Zahlt sich das Selbst-Aussäen überhaupt aus???

Begonnen von winwen, 13.Sep.10 um 10:18 Uhr

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winwen

Mal eine ganz andere -provokativere- Frage.
Nun, das Aussäen von Orchideen kann ja ein ganz schönes Hobby sein, aber für den, der
.) an der eigentlichen Orchieenkultur im Freiland oder
.) am Verkauf von Freilandorchideen mit Gewinnmaximierung
interessiert ist, ist das doch eigentlich wirtschaftlicher Humbug.

Labore bieten Aussaat für 10-20€ Pauschale und 0,50-1,00€ pro Pflanze je nach Menge für pikierfähige Pflanzen an.
Ich könnte es evt. noch bei Spezialitäten verstehen (die wirklich schwer zu keimenden, da die Labore keine Erfolgsgarantie geben oder arbeitsintensivere Mikromanipulationen, die teurer kommen) aber ansonsten denke ich müsste man schon in Massen aussäen, damit sich das wirlich rentiert (sprich: damit man besser aussteigt wenn man es selbst tut als wenn man es einem Labor überantwortet).

Wie seht Ihr das?

Berthold

Ob sich die Aussaat finanziell lohnt hängt sicher vom Ziel ab, das man erreichen will.

Wenn man Massenware aussäen will, muss man einen richtig kommerziellen Betrieb aufziehen mit geeigneten Massenpflanzen und passender Marketingstrategie.

Wenn man Calypso, Changnienia, Amerorchis oder die blaue Orchidee des Mittelalters aussäen will, sollte man es selber machen, weil die Böden und Kulturverfahren den kommerziellen Betrieben nicht bekannt sind und sie erst Forschungsarbeit investieren müssen. Meist wollen sie das garnicht weil sie standardisierte Verfahren benutzen oder nur gegen hohe Bezahlung auf Risiko des Auftraggebers. Es ist einfach Grundlagenforschung. Der ehrgeizige Aussäer mit anderweitig gesichertem Lebensunterhalt macht das dann lieber selber.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

winwen

#2
Zitat von: Charlemann am 13.Sep.10 um 10:53 Uhr
Wenn man eine Low-Cost-Bench baut und das nötige Equipment drumherum bezieht, wird man erstmal (so glaube ich) unter 300,-€ bleiben.
.......
Also mein Fazit ist:
Es lohnt sich für ambitionierte Orchidioten.
Für einmalige Versuche oder Schnupperer zu teuer und unrentabel.
Nun, ich fürchte dass die Ederer-Bench mittlerweile nicht mehr so günstig ist. Alleine das Gebläse kostet aktuell exakt 250€ und als Filter haben die auch keine Billigware genommen. Ich würde eher meinen: aktuell Bench+Drumherum etwa 600€  :sad:

Sicher, der ambitionierte "Orchidiot" lässt sich auch da nicht abschrecken...

katzenhai2

ZitatNun, ich fürchte dass die Ederer-Bench mittlerweile nicht mehr so günstig ist. Alleine das Gebläse kostet aktuell exakt 250€ und als Filter haben die auch keine Billigware genommen.
Ja klar, bei den Wucherern schon. Nur da solltest Du nicht kaufen. Kannst auch ein anderes mit ähnlicher Luftleistung nehmen. Habe meins über eBay erhalten, günstiger als der Preis vom Ederer (gut, war auch ein anderes Modell).

Sein Modell gibt es leider nur noch zu überhöhten Preisen vom 2,5 fachen. Und die es günstiger anbieten, haben es entweder nicht mehr auf Lager oder verkaufen nur ans große Gewerbe.

