Nach 5 Jahren Abstinenz wagten wir mal wieder einen Familienurlaub in Italien. 2013 hatten wir ausgeprochenes Pech mit dem Wetter gehabt und mehr Regen-als Badekleidung gebraucht. Für meine Tochter war es danach ein Unding, nach Italien zu fahren: "viel zu kalt".
Dieses Mal sollte es anders werden. Selbst über 1000m war es morgens zu warm für lange Kleidung.
Los ging es eigentlich bereits in Mittelitalien, im Latium, wo wir uns mit zwei Italienern trafen, die dort Ophrys illyrica gefunden hatten.
Beim Warten auf die beiden hatten wir die Pflanzen bereits entdeckt und konnten die Bestimmung auch vor Ort bestätigen. Es gab aber auch noch anderes zu sehen.
Die Bienenragwurz blühte auch gerade noch, ein Hummelragwurz, als Ophrys appeninna beschrieben, sowie eine einzige adriatische Riemenzunge fanden wir noch.
Die Kinder hatten genug Zeit gemütlich anzukommen. Nach fast 1000 km Fahrt am Vortag darf der zweite Tag etwas ruhiger sein.
Zwei Orchideenstandorte später ließen wir uns noch durch die sehenswerte etruskische Nekropole führen. Praktischerweise war einer der beiden Orchideenfreunde Archäologe. Von der eigentlichen Stadt, die auf dem Gebiet des ersten Bildes gelegen war ist kaum noch etwas übrig, umso mehr bei der Totenstadt.
Am nächsten Morgen hatten wir noch ein paar Orchideen, bevor es dem Wunsch der Kinder entsprechend ans Meer ging.
Aus Italien wurden in den letzten Jahren einige neue Hummelragwurzarten beschrieben. Schwierigkeiten habe ich mit Ophrys serotina (eigentlich schon vor langer Zeit beschrieben) und Ophrys pinguis und appenina (beide neu). Ich will hier gar nicht über überflüssige Beschreibungen motzen, es sind Unterschiede da aber ich verstehe sie einfach noch nicht wirklich. Eine der drei Arten wird es wohl sein. Die begleitenden italienischen Orchideenexperten hatten dieselben Probleme wie ich.
Damit der Titel des Threads auch passt ging es nach dem Strand dann weiter bis etwas vor Neapel.
Schöne Bilder. Immer weiter so.
Ragwurzen und Schmetterlingshafte sind immer wieder toll!
Danke für die Foto-Mitbringsel!
Am nächsten Morgen wurde erst mal in der Umgebung botanisiert. Wir waren in den Monti Ausoni, von wo Ophrys ausonia überflüssig beschrieben wurde. Wir alle halten es für nichts anderes als Ophrys illyrica.
Die Hummeln gab es auch wieder. Von denen aber die letzten auf unserer Reise, andere werden noch kommen.
Mittags kamen wir dann in Pompeji an, das wir nach 15 Jahren mal wieder besuchten.
Nachträgliche Korrektur: die Hummeln gehören zu Ophrys gracilis/pinguis, nicht zu Ophrys appenina
Ein wenig Kultur muss auch sein. Es ist schon beeindruckend, wie viel in Pompeji noch recht gut erhalten ist. Sogar lokale alte Weinsorten werden dort noch kultiviert.
Amphitheater und Wandgemälde.
Ruineneidechse und letzte Ruinen.
Wunderschöne Bilder, vielen herzlichen Dank! :thumb :wink
Danke und gerne!
Zitat von: sokol am 13.Jun.18 um 07:25 Uhr
Sogar lokale alte Weinsorten werden dort noch kultiviert.
Was für eine Rebsorte kultivieren die denn da?
Ich denke, "Rubra antiqua"
Erkennst du das an den Blättern, dass es nicht "Bianco antico" ist?
Zitat von: sabinchen am 13.Jun.18 um 09:10 Uhr
Wunderschöne Bilder, vielen herzlichen Dank! :thumb :wink
Ich schließe mich Sabine an! Die Aufnahmen wecken Erinnerungen.
Hallo Stefan,
vielen Dank für den wunderbaren Reisebericht!
