stanislav am 15.Jul.11 um 07:52 Uhr
The similar effect can be observed on the wooden pins. Whilst the two right pins are clean and only with oyster mushroom mycelium after nearly one year in the substrate, the two left pins are black and began to rot.
My reasons for this experiment are following:
- Neudohum is not available in CZ.
- The protecting effectiveness of Neudohum is relatively short. As I found out already earlier the oyster mushroom mycelium withstands even the dry period of orchid dormancy. If the wooden pins are thick enough they can be in the substrate even more years.
- Neudohum can contain fungus gnats (as I have read in this forum). Their larvae can make great damages. But this is not the significant thing because the fungus gnats can be destroyed e.g. chemically.
Stanislav
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Berthold am 15.Jul.11 um 10:02 Uhr
Ich hatte für den Test mit meinen Gartenpilzen das ganz normale Kleintierstreu in das Substrat gemischt. Es besteht aus unbehandelten Hobelspänen aus Weichholz und sollte ein optimales Fütter für den Austernseitling sein.
Man könnte das Kleintierstreu mit Myzel impfen und bewachsen lassen und erst anschliessend dem Orchideensubstrat zu mischen.
Als andere Substratbestandteile würde ich eine lockere mineralische Mischung ohne Nullanteile der Korngrössen wählen, d. h. man sollte Dolomitsplitt und Rheinsand etwas aussieben.

Da das Kleintierstreu etwas feiner ist als die kleinen Holzröhrchen von Stanislav wird es schneller aufgebraucht sein und man sollte jährlich das Substart wechseln, wobei man das neue Substrat mit Teilen des alten impfen könnte.
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Ute Rabe am 15.Jul.11 um 10:38 Uhr
Sehr interessantes Thema! :thumb
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Stanislav am 15.Jul.11 um 20:44 Uhr
I would like to explain some details from my test. I decided to use a defined fungus for my test to guarantee the repeatibility. My friend from a university advised me to use the oyster mushroom from the following reasons:
• The oyster mushroom is known by its production of antibiotics.
• It is easy to cultivate even in home conditions. Also a propagation is relatively easy.
• Alternatively I wanted to try honey fungus (Hallimasch) but my friend didn´t advised it to me because it is very aggresive and more difficult for cultivation.
I also speculated about usage of the wooden shavings for home pets but they are made mainly from pine-wood (Fichtenholz) and oyster mushroom lives on a wood of  leaf trees. When I tried to propagate oyster mushroom on beech wood shavings in home conditions I was not sucessfull ( I don´t say that it is impossible). I also added beech wood shavings to my substrate because I wanted to try if the oyster mushroom would widen on them. It didn´t happen. Probably the wooden shavings in my substrate are needless.
As the best solution it appeared using of the wooden pins (I am using them from a hardwood). The propagation is relatively easy. The pins can be left in the substrate during orchid dormancy or they can be kept in a closed glass.
Stanislav
Titel: Re: Schutz von Erdorchideen vor dem Abfaulen
Beitrag von: Stanislav am 15.Feb.13 um 07:49 Uhr
Zitat von: Berthold am 10.Jul.11 um 18:05 Uhr
Zitat von: Niko am 10.Jul.11 um 16:39 Uhr
Hmmmm- Austernseitlinge leben doch auf abgestorbenem Holz -

Gruß Niko

ja, das scheint gerade der Vorteil gegenüber anderen Ständerpilzen zu sein.

Ich habe ja Tests gemacht mit mehreren Lamellenpilzarten aus dem Garten. Die Orchideen faulen zwar nicht ab mit den Pilzen im Substrat, aber diese bewachsen mit ihren Hyphen die Orchideenwurzeln so stark, dass die Orchiden "Erstickungserscheinungen" zeigen.

Die Austernseitlinge scheinen da zurückhaltender zu sein, weil sie sich ausschliesslich auf den Holzanteil im Substrat konzentrieren und die Orchideenwurzeln in Ruhe lassen.

Dass die Austernseitlinge aber hinreichend Antibiotika ausscheiden, um sich andere Mikroorganismen vom Halse zu halten und dabei auch die Orchideen voe Fäulnis schützen, halte ich für nicht unwahrscheinlich.

Mein Bekannter will im Frühling den Test mit Cephalanthera damasonium machen, zu dem ich dringend geraten habe. Wenn diese Art auch in Austernseitling-Substrat überlebt, hat er wirklich eine grossartige Entdeckung gemacht.

I have to establish that my tests with oyster mushroom were not succesfull. The main reason is that the oyster mushroom is not the real soil mushroom and it doesn´t survive in the orchid substrate. The oyster mushroom mycelium on the wooden pins in the substrate dissappears in the course of time and the pins are colonized by some kind of a black fungus. Berthold´s good experience with mushrooms is based on real soil mushrooms which are saprophytic.
Stanislav