Lilium Aussaat und in vitro Vermehrung

Begonnen von Claus, 30.Okt.12 um 19:13 Uhr

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orchidsworld

Ich finde es sehr interessant... Werde ein Paar Saamen bestellen, auch von Tulpen, und vielleicht anderen Liliaceae...

Danke für das Protokoll ;)

Claus

Hier jetzt das genaue Protokoll.

Asymbiotische Lilienaussaat

Liliensamen kann man auch auf sterilen Nährböden aussäen, also asymbiotisch. Dazu müssen die Samen ähnlich wie bei den Orchideensamen noch nicht einmal reif sein. So kann man eine noch unreife Kapsel von außen desinfizieren, in der Sterilbank öffnen und die Samen aussäen.

Normal wird es aber sein, dass man reife Liliensamen hat, d.h. die müssen dann von außen desinfiziert werden. Da die Samen viel größer sind als Orchideensamen und meistens eine faltige Hülle haben muss man sie intensiv desinfizieren, d.h. die Methode wie bei den Orchideen reicht nicht aus.

Ich habe das know how von Peter Zale, Ohio, USA, der mir sehr viele Tipps gegeben hat.

Arbeiten in der Sterilbank!

Desinfektion: in 1% NaOCl + etwas Spülmittel, Zeit 20 Minuten, dabei die Samen in der Lösung bewegen. Dann das Desinfektionsmittel absaugen, durch steriles Wasser ersetzen, 30 Sekunden schütteln, dann absaugen, durch 96% Ethanol (Brennspiritus) ersetzen, 15 Sekunden schütteln, absaugen und in steriles Wasser schütten. Dann kann man in Ruhe aussäen.

Ich desinfiziere wie bei Orchideensamen in PP-Röhrchen von 5 ml Volumen, das ist aber nicht kritisch.

Meine ersten Aussaaten habe ich nach Peter Zale in Reagenzgläsern gemacht und jeweil nur 3 Samen verwendet, Peter nahm nur einen. Das wurde mir aber wegen der langen Desinfektionszeit zu langweilig, und so habe ich zunächst jeweils 6 Samen in kleinen Gläsern auf 30 ml Nährboden ausgesät. Später säte ich 12-15 Samen in Marmeladengläsern auf 50 ml Nährboden aus. Mehr sollte man nicht nehmen, weil sich die Wurzeln der Sämlinge dann zu stark verfilzen, so dass man sie vor dem Auspikieren auseinander reißen muss. Dir Höhe der Marmeladengläser ist auch vorteilhaft, da die sich bildenden Blätter gut Platz nach oben haben.

Die Samen werden mit der Pinzette einzeln im Nährboden platziert, d.h. in den Boden hinein gedrückt. Anschließend bei Raumtemperatur dunkel stellen. Die Keimung erfolgt unterschiedlich ab 2-3 Wochen oder viel länger. Wenn man  merkt, dass keine Keimung erfolgt, stellt man die Gläser für ein 3 Wochen bis 3 Monate in den Kühlschrank bei ca. 5°C; denn es gibt bei den Lilien auch Kaltkeimer.

Im Gegensatz zu Orchideensamen habe ich extrem wenige Verkeimungen gehabt, das liegt an der langen Desinfektionszeit. Es kann aber Samen geben, die extrem stark verkeimt sind. Wenn man dann merkt, dass ein Glas verschimmelt kann man die Samen mit der Pinzette wieder heraus nehmen, waschen und erneut desinfizieren und aussäen. Das klappt dann meistens.

Was für Nährböden nimmt man? Ich habe ja von den Orchideenaussaaten sehr unterschiedliche Böden, die ich alle mal ausprobiert hatte. Die funktionierten alle, ich fand keinen Unterschied. Peter nimmt MS Medium in halber Konzentration und erhöht den Zuckeranteil auf 30 g/l. Bei martagon-Arten nimmt er nur 10 – 15 g/l Zucker.

Bei den Auspikiersubstraten übe ich noch, zur Zeit habe ich drei Typen in Arbeit:

1. 90% Obi-Aussaaterde, 10% Zeolith
2. 60% Obi-Aussaaterde, 30% Seramis, 10% Zeolith
3. 65% Obi-Aussaaterde, 25% Seramis, 10% Kanuma (für Arten, die sauren Boden benötigen)

Es gibt ja epigäisch und hypogäisch keimende Arten sowie sofort und verzögert keimende Arten. Man muss also die Gläser kontrollieren, und sobald die Keimung erfolgt und sich die primären Blättchen bilden hell stellen. Die hypogäisch keimenden Arten bilden die Zwiebel unterirdisch, man kann die Keimung im Nährboden aber sehr gut sehen.

