Symbiotische Aussaat

Begonnen von Berthold, 13.Sep.08 um 12:57 Uhr

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Claus

Zitat von: Charlemann am 28.Jan.09 um 21:57 Uhr
Zitat von: Berthold am 28.Jan.09 um 20:13 UhrDas "Nachfüttern" des Pilzes im Aussaatglas durch Zustreuen von frischen Haferflocken so etwa einen Monat nach der Aussaat ist auch eine Möglichkeit.

Aber bitte vorher die Haferflocken in der Mikrowelle sterilisieren.
Verkeimungsgefahr!
Michael,
das ist klar. Ich sterilisiere den gemahlenen Hafer auch im Drucktopf, kein Problem mit Verklumpen!

Gruß Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Ausbreitung des B1-Mykorrhiza-Pilzes auf Haferflocken Agar mit 2 Eichenblättern/40ml Agar, 4 Tage nach der Impfung, geimpft mit einem Orchis laxiflora Sämling:



Der Pilz wächst deutlich kräftiger als auf reinem Haferflockenagar (hoffentlich ist es auch der B1)
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: Berthold am 30.Jan.09 um 17:03 Uhr
Der Pilz wächst deutlich kräftiger als auf reinem Haferflockenagar (hoffentlich ist es auch der B1)
Berthold,
das beobachte ich bei den Eichen-Gemischen auch, der B1 und insbesondere auch andere Pilze wuchern wesentlich stärker. Ich habe einen Pilz, der auf Haferagar fast unsichtbare Hyphen bildet und auch sonst ganz schwach ist. Der bildet auf der Eiche ein intensives Gespinst, ohne dass er den Sämlingen etwas tut. Ein Pilz von der DSMZ, dem ich nie viel zugetraut habe, entwickelt ein Gemisch aus typischen Rhizoctonia-Hypen und grünlichem "garnuliertem" Schimmel. Darauf keimen auch Samen.

Nun ist die Frage, die du ja auch stellst: Sind das denn nun die Pilze, die wir da aufgebracht haben, oder liefert die Eiche auch anderen Müll?

Die Beantwortung wird noch etwas dauern. Dazu brauche ich noch viele Gläser, um statistisches Material zu bekommen. Denn es ist ja die Frage, ob all die Millionen Mikroorganismen, die ich da in die Gläser eingeschleppt habe, bei den 60 min Sterilisierung auch kaputt gehen. Es ist ja zu berücksichtigen, dass gewisse Sporen sehr resistent gegen 120 Grad sind.

Ich habe sehr vereinzelt Gläser, in denen neben dem Rhizoctonia B1 noch ein anderer Schadpilz auftrat, in einem Fall ein grünes Gebilde, wobei sich die beiden gegenseitig tolerierten und nicht in das jeweilige andere Reich eindrangen. Auf dem Rhizoctonia gediehen die Dactys prächtig. Jetzt kommt das Glas mit dem DSMZ-Pilz dazu und dann noch das wuchernde Gespinst des sonst schwachen Pilzes. Dann gibt es noch einige wenige Gläser, auf denen eingebrachte Sämlinge zu 100% abstarben, ohne dass ich daran Zweifel hatte, dass es B1 ist.

Meine Vermutung: Es gibt schon einige Keime, welche die Sterilisierung überleben und sich dann ausbreiten. Da die Gesamtzahl der Gläser mit Eiche oder Buche - viele schon durch Umlegen verworfen - sich der 100 nähert, werde ich in einiger Zeit dazu etwas sagen können. Ich habe leider nie die Geduld, so lange mit der Infizierung der Gläser zu warten, bis ich entscheiden kann, ob da schon etwas Lebendes drin ist. Es gibt immer etwas, das sofort aufgelegt werden muss.

LG Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Claus am 30.Jan.09 um 18:12 Uhr
Denn es ist ja die Frage, ob all die Millionen Mikroorganismen, die ich da in die Gläser eingeschleppt habe, bei den 60 min Sterilisierung auch kaputt gehen. Es ist ja zu berücksichtigen, dass gewisse Sporen sehr resistent gegen 120 Grad sind.
LG Claus

Claus, bei mir wachsen in allen Gläser die Hyphen immer konzentrisch von der Infektionstelle aus. Deshalb glaube ich, dass es keine Pilze sind, die in den Eichenblättern überlebt haben.

