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Hitlers Atomforscher

Begonnen von Berthold, 26.Jul.23 um 22:19 Uhr

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Berthold

Was wussten diese Physiker?


Die drei Nobelpreisträger unter den in Farm Hall festgehaltenen Wissenschaftlern: Werner Heisenberg, Max von Laue und Otto Hahn, hier 1946 in Göttingen Bild: Archiv der Max-Planck-Gesellschaft, Berlin

Mein Vater hatte in den dreißiger Jahren in Berlin im Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie (später Hahn-Meitner-Institut) eine Etage unter Otto Hahn und Lise Meitner gearbeitet.


Aus dem Text der FAZ:
Heisenbergs fast erschreckender Vortrag am 15. August 1945
Hier ist einer von zwei Abschnitten abgehörter Gespräche von Bedeutung, die in der Edition von 1993 noch nicht enthalten waren, in der Neuauflage aber aufgenommen sind, sodass die Protokolle nun vollständig in einer Ausgabe auf Deutsch vorliegen. Es handelt sich um einen Vortrag, in dem Heisenberg am 14. August 1945 seinen Mitinternierten in erstaunlichem, um nicht zu sagen erschreckendem Detail erläutert, wie die amerikanische Uranbombe funktioniert haben muss. Der Vortrag steht in frappierendem Kontrast zu Heisenbergs Reaktion auf die Nachricht vom Abwurf über Hiroshima acht Tage zuvor. Die hatte er mit nichts als Unglauben aufgenommen, einen neuartigen chemischen Sprengstoff dahinter vermutet oder einen Bluff der Amerikaner.

Gekonnt hätten die deutschen Kernphysiker es also wohl, wären ihnen die Mittel gegeben worden – aber wollten sie es auch? Dass sie es eigentlich nicht wollten, sondern nur an einer Uranmaschine zur Energiegewinnung arbeiteten, einem Kernreaktor also, und sei es am Ende nur, um sich und ihre Mitarbeiter vor dem Frontdienst zu bewahren oder um etwas in der Hand zu haben, mit dem sich die deutsche Wissenschaft über den Untergang des nationalsozialistischen Regimes hinwegretten ließ – diese Erzählung wurde zu einem Gründungsmythos der deutschen Nachkriegsphysik.

Zurückverfolgen lässt sie sich bis nach Farm Hall am Tag von Hiroshima. ,,Wenn wir die Sache rechtzeitig genug angefangen hätten, hätten wir es irgendwie schaffen können", sagte Carl Friedrich von Weizsäcker da. ,,Ich meine, wir sollten uns jetzt nicht in Rechtfertigungen ergehen, weil es uns nicht gelungen ist, vielmehr müssen wir zugeben, dass wir gar nicht wollten, daß die Sache gelingt."

Damit zeigen die Farm-Hall-Protokolle auch, wie hier eine wissenschaftlich-technische Niederlage moralisch vergoldet werden sollte. Nicht zuletzt der Vortrag Heisenbergs belegt, dass diese Niederlage weniger mit Inkompetenz zu tun hatte als damit, dass man unter den Nationalsozialisten nicht das Budget von zwei Milliarden Dollar (32 Milliarden nach heutiger Kaufkraft) und die vielen Tausend Mitarbeiter zur Verfügung hatte, die dem Manhattan-Projekt zu Gebote standen.

Doch dass man an eine Bombe gar nicht dachte, das stimmt auch nicht. Noch am Abend von Hiroshima diskutieren die Internierten über ihre früheren Abschätzungen der kritischen Masse und die von ihnen eindeutig nicht zum ersten Mal erwogene Möglichkeit, in einem Reaktor ein waffenfähiges Transuran zu erbrüten, um das schwierige Problem der Trennung der Uranisotope zu umgehen. Auf diesem Weg hatten Oppenheimers Leute die zweite, auf Nagasaki abgeworfene Atombombe gebaut.

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)