Wie lege ich eine Ophrys-Wiese an?

Begonnen von kkaugusta, 23.Jun.13 um 21:20 Uhr

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Berthold

Der Keimpilz fuer Orchis mascula laesst sich in sterilem Boden ganz gut ansiedeln. Dann keimen fuer einige Jahre Orchis mascula Saemlinge. Aber nach einer gewissen Zeit keimt nichts mehr.
Einen Keimpilz fuer Orchis militaris oder purpurea oder Ophrys-Arten anzusiedeln ist mir bisher nicht gelungen.
Ich vermute, es liegt daran, dass die geeigneten Pilze zu leicht von bereits vorhandenen Pilzen verdraengt werden.
In der Topfkultur von Ophrys-Arten, wo man das Substrat sterilisieren kann, laesst sich ein solcher Effekt beobachten.   
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: Krzynianek am 26.Jun.13 um 09:44 Uhr
P.S. Als Anhang - ein Hügelschen in Andalusien, eine Seite wo ein Landwirt "zu viel" umgepflügt hat. Wo "Magerrasen" unbeschädigt geblieben, habe ich 3 Ophrys lutea blühend gesehen, wo gepflügt wurde - have ich 500 gezählt.

Ja, Rohboden schafft immer hervorragende Bedingungen für die Aussaat von Erdorchideen. Ich kenne das aus Österreich, wo im Gebirge in den letzten Jahrzehnten viele neue Straßen gebaut wurden. Auf den Böschungen keimten dann nach 1-2 Jahren massenhaft Orchideen. Nach 5 Jahren waren dann aber nur noch wenige zu finden, dafür aber die übliche Vegetation.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Uhu

Zitat von: Berthold am 26.Jun.13 um 00:31 Uhr
Zitat von: Uhu am 25.Jun.13 um 23:35 Uhr
naja, komischerweise sind auch auf isolierten Kalklinsen geeignete Ophryspilze in der Regel vorhanden. Wenn Muschelkalk im UNterboden ist klappt es auch mit den Ophrys, Gymadenien, Orhcis militaris und purpurea etc. Die Seltenheit der Orchideenstandorte liegt meiner Meinung nach mehr an der intensiven Nutzung der Landschaft -

Juergen, wenn dem so waere, sollten die von Dir aufgezaehlen Arten oft zusammen auftreten, was aber nicht der Fall ist.

Hallo Berthold, besonders gut dokumentiert ist eine isolierte Kalkinsel zwischen Kassel und Marburg. Dort gab es früher die komplette Ausstattung mit Orchis militaris, purpurea -die sind inzwischen verschwunden. Oph insectifera und Gymnadenia standen kurz vor dem Verschwinden und wurden nur durch den Einsatz eines Orchideenfreundes, der die Mahd der verbuschenden Standorte übernommen hat, erhalten. Platanthera chlorantha und Waldvöglein sind nicht gefährdet. Das heutige Arteninventar ist leider meistens deutlich geschrumpft.
Grüße Jürgen

Timm Willem

#18
Zitat von: Berthold am 25.Jun.13 um 23:14 Uhr
Zitat von: Krzynianek am 24.Jun.13 um 22:03 Uhr
Ich glaube manchmal, daß dieses Forum sich umnennen soll und "Märchen über Mikkorhiza-Pilzen" heißen...

Aber Kristof, ueberlege doch mal selber, warum die meisten Orchiden in der Natur nur auf Pilzen keimen koennen.

Die Orchideenstandorte sind halt relativ selten und nicht ueberall, wo Orchideen leben koenenn, existieren auch Orchideen. Das liegt im Wesentlichen daran, dass sich geeignete Keimpilze nicht ansiedeln koennen, weill das Substrat bereits von anderen Pizen besetzt ist.
Hallo Berthold,
wahrscheinlich spielen bei der Ansiedlung von Orchideen alle Wachstumsfaktoren, wie bei anderen Pflanzen auch, eine Rolle. So wie Sonnentau auf keinem Südhang in praller Sonne wächst, tut dies auch Cypripedium nicht. Meist ist das Hauptproblem eine zu dichte Begleitvegetation, wodurch die Orchideen nach einigen Jahren wieder verdrängt werden oder sich gar nicht erst ansiedeln können.

Wenn man dazu bedenkt, dass viele Orchideen nach der Keimung einige Jahre bis zur ersten Blüte benötigen, sie zwischen Keimung und erster Blüte an einem neuen Standort praktisch nicht "auffindbar" erscheinen und dann auch nur unter optimalen Bedingungen direkt zur Blüte kommen, kann man annehmen, dass es vielleicht noch ein anderes grundlegendes Problem neben der Keimung gibt.

