Dokumentation über das Alpenvorland

Begonnen von walter b., 28.Sep.22 um 20:41 Uhr

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walter b.

Diese Dokumentation habe ich sehr schön gefunden und kann sie Allen mit verfügbaren 45 Minuten empfehlen.

https://tvthek.orf.at/profile/Universum/35429/Universum-Sanfte-Berge-wilde-Moore-Das-Alpenvorland/14151164

Muralis

Für mich war es einer der schwächsten Universum-Filme der letzten Jahre. Hätte von Mündl sein können, aber der ist ja schon tot.

Es beginnt schon beim Titel des Films. Ich verstehe es einfach nicht, dass es so schwierig ist, geografische Begriffe wie Alpenvorland, Voralpen und Kalkalpen auseinanderzuhalten, das musste ich schon in der Volksschule lernen. Die Redakteure des ORF können mittlerweile alle mehr oder weniger gut gendern (jeder halt, wie er will, Kraut und Rüben durcheinander ohne irgendeine Regelstruktur), aber diese Begriffe haben sie bei den diversen Vorschauen schon wieder permanent durcheinandergeworfen, so wie es sonst auch die Wetterredakteure beim Wetterbericht immer wieder machen.

Aber wenn ich einen Universum-Film drehe, dann sollte ich wissen, wie mein Untersuchungsgegenstand heißt (nachzulesen sogar in Wikipedia mit genauer Begriffsdefinition). So wurde es mit den Bergwaldszenen usw. eine glatte Themenverfehlung. Alpenvorland = Land VOR den Alpen!!!

Inhaltlich: eine Aneinanderreihung von belanglosen, nicht in die Tiefe gehenden Sequenzen von unspannnenden Tierarten (minutenlang Mäusebussarde, Kolkraben, Gämsen), die schon in unzähligen Dokumentationen gezeigt wurden. Einmal Szenen von weit im Westen liegenden Sachen aus den deutschen Voralpen, gleich darauf wieder blickten Gämsen und Steinböcke von der Hohen Wand runter ins pannonische Tiefland (als Alpenvorland bezeichnet das normal niemand).

Mit dem Steinkauz wurde eine interessante Kleineule kurz angesprochen und ein Abflug des Vogels gezeigt. Das wars. Dabei gibt es gerade da ein erfolgreiches Projekt zur Erhaltung der letzten Population im niederösterreichischen Mostviertel. Ich kenne den Projektleiter gut. Da hätte man was Gscheites filmen können...

Aber nein, das waren alles Konserven, die bei früheren Projekten übriggeblieben sind und nun zu einem noch dazu falsch benamten Thema zusammengestoppelt und verwertet wurden.

Beurteilung: Nicht genügend.

walter b.

Tut mir Leid, dass der Film Deinen Kriterien nicht genügt hat. Ich fand es auch ein bisschen Kraut und Rüben, aber ich bin da etwas leichter zu unterhalten: es waren einfach sehr schöne Bilder!
Ja, es waren viele Wald-und-Wiesen-Arten, doch zumindest für mich gute Aufnahmen. Ich hatte keine Ahnung, dass Kleiber den Eingang von Spechthöhlen "zutöpfern", und dass es auf der hohen Wand Steinböcke gibt, die noch dazu auf Bäume klettern, hat mich sowieso überrascht.

Berthold

Zitat von: walter b. am 28.Sep.22 um 22:00 UhrIch hatte keine Ahnung, dass Kleiber den Eingang von Spechthöhlen "zutöpfern",

Das kannst Du auch hier im Garten sehen. Hier ist ein Kleiber in eine Buntspechthöhle eingezogen. Das Einflugloch war dem Kleiber etwas zu gross.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Muralis

Natürlich können selbst ambitionierte Laien oft nicht einschätzen, welcher Mist ihnen bei solchen Dokumentationen vorgesetzt wird.

Bei mir ist es so: Das ist ja genau meine Gegend. Wenn der ORF als Hauptgeldgeber für diese Produktion auftritt, dann sollte er einen Film produzieren, der sich auf das österreichische Alpenvorland beschränkt. Wenn der Film dann so heißt, dann muss er sich auch auf das Alpenvorland beschränken und es darf nicht im Bergwald gedreht und schneebedeckte Alpengipfel gezeigt werden.

