Substrat Naturstandort/Topfkultur

Begonnen von Berthold, 14.Feb.14 um 14:01 Uhr

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Claus

Zitat von: Berthold am 16.Feb.14 um 19:15 Uhr
Zitat von: Claus am 16.Feb.14 um 19:10 Uhr
Zitat von: Berthold am 16.Feb.14 um 15:44 Uhr
Vielleicht wünsche ich mir auch ein kräftigen Cypripedium calceolus auf meinem Grab.

Das müssten wir dann doch wohl ausbuddeln;

Das wäre für mich persönlich dann völlig unerheblich, Claus.

Dacht ich mir. Andernfalls hätte ich gerne eine Helleborus, aber Dolomit nicht vergessen.  :thumb
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Timm Willem

Zitat von: Berthold am 16.Feb.14 um 11:22 Uhr
Zitat von: Timm Willem am 16.Feb.14 um 05:48 Uhr
Ich kenne ziemlich viele Leute, denen es gelingt, einfache Dactylorhiza-Arten im Topf und im Garten länger zu kultivieren.
Simon, mir gelingt das auch hier im Garten, aber es sind ganz wenige Arten, die sich im Garten langfristig etablieren. So sät sich incarnata zwar aus, verschwindet aber sehr schnell wieder. Ähnliches git für Ophyrs apifera. Listera ovata sät sich aus und bleibt lange aktiv


Zitat
Das Himantoglossum unter suboptimalen Klimabedingungen nicht einfach zu kultivieren ist, steht sicher außer Frage, es gibt aber noch genug andere Beispiele für die das auch zutrifft.

Ja, natürlich, aber sie sind auch im Topf bei optimalen Klimabedingungen nicht zu kultivieren. Zumindest nicht im Substart ihres Naturstandortes


Zitat
Ob "Keimen, Schutz und Ernährung der Orchidee sind unterschiedliche Dinge und angeblich meist von unterschiedlichen Pilzen bewirkt." das wirklich so ist, wage ich zu bezweifeln.

Es gibt Veröffentlichungen an verschiedenen Orchideen, bei denen an adulten Pflanzen andere Pilze identifiziert wurden als in den Proktokormen.
Die Ernährung der Orchideen durch Pilze ist nur bei wenigen Arten von Bedeutung, nämlich nur bei denen die kein oder wenig Chlorophyll besitzen. Dann gibt es noch den Fall, dass Pilze die Nährstoffe im Boden besser erschliessen und für Orchideen verfügbar machen.
Es ist Tatsache, dass viele Knollenorchideen im Topfkultur Stängelfäule bekommen und abfaulen. Das passiert insbesondere im Substrat ihres Naturstandortes. Man kann diese bakterielle Infektion verhindern, bzw. stark reduzieren wenn man bestimmte Ständerpilze zusetzt (als Ersatzpilze). Zu dem Zweck muss das Substrat luftig sein und viel organische Bestandteile enthalten, damit die Pilze überleben können. Es ist also ein völlig anderes Substrat als am Naturstandort der Art und das liegt vermutlich daran, dass es sich um völlig andere Pilze handelt als sie am Naturstanort existieren.
Diesen Effekt habe ich sehr oft nachgewiesen. Beylre kommt zum selben Ergebnis, deshalb empfiehlt er sein Toresa im Topfsubstrat.

Die uns bekannten Keimpilze B1 und A36 z.B. können in organischem Material kaum existieren, weil sie dort von anderen Pilzen verdrängt werden, deshalb keimen viele Orchideen vermutlich nur in sehr humusarmen Böden.
Berthold, ich denke, man sollte mal festhalten, dass die Kultur von Erdorchideen sehr erfolgreich sein kann. Ich gehe davon aus, dass an gesunden blühenden Pflanzen durchaus die gleichen Pilze anzutreffen sind, die bereits während der Keimung in diesem Bodenbereich vorhanden waren.

Es würde mich sehr überraschen, wenn die Orchidee gezielt die Symbioseverhältnisse in der Rhizosphäre der umgebenden Begleitpflanzen ändern könnte.




