Der Fortschritt ist nicht aufzuhalten.

Begonnen von Ruediger, 24.Jul.18 um 20:23 Uhr

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Ruediger

,,Die längere Fixierung von Psychiatriepatienten muss künftig von Richtern genehmigt werden. Zu diesem Urteil kam das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe. Wenn eine Fixierung an Beinen, Armen und Bauch - in einigen Fällen zusätzlich um Brust und Stirn - absehbar eine halbe Stunde oder länger dauert, reicht demnach die Anordnung eines Arztes nicht aus. Wird eine Fixierung in der Nacht vorgenommen, muss eine richterliche Entscheidung am nächsten Morgen eingeholt werden.

[...]

Der Mann aus Bayern war stark alkoholisiert in eine Klinik eingewiesen und wegen Suizidgefahr zwölf Stunden dort behalten worden. Acht Stunden davon wurde er auf Anweisung von Ärzten an sieben Körperstellen festgebunden, weil "bis in die Morgenstunden hinein Auffälligkeiten bei dem Kläger registriert wurden".

[...]

Der Mann aus Baden-Württemberg kam dagegen wegen einer psychischen Erkrankung durch einen richterlichen Beschluss in eine geschlossene Psychiatrie. Er wurde auf ärztliche Anweisung über mehrere Tage zeitweise an Bauch, Beinen und Armen festgebunden, nachdem er mit Gegenständen geworfen hatte.,,

http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/bundesverfassungsgericht-schraenkt-fixierung-von-psychiatrie-patienten-ein-a-1219837.html


Ich gehe davon aus, daß demnächst weisen Richter des BVG auch den Rest der Behandlung übernehmen, denn Juristen, insbesondere Richter, können bekanntlich alles.
Viel Spaß in der Psychiatrie, endlich wird der Personalmangel gelöst. Ärzte können sich dann woanders Vergnügen, z.B. Verfassungsrichter spielen.

Selbst der Papst, immerhin Stellvertreter Christi,  beansprucht Unfehlbarkeit und letzte Entscheidungsbefugnis nur in Glaubens- und Kirchendingen.
Aber der ist womöglich einfach bescheidener.


Beste Grüße

Rüdiger

Berthold

Ich persönlich habe mich mit diesem Problem noch nie beschäftigt, war jedoch bisher der Meinung, dass man den Ärzten bei ihren Entscheidungen über die Patientenfixierung vertrauen sollte. Ich werde auch weiterhin diese Meinung vertreten.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ruediger

Personal wird dort auch mal mit Exkrementen beworfen, ich denke das würde den Richtern eine ganz neue Erfahrung bieten. Aber das ist zum Glück nicht bedrohlich.

Ein solches Psychiatrie-Praktikum der feinen Herren würde ganz sicher zu völlig neuen Erkenntnissen führen, da bin ich mir sehr sicher.
Die klagenden Anwälte gleich Mitzwangsverpflichten, mal aus ihrer beschaulichen Anwaltswelt einen Ausflug in wahre Leben zu unternehmen.

Vermutlich wurden die Klagen eh vom Steuerzahler gesponsert, da darf man ruhig praktische Lebenserfahrung sammeln und auch mal etwas sinnvolles tun.
Beste Grüße

Rüdiger

Uhu

Das ist sicher ein schwieriges Feld - unsere Freiheitsrechte sind Grundrechte; solange wir anderen ihre Freiheit und Unversehrtheit nicht einschränken. Von daher ist die Ansiedlung bei der Justiz völlig richtig.

Ich verstehe nur nicht was sich überhhaupt geändert hat. Auch bisher müssen Fixierungen gegenüber der Justiz begründet  und vom Richter genehmigt werden. Da habe ich keine Probleme mit - und wenn es zu Selbst- oder Fremdschutz notwendig ist funktioniert auch die Genehmigung. Das funktioniert in Hessen auch dann problemlos wenn es mal wirklich schnell gehen muss (zB Rettungsdienst). Die Polizei übernimmt die Fixierung mit Handschellen und fährt mit; der Arzt ist für die medizinische Behandlung zuständig.
Grüße Jürgen

Berthold

Ich kann mich schlecht in die Lage eines Patienten versetzen, der gegen seinen Willen fixiert weder soll oder muss.
Solange ich bei Sinnen bin, traue ich mir zu den Arzt davon zu überzeugen, dass eine Fixierung nicht notwendig ist.
Wenn ich von Sinnen bin, muss sowieso ein anderer für mich entscheiden und zwar in vielen Dingen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ruediger

,,Bislang war teils nicht eindeutig geregelt, unter welchen Umständen psychisch Kranke nach einer Zwangseinweisung fixiert werden dürfen. Nach baden-württembergischen Landesrecht konnte es beispielsweise genügen, wenn ein Arzt die Fixierung anordnet. In Bayern ließ man die Frage bislang komplett ungeregelt - und so in der Praxis ebenfalls den Mediziner entscheiden."

In den Bundesländern ist das unterschiedlich geregelt, nun werden 30 Minuten als Grenze angesehen, nachdem ein Richter die Fixierung genehmigen muß.

Daher auch die Aufgabe einen speziellen Richterdienst einzurichten der 7 Tage von 7-21 Uhr (bitte mich nicht wg Uhrzeit festlegen) erreichbar ist.

Die Polizei ist übrigens oft recht schnell weg, die sind froh das Problem losgeworden zu sein, in der Psychiatrie abgeliefert haben, da sollen sich dann die Ärzte mit rumschlagen. Wörtlich gemeint?
Sie darf wenigstens unmittelbaren Zwang ausüben, den Ärzten traut man da nicht zu, die Situation (Fixierung) angemessen beurteilen zu können.
Obwohl sie deutlich besser das Problem verstehen, den Patienten sogar vor Augen haben.
Vermutlich hält man sie für potentielle Täter, die Patienten gerne unnötig quälen.

In der psych. Klinik wird man kaum die Polizei rufen, wenn ein Patient randaliert, ansonsten könnte man die Diensstelle gleich dort einrichten, je nachdem wieviel Betten die Klinik hat.
Beste Grüße

Rüdiger