Möglicherweise verlängert sich der Zeitraum zwischen Keimung und erster Blüte auf Standorten zwischen den "notwendigen und hinreichenden Bedingungen" so sehr, dass sie durch Ausfall über die Jahre nie zur Blüte kommen. Man kann meist vor der Blüte überhaupt nicht erkennen, welche und wie viele Protokorme dort in der Erde entstanden sind.

In diesem Fall hätte die Verteilung der Pilze nur sehr wenig mit den wirklich an einem Standort blühenden Pflanzen zu tun. Danach würde die These, dass diese Pilze überall vorhanden sind, ebenso zutreffen können. Gründe warum eine Orchideenart sich nicht spontan an einem neuen Standort ansiedelt, gibt wohl sehr viele.

Wobei noch viele weitere Thesen denkbar wären. Beispielsweise, dass der Pilz zwar überall vorhanden ist, aber nicht in jedem Jahr Bedingungen vorfindet um auch noch die Protokorme der Orchideen zu ernähren. An bestehenden Standorten würde dies die sehr stark schwankenden Jungpflanzenbestände zumindest teilweise erklären können.

Berthold

Simon, das Vorhandensein der notwendigen Keimpilze ist nur eine notwendige Voraussetzung, keine hinreichende Voraussetzung fuer das Vorhandensein bluehender Pflanzen.

Man sieht sehr schoen die Ausbreitung des Keimpilzes fuer Orchis mascula, wenn man eine infizierte Pflanze in ziemlich steriles Substrat im Garten setzt.
Beyrle hat ausfuehrlich darueber gearbeitet, einen geeigneten Pilz in einem Habitat anzusiedeln, um dort langfristig eine Dactylorhiya-Art zu etablieren.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

kkaugusta

Hallo Leute,

vielen Dank für die Infos in dieser Sache, von meiner Seite noch Anmerkungen zu

Tyr: Es ist richtig, dass die Heide trockener aussieht, auch wenn Sie so aussieht, ist die Fläche am Morgen ziemlich feucht. Vor 20 Jahren wurde übrigens von einer Fläche unmittelbar an der Heide, die als Wiese genutzt wurde der Oberboden abgetragen (es hieß damals, dass zwischen 20-70 cm Oberboden ab zutragen war bis man auf Kies gestoßen war), später wurde dann Samen/Heu von der Heide aufgebracht. Auf der Fläche finden sich heute viele Pflanzenarten der Heide, jedoch keine Ophrys. Bei mir im Garten beginnt die Kiesschicht nach ca. 50 cm.

Orchitim: Die Heide liegt unmittelbar am Lech und hat sich meines Wissens aus Brennen entwickelt. Wachholder gibt es dort nicht (aber Sanddorn).

Ich tendiere im Augenblick dazu, zunächst mal Samen von der Heide auf die abgetragene Fläche neben der Heide aufzubringen und abzuwarten, was sich da so entwickelt.

Was jedoch im Garten passiert kann ich noch nicht sagen, da fehlen mir noch weitere Ratschläge. Hat noch jemand Erfahrung mit der langfristigen Ansiedlung von Ophrys im Garten?

Viele Grüße
Klaus






Berthold

Zitat von: kkaugusta am 26.Jun.13 um 22:46 Uhr
Hat noch jemand Erfahrung mit der langfristigen Ansiedlung von Ophrys im Garten?

Viele Grüße
Klaus

Es ist mir trotz umfangreicher Versuche nicht gelungen, da sich die Pflanzen nicht ausgesaet haben, Aussnahme Ophrys apifera.
Im Topf haben sich die Pflalnzen nur ausgesaet, wenn sie in fast sterilem Substrat standen und dann auch nur ein Jahr lang. Die Keimpilze, die an der Mutterplanze kleben, sind nach ca. einem Jahr abgestorben.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Timm Willem