Ausserdem stammen die Impfsämlinge aus unterschiedlichen Gläsern. Es wär schon ein grosser Zufall, wenn sich in allen Ursprungsgläsern der selbe Schadpilz angesiedelt hätte. Deshalb vermute ich schon, dass es sich um den B1 handelt, der sich in Eichenbeimischung einfach anders verhält.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

winwen

Lasst uns doch den Begriff Eichenblatt mal etwas genauer definieren:
sind die vom Boden aufgesammelt, getrocknet, verfault oder frisch....?
Sollte man nicht einen Gegenversuch machen mit Pulverzellulose statt Eichenblatt um zu sehen, ob es nur an der C-Quelle liegt oder an noch etwas anderem?
Wie verhält sich Hafer-Eichenblatt vs. Hafer-Nitrate (oder Hafer-Claus'sche Imprägnierung)?

Fragen über Fragen......

Berthold

Zitat von: winwen am 30.Jan.09 um 19:20 Uhr
Lasst uns doch den Begriff Eichenblatt mal etwas genauer definieren:
Fragen über Fragen......


also ich nehme hier gefallene nicht verrottete Blätter von Stieleichen (Quercus robur), schneide sie mit der Schere in ca. 5 mm breite Streifen und mische die Streifen vor den Sterilisieren in den Haferflockenagar. Ein oder jetzt zwei Blätter in jedes 40 ml-Glas.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: winwen am 30.Jan.09 um 19:20 Uhr
Lasst uns doch den Begriff Eichenblatt mal etwas genauer definieren:
sind die vom Boden aufgesammelt, getrocknet, verfault oder frisch....?
Sollte man nicht einen Gegenversuch machen mit Pulverzellulose statt Eichenblatt um zu sehen, ob es nur an der C-Quelle liegt oder an noch etwas anderem?
Wie verhält sich Hafer-Eichenblatt vs. Hafer-Nitrate (oder Hafer-Claus'sche Imprägnierung)?
Fragen über Fragen......
Hallo Erwin,
wir haben das schon teilweise geklärt. Auf reiner Holzfaser, z.B. Toresa, die genauso imprägniert ist, wachsen geeignete Arten auch, allerdings wesentlich schlechter im Vergleich zum Gemisch aus trockenen, abgepflückten Eichenblättern, Zweigen, schon etwas angegammelter Rinde und Holzspänen, alles geschreddert, gemischt, mit meiner Lösung imprägniert, sterilisiert und infiziert. Berthold macht das nun mit dem Gemisch aus Haferagar und zerkleinerten Blättern.

Ich denke, dass dieses organische Gemisch noch viele andere Stoffe enthält, die sowohl dem Pilz schmecken als auch den Sämlingen.

Berthold, das ist schon der B1, man sieht das. Fremdinfektionen kommen meist später in Form von Lufthyphen oder kleinen Fasern, die erst transparente und dann schwarze Köpfe bekommen.

Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

winwen

Zitat von: Berthold am 28.Jan.09 um 20:13 Uhr
dann wäre es ja klug, wenn man dem Pilz eine Nahrung gibt, die er nicht sofort komplett verstoffwechseln kann (wie Haferflocken) sondern woran er länger aber gleichmässiger von zehren kann.
...
Das "Nachfüttern" des Pilzes im Aussaatglas durch Zustreuen von frischen Haferflocken so etwa einen Monat nach der Aussaat ist auch eine Möglichkeit.
Sag' mal, Berthold
funktioniert dieses Nachfüttern wirklich?
Liefert das wirklich das, woran es dem Pilz mangelt und es geht dann munter weiter?
Wenn man dem Pilz etwas geben möchte, woran er langfristig zehren kann, müsste dann nicht auch eine Mischung aus Haferflocken (als Anwachshilfe), Zellulosepulver (langfristige C-Quelle) und einer Imprägnierung a la Claus funktionieren?