Viele Grüße
Walter
Nächster Tag war Badetag und wir genossen das bereits erstaunlich warme Meer.
War das Meer auch warm genug für die Tochter?
Ich ging nach 1,5 Stunden aus dem Wasser, die Tochter blieb noch drin.
Dann war der Urlaub ja auch beim Nachwuchs akzeptabel. :thumb
Danke für die tollen Bilder! :thumb
Zitat von: Ralla am 14.Jun.18 um 14:15 Uhr
Dann war der Urlaub ja auch beim Nachwuchs akzeptabel. :thumb
Ja! Das härteste für die Tochter waren die drei Stunden Pompeji und die Begeisterung des Bruders für diese Stadt.
Zitat von: sokol am 14.Jun.18 um 15:16 Uhr
Das härteste für die Tochter waren die drei Stunden Pompeji und die Begeisterung des Bruders für diese Stadt.
Hatte ihr Handy dort keinen Empfang? grins
Das hatte sie wohl vergessen, schlimmer Fehler. Kleiner Exkurs, wir hatten in der Natur, egal wo so gut wie nie Empfang.
Aber zurück zum Strand, den wir schlagartig verlassen mussten und auch wollten.
Schöne Bilder! Danke dafür.
Es war letztendlich eine falsche Endscheidung erst ans Meer und am nächsten Tag in die Natur zu fahren. Der Wetterbericht hatte jeden Tag besseres Wetter versprochen, es wurde aber erst mal schlechter.
Wir hatten eine Angabe von Ophrys cinnabarina mit 100 Pflanzen, erreichten aber die Stelle nicht weil der Weg bergab zu lehmig und damit zu rutschig wurde. Am frühen Morgen ging es daher 1,5 km zu Fuß dorthin, zurück musste ich joggen oder völlig nass werden, ein Gewitter zog plötzlich auf. Ich endschied mich fürs joggen und nur ein Reiter überholte mich.
Dazwischen, als sogar mal kurz die Sonne rausblitzte, beschäftigte ich mich mit der für mich neuen Art. Sie ist Ophrys apulica ähnlich, blüht aber nach ihr, vermutlich können sich die Blütezeiten kurz überlappen. Für mich ist das eine gute Art, leider habe ich erst mal nur Regenfotos mit nassen Blüten.
Für eine weiße Anacamptis pyramidalis hat die Regenpause auch noch gereicht, dann wurde nach einem Ausweichprogramm gesucht.
Das nahe gelegene Castel del Monte kam da gerade recht, da wollte ich schon immer mal hin.
Danach ging es dann runter ans Ionische Meer, Regen auf Meereshöhe ist wärmer als im Landesinneren.
Am nächsten Tag wurde es nur zögerlich besser, am Nachmittag konnte man es langsam schön nennen. Es gab die letzten störenden Regentropfen des Urlaubs, dann kam das schöner Wetter wieder.
Matera, zweitgrößte Stadt der Basilikata und Weltkulturerbe lag auf dem Weg zu den nächsten Orchideenstandorten.
Früher (bis in die 1960er Jahre) wohnte man dort zum Teil in Höhlenwohnungen, darüber hatte sich die Stadt entwickelt.
Aber bereits seit der Jungsteinzeit hatten Menschen hier gelebt. Man kann auf der anderen Seite des Tals die alten Höhlen selbst erkunden.
Noch ein Blick in eine ehemalige Höhlenwohnung. Es scheint die einzige zu sein, die zugänglich ist, weil in Wikipedia sehr ähnliche Bilder zu finden sind.
Gegen Abend kamen wir dann in einem Naturschutzgebiet an, wo es am nächsten Tag mal wieder mehr um Pflanzen und speziell Orchideen gehen wird.
Es gibt sehr viele aufgelassene Gehöfte, leider oft mit Stromleitungen verunziert.
Auf nur 450m NN gab es nicht mehr viele blühende Orchideen, dafür aber um so mehr fruchtende.
Der letzte blühende Zungenständel war hier Serapias cordigera, die anderen waren bis auf einzelne Ausnahmen völlig verblüht. Ein Waldbrand in den letzten Jahren ließ die Begleitvegetation üppig wachsen, so dass die Zungenständel teilweise fast darin untergingen.