Zitat von: Berthold am 26.Jun.13 um 22:24 Uhr
Man sieht sehr schoen die Ausbreitung des Keimpilzes fuer Orchis mascula, wenn man eine infizierte Pflanze in ziemlich steriles Substrat im Garten setzt.
Das liegt an der Lebensweise des beobachteten Pilzes, viele weitere Beobachtungen deuten darauf hin, dass "Keimpilze" stark an die Wurzeln anderer Pflanzen, von denen sie mit Kohlenhydraten versorgt werden, gebunden sind. Die in meinen Augen wichtigste Grundlage für erfolgreiches natürliches Wachstum bei Erdorchideen ist die Anwesenheit von Wirtspflanzen von denen die "Pilze" profitieren. Dabei scheint die Art der Wirtspflanze für den Pilz und die Pilzart selber nicht unbedingt für eine Orchideenart fest zu stehen. 
Zitat von: Berthold am 26.Jun.13 um 22:24 Uhr
Beyrle hat ausfuehrlich darueber gearbeitet, einen geeigneten Pilz in einem Habitat anzusiedeln, um dort langfristig eine Dactylorhiya-Art zu etablieren.
Das Beispiel hatten wir schon einmal, ich kenne es nicht genug um etwas dazu schreiben zu können, kann mir aber nur anhand Deines Satzes eine fast unendliche Ergebnisdiskussion vorstellen, da gibt es unendlich viele Gründe warum etwas in einem offenen, praktisch unbeobachtbaren System nicht funktioniert.

Vielleicht hätte man eine für die Pilzart geeigneten Wirtspflanze einbringen sollen, dann wäre der Pilz schon dabei gewesen. Das es nicht ausreicht in ein bestehendes System einen Pilz einzuimpfen, ist wohl unumstritten. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass der Pilz als Hintergrund bereits vorhanden ist, aber eben keine große Rolle spielt.

kkaugusta

ZitatEs ist mir trotz umfangreicher Versuche nicht gelungen, da sich die Pflanzen nicht ausgesaet haben, Aussnahme Ophrys apifera.
Im Topf haben sich die Pflalnzen nur ausgesaet, wenn sie in fast sterilem Substrat standen und dann auch nur ein Jahr lang. Die Keimpilze, die an der Mutterplanze kleben, sind nach ca. einem Jahr abgestorben.

Hallo Berthold,
danke für diese Info! Gibt es sonst jemand in diesem Forum, der bei der dauerhaften Ansiedelung von einheimischen Oprys-Arten erfolgreich war?


Berthold

Zitat von: Timm Willem am 27.Jun.13 um 16:29 Uhr
Zitat von: Berthold am 26.Jun.13 um 22:24 Uhr
Man sieht sehr schoen die Ausbreitung des Keimpilzes fuer Orchis mascula, wenn man eine infizierte Pflanze in ziemlich steriles Substrat im Garten setzt.
Das liegt an der Lebensweise des beobachteten Pilzes, viele weitere Beobachtungen deuten darauf hin, dass "Keimpilze" stark an die Wurzeln anderer Pflanzen, von denen sie mit Kohlenhydraten versorgt werden, gebunden sind. Die in meinen Augen wichtigste Grundlage für erfolgreiches natürliches Wachstum bei Erdorchideen ist die Anwesenheit von Wirtspflanzen von denen die "Pilze" profitieren. Dabei scheint die Art der Wirtspflanze für den Pilz und die Pilzart selber nicht unbedingt für eine Orchideenart fest zu stehen.

Ja, das gilt vermutlich oft aber die Ophrys-Keimpilze vieler mediterraner Arten scheinen ohne Wirtspflanzen auszukommen, nur mit minimalem Humus im Substrat, vielleicht von den abgestorbeenn Wuzeln der einjaehrigen Begleitflora. Unser B1 verhaelt sich aehnlich.

Zitat
Zitat von: Berthold am 26.Jun.13 um 22:24 Uhr
Beyrle hat ausfuehrlich darueber gearbeitet, einen geeigneten Pilz in einem Habitat anzusiedeln, um dort langfristig eine Dactylorhiya-Art zu etablieren.
Das Beispiel hatten wir schon einmal, ich kenne es nicht genug um etwas dazu schreiben zu können, kann mir aber nur anhand Deines Satzes eine fast unendliche Ergebnisdiskussion vorstellen, da gibt es unendlich viele Gründe warum etwas in einem offenen, praktisch unbeobachtbaren System nicht funktioniert.

Vielleicht hätte man eine für die Pilzart geeigneten Wirtspflanze einbringen sollen, dann wäre der Pilz schon dabei gewesen. Das es nicht ausreicht in ein bestehendes System einen Pilz einzuimpfen, ist wohl unumstritten. Die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass der Pilz als Hintergrund bereits vorhanden ist, aber eben keine große Rolle spielt.

Ja, da gibt es sehr viele Gruende, an denen die Ansiedlung der Orchideen scheitern kann. Die Natur selber schafft es ja auch nur in seltenen Faellen.
Bei den Orchideen ist auch zu beruecksichtigen, dass der pilzabhaenige Keimvorgang teils mit voellig anderen Pilzen ablaeuft als der spaetere adulte Lebenspart, der mindestens bis zum einmaligen Bluehen fuehren muss.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

kkaugusta

...gestern beuchte ich mal wieder die Heide (siehe 1. Bild meines ersten Beitrages) und wollte sehen, wie sich die Samen der Ophrys entwickeln.