Berthold

#68
Zitat von: winwen am 01.Feb.09 um 21:26 Uhr
funktioniert dieses Nachfüttern wirklich?
Liefert das wirklich das, woran es dem Pilz mangelt und es geht dann munter weiter?

ja, das funktioniert. Claus kann das auch bestätigen. Aber:

Wenn Du den Pilz über lange Zeit auf gleichem Aktivitätsiveau halten könntest, würdest Du die Orchidee trotzdem durch Pilzernährung nicht zum Blühen zwingen können.
Denn:
- die Orchidee wehrt sich gegen das Einwachsen des Pilzes und irgendwann schafft er es nicht mehr und dann wird die Orchidee nicht mehr durch den Pilz gefüttert und sie muss auf eigenen Beinen stehen.
- der Pilz wächst vermutlich örtlich irgendwann weiter, wenn an einer Stelle (dort, wo das Protokorm liegt) seine Hyphen immer angeknabbert werden. Ich stelle mir das so vor wie das Wurzelsystem eines weit kriechenden Bambus.

Deine Überlegung zur Pilzernährung ist mir plausibel. Man müsste es testeten. Ich ersetze halt das Zellulosepulver und die Nährstoffimprägnierung durch Eichenblätter. Das ist einfacherer, zumal Eichenblätter bewiesen haben, dass sie den B1 gut und langfristiger füttern können.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Das Eigenartige beim Nachfüttern ist ja, dass der Pilz dabei entgegen jeder Erwartung nicht parasitiert. Normalerweise beginnt das Parasitieren schon so ab 4-5 g Hafer pro Liter Medium. Hier ist ja durch das Aufstreuen von Hafermehl die örtliche Konzentration viel höher.

Und dass es sehr gut funktioniert sieht man an meiner eingekerkerten Dacty; die habe ich im letzten Jahr zweimal gefüttert, sie steht im 4. Jahr auf B1 und bildet zur Zeit neben einer dicken grünen Spitze neue Speicherwurzeln aus. Das Hafermehl, das zunächst trübe auf der Oberfläche liegt, verschwindet ganz allmählich, zur Zeit ist von der Fütterung im Oktober nichts mehr zu sehen.

Der B1 frisst jetzt aus Langeweile auch die eingezogenen Blätter auf, man sieht das Myzel deutlich.

Erwin, aus theoretischer Sicht ist ein Versuch mit Cellulosemehl sicher richtig, aber für uns Praktiker ist dieser imprägnierte Mischmasch von Blättern, Zweigen, Rinde und Spänen eines Baumes doch sehr verlockend, da ganz dicht an der natürlichen Vermehrung. Nach Eiche, Buche und Farn kommt jetzt noch die Birke dran. Ein Freund hat sie schon gefällt, wird die Sägespäne und Rinde sammeln, die Zweige habe ich schon, mit Blättern ist ja jetzt nichts.

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

winwen

Weißt Du, Claus,
dzt. kommen bei Dir doch ziemlich viele komplexe Zusätze auf einmal dazu, sodaß man einen Erfolg gar nicht einem bestimmten Zusatz zuschreiben könnte. Eichenblätter alleine sind noch überschaubar, Nitrate sowieso, aber Zweige, Rinde und das ganze evt. noch leicht zersetzt (oder fermentiert?).
Fürchtest Du nicht um die Nachvollziehbarkeit das ganzen? Bringen die Zweige und die Rinde etwas?

Berthold

Zitat von: winwen am 03.Feb.09 um 11:31 Uhr
Weißt Du, Claus,
dzt. kommen bei Dir doch ziemlich viele komplexe Zusätze auf einmal dazu, sodaß man einen Erfolg gar nicht einem bestimmten Zusatz zuschreiben könnte.

da mache ich mir auch etwas Sorgen über Claus.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Sorgen müsst ihr euch nur wegen der Anzahl der Gläser machen, die irgendwann nicht mehr ins Haus passen.  :-p Wir müssen jetzt schon an jedem Wochenende Kirschtorte essen, damit ich die notwendigen großen Gläser bekomme.  :bag

Erwin, natürlich ist das Substrat sehr komplex, und mir als Naturwissenschaftler ist das auch irgenwie zuwider. Aber wenn es doch funktioniert und deutlich besser funktioniert als auf Haferagar, dann mache ich doch dort weiter. Um jetzt die Funktion der einzelnen Komponenten herauszufinden, brauchte ich ja allein Jahre. Aber jeder kann da doch mal selbst herumfummeln und eigene abweichende Versuche machen. Und berichten! Nicht immer alles für sich behalten!