Berthold

Zitat von: Timm Willem am 17.Feb.14 um 05:20 Uhr
Berthold, ich denke, man sollte mal festhalten, dass die Kultur von Erdorchideen sehr erfolgreich sein kann. Ich gehe davon aus, dass an gesunden blühenden Pflanzen durchaus die gleichen Pilze anzutreffen sind, die bereits während der Keimung in diesem Bodenbereich vorhanden waren.
Das ist sicher richtig, was natürlich nichts darüber aussagt, welcher Pilz die unmittelbare Keimung und Entwicklung des Protokormes bewirkt.
Ich sehe, dass hier im Garten an manchen Stellen Samen gut keimen, aber die adulten Pflanzen schnell wieder verschwinden und an anderen Stellen keine Keimung stattfindet, aber adulte Pflanzen langlebig existieren.
Deshalb gehe ich davon aus, dass 2 unterschiedliche Mechanismen bei der Keimung und bei der Lebenserhaltung eine Rolle spielen, die auch von unterschiedlichen Pilzpartnern beeinflusst werden.


Zitat

Es würde mich sehr überraschen, wenn die Orchidee gezielt die Symbioseverhältnisse in der Rhizosphäre der umgebenden Begleitpflanzen ändern könnte.

Ich gehe davon aus, dass die Orchideen während ihres Aufwuchses von mehreren unterschiedlichen Pilzen bewachsen werden, so wie es z. B. meine Ständerpilze aus dem Häxelhaufen auch tun.
Mit Häxelhaufen-Pilz im Substrat fault die Orchidee nicht ab , wird nur erdrosselt. Ohne Häxelhaufen-Pilz im Substrat bekommt die Pflanze Stängelfäule.
Unser Forum-Stanislav hat Versuche mit Austernseitlingen durchgeführt. Er kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie ich mit den Häxelhaufenpilzen. Der Austernseitling ist besser geeignet als meine Testpilze, weil er nicht so aggressiv die Wurzeln der Orchideen bewächst.

Darüber hinaus halte ich es für nicht unwahrscheinlich, dass bestimmte Pilze an der adulten Orchideen eine grössere Schutzwirkung auf die Orchidee besitzen als andere. Einige Pilze erwürgen die Orchideen sogar (quasi aus Liebe durch das dichte Bewachsen der Wurzeln)

Wenn z. B. eine Orchidee von B1 in der Natur gekeimt wurde, kann ich mir kaum vorstellen, dass der B1 der adulten Pflanze noch viel behilflich sein kann.

Die Pilze, die in echter Symbiose mit der Orchidee leben und sie ernähren, bilden eine andere Baustelle. Sie sind sicher so eng mit der Orchidee verbunden, dass die Pflanze vermutlich eher selten den Partner wechselt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Timm Willem

Zitat von: Berthold am 17.Feb.14 um 12:34 Uhr
Zitat von: Timm Willem am 17.Feb.14 um 05:20 Uhr
Berthold, ich denke, man sollte mal festhalten, dass die Kultur von Erdorchideen sehr erfolgreich sein kann. Ich gehe davon aus, dass an gesunden blühenden Pflanzen durchaus die gleichen Pilze anzutreffen sind, die bereits während der Keimung in diesem Bodenbereich vorhanden waren.
Das ist sicher richtig, was natürlich nichts darüber aussagt, welcher Pilz die unmittelbare Keimung und Entwicklung des Protokormes bewirkt.
Ich sehe, dass hier im Garten an manchen Stellen Samen gut keimen, aber die adulten Pflanzen schnell wieder verschwinden und an anderen Stellen keine Keimung stattfindet, aber adulte Pflanzen langlebig existieren.
Deshalb gehe ich davon aus, dass 2 unterschiedliche Mechanismen bei der Keimung und bei der Lebenserhaltung eine Rolle spielen, die auch von unterschiedlichen Pilzpartnern beeinflusst werden.


Zitat

Es würde mich sehr überraschen, wenn die Orchidee gezielt die Symbioseverhältnisse in der Rhizosphäre der umgebenden Begleitpflanzen ändern könnte.

