Artenbestimmung bei Ophrys

Begonnen von neil, 13.Jan.20 um 20:33 Uhr

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orchis pallens

Meintest Du widersinnig, Walter?
Blumen sind das Lächeln der Erde

Berthold

Walter, viele Ophrys-Blüten sind ganz einfach zu bestäuben. Das schaffen sogar Hummeln, die nur von der Blütenfarbe angelockt werden und mal in die Blüte hinein schauen.
Das schafft man mit einem normalen Bleistift in etwa 5 Sekunden.
Da gibt es also nichts, was genau aufeinander passen muss.

Das bedeutet jedoch nicht, dass viele Arten zu 90% von einer Insektenart bestäubt werden. Aber das reicht nicht aus, um die Art exakt nach dem Bestäuber zu definieren.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

walter b.

Du sitzt da einem grundlegenden Irrtum auf: Die Arten werden nicht nach dem Bestäuber beschrieben. Viele Arten kann man auch optisch sehr gut unterscheiden, so wie wir beispielsweise unsere vier bzw. fünf heimischen Arten. Es hat nur jede Ophrys-Art "ihre" eine Bienenart, deren Weibchen sie mit dem nachgeahmten Pheromoncocktail soweit nachahmt, dass die Männchen dieser Art aus der Umgebung angelockt werden, auf der Blüte landen und durch die Kombination mit den taktilen Reizen so stark täuscht dass diese intensive Kopulationsversuche durchführen, bis sie die Pollinien entnehmen. Die Täuschung muss dann sogar ein zweites Mal funktionieren, denn es muss dasselbe Männchen nochmals auf eine weitere Blüte derselben Art "hereinfallen", sonst kommt es zu keiner Bestäubung.
Es gibt einige Arten die sich einen Bestäuber teilen, die dürfen halt nicht zusammen vorkommen. Tun sie in der Regel auch nicht.
Es gibt sogar Arten wo der Bestäuber noch nicht bekannt ist, die aber aufgrund ihrer Merkmale als eigenständige Arten erkennbar sind.

ZitatDas schafft man mit einem normalen Bleistift in etwa 5 Sekunden.
Du vergisst dass es weniger um Geschwindigkeit denn um Treffsicherheit geht und die Bienenmännchen nicht dort landen um wissentlich die Blüte zu bestäuben, sondern dass sie dazu getäuscht werden.

ZitatDas schaffen sogar Hummeln, die nur von der Blütenfarbe angelockt werden und mal in die Blüte hinein schauen.
Hummeln werden von einer Ophrys-Blüte nicht angelockt, weil die sich nichts davon erwarten, sich auf eine artfremde Biene zu setzen.

ZitatMeintest Du widersinnig, Walter?
Ja. meinte ich.
Aus welchem Grund verlegst Du Dich jetzt darauf, meinen Schreibstil zu korrigieren?

Berthold

Aber Walter, selbstverständlich werden Hummeln auch von Ophrys-Blüten angelockt. Warum sonst sollten sie die Blüten anfliegen?
Ich habe es mehrmals hier im Garten beobachtet.
Hummeln fliegen alles an, was bunt ist.
Hummeln suchen auch in einem Dactylorhiza-Blütenstand jede einzelne Blüte ab.
Ich habe nicht gesagt, Arten werden nach Bestäubern beschrieben, sondern bestimmt.
Aber das funktioniert nicht bei Selbstbestäubern und bei Fremdbestäubern nur zu einen bestimmten %-Satz.
Aber ein Bestimmungsschlüssel muss eindeutig sein. Der Bestäuber kann nur ein zusätzliches Artenmerkmal sein wie z. B. die Blütenfarbe oder die Pflanzengrösse.
Es gibt eben Arten, die von mehreren Bestäubern bestäubt werden und es gibt Bestäuber, die mehrere Arten bestäuben.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

walter b.

Aber es gibt eben auch Arten die nur von einem Bestäuber bestäubt werden. Denn nur so ist sicher gestellt dass sie als Arten erhalten bleiben.