Woher bekommt man Samen – falls nicht von Bekannten? Es gibt die europäische Liliengesellschaft http://www.liliengesellschaft.org/ Wenn man Mitglied ist bekommt man die Samen gegen Porto. Wenn man nicht Mitglied ist, bekommt man 20 Arten für 10 Euro – jedenfalls war das vor zwei Jahren so. Ich bekam als Nichtmitglied aber die Samen vom Vorvorjahr, die keimten auch.  :-D

Ich habe neben Lilien auch Fritillarien ausgesät, die keimten nicht.  :bad
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Claus

Früh ins Beet auspikierte L. carniolicum (Samen von Eveline !!!) Sämlinge kommen jetzt schon.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Claus

Das sind vor kurzem ausgeflaschte Sämlinge. Danach 3-jährige Sämlinge.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Eveline†

Ich probiere jetzt mal die Aussaat von hypogäisch verzögert keimenden Lilium-Arten in angefeuchtetem Vermiculit. Die Samen werden mit dem Vermiculite vermischt im Kunststoffsäckchen im Warmen ca. 3 Monate gelagert. Bin schon gespannt, ob dann wirklich kleine Zwiebelchen mit Würzelchen zu sehen sind. Sodann müßten sie für 2 bis 3 Monate in den Kühlschrank. 

krötenlilly

Hört sich interessant an. Welche Arten hast du ausgesät?
Schildchen schreiben nicht vergessen  :blume
Gruß
krötenlilly

Eveline†

Die Namen habe ich auf die Säckchen geschrieben, und zwar carniolicum, bulbiferum var. croceum, rhodopaeum, jankae und albanicum.
Ich bin gespannt, ob es funktioniert. Werde dann berichten.

krötenlilly

Gruß
krötenlilly

Eveline†

Kirsten, danke, das Daumendrücken hat geholfen. Vorerst einmal bei Lilium bulbiferum var. croceum. Die ersten Zwiebelchen sind da. Und das nach knapp 3 Wochen.  :star
Bei den anderen ist noch nichts zu sehen.

Stick †

Zitat von: Eveline am 05.Dez.16 um 22:19 Uhr
Kirsten, danke, das Daumendrücken hat geholfen. Vorerst einmal bei Lilium bulbiferum var. croceum. Die ersten Zwiebelchen sind da. Und das nach knapp 3 Wochen.  :star
Bei den anderen ist noch nichts zu sehen.

Eveline, wie hast Du das Vermiculit gemischt? Ratio Vermiculit : Wasser?
Die Blöden rennen, die Schlauen warten, die Guten gehen in den Garten.

Eveline†

Theoretisch enthält das Vermiculite ca. 10 % Wasser, d.h. auf 1 kg Vermiculite kommen 100 ml Wasser.

Ich habe das nach Hausfrauenart gemacht. Vermiculite in ein Sieb werfen, unter den laufenden Wasserhahn halten und abtropfen lassen. Dann habe ich es mit der Hand geprüft und es erschien mir etwas zu feucht, sodaß ich wiederum etwas trockenes Vermiculite dazumischte, bis ich das Gefühl hatte, daß es sich geeignet anfühlt. Lasse das lieber Deine Frau machen.  grins

Matthias

liebe Eveline & al., würde gerne wissen, wie es mit deinen/euren Lilienaussaaten weitergegangen ist. Auch hier keimt es eigentlich recht gut - halt in-vitro. Dank Claus´, Simons, Bertholds etc. Hilfe komme ich gut weiter und voran. Dank einer größeren Lieferung aus China kratze ich an der 100-Grenze, was verschiedene Arten anlangt. Auch mit der Gewebevermehrung komme ich gut voran.
Aufgegeben habe ich den Versuch, "Scales" von bereits adulten und eingegrabenen Zwiebeln soweit keimfrei zu bekommen, um in-vitro mit ihnen weiterarbeiten zu können. Die diversen Berichte im Internet vermag ich hier nicht erfolgreich umzusetzen, Kontaminationsrate doch weit über 90%, manchmal kommt es mir wie 110% vor. Endlich habe ich einen Bericht im Internet gefunden, der beschreibt, dass in Zwiebeln ein negativer Gewebedruck vorkommt, der Keime tief ins Innere saugt und damit eine Oberflächendesinfektion kaum gelingt.
http://edepot.wur.nl/375959
Damit wurde meine oft gestellt Frage offenbar bestätigt.
Da mir von in-vitro-Sämlingen gerade auch von Blattanlagen eine Gewebevermehrung gelungen ist, harre ich des Austriebs mancher meiner eingegrabenen Lilien, ob nun auch eine Gewebevermehrung von Blattanlagen der Freilandlilien möglich sein wird. Die desinfizierende Wirkung des Sonnenlichts ist ja nicht zu vernachlässigen. Vielleicht habe ich dann eine bessere Quote bei dem Desinfektionsprozess. Ich bekomme Zwiebelschuppen von pyi und arboricola ... und bin eher unglücklich damit, weil ich doch für alles, was außerhalb eines Nährbodens wächst, keinen grünen Daumen besitze.