Dort angekommen musste ich feststellen, dass das Gebiet eingezäunt war und dass sich dort Schafe bequem gemacht hatten. Wie ihr euch sicher vorstellen könnt, ist von den Ophrys nicht mehr wirklich viel übrig geblieben. Ich hatte die Wochen zuvor einige Pflanzen mit einem Ästchen markiert - nicht eine Ophrys ist heil geblieben...

Mir ist klar, dass es sehr schwer ist, für die Beweidung den richtigen Zeitpunkt zu finden, was für die Ophrys gut ist, kann vielleicht für irgend welche Schmetterling gerade falsch sein, oder so....

Welche Erfahrung habt Ihr so von den Standorten die Ihr kennt?

Viele Grüße aus Augsburg
Klaus








Ralla

Liebe Grüsse, Carola     

'Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.' - Thomas Mann

Uhu

#27
Eine Pflege solcher Biotope ist zum Erhalt der Artenvielfalt und insbesondere der Orchideen unbedingt nötig. Ich konnte mal einen morio Standort in der Nähe 3 Jahre nicht mähen. Es kamen nur noch 10-15% der vorherigen Anzahl zur Blüte.

Bei der Fläche stimmt das PFlegemanagement nicht. Die Heide wird aber sicherlich viel zu früh beweidet. Dieses Jahr ist dort alles futsch. Gibt es einen Schutzstatus für die Fläche? Hummelragwurz fällt in Bayern unter die Kategorie stark gefährdet.
http://www.bestellen.bayern.de/application/stmug_app000008?SID=313273185&ACTIONxSESSxSHOWPIC%28BILDxKEY:stmugv_nat_00044,BILDxCLASS:Artikel,BILDxTYPE:PDF%29
Dann müsste im Pflegeplan Beweidung frühestens 8 Wochen nach Ende der Orchideenblüte festgelegt sein (werden??). Das wäre dann immer noch früh genug für Herbstblüher wie beispielsweise Gentianellaarten oder Spiranthes spiralis. Raupen und Schmertterlinge können mit einem Stoppelacker auch nix anfangen.
Grüße Jürgen

kkaugusta

Hallo Jürgen,

die Heide ist Anfang Mai bereits mal beweidet worden, allerdings gab es nach Aussage des Schäfers so gut wie keinen Bewuchs...

Ich hatte Kontakt mit dem Mitarbeiter des Landschaftspflegeverbandes, der die Beweidung steuert, der meinte nur, dass die Pflanzen durch die Beweidung nicht nachhaltig geschädigt sind. Im übrigen sind die Heiden nur durch die Beweidung durch Schafe entstanden....

Angeblich bringt man die Beweidung (es wird 3x pro Jahr beweidet) nicht besser terminlich unter. Erst als ich noch mitgeteilt hatte, dass die Schafe auf der Heide eingepfercht waren meinte der Herr vom Landschaftspfegeverband, dass dies eigentlich nicht sein sollte, er will der Sache mal nachgehen.

Bei der Heide handelt es sich um ein Naturschutzgebiet, ich meine sogar mal gelesen zu haben, dass es sich um ein FFH-Gebiet handelt.

Die Verlinkung hat nicht funktioniert.

Wo finde ich etwas über so einen Pflegeplan?

Viele Grüße aus Augsburg
Klaus


Uhu

Hallo Klaus,

die Pflegepläne sind leider in der Regel nicht öffentlich. In einem NSG ist die obere Naturschutzbehörde beim Regieriungspräsidium Deiner Region zuständig. Da hat aber bei der Behörden mal wieder jemand schwer gar keine Ahnung von der Sache:
Einfach 3 Beweidungen ohne Pflegezeiten festzulegen kann einem Standort richtig was bringen oder ihn total vernichten. Minimum ist eine Beweidung 8 Wochen nach Büte (= Samenreife) und vor Austrieb Mitte September. Die frühe Beweidung hat ja auch nicht geschadet - Du hat schöne Bilder der blühenden Hummeln einstellen können. Die sollte aber spätestens im März stattfinden um keine Austriebe zu vernichten. 3 Beweidungen sind zum Erhalt und zur Ausmagerung nicht erforderlich.
Ich finde es sehr gut, dass Du mal bei den Behörden nachgehakt hast. Falls Du bezüglich Pflege UNterstützung braucht kann ich den Kontakt zu einem darin erfahrenen Botaniker vermitteln.
Grüße Jürgen