Alpenvorland ist eine Gegend, wo z.B. Orte wie Amstetten, St. Pölten oder Wels liegen. Das ist ein Gebiet, wo heute zu 99% Maisfelder, Verkehrswege, Siedlungen und Städte sowie Industriezonen liegen. Dennoch könnte ich einen Universumfilmer so beraten, dass er am Ende einen  Film hat, wo die Zuseher am Ende mit offenem Mund vor dem Schirm sitzen.

Ich wurde ja einmal sogar von einem Mündl-Team als Experte zu diesem Libellen-Universum befragt. Sie haben nichts von meinen Anregungen übernommen, dafür ausführlich gezeigt, wie eine Großlibelle ins Naturhistorische Museum in Wien geflogen ist, diese Aufnahmen waren natürlich getürkt. Der Film war ein einzigartiger Käse, der trotzdem von Laien gelobt wurde, weil diese nicht einschätzen können, was da alles NICHT gezeigt wurde, und wie wenig dieser Film dem gestellten Thema gerecht wurde. Mündl war z.B. berüchtigt dafür, dass es in seinen Filmen nur 2 Vogelstimmen gab: Zwergschnäpper und Heidelerche, die ständig zur falschen Jahreszeit im falschen Habitat sangen.
Zum Glück gibt es auch Filmer, die da weit Besseres abliefern. Mir war es aber damals peinlich, dass ich im Nachspann als Berater aufschien...

Ob es im aktuellen Film Christian H. Schulze peinlich ist, dass er als wissenschaftlicher Berater aufgeführt ist, weiß ich nicht.

Kater Karlo

Zitat von: walter b. am 28.Sep.22 um 22:00 UhrIch hatte keine Ahnung, dass Kleiber den Eingang von Spechthöhlen "zutöpfern"...

Daher der Name...
herzliche Grüße
Matthias

walter b.

Zitat von: Kater Karlo am 29.Sep.22 um 05:40 Uhr
Zitat von: walter b. am 28.Sep.22 um 22:00 UhrIch hatte keine Ahnung, dass Kleiber den Eingang von Spechthöhlen "zutöpfern"...

Daher der Name...

Ach, ich verstehe, ein verballhornter "(Zu-)Kleber" also.

Berthold

Der Kleiber klebt nicht zu, sondern er passt nur die Grösse des Einfluglochs an seine Bedürfnisse an, sodass kein größerer Feind eindringen kann, z. B. Eichhörnchen zum Eier rauben.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

walter b.

Zitat von: Berthold am 29.Sep.22 um 11:13 UhrDer Kleiber klebt nicht zu, sondern er passt nur die Grösse des Einfluglochs an seine Bedürfnisse an, sodass kein größerer Feind eindringen kann, z. B. Eichhörnchen zum Eier rauben.

Berthold, es ging um die Herkunft des Namens.

Muralis

Also das Kleinermauern vorhandener Höhleneingänge hätte ich eigentlich als biologische Basisbildung eingestuft. Das steht fast in jedem Biologie-Schulbuch  ;-)
Interessanterweise mauert der Kleiber ja nicht nur beim Höhleneingang von Vogelnistkästen, sondern auch an den Ritzen der Holzbretter, damit es nicht zu stark zieht. Er muss einfach irgendwas mauern, das ist in seiner DNA  :-D

Interessanter fand ich da noch die Feststellung, dass er im Bruthöhlenbereich störende Vegetation entfernt, warum auch immer. Ich weiß nicht, ob es wissenschaftlich abgesichert ist, dass das alle Kleiber machen. Vielleicht hat das auch der wissenschaftliche Berater Christian H. Schulze gesagt, denn sonst gab es in dem Film nichts wissenschaftlich zu beraten.

Aber dass man dieses Verhalten eines Allerweltsvogels gefühlte 5 min lang zeigt, das fand ich schon störend. Kleiber gibt es überall in Mengen, wo Bäume stehen, und das ist in Österreich auf 50% der Landesfläche.