Dieser Tage gelangen die Aussaatbecher in ihr Außenquartier, immerhin haben sich seit Herbst über 2.500 Becher angestaut á 5 Samen drinnen. Damit ist ein gutes Drittel meiner Sterilbecher aus der Orchideenvermehrungsära mal aufgebraucht. Ob es finalmente Sinn macht, weiß ich nicht. Zum Glück keimt ja nicht alles. Ich muss sparen, Kunstlicht ist mir leider derzeit nicht möglich. Mit viel Schattierung und Schutz vor allerlei Getier müsste/könnte/sollte es also draußen funktionieren. Noch gibt es immer wieder Nachfrost, so denke ich, dass empfindlichere Arten wie bolanderi, catesbaei, philippinense, brownii, aber auch bakerianum, primulinum, majoense damit Schwierigkeiten haben könnten. Vielleicht könnt Ihr das bestätigen oder auch argumentativ dagegenhalten. Zumindest sagen das meine Literaturen, dass diese Arten eher kälteempfindlich sind.

Und bitte schreibt wieder über Eure Lilien, denn eigentlich hat meine Zuwendung zu dieser Pflanzenfamilie über dieses Forum begonnen.
lg
Matthias
Forscher haben herausgefunden ... und sind dann doch wieder hineingegangen.

partisanengärtner

Diese Art der Vermehrung finde ich schon interessant. Das Problem der Umstellung auf natürliches Substrat ist eine Hürde die ich mir aber sehr schwierig bei wirklich heiklen Arten vorstelle.
Ich bin da den entgegen gesetzten Weg gegangen. Aussaaten in lebendem Sphagnum oder bilogisch aktiven Substraten aus der Natur von ähnlichen Standorten wie die zu pflegenden Lilien.
Da die Mengen an Substrat nicht zu bekommen sind impfe ich mit solchen Entnahmen meine Mischungen.

Solche Heikelchen wie hier genant habe ich nicht mehr. Die Entdeckung das Borax als extrem verdünnte Blattdüngung viele meiner Probleme mit Lilien gelöst hat, lässt mich einen Neuanfang wagen.

Momentan keimen bei mir Lilium catesbaei auf geimpftem Substrat ziemlich vollständig. (Kein Samenkorn  das ich gesehen habe tut das nicht)

Die drei Zwiebelchen die ich von Eveline erhalten habe, wachsen dort weiter als wenn sie noch zuhause wären.

Hypogäische Keimer lasse ich immer auf lebendem Sphagnum ihr Zwiebelchen entwickeln. Verkeimen kommt bei mir nicht vor. Ich kann zwar Pilzhyphen aus dem Sphagnum unter meinem Binokular beobachten, aber sie haben lebenden Samen noch nie bei mir geschadet.

Aus dem gartenforum habe ich Zwiebelschuppen von einer sehr schönen dunklen Martagon Form erhalten
http://forum.garten-pur.de/index.php/topic,52005.990.html
Die stammen von einer Umpflanzaktion. Ich habe sie in einer Diadose mit lebendem Sphagnum im Schreibtisch gelagert.

So sehen sie jetzt aus. Anfänglicher geringer Pilzbefall ist der Konkurrenz aus dem Sphagnum erlegen.


Nur qualitatives Wachstum hat keine Grenzen.

Berthold

Zitat von: partisanengärtner am 17.Mär.17 um 14:35 Uhr
Momentan keimen bei mir Lilium catesbaei auf geimpftem Substrat ziemlich vollständig.

Hier haben bisher alle Arten gekeimt, die ausgesät wurden, nur catesbaei keimt nicht.
Kann es sein, dass der Samen dieser Art sehr schnell seine Keimfähigkeit verliert?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

partisanengärtner

Knorbs hat seine vermutlich normal ausgesäht und da hatten ziemlich schnell nur ganz wenige gekeimt. Er vermutete auch schon ob die nicht besonders gut sind. Es waren viele taube Samen im Tütchen. Aber etwas mehr als die versprochene Menge war mit Embryo. Mein Anteil hat auch gut gekeimt.

Meine lagen im kalten Atelier auf bilogisch sehr aktivem Substrat. Schwollen relativ schnell an und haben vor 10 Tagen angefangen zu keimen.

Wenn also Deine aus der 2016 Lieferung von Meizwang stammen sind es vermutlich die Keimbedingungen.

Ich habe zwar auch die Samen mit einem Hauch Borax verwöhnt aber daran kann es selbst meiner Meinung nach nicht liegen.
Nur qualitatives Wachstum hat keine Grenzen.