Ich gehe davon aus, dass die Orchideen während ihres Aufwuchses von mehreren unterschiedlichen Pilzen bewachsen werden, so wie es z. B. meine Ständerpilze aus dem Häxelhaufen auch tun.
Mit Häxelhaufen-Pilz im Substrat fault die Orchidee nicht ab , wird nur erdrosselt. Ohne Häxelhaufen-Pilz im Substrat bekommt die Pflanze Stängelfäule.
Unser Forum-Stanislav hat Versuche mit Austernseitlingen durchgeführt. Er kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie ich mit den Häxelhaufenpilzen. Der Austernseitling ist besser geeignet als meine Testpilze, weil er nicht so aggressiv die Wurzeln der Orchideen bewächst.

Darüber hinaus halte ich es für nicht unwahrscheinlich, dass bestimmte Pilze an der adulten Orchideen eine grössere Schutzwirkung auf die Orchidee besitzen als andere. Einige Pilze erwürgen die Orchideen sogar (quasi aus Liebe durch das dichte Bewachsen der Wurzeln)

Wenn z. B. eine Orchidee von B1 in der Natur gekeimt wurde, kann ich mir kaum vorstellen, dass der B1 der adulten Pflanze noch viel behilflich sein kann.

Die Pilze, die in echter Symbiose mit der Orchidee leben und sie ernähren, bilden eine andere Baustelle. Sie sind sicher so eng mit der Orchidee verbunden, dass die Pflanze vermutlich eher selten den Partner wechselt.
Ich gehe mal davon aus, dass die Pilze(B1,...) die zufällig genau das im Glas machen, was von ihnen erwartet wird, in der Natur vielleicht eine ganz andere Rolle haben.

Dagegen keimen an den Pilzen, die mit den Wurzeln einiger langlebiger Stauden verbunden sind, zuverlässig Orchideen. Da dies auch neben anderen blühenden Orchideen funktioniert, meine ich, es gibt keinen gezielten Wechsel der Pilze im Laufe eines Orchideenlebens. Es gibt für mich für einen bestimmten Zweck gut angepasste Pilze und weniger gut angepasste Pilze.

Berthold

Zitat von: Timm Willem am 17.Feb.14 um 19:09 Uhr
Ich gehe mal davon aus, dass die Pilze(B1,...) die zufällig genau das im Glas machen, was von ihnen erwartet wird, in der Natur vielleicht eine ganz andere Rolle haben.
Die Pilze, die Ohrys in der Natur keimen, verhalten sich ganz ähnlich wie unser B1-Pilz. Sie sind nicht an andere Pflanzen gebunden und existieren offensichtlich nur in fast reinen mineralischen Substraten. Ich erkenne das daran, dass um eine Ophrys-Mutterpflanze im 1. und 2. Jahr nach dem Einsetzen in reines Mineralsubstrat im Topf Sämlinge keimen. Die Sämlinge verschwinden aber schnell wieder, wenn man sie nicht entfernt und in Neudohum-Mischung umsetzt.
Von diesen Sämlingen wollte ich mal einen Ophrys Keimpilz isolieren. Ich konnte 4 Pilzarten trennen, aber keine davon hat einzeln Ophrys-Samen gekeimt. Das Experiment ist es jedoch wert, wiederholt zu werden.

Ich interpretiere das so, dass der Keimpilz alleine den jungen Sämling nicht am Leben halten kann. Wenn er dennoch überlebt, muss ein weiter Pilz mit ins Spiel kommen oder er muss von sich aus hinreichend resistent gegen Infektionen sein. 

Zitat

Dagegen keimen an den Pilzen, die mit den Wurzeln einiger langlebiger Stauden verbunden sind, zuverlässig Orchideen. Da dies auch neben anderen blühenden Orchideen funktioniert, meine ich, es gibt keinen gezielten Wechsel der Pilze im Laufe eines Orchideenlebens. Es gibt für mich für einen bestimmten Zweck gut angepasste Pilze und weniger gut angepasste Pilze.