Meine Bench nach Ederer hat deshalb < 300 Euro gekostet. Die Filter sind zum Teil etwas günstiger geworden.
Liebe Grüße Karsten

winwen

Zitat von: Charlemann am 13.Sep.10 um 13:19 Uhr
Ich habe gerade mal geschaut.
Radiallüfter sind preislich extrem angezogen.
Warum? :ka
...die große Nachfrage bei den Aussäern wird es wohl sein  grins
Dafür scheinen die Filter billiger geworden zu sein: HS Mikro SF-AL H14, 78mm tief, 305 x 610mm ca. 80€, dazu Vorfilter (F7) etwa 10€ macht mit Gebläse zusammen 340€. Plus Versand, Holz, Plexiglas und Silikon sagen wir ca. 400€.
Magnetheizrührer (eBay), usb-Mikroskop (Aldi), Glasware, Metallbesteck und Druckkochtopf: nochmals 250€.

Hab ich was vergessen (abgesehen vom Verbrauchsmaterial)?

winwen

#5
naja...
Über einen eigenen Kühlschrank sollte man noch diskutieren, finde ich!  O-)
...und nicht zu vergessen: eine Feinwaage - ohne die geht's nicht!

winwen

Mit dem Überschuss hast Du natürlich recht, aber dann wirds auch schon recht rasch gewerblich mit Steuererklärung, Steuerberater, Gewerbeschein, ......
Wohin das wieder führt?

Timm Willem

Das ist doch viel billiger als jeder Hund.

Man sollte nicht glauben, dass man immer Pflanzen zurückbekommt, wenn man Kapseln zu einem Labor gibt, deshalb macht selber aussähen schon Sinn. 

jolle

Vom wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen zahlt sich kein Hobby aus. Wenn es sich auszahlt, also so dass Massenware hergestellt wird oder in anderen Bereichen (Motocross s.o.) dann geht das in den professionellen Bereich und dann?
In dem Fall würde mir einiges fehlen. Seit diesem Jahr habe ich auch eine Bench (>400€) und säe tropische Orchideen aus. Für mich stellt sich die Frage nach der Witschaftlichkeit nicht, es ist ein Ausgleich zum Alltag und es erfreut mich wenns klappt und die Winzlinge wachsen.

viele Grüße
Jolle
viele Grüße
Jürgen

Claus

Wirtschaftlich ist es auf keinen Fall, aber man ist nach einiger Zeit schon im wissenschaftlichen Bereich, falls man sauber arbeitet und sorgfältig protokolliert. Und etwas grundsätzlich Neues zu erleben, das hat schon was.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

winwen

Ich bin überzeugt dass man es wirtschaftlich machen kann - natürlich. Sonst gäbe es ja keine Phytolabore. Aber mit den genannten Dingen ist das Ende der Fahnenstange ja noch nicht erreicht, denn -wieviele es auch sein mögen- mit Dactylorhiza & Co allein erreicht man nicht den Break-Even-Point.
Und für das, was dann darüber hinaus geht braucht man zusätzliche Mittel:
Glashäuser, Klimakammern, Reinräume, Pflanzenbeleuchtung, .......

Ich kann mir nicht vorstellen, soferne man von echten Spezialitäten mal absieht (und damit den von Claus genannten Aspekt beiseite lässt), dass man selbst wirtschaftlicher auszusäen im Stande ist als dies ein gutes Phytolabor tut. Und selbst was die Spezialitäten betrifft: Soferne es eine Möglichkeit gibt das wirtschaftlich zu tun (die betreiben ja auch Forschung) werden die Labore auch das machen.

Interessant für den Privaten ist es eigentlich nur dann, wenn es um Nischen geht. Nischenpflanzen, die schwer zum Keimen und Wachsen zu bringen sind (also wirtschaftlich unvertretbar hohen Aufwand verursachen) oder die nur beschränkt absatzfähig sind, sprich: überall dort, wo es unwirtschaftlich ist, womit wir zu Claus kommen: Interessant ist es hauptsächlich für den, der nach Wissen sucht, nicht nach Profit.

Könnt Ihr Euch dem anschließen?

Uhu

Zitat von: winwen am 14.Sep.10 um 00:34 Uhr
Interessant ist es hauptsächlich für den, der nach Wissen sucht, nicht nach Profit.

Könnt Ihr Euch dem anschließen?

ja, voll und ganz. Profit dürfte dann doch eher mit Autos, gold... zu machen sein.