Der eigentliche Grund des Besuchs war ein isoliertes Vorkommen von Ophrys conradiae, die überwiegend auf Sardinien und Korsika vorkommt.
Hier blühte auch eine einzelne Pflanze von Ophrys cinnabarina und Iris sintenisii.
Nachmittags ging es weiter in die Berge rein, da sollte die Natur noch nicht so weit sein. Schöne Stellen gibt es immer wieder in Magerrasen entlang der größeren Bäche und Flüsse. Wenn man nach dem Durchzug einer Viehherde eintrifft kann der Besuch recht enttäuschend sein.
Wir hatten aber Glück und fanden eine schöne Stelle vor den Tieren.
Erstmals in diesem Urlaub stießen wir auf Ophrys lacaitae, auch wenn nur in Form eines Hybriden mit Ophrys gracilis. Die Hummelragwurz-Sippen bleiben schwierig, denn jetzt haben wir es mit Ophrys gracilis und/oder pinguis zu tun.
Die Erstbeschreibung von Ophrys pinguis ist so schlecht und widersprüchlich, dass ihr eigentlich nur zu entnehmen ist, dass die Lippen von Ophrys pinguis etwas größer als die von Ophrys gracilis sind/sein sollen. Keine Angabe der Koordinaten des locus classicus, so dass man sich nicht anschauen kann, was die Autoren denn beschrieben haben, keine Differenzialdiagnose, um zu wissen, wodurch sie sich von ähnlichen Arten unterscheidet.
Auch die beiden anderen Neubeschreibungen von damals Ophrys appenina und Ophrys cinnabarina weisen die gleiche Qualität auf. Zum Glück ist dort zumindest klarer, was die Autoren meinten.
Genug geschimpft, es war ein toller Tag mit tollen Orchideen.
Hallo Stefan,
Dein interessanter und sehr schön bebilderter Reisebericht war eine Sternstunde für mich. Vielen Dank für dieses Erlebnis. :thumb
Zitat von: KarMa am 18.Jun.18 um 20:32 Uhr
Hallo Stefan,
Dein interessanter und sehr schön bebilderter Reisebericht war eine Sternstunde für mich. Vielen Dank für dieses Erlebnis. :thumb
Stefan, ich schließe mich Karin voll und ganz an!
Danke euch!
Walter, diese Arten hat Paulus meines Wissens nach nie getestet. Die Ergebnisse wären wirklich interessant. Eucera-Arten, die die meisten Hummelragwurzarten bestäuben sind sehr schwer zu testen. Das kann sehr zeitaufwändig sein.
Wir folgten den Spuren, sprich den Koordinaten eines Freundes, der 2015 alleine unterwegs gewesen war und dreimal mehr Stellen angefahren hatte als wir. Wir hatten kein schlechtes Jahr in 2018, seines war aber noch besser gewesen.
Vielen Dank für Deinen sehr interessanten Vortrag, Stefan.
Viel Tau morgens unten am Fluss, bevor wir uns weiter nach oben begaben.
Die ersten Almwiesen auf ca. 1000m NN waren sehr vielversprechend, alles stand voller Zungenständel.
Es dominierte der aus der Gegend beschriebene Serapias cordigera lucana. Er hat im Mittel schmalere und weniger herzförmige Blüten als die Nominatart, ist z.T. locker- und mehrblütiger und ist auch farblich variabler. Es gibt immer wieder ausgesprochen helle Exemplare.
Noch mal Serapias cordigera lucana
Es gab aber auch Ophrys, die bis auf Ophrys lacaitae weiter unten verblüht gewesen waren.
Ophrys pseudoatrata wurde auch aus der Gegend beschrieben, sie vermittelt zwischen Ophrys garganica und Ophrys incubacea.
Vielen Dank, dass Du uns mit den tollen Fotos teilhaben lässt! :blume
Hoffentlich hattet Ihr gleichzeitig einen schönen Familienurlaub. :yes
Hallo Stefan,
nachmals vielen Dank für die tollen Bilder!