Hummeln fliegen Dactylorhiza-Blüten an, weil diese ihnen mit ihren Spornen nerktarspendende Blüten vorgaukeln.
Und Anfliegen ist etwas Anderes als eine Pseudokopulation mit Entnahme der Pollinien durchzuführen.
Nur zum geringen Teil muss man bei der Bestimmung auf den Bestäuber zurückgreifen, in den allermeisten fällen reichen andere Merkmale. Dennoch kann man jeder Art einen bestimmten Bestäuber zuordnen.
Aber wo steht dass ein Bestäuber kein Bestimmungsmerkmal sein darf? Das Einzige ist es sowieso nie.

Berthold

Zitat von: walter b. am 12.Feb.20 um 01:36 Uhr
Aber es gibt eben auch Arten die nur von einem Bestäuber bestäubt werden. Denn nur so ist sicher gestellt dass sie als Arten erhalten bleiben.

Ja, das liegt vermutlich auch daran, dass es nur ein Insekt in der Gegend gibt.

Eine Pflanze, die sicherstellt, dass die Art erhalten bleibt, wird bald aussterben, denn das Prinzip der erfolgreichen Evolutionsentwicklung basiert auf einer gewissen genetische Variationsbreite. Ein Negativbeispiel ist Wollemia.

Die Orchideen haben diese Variationsbreite erweitert, indem sie sehr viele Samen produzieren. Von diesen Samen kann sich jeder einzelne von dem anderen etwas genetisch unterscheiden. So kann die Pflanze ihre Umgebung (Bodenbeschaffenheit, Feuchtigkeit, Beleuchtung, Fress- und Infektionsfeinde oder Bestäuber) nach dem Prinzip Versuch und Irrtum besser ausloten.

Wir kennen diese Variationsbreite aus den in vitro Aussaaten. Die Sämlinge variieren teils erheblich in ihren optisch erkennbaren Eigenschaften.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

walter b.

ZitatJa, das liegt vermutlich auch daran, dass es nur ein Insekt in der Gegend gibt.
Das kannst Du doch selber nicht glauben!

ZitatEine Pflanze, die sicherstellt, dass die Art erhalten bleibt, wird bald aussterben, denn das Prinzip der erfolgreichen Evolutionsentwicklung basiert auf einer gewissen genetische Variationsbreite.

Und so sind schon 99,9% der Arten inzwischen ausgestorben. Die wenigsten heute lebenden Arten sind besonders alt.

ZitatDie Orchideen haben diese Variationsbreite erweitert, indem sie sehr viele Samen produzieren.

Genau, und deswegen reichen wenige Besuche der genau passenden Insekten um eine oder wenige Kapseln pro Standort zu produzieren, die die Erhaltung der Art ermöglichen. Genau deswegen können sich manche Orchideen so spezialisieren. Und machen es eben auch. Ein exklusiver Bestäuber ist ein Weg und die Ragwurzen haben ihn gewählt. Mit nicht so geringem erfolg, wie ich finde.

ZitatWir kennen diese Variationsbreite aus den in vitro Aussaaten. Die Sämlinge variieren teils erheblich in ihren optisch erkennbaren Eigenschaften.

Das müssen sie auch. Die Blüten müssen das passende Insekt ja mindestens zwei Mal täuschen um eine Bestäubung zu erreichen und so Erfolg zu haben.

Berthold

Vergleichen wir 2 Pflanzen:

Eine Pflanze hat grosse Blüten, eine andere kleine Blüten. Beide werden vom selben Bestäuber bestäubt.
Sind es zwei oder sind es eine Art?

Zwei Pflanzen habe optisch identisch ausschauende Blüten, werden aber von 2unterschiedlciehn Bestäubern bestäubt.
Sind es zwei oder sind es eine Art?

Man kann diese Überlegungen auf beliebig viele Merkmale ausweiten, muss dann aber eine Gewichtung der einzelnen Merkmale durchführen, um überhaupt zu einem Ergebnis zu kommen.
Die Gewichtig ist aber mehr oder weniger willkürlich.

Welches Gewicht würdest Du dem Bestäuber geben und welches Gewicht der Länge der Petalen und der Länge und Breite des Anhängsels an der Lippe und welches der Form oder Farbe des Males auf der Lippe?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

walter b.

