Nährboden aus Stammlösungen

Begonnen von Claus, 23.Mär.09 um 14:58 Uhr

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Claus

Jeder, der mal selbst Nährböden angesetzt hat, scheut irgendwie den Aufwand zum Abwiegen der einzelnen Komponenten. Ich habe ja deshalb schon die Spurenelemente und B-Vitamine jeweils in Stammlösungen zusammengestellt, von denen ich dann pro Liter Nährboden z.B. nur 0,5 bzw. 1 ml der Lösung einsetzen muss. Mit einer Spritze geht das dann ganz schnell.

Diese Idee hatte ich auch ganz zu Beginn meiner Aussaaten, machte dabei aber auch gleich einen Denkfehler. Denn Calciumverbindungen und lösliche Phosphate lassen sofort Calciumphosphat ausfällen, und da ist es mit einer solchen Stammlösung sofort Essig.

Also, den Idealfall eines vollständig gelösten Nährbodens, von dem man dann nur noch soundsoviele Milliliter dosieren muss, kann es leider nicht geben.

Zur Zeit - ich muss dringend neuen Umlegeboden herstellen - überlege ich dennoch, ob man denn mit mehreren Stammlösungen arbeiten kann. Ich bringe hier mal meine Rezeptur im Anhang weitgehend in Form von Stammlösungen.

Natürlich lässt sich tert. Calciumphosphat nicht als Stammlösung einsetzen, es ist ja fast gar nicht löslich. Man könnte es natürlich in einer Lösung durch Calciumnitrat ersetzen und dafür mehr Kaliumphosphat in einer anderen Lösung einsetzen; das würde aber die Rezeptur deutlich verändern.

Im Anhang habe ich die Rezeptur mal für 10 Liter Nährboden zusammengestellt.

Jetzt ist wieder einmal das Forumprogramm abgestürzt, und der Rest fehlt.

Warum kann ich eigentlich keine Excel-Dateien anhängen? Ich muss immer erst in Word umkopieren, und dabei flog ich dann raus. Man kann aber in Word die rechnerischen Verknüpfungen nicht nachvollziehen.

Die nicht löslichen Komponenten wie Ca-Phosphat und natürlich Zucker, Kohle, Agar müssen abgewogen werden. B-Vitamine und die Lösung mit den Aminosäuren müssen zur Lagerung eingefroren werden.

Für die Eisenverbindung habe ich eine gesonderte Lösung vorgesehen, weil Eisen oft Ausfällungen verursacht.

Diskussion erwünscht. Das Verfahren ist noch nicht erprobt!!!

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

pierre

#1
Hallo Claus,
warum so kompliziert, in diese Lösung sind alle drin, fertig gemischt

AMINOVEN 3.5% GE - 6X1000 ML Wirkstoffe:  Äpfelsäure 7 mg
Glycin 11.6 g
Arginin 13.8 g
Acetylcystein 1.4 g
Gesamt-Aminosäuren 150 g
Kaliumhydroxid 2 g (85%)
Isoleucin 5.7 g
Phenylalanin 6.2 g höchstens
Glucose, wasserfrei zur parenteralen Anwendung 12.5 g 80-120 mg
Glucose-1-Wasser zur parenteralen Anwendung 13.8 g
Lysin 9.9 g
Lysin hydrochlorid 2.9 g
Magnesium chlorid 0.3 g
Magnesium chlorid-6-Wasser 101.7 µg (Verdünnungsmittelbeutel)
Valin 6.2 g
Calcium-Ion 1 µmol höchstens
Natriumchlorid 2.3 g (36%)
Histidin 6.6 g
Leucin 9.9 g
Prolin 13.8 g
Threonin 6.9 g
Zinkchlorid 5 mg
Serin 8.9 g
Tyrosin 900 mg
Calciumchlorid 0.2 g
Calciumchlorid-2-Wasser 147 µg
Chlorid-Ion 38.5 mmol höchstens
Glycerol-1(2)-dihydrogenphosphat-Gemisch der Dinatriumsalze 3.2 g
Tryptophan 1.8 g
Magnesium-Ion 0.5 µmol
Zink-Ion 0.04 mmol
Natrium-Ion 38.5 mmol höchstens
Taurin 0.4 g
Wasser für Injektionszwecke 1 l (Suspensionsmittelampulle)
Methionin 4.2 g
Kalium-Ion 4.5 mmol höchstens
Alanin 21.5 g
Glycerolphosphat-Ionen 15 mmol
Gesamt-Stickstoff 23.6 g


Claus

Hallo Hakone,

nein, tut mir leid, ist völlig ungeeignet. So einfach ist es eben nicht.
Grüße
Claus
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Carsten

Das Arbeiten mit Stammlösungen ist schon paraktisch und lohnt sich auf jeden Fall, wenn man regelmäßig auassät.
Für Orchideen hatte ich nur den BM Nährboden für Cypripedien als Stammlösung angesetzt, das waren ungefähr 6 Flaschen: organische Stoffe, 2 x Salze, Eisenchelat, Vitamine, Mikronährstoffe.
Für Bakterien hatte ich auch Zucker (50x)und Agar (als Wasseragar in doppelter Konzentration)im Regal stehen. Und natürlich steriles Wasser. Für Orchis kannst Du den Agar sicher auch 5x konzentrieren. Muß eben vor Gebrauch vorsichtig in der Mikrowelle gelöst werden.