Außerdem ist Keimung, Sprossentwicklung, erfolgreiches Pikieren für mich jedes Jahr sozusagen eine 2.Blütezeit im Herbst und Winter.

Daneben spielt Naturschutz für mich noch eine Rolle. Nach erfolgreichen Experimenten mit nachgezogenen Pflanzen versuche ich Sammelgenehmigungen für Samen von Naturstandorten zu bekommen. Diese dürfen bisher ausdrücklich nur für Zwecke des Naturschutzes verwendet werden. Die erzeugten Pflanzen werden direkt an ahamalige Standorte ausgepflanzt oder weiter kultiviert und sollen für spätere Ansamungen genutzt werden. Die Genehmigungen werden bisher Personen gebunden erteilt.
Grüße Jürgen

Uhu

Zitat von: Charlemann am 14.Sep.10 um 08:26 Uhr
Es ist zwar löblich zu hören, dass Du Dich für den Naturschutzeinsetzen wilst, allerdings sehe ich schwarz Sammelgenehmigungen für Samen zu bekommen.
Das fällt unter den Naturschutz und der ist in solchen Sachen sehr skeptisch.
Das Thema habe ich durch. Die Gegenstimmen wurden einfach zu laut.

Michael, es kommt drauf an mit wem man zu tun hat. Hier sind die Behörden sehr kooperativ. Da ein A.pyramidalis-Standort nicht zu retten war haben sie der Entnahme und zunächst kultivierung im Topf zugestimmt. Wenn geeignete Standorte gefunden sind sollen von den Pflanzen dort Samen ausgestreut werden.
Die Sammelgenehmigung für Sp.spiralis samen ist etwas aufwendiger gestaltet. Es musste erst ein Nachzuchtprojekt mit dem Bot.Garten erstellt werden. Die darin genannten Kriterien wurden wie vorgeschlagen übernommen. Der Sachbearbeiter bei der ONB hätte mir gerne eine unkomplizierte Genehmigung erteilt, der Jurist hatte Bedenken. Um eine Sammelgenehmigung rechtlich sauber zu erteilen musste der Naturchutzbeirat gehört werden. Diese haben aber auch zugestimmt. Daher kann ich wirklich nicht meckern.

Gruß Jürgen
Grüße Jürgen

Berthold

Zitat von: Uhu am 14.Sep.10 um 17:55 Uhr
Die Sammelgenehmigung für Sp.spiralis Samen ist etwas aufwendiger gestaltet.
.
Gruß Jürgen

also ich habe da weniger Probleme, kann sogar noch 100 Samen abgeben, auch von Goodyera repens.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Kessy

Hallo,

ich möchte mal die Frage "ketzerisch" zurück stellen: muss sich ein Hobby den überhaupt auszahlen. Wie zahlt sich den das vorgenannte Motocross-fahren aus oder die elektrische Eisenbahn-Anlage oder auch das einfache Sammeln und pflegen von Orchideen u.s.w.

Ich persönlich hab ausgesät, einfach um zu sehen ob es funktioniert, ob ich es kann. Natürlich hab ich nicht gleich mit einer Bench angefangen sondern mit der Kochtopf-Methode. Und, was hab ich mich gefreut, als endlich die dritte Kapsel so feines Mehl (Samen grins) hervorbrachte und nicht nur Watte. Da währe ich doch nie auf die Idee gekommen, diesen Samen an jemand anderes zu geben :nee   das musste ich selbst ausprobieren!

Die Erfolgserlebnisse, die mit dem Ernten des Samens, dem erfolgreichen Aussähen, dem pilzfreien Umsetzen, dem späteren Umsetzten in Töpfchen, die anerkennende Freude derjenigen, die schon JP von mir bekommen haben und jetzt noch die unbändige Neugierde wie die Kleinen den mal blühen werden ist mit nichts zu bezahlen. ;-)

Liebe Grüße
Petra

Wir brauchen mehr Verrückte. Schaut nur, wohin uns die "Schlauen" gebracht haben.