Einverstanden. Ich gehe davon aus, dass ganz unterschiedliche Pilze, abhängig vom Standort, die adulten Orchideen bewachsen können, zusätzlich und ganz unabhängig von den Pilzen, die den Samen keimen. Die Pilze scheiden mehr oder weniger Antibiotika aus, um sich selber vor Bakterienangriffen zu schützen. Dabei schützen sie gleichzeitig auch die Orchideen.(Vereinfachte Modellvorstellung).

Ob die Pilze die Orchideenwurzeln rein zufällig bewachsen oder ob sie von den Wurzeln mit Wasser oder Locksubstanzen versorgt und dadurch angelockt werden, weiss ich nicht.     
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Timm Willem

#35
Zitat von: Berthold am 17.Feb.14 um 19:48 Uhr
Zitat von: Timm Willem am 17.Feb.14 um 19:09 Uhr
Ich gehe mal davon aus, dass die Pilze(B1,...) die zufällig genau das im Glas machen, was von ihnen erwartet wird, in der Natur vielleicht eine ganz andere Rolle haben.
Die Pilze, die Ohrys in der Natur keimen, verhalten sich ganz ähnlich wie unser B1-Pilz. Sie sind nicht an andere Pflanzen gebunden und existieren offensichtlich nur in fast reinen mineralischen Substraten. Ich erkenne das daran, dass um eine Ophrys-Mutterpflanze im 1. und 2. Jahr nach dem Einsetzen in reines Mineralsubstrat im Topf Sämlinge keimen. Die Sämlinge verschwinden aber schnell wieder, wenn man sie nicht entfernt und in Neudohum-Mischung umsetzt.
Von diesen Sämlingen wollte ich mal einen Ophrys Keimpilz isolieren. Ich konnte 4 Pilzarten trennen, aber keine davon hat einzeln Ophrys-Samen gekeimt. Das Experiment ist es jedoch wert, wiederholt zu werden.

Ich interpretiere das so, dass der Keimpilz alleine den jungen Sämling nicht am Leben halten kann. Wenn er dennoch überlebt, muss ein weiter Pilz mit ins Spiel kommen oder er muss von sich aus hinreichend resistent gegen Infektionen sein. 
Das ist ein Hinweis dafür, dass an den Wurzeln der Mutterpflanze noch ein Pilz lebt, der diese Art keimen und fördern kann. Warum die Sämlinge nicht weiter wachsen hat sicher auch etwas mit Ausscheidungen der Wurzeln der Mutterpflanze zu tun, die den an einer bestimmten Stelle plötzlich parasitierenden Pilz los zu werden versucht. Die Mutter unterbricht die Verbindung zu den Sämlingen, die über den Pilz gegeben war. Das können viele andere Stauden aber nicht, so bleiben diese Verbindungen langfristiger erhalten.

Zitat von: Berthold am 17.Feb.14 um 19:48 Uhr
Zitat von: Timm Willem am 17.Feb.14 um 19:09 Uhr
Dagegen keimen an den Pilzen, die mit den Wurzeln einiger langlebiger Stauden verbunden sind, zuverlässig Orchideen. Da dies auch neben anderen blühenden Orchideen funktioniert, meine ich, es gibt keinen gezielten Wechsel der Pilze im Laufe eines Orchideenlebens. Es gibt für mich für einen bestimmten Zweck gut angepasste Pilze und weniger gut angepasste Pilze.

Einverstanden. Ich gehe davon aus, dass ganz unterschiedliche Pilze, abhängig vom Standort, die adulten Orchideen bewachsen können, zusätzlich und ganz unabhängig von den Pilzen, die den Samen keimen. Die Pilze scheiden mehr oder weniger Antibiotika aus, um sich selber vor Bakterienangriffen zu schützen. Dabei schützen sie gleichzeitig auch die Orchideen.(Vereinfachte Modellvorstellung).

Ob die Pilze die Orchideenwurzeln rein zufällig bewachsen oder ob sie von den Wurzeln mit Wasser oder Locksubstanzen versorgt und dadurch angelockt werden, weiss ich nicht.   
Möglicherweise, aber es wäre auch ausreichend viele dieser Effekte einfach mit Geometrie und Zeit zu erklären. Da ist zu diesem Zeitpunkt schon ein Pilz, der die knappen Ressourcen nutzt, die Verhältnisse der Mikroorganismen untereinander verschieben sich nur extrem langsam und nicht ohne Veränderungen der äußeren Bedingungen.