So war es doch auch mit den asymbiotischen Rezepturen von Malmgren und van Waes. Zum Keimen sehr gut, am besten noch bei Grünaussaat. Dann habe ich Svante geschrieben, dass ich sein Medium zum Keimen sehr gut, zum Umlegen aber als nicht besonders gut geeignet fände. Er fragte dann etwas pikiert, bei welchen Arten denn? Das konnte ich ihm so nicht beantworten, und ich schrieb: "eigentlich bei allen". Da gab es dann erst einmal Sendepause.

Dann habe ich Malmgren und van Waes kombiniert, und es war besser. Aber viele Arten hatten hellgrüne, etas glasige  Blätter und wollten eigentlich nicht richtig weiter. Da habe ich Nitrate zugefügt, und nun bin ich - bislang - mit dem Ergebnis sehr zufrieden, das Medium erweckt Halbtote zum Leben. Bei dieser Rezeptur könnte man nun immer etwas weglassen, die winzige Menge Glycin z.B. Aber dann muss ich ja wieder unendlich viele Ansätze machen, um eine Aussage zu treffen. Das Medium funktioniert sehr gut, warum soll ich da jetzt etwas ändern, wenn ich die Substanzen alle da habe? Und die 1 €-Kräfte haben sich immer noch nicht gemeldet.  :heul :heul :heul

Bei den holzhaltigen Substraten habe ich ja schon geschrieben, Toresafaser allein - und das ist Holz - ist schlechter als das Gemisch mit Blättern, Spänen, Rinde und Zweigen. Also wird es mit Cellulosepulver plus Hafer allein wahrscheinlich auch schlechter sein. Erwin, du kannst das ja jetzt mal ausprobieren und berichten. Berthold macht ja schon die Versuche mit Eichenblättern im Hafermedium.

Zur Zeit kultiviere ich 6 verschiedene Pilze auf Eiche, Farn und Kiefer. Demnächst kommt Birke dazu, mein Freund mit eigenem Wald zersägt gerade seine Stämme, um mir Späne zu liefern. Zunächst werde ich D. pratermissa-Sämlinge auflegen und D. maculata-Samen. Und dann werde ich sehen, welche Kombination bei diesen beiden Arten optimal ist. Dann werde ich diese optimale Kombination von Pilz und Substrat bei anderen Arten testen. By the way, bisher ist der B1 unübertroffen in allen Fällen. Aber man weiß ja nie!

Was ich besonders interessant finde, auf diesen Substraten verhält sich der Pilz völlig anders als auf Hafer. Er wuchert viel intensiver, bildet Lufthyphen in den Zwischenräumen des Substrats, parasitiert aber kaum. Aussaaten von D. maculata entwickeln sich rasant, wesentlich schneller als auf Hafer. Jetzt wäre zu prüfen, ob man die auf diesem sehr viel Masse enthaltenden Substrat evtl. über das Jahr durchkultivieren kann.

Also Jungs, macht mal mit!  :yes :yes :yes Ich habe schon wieder neue Ideen.

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Charlemann am 03.Feb.09 um 15:45 Uhr
Hallo !
So, jetzt schreibe ich auch mal was.

das wird ja auch mal höchste Zeit, Michael.

Jetzt sag noch, welche Art das ist, wann sich die ersten Protokorme gezeigt haben und wie alt die Sämlinge auf dem Foto sind. Wie lange stand das Glas dunkel, wie lange hell und bei welchen Temperaturen all dieses?

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Zitat von: Charlemann am 03.Feb.09 um 16:35 Uhr
Die Pflanzen wurden selbstverständlich mit Liebe ausgesät! :-D

Du solltest vor allem auf Sterilität achten.

Aber bei 8 bis 10° brauchen sie schon fast doppelt so lange zur Entwicklung wie bei den üblichen 20°. Bei 20° kann ich auf meinen Böden nach ca. 14 Tagen die Protokorme mit blossem Auge erkennen. Wenn es sich um gut geförderte Arten handelt, kann ich sie nach 6 bis 8 Wochen mit 15 cm grüner Spitze pikieren.

Wie war der Samen, mit wieviel % Embryonen? Wie wurde der Samen vor der Aussaat desinfiziert?
So langsam haben wir jetzt alles.

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)