Noch eine Verständnisfrage: Was meinst Du konkret mit "vermittelt zwischen Ophrys garganica und Ophrys incubacea"? ICh meine, nicht dass ich mir nicht diffus etwas vorstellen könnte, aber: Handelt es sich um eine Art oder eine Hybride? Kommt sie alleine/isoliert oder mit den anderen Arten vor, hat sie ein abgesetztes Verbreitungsgebiet? Hat sie einen eigenen Bestäuber?
Vielen Dank, liebe Grüße
Walter
Zitat von: Lisa. am 20.Jun.18 um 20:50 Uhr
Hoffentlich hattet Ihr gleichzeitig einen schönen Familienurlaub. :yes
Bei den verschiedenen Interessen war für alle etwas dabei. Es war mehr Strand und deutlich mehr Kultur als in den Jahren zuvor. Wenn jemand unzufrieden sein müsste, dann wäre eigentlich ich das. Meine Wunschliste war länger gewesen und musste gekürzt werden.
Och naja, unzufrieden solltest Du nicht sein. :thumb
Habe jetzt bei Delforge nachgelesen. Er nennt Ophrys pseudoatrata und stellt sie in dieselbe Gruppe wie garganica und atrata, schweigt sich aber leider über den Bestäuber aus...
Zitat von: walter b. am 20.Jun.18 um 21:21 Uhr
Hallo Stefan,
Noch eine Verständnisfrage: Was meinst Du konkret mit "vermittelt zwischen Ophrys garganica und Ophrys incubacea"? ICh meine, nicht dass ich mir nicht diffus etwas vorstellen könnte, aber: Handelt es sich um eine Art oder eine Hybride? Kommt sie alleine/isoliert oder mit den anderen Arten vor, hat sie ein abgesetztes Verbreitungsgebiet? Hat sie einen eigenen Bestäuber?
Vielen Dank, liebe Grüße
Walter
Es ist sicher keine Hybride, ich meinte, dass sie rein morphologisch zwischen Ophrys garganica und Ophrys incubacea steht. Ophrys incubacea blüht bei gemeinsamen Vorkommen früher, es ist also eine spätere Art. Ophrys garganica blüht noch früher als Ophrys incubacea. Ich habe sie noch nie an den Standorten von Ophrys pseudoatrata (blühend) gesehen, weiß also nicht, ob sie zusammen vorkommen. An einer Stelle hatte ich dick fruchtende Pflanzen aus der sphegodes Verwandtschaft mit dabei aber es war unmöglich, die noch zu bestimmen.
Das Verbreitungsgebiet ist das Bergland der Basilikata, ggf. noch das nördliche Kalabrien. Im Cilento habe ich sie nicht gesehen. Der Bestäuber ist meines Wissens nicht bekannt.
Ja, auch Delforge gibt sie als selten und sehr lokal an. Ebenso meint er dass sie sehr spät blüht.
Zitat von: walter b. am 20.Jun.18 um 21:45 Uhr
Er nennt Ophrys pseudoatrata und stellt sie in dieselbe Gruppe wie garganica und atrata, schweigt sich aber leider über den Bestäuber aus...
grins
Sie blüht deutlich später als die beiden anderen Arten!
Und puncto Bestäuber muss eben Dr. Paulus ran, er hat da so seine Methoden...
Zitat von: Lisa. am 20.Jun.18 um 21:40 Uhr
Och naja, unzufrieden solltest Du nicht sein. :thumb
war ich ja auch gar nicht.
Zitat von: walter b. am 20.Jun.18 um 21:45 Uhr
schweigt sich aber leider über den Bestäuber aus...
Weil er nicht bekannt ist. Als Buchautor sammelt er auch oft nur Informationen und ist auf die Arbeit anderer angewiesen.
Jetzt aber weiter mit unserer Reise. Wir fuhren hoch zu den Picknickplätzen dort, die idyllisch im Wald liegen und auch im Sommer nicht zu heiß sind.
Die Orchideen und einen Teil der Begleitpflanzen dort kennen wir aus unserer Breiten.
Überall gab es das Ätna-Veilchen. Vor zwei Jahren am Ätna musste ich danach suchen.