Alwin

#10
Zitat von: Muralis am 29.Sep.22 um 15:58 UhrAlso das Kleinermauern vorhandener Höhleneingänge hätte ich eigentlich als biologische Basisbildung eingestuft. Das steht fast in jedem Biologie-Schulbuch  ;-)
Interessanterweise mauert der Kleiber ja nicht nur beim Höhleneingang von Vogelnistkästen, sondern auch an den Ritzen der Holzbretter, damit es nicht zu stark zieht. Er muss einfach irgendwas mauern, das ist in seiner DNA  :-D

Interessanter fand ich da noch die Feststellung, dass er im Bruthöhlenbereich störende Vegetation entfernt, warum auch immer. Ich weiß nicht, ob es wissenschaftlich abgesichert ist, dass das alle Kleiber machen. Vielleicht hat das auch der wissenschaftliche Berater Christian H. Schulze gesagt, denn sonst gab es in dem Film nichts wissenschaftlich zu beraten.

Aber dass man dieses Verhalten eines Allerweltsvogels gefühlte 5 min lang zeigt, das fand ich schon störend. Kleiber gibt es überall in Mengen, wo Bäume stehen, und das ist in Österreich auf 50% der Landesfläche.
Allgemeinberichte sind meist nur für  Normal Bürger gedacht
Redakteure oder Filmemacher fehlt meist das Fachwissen
Aber es unterhält trotz
Allem so Manchen
Ich kann dich verstehen
Bei mancher Iga oder Buga
frage ich mich oft
Hätte ich doch besser einen Spaziergang in meinem Garten gemacht

So sind halt die Interessen und Geschmäcker verschieden
Und ich bin kein Fachmann


walter b.

Zitat von: Muralis am 29.Sep.22 um 15:58 UhrAlso das Kleinermauern vorhandener Höhleneingänge hätte ich eigentlich als biologische Basisbildung eingestuft. Das steht fast in jedem Biologie-Schulbuch  ;-)
Interessanterweise mauert der Kleiber ja nicht nur beim Höhleneingang von Vogelnistkästen, sondern auch an den Ritzen der Holzbretter, damit es nicht zu stark zieht. Er muss einfach irgendwas mauern, das ist in seiner DNA  :-D

Interessanter fand ich da noch die Feststellung, dass er im Bruthöhlenbereich störende Vegetation entfernt, warum auch immer. Ich weiß nicht, ob es wissenschaftlich abgesichert ist, dass das alle Kleiber machen. Vielleicht hat das auch der wissenschaftliche Berater Christian H. Schulze gesagt, denn sonst gab es in dem Film nichts wissenschaftlich zu beraten.

Aber dass man dieses Verhalten eines Allerweltsvogels gefühlte 5 min lang zeigt, das fand ich schon störend. Kleiber gibt es überall in Mengen, wo Bäume stehen, und das ist in Österreich auf 50% der Landesfläche.

Tut mir Leid, Wolfgang, aber exakt dieses Detail biologischer Basisbildung ist bisher an mir vorbei gegangen. Deswegen fand ich es umso interessanter. Aber natürlich auch das mit dem Entlauben der Nestumgebung, wobei mir die filmische Dokumentation dieses Verhaltens nicht zu lange ausgeführt war. Doch habe ich auch einfach den Anblick des doch ziemlich bunten und für m ich sehr schönen Vogels genossen. Obwohl ich Bäume im Garten habe und in einer doch recht grünen Umgebung lebe, konnte ich hier noch nie einen Kleiber beobachten. Ich habe gefühlt überhaupt seit Jahren Keinen gesehen...