ZitatEine Pflanze hat grosse Blüten, eine andere kleine Blüten. Beide werden vom selben Bestäuber bestäubt.

Werden sie eben nicht weil ein kleinerer Bestäuber nicht in eine größere Blüte passt. Er findet keinen ordentlichen Halt und wird sicher auch nicht mit dem passenden Pheromon angelockt. Dadurch kommt es nicht zur nötigen Pseudokopulation.
Nur kurz auf der Blüte irgendwie irgendwo landen reicht nicht.

Berthold

Zitat von: walter b. am 12.Feb.20 um 13:45 Uhr
ZitatEine Pflanze hat grosse Blüten, eine andere kleine Blüten. Beide werden vom selben Bestäuber bestäubt.

Werden sie eben nicht weil ein kleinerer Bestäuber nicht in eine größere Blüte passt.

Walter, es ist eine schwache Ausrede. Um eine Ophrys-Blüte zu bestäuben muss man nicht völlig hinein krieche, es recht den Kopf hinein zu stecken. Das kannst Du selber testen, aber bei Dir reicht der kleine Finger.

Aber nimm eine Blüte mit grüner Lippe und eine mir roter Lippe.
Jetzt muss Du Dir eine neue Ausrede einfallen lassen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

walter b.

Das ist keine Ausrede, das stellt sich nach diversen Forschungsarbeiten so dar. Dass Du davon keine Ahnung hast brauchst Du nicht mir anzulasten.

Berthold

Zitat von: walter b. am 12.Feb.20 um 20:35 Uhr
Das ist keine Ausrede, das stellt sich nach diversen Forschungsarbeiten so dar. Dass Du davon keine Ahnung hast brauchst Du nicht mir anzulasten.

Doch, Walter, ich habe davon etwas Ahnung, nämlich durch eigene Beobachtungen. Diese widerlegen eindeutig die Schüsse von Hannes Paulus.
Es ist schlicht grober Unfug, dass alle Ophrys-Hybriden durch künstliche Bestäubung durch Menschen entstanden sind.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

orchis pallens

Ich habe die Beobachtung im Garten ja auch gemacht, Berthold, dass dieselbe Solitärbiene wie verrückt unmittelbar hintereinander 2 verschiedene Ophrys Arten besucht hat.

Und die ganzen stabilen Hybridpopulationen, aus denen neue Arten entstanden sind, sind ja auch  nicht von Menschenhand gemacht. Z. B.: Benacensis vom Südalpenrand und holubyana aus den Weisskarpaten.

Ich halte auch nichts von der Theorie, Arten nur nach Bestäubern zu definieren obwohl ich, wenn ich Pflanzen erwerbe, den Namen auf das Etikett schreibe, unter welchem ich diese bekommen habe. Die Unterschiede zwischen ähnlichen ,,Arten" sind wirklich minimal. Es sei dahingestellt, ob sie nun als Unterart oder Varietät zu bezeichnen sind.

Beim Menschen stellt man die Rassentheorie infrage, obwohl es wirklich signifikante äußere Unterschiede gibt und bei fast identischen Ragwurzen definiert man immer wieder neue Arten. Von den Nigritella, Epipactis und Dactylorhiza ganz zu schweigen...
Blumen sind das Lächeln der Erde

Berthold

Zitat von: Tobias am 12.Feb.18 um 20:15 Uhr
Hier hab ich nun auch eine Ophrys normanii. Bisher eine der schönsten Ophrys bei mir. Eine zweite Pflanze ist noch nicht so weit. Aber diese hier trieb auch schon letzten Juli aus.
Nachdem was ich gelesen habe soll Ophrys normanii wohl keine Hybride sein, sondern eine eigenständige Art die nur Dank selbem Bestäuber Ophrys chestermannii ähnelt.

Bestäuber als Bestimmungsmerkmal sollten wir nicht so ernst nehmen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

walter b.

Wieso? Natürlich sollten wir das! Wenn zwei Art denselben Bestäuber anziehen wollen müssen sie natürlich gewisse Ähnlichkeiten entwickeln. Das ist mehrfach bei entfernt verwandten Ophrys passiert.