Dann ging es auf die Südseite des Lukanischen Apennin, wo uns ein blumenreicher Steilhang mit vielen Orchideen erwartete. Die frühen Arten waren bereits am Abblühen oder schon ganz verblüht. Besser sollten wir sie aber nicht mehr kriegen. Ich habe sie mir aus dem Fundus meines Sohnes geholt, da ich mich auf anderes konzentriert hatte.
Die Vertreter der Gattung Odontorchis waren noch hübsch, Hybriden gab es keine.
Ein botanischer Höhepunkt der Reise war die Pollino-Ragwurz. Ich hatte vorher nicht gedacht, dass sie noch so fotogen sein würde. Immerhin war der Standort 1400m hoch.
Den Abschluss des Tages bildet ein griechischer Bergtee, Sideritis italica. In Italien gibt es nur eine Art, während es in Griechenland mindestens 5 als Tee verwendbare Arten gibt. Er ist nicht ganz so aromatisch wie seine griechischen Verwandten aber trotzdem gut zu genießen.
Ich habe die Stellen beim Orchideensuchen ausfindig gemacht, die Familie hat gerne gesammelt. Mein Sohn ist großer Fan des Tees.
Wir wechselten dann bei Aufzug eines Gewitters noch ins nächste Gebirge für die nächsten schönen Biotope.
Zunächst Rückblick auf die gestrige Gegend, das zweite Bild ist aus der aktuellen während meines morgendlichen Spazierganges.
Die beiden Unterarten von Herorchis coriophora, fragrans und coriophora kamen dort zusammen vor, erstere meist noch in Knospe, letztere in Hochblüte.
Erstmals stießen wir dort auf Gymnadenia conopsea. Vor 15 Jahren war ich schon mal kurz da gewesen. Da ich aber damals zu wenig gesucht hatte und das Jahr 2003 auch miserabel gewesen war, konnte ich in diesem Jahr viele weitere Arten finden.
Nochmals ein tolles Biotop des lukanischen Serapias cordigera. Das dritte Bild zeigt eine typische Pflanze, wie sie wohl die Beschreiber motiviert haben mag, das vierte Bild mit Übernachtungsgast.
In den lichten Wäldern gibt es uns gut bekannte Orchideen.
Da wo der Magerrasen in den lichten Wald eindringt gab es nochmal die Pollino-Ragwurz und andere Ragwurzarten.
Nachmittags ging es dann weiter zur Madonna del Soccorso, einer der vielen kleinen Kirchen, die es dort in luftiger Höhe gibt. Die angrenzenden Almwiesen (2. Bild) sollten das tollste Biotop des Urlaubs werden.
Ophrys insectifera hat dort ein, für Süditalien ungewöhnlich großes Verbreitungsgebiet.
Die Almwiesen selbst hatten wir nur kurz besichtigt, der Tag neigte sich dem Ende zu und für den nächsten Tag sollte ja auch noch was übrig sein.
Wir fanden in der weiteren Umgebung 31 Orchideenarten, wobei drei zu erwartende nicht gefunden wurden und kein Blick in die Buchenwälder geworfen wurde.
Zuerst die beiden Arten mit Massenvorkommen, Anacamptis pyramidalis und Serapias lingua.
Ophrys lacaitae war hier auch häufig, viele Pflanzen standen noch in Knospe. Anthericum liliago bildete ebenfalls große Bestände.
Ophrys neglecta hatten wir bereits im März schön fotografieren können. Hier hatten wir noch mal ausgiebig die Möglichkeit dazu, zwei Monate später.
Ophrys neglecta ist eine der Arten, deren Blütezeit sich mit steigender Höhe deutlich stärker nach hinten verschiebt als bei anderen Arten. Sie blühte hier zeitgleich mit Himantoglossum hircinum, während letzterer im März noch rosettig gewesen wäre.
Wir hatten freien Blick nach Süden, wo es südlich des Mte. Pollino mit dem Mte. Caramolo weitergeht. Aber unsere Reise sollte mehr nach Osten weitergehen.
Wir hatten hier die einzigen Serapias parviflora der Reise, hatten aber im Frühjahr bereits genug davon gesehen. Dactylorhiza saccifera gervasiana war zum ersten Mal offen.