Rüdi

ZitatKleiber gibt es überall in Mengen, wo Bäume stehen,

Wolfgang, ich wohne jetzt hier im 19. Jahr ganz nah am Wald. Die Kleiber sehe ich selten. Nur 3 Jahre hintereinander hat sich ein Kleiberpärchen meinen Nistkasten in der Schwarzkiefer ausgesucht. Die Einflugöffnung war wohl gerade richtig und so brauchte es nicht mauern. Der Nistplatz aber war im ersten Jahr heiß umkämpft. Wollte doch auch ein Kohlmeisenpaar einziehen. So schleppten des Morgens die Kohlmeisen fleißig Moos und Hälmchen in den Kasten. Die Kleiber aber kamen nachmittags und zerrten alles Meisennistmaterial wieder raus und füllten ihr eigenes aus Rindenteilen und anderem ein, was die Meisen am nächsten Tag wieder hinausschafften. Die Kleiber haben letztendlich gewonnen und wir konnten denen bei der Aufzucht zuschauen.
die Kleiber blieben dem Nistplatz innerhalb der
3 Jahre lange treu, auch wenn die Kleinen schon flügge waren. Nach den drei Jahren sind sie nur äußerst selten am Rindenstamm der Kiefer wieder aufgetaucht. Kommt mir vor, als seien sie selterner geworden.
Mit gütigen Menschen zu leben, ist wie einen Raum mit Orchideen zu betreten -
        :: Kǒng Fū Zǐ  孔夫子 :: 推手 ::

Muralis

#13
Ihr könnt mir glauben: Die Kleiber gehören weiterhin zu den häufigsten Vögeln Mitteleuropas! Sie sind Standvögel und sind daher von den mannigfaltigen Problemen der Zugvögel nicht betroffen. Und sie leben im Wald und der hat z.B. in Österreich von 44% zu meiner Schulzeit auf jetzt irgendwas mit 50% ZUgenommen.

Zu berücksichtigen wäre dabei  freilich, dass die Qualität des Waldes stetig abnimmt. Immer wieder werden alte, naturnahe Bestände abgeholzt und durch oft standortfremde Monokulturen, die raschen Ertrag versprechen (aber nicht halten können), ersetzt. Das ist dann für den Kleiber ungünstig, der weniger leicht Bruthöhlen findet.

Ich habe ja etliche Jahre Futterstellen in diversen Wäldern betreut und dort dann mit dem Tarnzelt Vögel fotografiert. In den sehr naturnahen Hangwäldern der Wachau oder in alten, naturnahen Auwäldern an der Donau wimmelt es geradezu von denen.

Aber auch in halbwegs intakten städtischen Parkanlagen mit älterem Baumbestand gibt es einige Brutpaare. Man muss nur wissen, wie die Vögel ticken, dann findet man sie auch!

Ich möchte den Kleiber keineswegs schlechtreden, er ist ein wirklich fotogener Vogel mit interessanten Verhaltensweisen. Ich habe z.B. Jahre gebraucht, um endlich ein wirklich gutes Bild von einem senkrecht stammab laufenden schönen ♂ zu knipsen  :classic

Aber das ist für einen Universumfilmer ein geringer Aufwand, von dem kann man schon deutlich mehr erwarten, vor allem auch dass er seltenere und damit spannendere Arten filmt. Ich habe selber einen Freund, der für Universumfilmer gearbeitet hat. Der hat definitiv andere Ansprüche an seine Arbeit!

Nächsten Dienstag gibt es eine vielversprechende Universum-Doku: Da werden wir erfahren, wie es den Slowenen gelingt, mit 3000 Bären in ihrem kleinen Land entspannt umzugehen. Einen kurzen Vorabbericht hat es gerade im ORF gegeben. Wir Österreicher haben perfekt gezeigt, wie man es bei den Bären nicht macht.

Rüdi

Super-Bild! hier gibt es ja immer die Zählung der Wintervögel und Gartenvögel durch den NABU.
Die Sichtung an den Futterplätzen kommentiert der NABU so:
ZitatAlle anderen Meisenarten wurden nämlich ebenfalls deutlich weniger als 2020 gesichtet. Wie bereits im sehr milden Winter 2017 machten sich viele typische Futterplatzbesucher rar, neben Meisen und Schwanzmeisen auch Kleiber, Gimpel und Kernbeißer. Das sind alles Arten, deren Winterbestände auf den Zuzug von Artgenossen aus dem Norden angewiesen sind. Dieser ist im bis kurz vor der Zählung europaweit sehr milden Winter wohl teilweise ausgeblieben.
Mit gütigen Menschen zu leben, ist wie einen Raum mit Orchideen zu betreten -
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