Stanislav

Zitat von: Berthold am 17.Feb.14 um 12:34 Uhr
Unser Forum-Stanislav hat Versuche mit Austernseitlingen durchgeführt. Er kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie ich mit den Häxelhaufenpilzen. Der Austernseitling ist besser geeignet als meine Testpilze, weil er nicht so aggressiv die Wurzeln der Orchideen bewächst.

Darüber hinaus halte ich es für nicht unwahrscheinlich, dass bestimmte Pilze an der adulten Orchideen eine grössere Schutzwirkung auf die Orchidee besitzen als andere. Einige Pilze erwürgen die Orchideen sogar (quasi aus Liebe durch das dichte Bewachsen der Wurzeln)
A few remarks on the subject:
- Yes, I have made the tests with the oyster mushroom (Austernseitling, Pleurotus ostreatus). But oyster mushroom is not the right soil fungus and it die early in the substrate, because other fungi it eliminate.  Now I am doing attempts with Armillaria (Hallimasch). This is the fungus that can live in the soil. The purpose of these experiments is to find out whether some mushrooms have a protective effect on orchids. There's no relationship with mycorrhizal fungi.
- An example of the orchid that germinates with another fungus (Mycena osmundicola) than with he lives in mycorhizza (Armillaria mellea) is Gastrodia elata (see http://www.itmonline.org/arts/gastrodia2.htm).
- In my attempts I could not keep Cephalanthera damasonium alive even with the Pleurotus or with the Armillaria. The reason could be the strong dependence on mycorrhizal fungus that die after transplanting of the plant.
- Another topic: Because in my country Neudohum is not available, I use instead of it the compost from rotten beech leaves, which Claus recommended to try for seedlings (see http://www.orchideenkultur.net/index.php?topic=1348.msg202445#new). I use it in the mixture with perlite and wood shavings. It seems that there plants grow well.

Berthold

Zitat von: Timm Willem am 18.Feb.14 um 05:27 Uhr

Das ist ein Hinweis dafür, dass an den Wurzeln der Mutterpflanze noch ein Pilz lebt, der diese Art keimen und fördern kann. Warum die Sämlinge nicht weiter wachsen hat sicher auch etwas mit Ausscheidungen der Wurzeln der Mutterpflanze zu tun, die den an einer bestimmten Stelle plötzlich parasitierenden Pilz los zu werden versucht. Die Mutter unterbricht die Verbindung zu den Sämlingen, die über den Pilz gegeben war. Das können viele andere Stauden aber nicht, so bleiben diese Verbindungen langfristiger erhalten.

Es gibt Untersuchungen darüber, dass die Sämlinge schon im Frühstadium ihre Keimpilze loswerden wollen. Dact. sambucina versucht das mit B1 schon in einem sehr fühen Stadium, sodass die Protokorme oft bei 1 mm Grösse schon aufhören weiter zu wachsen.

Simon, warum meinst Du, dass die Sämlinge im Ophrys-Topf über den Keimpilz noch mit der Mutterpflanze verbunden sind? Warum sollten die Keimpilze nicht selbständig im Topfsubstrat eine Zeit lang überleben können, so wie es der B1 in unserem Haferflocken-Agar auch macht.

Es gibt zweifellos untersuchte Fälle, bei denen eine Orchidee über einen Pilz mit einem Baum verbunden ist (C13-Tracer-Technik). Solche Verbindungen sind sicher langanhaltend, aber es scheint mir eine Ausnahme bei den Orchideen zu sein.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Timm Willem