Nördlich am Pollino vorbei ging es mal wieder zu schönen Picknickgebieten, die gerne von vielen Orchideen umgeben sind.
Wir bekamen dort in knapp 1500m Höhe nochmal die ganze Palette der frühen Bergwiesen, auch wenn die meisten der Orchideen bereits im Abblühen waren.
Natürlich habe ich die fotogensten Pflanzen ausgesucht, auch wenn das zum Teil eine Herausforderung war.
Laut Karte oder Navi war dann die Straße gleich zu Ende aber in der Realität ging es doch weiter Richtung Osten.
Östlich des Pollino trafen wir öfter als bisher auf Himantoglossum hircinum und nach langer Zeit auch wieder auf Ophrys bertolonii.
Platanthera bifolia osca wurde vor ein paar Jahren aus der Basilikata beschrieben. Sie hat weiter auseinander stehende Pollinien als subsp. bifolia aber meist nicht so weit wie bei Platanthera chlorantha. Leider waren nur zwei Pflanzen offen, so dass ich die Variationsbreite nicht studieren konnte.
Zum Abschluss des Tages gab es noch einen Massenbestand von Paeonia peregrina, leider fast völlig verblüht.
Zitat von: sokol am 26.Jun.18 um 05:50 Uhr
Platanthera bifolia osca wurde vor ein paar Jahren aus der Basilikata beschrieben. Sie hat weiter auseinander stehende Pollinien als subsp. bifolia aber meist nicht so weit wie bei Platanthera chlorantha. Leider waren nur zwei Pflanzen offen, so dass ich die Variationsbreite nicht studieren konnte.
sie hat auch deutlich mehr Grün in den Blüten als bifolia. Die Pollinenstellung scheint zwischen bifolia und chlorantha zu schwanken, mal parallel, mal abgewinkelt, mal breit mal schmal.
Berthold, es waren genau zwei Pflanzen mit offenen Blüten. Da sie bei der Pollinienstellung recht unterschiedlich waren kann man vermuten, dass diese recht variabel ist. Ob das Grün standortbedingt ist oder generell so vorkommt kann ich schon nicht mehr beurteilen.
Platanthera chlorantha war auch an hochgelegenen Standorten immer voll aufgeblüht bis abblühend, hatte größere Blüten und diese waren oft recht weiß. Letzteres war auch nicht typisch.
Stefan, wachsen auch bifolia in der Umgebung, sodass es schlicht eine Kreuzung der beiden Arten sein könnte, was auch die Variabilität erklären würde?
Ein Vorkommen zusammen mit Plat. chlorantha konnte ich nicht beobachten. Auch die Beschreiber haben beide Arten nie zusammen gefunden. Sie schreiben weiter: "ersetzt die Nominatsippe in Süditalien, ...".
Ich werde mal einen von ihnen danach fragen, wenn ich in drei Wochen wieder bei ihm in der Basilikata bin.
Das letzte Mal in den Bergen, bevor es runter ans Ionische Meer geht.
Himantoglossum gibt es auch in Zwergform, sind als ganze Pflanze aber leichter zu fotografieren.
Kontraste
Zitat von: sokol am 27.Jun.18 um 06:04 Uhr
Kontraste
Man kann schliesslich nicht nur durchs Grünzeugs laufen. :thumb
Zitat von: sokol am 27.Jun.18 um 06:04 Uhr
Kontraste
(https://www.orchideenkultur.net/index.php?action=dlattach;topic=39534.0;attach=134189;image)
Stefan, diese Ophrys lacaitae enthält auch mehr Chlorophyll (grün) in der Lippe als die üblichen Arten, die nur gelb sind.
Das scheint ein Phänomen dieser Gegen zu sein. Bei der gezeigten Platanthera war es ebenso, etwas seltsam.
Der Grünstich bei der lacaitae ist mir auch aufgefallen. Sie stand in einem schattigen Zypressenmischwald. Vielleicht hat das den automatischen Weißabgleich entsprechend beeinflusst. Alle anderen lacaitae sind bei Sonne im Freien aufgenommen worden.
