Wechsel des Pilzpartners

Begonnen von Berthold, 13.Nov.08 um 22:42 Uhr

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Berthold

Aus einer ganz neuen Arbeit von Martin I. Binartondo (die Phil aufgetan hat) geht hervor, dass in situ die Orchideen in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien mit unterschiedlichen Pilzen zusammenleben.
Die Pilze, die zum Keimen gebraucht werde, sind u.U. ganz andere als diejenigen, welche die adulte Pflanze in Form einer Ektomykorrhiza vor Parasiten schützen oder sonst wie unterstützen.
Bei Cephalanthera damasonium z.B. sind die adulten Pflanzen meist mit Pilzen bewachsen, die auf lebenden Baumwurzel existieren, z.B. Tomentella-Arten. Bei Entnahme der Ceph. damasonium aus der Natur entarten diese Pize, fressen die Orchidee auf und sterben dann ab (die Kultur dieser Pilze ist in vitro fast unmöglich). Die Ceph. damasonium keimen aber nur mit anderen Tomentella-Arten oder Pilzen aus anderen Gattungen.

Für die Kultur und Vermehrung ist diese Erkenntnis natürlich sehr wichtig.
Eine in vitro symbiotisch gekeimte Orchidee muss nach ihrem Sämlingsstadium mit einem anderen Pilz geschütz werden als ihrem Keimmykorrhizapilz, damit sie nicht abfault. Da sind wir dran an dem Problem, zumindest schon mal bei der Topfkultur!
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ahriman

Hallo Berthold!

Davon habe ich auch schon gelesen!
Scheint mir auch durchaus logisch zumal einige Orchideen ohnehin jede Vegetationsperiode erneut Kontakt mit einem Pilzpartner aufzunehmen scheinen.
Die Knolle bleibt pilzfrei und da die Wurzeln immer neu gebildet werden müssen erfolgt auch eine "Infektion" der Pflanze jedesmal aufs neue.

Ein Wechsel des Symbiosepartners bei wechselnden Umweltbedingungen ist übrigens auch bei anderen Organismen wie Korallen und Flechten bekannt.


LG,
Christan

Claus

#2
Wenn ihr danach sucht, der Herr heißt Martin Bidartondo

Und das könnte die Arbeit sein: http://plantbio.berkeley.edu/~bruns/ftp/bidartondo2004a.pdf

Sonst könnt ihr noch weitere Arbeiten von ihm suchen: http://plantbio.berkeley.edu/~bruns/people/mb.html

Aber wer kann das alles lesen?

Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

knorbs

das ganze gibt's in deutsch mit schönen bunten bildchen  :-)...es ist der artikel von gerhard gebauer in der zeitschrift "spektrum umweltforschung" (3/04; ab seite 32 pdf-file) der uni-bayreuth. er untersuchte kohlenstoff- + stickstoffisotope in orchideen. seine ergebnisse zeigen, dass bisher als mykothrophe orchideen angesehene arten wie z.b. cephalanthera und epipactis offenbar je nach lebensbedingung zwischen photosynthese (autotrophe ernährung) und pilzverdauung (mykoheterotrophe ernährung) wechseln können.

zitate daraus:

Trotz der bekanntermaßen mykoheterotrophen Ernährung mancher chlorophyllfreier Orchideenarten wird für adulte, grünblättrige Orchideen eine vollständig autotrophe Ernährung angenommen. Häufigkeitsanalysen der stabilen Kohlenstoff- und Stickstoffisotope liefern neuerdings Hinweise, dass viele der scheinbar autotrophen Orchideen sich teilweise auch auf Kosten des Pilzpartners ernähren. Diese teilweise Mykoheterotrophie ist mit einem Wechsel des Pilzpartners verbunden und erlaubt den Orchideen ein Vordringen in den dunkelsten Schatten von Wäldern.

Molekulargenetische Untersuchungen belegen, dass der Übergang von autotropher zu fakultativ mykoheterotropher Ernährung mit einem Tausch des Pilzpartners im Wurzelraum der Orchideen einhergeht. Wahlweise oder obligat mykoheterotrophe Orchideen besitzen als Partner Pilzarten, die bekanntermaßen mit Bäumen eine Ektomykorrhiza eingehen. Es entsteht somit ein Stofffluss vom Baum über den Pilz zur Orchidee.

der ganze artikel ist sehr lesenswert.