Zitat von: Berthold am 18.Feb.14 um 13:08 Uhr
Es gibt Untersuchungen darüber, dass die Sämlinge schon im Frühstadium ihre Keimpilze loswerden wollen. Dact. sambucina versucht das mit B1 schon in einem sehr fühen Stadium, sodass die Protokorme oft bei 1 mm Grösse schon aufhören weiter zu wachsen.
Ich denke nicht, das D. sambucina gezielt versucht B1 loszuwerden, möglicherweise werden Ausscheidungen gebildet die auf allgemeinen Stress zurück gehen und zufällig den nicht all zu starken B1 negativ beeinflussen, bzw. zu einer Selbstvergiftung führen.
Zitat von: Berthold am 18.Feb.14 um 13:08 Uhr
Simon, warum meinst Du, dass die Sämlinge im Ophrys-Topf über den Keimpilz noch mit der Mutterpflanze verbunden sind? Warum sollten die Keimpilze nicht selbständig im Topfsubstrat eine Zeit lang überleben können, so wie es der B1 in unserem Haferflocken-Agar auch macht.
Sicher wären die Ressourcen die B1 zum Überleben benötigen würde, auch für wesentlich aggressivere Schimmel verwertbar, wie im Versuch einfach nachweisbar.
Die Verbindung muss existieren, da ein einfaches Substrat-viel-Pilz-Gemisch sicher eine Orchideen nicht genug fördern würde.
Anders sieht es aus, wenn das Substrat gezielt angeimpft wurde und die Bedingungen einigermaßen stabil sind.
Zitat von: Berthold am 18.Feb.14 um 13:08 Uhr
Es gibt zweifellos untersuchte Fälle, bei denen eine Orchidee über einen Pilz mit einem Baum verbunden ist (C13-Tracer-Technik). Solche Verbindungen sind sicher langanhaltend, aber es scheint mir eine Ausnahme bei den Orchideen zu sein.
Sicher ist eine langanhaltende Verbindung zwischen Baum und Orchideenart eine Ausnahme. Ich denke aber, dass dies nicht für Verbindungen zwischen Orchideen und staudigen Pflanzen gilt. Orchidee und Staude werden wohl nicht über die selbe "Leitung" anhaltend verbunden sein, aber sicher werden die Individuen dabei nicht zwangsläufig ausgetauscht, da Staude und Orchideen sich sehr lange eine Rhizosphäre teilen.

Berthold

Zitat von: Timm Willem am 18.Feb.14 um 15:50 Uhr
Zitat von: Berthold am 18.Feb.14 um 13:08 Uhr
Es gibt Untersuchungen darüber, dass die Sämlinge schon im Frühstadium ihre Keimpilze loswerden wollen. Dact. sambucina versucht das mit B1 schon in einem sehr fühen Stadium, sodass die Protokorme oft bei 1 mm Grösse schon aufhören weiter zu wachsen.
Ich denke nicht, das D. sambucina gezielt versucht B1 loszuwerden, möglicherweise werden Ausscheidungen gebildet die auf allgemeinen Stress zurück gehen und zufällig den nicht all zu starken B1 negativ beeinflussen, bzw. zu einer Selbstvergiftung führen.

Es wurden antimykotische Substanzen nachgewisen, die von Riemenzungen-Samen produziert werden. Das ist vermutlich die Hauptursache dafür, dass Riemenzungen nicht von B1 gekeimt werden können.

Ich denke, dass alle Orchideensamen grundsätzlich antimykotische Substanzen produzieren, um sich vor Pilzen zu schützen. Dieses Schutzsystem vor den Pilzen arbeitet aber zum Glück nicht so perfekt, sodass einige Pilze dennoch zu dem Orchideensamen vordringen können, denn sonst könnte keine Orchideensamen gekeimt werden.
Das Sytem der Pilzabwehr und des Pilztolerieren scheint mit ziemlich artspezifisch zu funktionieren.

Deshalb vermute ich, dass D. sambucina versucht, B1 aktiv fernzuhalten, was zu Anfang nicht gelingt aber wenn das Protokorm grösser wird und mehr Wirkstoff produzieren kann eben doch. Das Blöde dabei ist, dass das sambucina Protokorm dabei selber abstirbt.
B1 passt eben nicht richtig zu sambucina als Keimpilz.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Timm Willem

Zitat von: Berthold am 18.Feb.14 um 16:55 Uhr
Zitat von: Timm Willem am 18.Feb.14 um 15:50 Uhr
Ich denke nicht, das D. sambucina gezielt versucht B1 loszuwerden, möglicherweise werden Ausscheidungen gebildet die auf allgemeinen Stress zurück gehen und zufällig den nicht all zu starken B1 negativ beeinflussen, bzw. zu einer Selbstvergiftung führen.