Auf Entspannung folgte wieder Kultur. Es ging nach Sibari, wo die zwei griechischen Städte Sybaris und Thourioi, sowie das römische Copia nacheinander und auch übereinander gebaut wurden. Da wir die einzigen Besucher um die Mittagszeit waren bekamen wir eine Privatführung.
Ein paar Centaurium gab es auch noch in den Ritzen der alten Straße.
Die Pfingstferien neigten sich bereits dem Ende entgegen, sodass wir die ersten 400km nach der Kulturrunde starteten. Am Abend erreichten wir die Sandstrände nördlich des Gargano, wo wir einen letzten Badetag einlegen wollten.
Dieser Strand hat den Nachteil, dass er offensichtlich quer zur Strömung liegt und alles auffängt, was im Meer treibt. Das können natürliche Teile, wie Holz bis hin zu ganzen Baumstämmen sein aber auch jede Menge Zivilisationsmüll. Da das noch nicht genug ist deponieren manche Leute auch noch prall gefüllte Müllsäcke im angrenzenden Kiefernwald.
Davon abgesehen ist es ein schöner Strand.
Samstagmorgen ging es am italienischen Nationalfeiertag ziemlich entspannt weiter nach Norden und nach Hause.
Das war's dann schon wieder mit dem Urlaub, viel zu kurz wie immer.
Zitat von: sokol am 28.Jun.18 um 06:23 Uhr
Das war's dann schon wieder mit dem Urlaub, viel zu kurz wie immer.
Stefan, aber nach Deinem Bericht zu urteilen habt Ihr doch viele interessante Eindrücke gewinnen können.
Ich finde, ein Urlaub darf auch nicht zu lang sein, sonst wird man mit neuen Eindrücken übersättigt.
Zitat von: Berthold am 28.Jun.18 um 10:32 Uhr
Ich finde, ein Urlaub darf auch nicht zu lang sein, sonst wird man mit neuen Eindrücken übersättigt.
Das finde ich nicht, ich vertrage noch sehr viel mehr Eindrücke. Ich hätte z.B. gerne noch Ophrys posidonia gesehen.
Daher bin ich in zwei Wochen auch schon wieder auf dem Weg in den Süden.
Erneut ein extrem spannender Bericht. Ich freue mich auf jede neue Fortsetzung und werde meist frühmorgens auch nicht enttäuscht. Super Bilder und dieses Wissen um Standorte und Namen - beneidenswert.
Und nachdem Stefan ja bald wieder auf Tour geht, ist die Wartezeit bis zum nächsten Reisebericht auch nicht zu lang :-D
Zitat von: Herbert am 30.Jun.18 um 18:16 Uhr
Erneut ein extrem spannender Bericht. Ich freue mich auf jede neue Fortsetzung und werde meist frühmorgens auch nicht enttäuscht. Super Bilder und dieses Wissen um Standorte und Namen - beneidenswert.
Und nachdem Stefan ja bald wieder auf Tour geht, ist die Wartezeit bis zum nächsten Reisebericht auch nicht zu lang :-D
Mir geht es genauso!
Zitat von: Herbert am 30.Jun.18 um 18:16 Uhr
Und nachdem Stefan ja bald wieder auf Tour geht, ist die Wartezeit bis zum nächsten Reisebericht auch nicht zu lang :-D
Mal schauen, ob das sinnvoll ist. Ich habe aber noch die Frühlingsreise, die ich bis jetzt stillschweigend ausgelassen habe.
Hallo,
ich bin erst seit kurzem in diesem Forum. Ich arbeite mich schön langsam durch. Ihr Beitrag ist faszinierend. Wir haben auch schon Serapias cordigera gefunden aber nur zwei Einzelpflanzen. Aber so eine Wiese mit so vielen Exemplaren haben wir noch nie gesehen. Da wir im Mai von Neapel bis zur Straße von Messina unterwegs sind, dürfte ich Sie freundlicherweise um die Koordinaten dieser Wiese in Calvello bitten.
Gibt es dort auch Oph. gracilis?
Herzlichen Dank im Voraus.
Liebe Grüße
Andreas