Es wurden antimykotische Substanzen nachgewisen, die von Riemenzungen-Samen produziert werden. Das ist vermutlich die Hauptursache dafür, dass Riemenzungen nicht von B1 gekeimt werden können.

Ich denke, dass alle Orchideensamen grundsätzlich antimykotische Substanzen produzieren, um sich vor Pilzen zu schützen. Dieses Schutzsystem vor den Pilzen arbeitet aber zum Glück nicht so perfekt, sodass einige Pilze dennoch zu dem Orchideensamen vordringen können, denn sonst könnte keine Orchideensamen gekeimt werden.
Das Sytem der Pilzabwehr und des Pilztolerieren scheint mit ziemlich artspezifisch zu funktionieren.

Deshalb vermute ich, dass D. sambucina versucht, B1 aktiv fernzuhalten, was zu Anfang nicht gelingt aber wenn das Protokorm grösser wird und mehr Wirkstoff produzieren kann eben doch. Das Blöde dabei ist, dass das sambucina Protokorm dabei selber abstirbt.
B1 passt eben nicht richtig zu sambucina als Keimpilz.
Ich kann nicht erkennen, auf welche Weise die Orchidee Pilzarten unterscheiden soll.

Oxidierende phenolische Verbindungen werden auch ausgelöst von abiotischem Stress freigesetzt, das ist vielmehr ein Maß für die allgemeine Empfindlichkeit der Art, oder ihre allgemeine Wehrhaftigkeit gegen alles und jeden. Wahrscheinlich gehen die Beobachtungen der absterbenden sambucina ursächlich auf abiotischen Stress zurück, passiert mir auch immer wieder.

Diese Verbindungen steuern sogar die eigene Zellteilungsgeschwindigkeit und erhöhen(sollte die Pflanze lang genug leben) dadurch die Stresstoleranz.

Es wäre also konsequent diese einfache Erklärung für ein direkt beobachtbares Phänomen zunächst anzunehmen, bis diese These widerlegt werden kann.

Berthold

Zitat von: Timm Willem am 18.Feb.14 um 18:03 Uhr
Ich kann nicht erkennen, auf welche Weise die Orchidee Pilzarten unterscheiden soll.

Oxidierende phenolische Verbindungen werden auch ausgelöst von abiotischem Stress freigesetzt, das ist vielmehr ein Maß für die allgemeine Empfindlichkeit der Art, oder ihre allgemeine Wehrhaftigkeit gegen alles und jeden. Wahrscheinlich gehen die Beobachtungen der absterbenden sambucina ursächlich auf abiotischen Stress zurück, passiert mir auch immer wieder.

Diese Verbindungen steuern sogar die eigene Zellteilungsgeschwindigkeit und erhöhen(sollte die Pflanze lang genug leben) dadurch die Stresstoleranz.

Es wäre also konsequent diese einfache Erklärung für ein direkt beobachtbares Phänomen zunächst anzunehmen, bis diese These widerlegt werden kann.

Orchideen werde nicht gezielt Pilze unterscheiden können, aber sie werden (bzw. müssen)  Abwehrstoffe gegen Fressfeinde produzieren. Evolutionsbedingt fallen diese Substanzen logischerweise unterschiedlich aus. Darauf reagieren nur wieder die Pilze unterschiedlich. Manche lassen sich abhalten, andere weniger und dritte überhaupt nicht. Dadurch entstehen spezifische unterschiedliche Lebensgemeinschaften, die unter anderem von der Art der Orchideen abhängen.

Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Bildung von phenolischen Verbindungen ein überlagerter Effekt ist, egal ob diese Verbindungen die Entwicklung der Orchidee oder der Pilze behindert. 
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

In diesem Thread ist mir viel zu viel Spekulation. Natürlich kann man spekulieren, ich mache das ja auch laufend an der Börse. Aber darauf jeweils gleich Hypothesen aufbauen ...  O-) Falls das dann stimmte ... wäre ich schon Multimilliardär.

Ein Beispiel: "Es wurden antimykotische Substanzen nachgewiesen, die von Riemenzungen-Samen produziert werden. Das ist vermutlich die Hauptursache dafür, dass Riemenzungen nicht von B1 gekeimt werden können."

Wir wissen doch nach wie vor überhaupt nicht wie das Pilz-Orchiedeensamen-System arbeitet. Hanne Rasmussen hat ja aus vielen Gattungen Extrakte hergestellt, die dann z.B. Keimung bewirkten, aber nicht bei allen anderen Gattungen. Sie hat auch gezeigt, wo der Pilz angreift, aber nicht ob das mit dem Verdauen stimmt oder der Wasserleitung.

Mir leuchtet ein, dass der Pilz den Samen fressen möchte, das tut er ja mit vielen toten aber auch lebenden organischen Substanzen. Kann es nicht auch sein, dass der B1 den Himantoglossumsamen frisst und eben nicht keimt? Wenn ich mir in der Vergangenheit die Samen nach ein paar Tagen unter dem Stereomikroskop oder der Lupe angesehen habe, als ich noch exotischste Samen mit dem B1 konfrontierte, dann sahen die meistens ziemlich tot aus.

Dass D. samucina den B1 loswerden möchte, ist das nicht ein menschlicher Vergleich?

Ich habe immer wieder festgestellt, dass symbiotische Kulturen bei deutlich tieferen Temperaturen viel besser gediehen als bei Raumtemperatur. Nur stehen meine Gläser meistens auch im geheizten Zimmer. Auch A. morio geht im Frühjahr bei steigenden Außentemperaturen auf B1 ein. Und es stimmt, D. sambucina leidet auf B1, je länger sie darauf steht. Der Pilz will sie fressen und schafft das auch. Aber haben wir das auch schon im Kühlschrank versucht? In der Natur ist es im Frühjahr doch auch noch ziemlich kalt.

Wir haben ja hier als Thema "Substrat". Da ist noch sehr viel zu holen.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Claus am 18.Feb.14 um 21:41 Uhr
Dass D. sambucina den B1 loswerden möchte, ist das nicht ein menschlicher Vergleich?

ja natürlich, aber er gilt trotzdem nach meiner Ansicht, denn jedes Lebewesen, das im Boden lebt, muss irgendwelche Abwehrmechanismen gegen Pilze, Bakterien oder andere Mikroorganismen besitzen. Ohne diese wäre es sehr bald verstoffwechselt. Ich sehe nur mechanische Abwehr oder chemische.
Wenn bei bestimmten Samen Antimykotika nachgewiesen wurden, vermute ich auch bei anderen Samen diesen chemischen Mechanismus.

Samen von Orchis scopulorum wurden definitiv nicht von B1 zerlegt.

Dass Pilzhyphen nicht so ohne weiteres von Bakterien zerlegt werden, wissen wir auch. Wie wollen die Pilzhyphen das anders verhindern als durch Anitbiotika, zumal die Antibiotika im Einzelfall ja nachgewiesen wurden. Außerdem wissen wir, dass Pilze sehr zuverlässig auf chemischem Wege andere Pilzarten und sogar andere Individuen der selben Art von sich fernhalten können (Test des amerikanischen Riesehallimasch von 600 Tonnen)

Dass die symbiotische B1-Keimung bei einigen Arten bei niedrigen Temperaturen besser läuft als bei hohen, liegt meiner Meinung nach daran, dass der Stoffwechsel der Orchideen (für Abwehrsubstanzen) mit sinkender Temperatur schneller abnimmt als die Aktivität des Keimpilzes. 
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Berthold, mich stören die Schlüsse, die hier gezogen werden. Das Thema ist natürlich wenig interessant für die Forschung, man kann hier weder Nobelpreise, Startups oder Industriegelder erwarten. Also muss das i.w. im Hobbybereich laufen. Dort haben wir leider keine Möglichkeit, dies mit modernen Analysemethoden zu erarbeiten. Machen wir doch das, was uns möglich ist, möglichst breite Versuche ohne gleich zu interpretieren.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)