Grüße, Carsten

Claus

Nach Diskussion mit Carola stelle ich jetzt die gezipte Excel-Version der Rezeptur ein, dann kann man besser die rechnerischen Verknüpfungen sehen und ggf. Fehler finden.

Ja, funktioniert. Carola  :thumb :blume :thumb

Grüße
Claus
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Claus

Ich vermute mal, dass es bei der gewählten Kombination von Magnesiumsulfat und Calciumnitrat in einer Lösung und der relativ hohen Konzentration zur Ausfällung von Calciumsulfat = Gips kommen wird.

Also noch nicht versuchen! Ich teste zur Zeit eine andere Möglichkeit, bei der auch auf das tert. Ca-Phosphat verzichtet werden kann.

Viele Grüße
Claus
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Claus

Heute habe ich noch einmal gerechnet und biete jetzt die im Anhang gezippte Rezeptur an. Sie hat den Vorteil, dass das tert. Calciumphosphat durch mehr Calciumnitrat und mehr Kaliumdihydrogenphosphat ersetzt wird und damit ein weiterer Feststoff vermieden wird. Leider kann ich Calciumnitrat, Magnesiumsulfat und Kaliumdihydrogenphosphat nicht irgendwie in weniger Lösungen vereinen, es würde immer einen Niederschlag geben. Ich habe die evtl. kritische Lösung Nr. 4 eingefroren und wieder aufgetaut, sie bleibt völlig klar.

Der Unterschied, bezogen auf 1 Liter sieht wie folgt aus:

Calcium vorher 75 mg, jetzt 61 mg
Kalium vorher 96 mg, jetzt 86 mg
Phosphat vorher 201, jetzt 210 mg
Nitrat vorher 175, jetzt 189 mg

Diese Differenzen sind nicht der Rede wert, weil es ohnehin gegriffene Mengen waren.

Alle Lösungen sollten zur Aufbewahrung unbedingt eingefroren werden, Nitrate, Phosphate, alle organischen Stoffe sind Nährböden für Mikroorganismen. Denkt dran, zum Einfrieren keine Glasgefäße nehmen. Das KH2PO4 löst sich in der angegebenen Menge gerade so auf. Auch die 200 mg Eisensalz lösen sich gerade auf. Zum Lösen dest. Wasser nehmen, bei hartem Leitungswasser gibt es sonst Fällungen.

Wichtig: Es werden z.B. nicht 2,5 g KH2PO4 genommen und in 20 ml dest. Wasser gelöst. Das Salz hat ja ein eigenes Volumen. Man löst z.B. in 16-17 ml auf und ergänzt die noch fehlende kleine Menge bis 20 ml.

Wenn erst einmal die Stammlösungen fertig sind, geht das Kochen des Nährbodens wirklich ruck-zuck.
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Greenruck

Hallo Claus,

könnte man die erforderlichen Aminosäuren durch eine andere handelsübliche A-Säure-Mischung (z.B. vom Tierarzt) ersetzen. Hättest Du einen Tip? Was erwartest Du bei der Verwendung von Aminoven ( Vorschlag von Hakone, welche Inhalte würden hier stören?)
Ich hatte kürzlich ein Gespräch mit einem Veterinär zu dem Thema, habe leider den Namen bzw. die Bezeichnung des Präperates vergessen. Werde mal nachfragen, der Tierarzt kommt wohl morgen nochmals zu uns in die Station.
In dieser Lösung sind ( sollen )so gut wie keine anderen Mineralien( sein).
Weiterhin, hat jemand einen Tip wo man etwas Eisenchelat herbekommt?
Danke!
VG
Steffen

Claus

Hallo Steffen,
das Problem bei Aminoven ist das Durcheinander der einzelnen Komponenten. Von einigem ist viel zu viel, z.B. NaCL, von anderem zu wenig, vieles fehlt. Der Aufwand, die fehlenden Stoffe zu berechnen und dann einzusetzen ist unglaublich hoch. Das kann doch keinen Sinn machen, ein Medikament einzusetzen, das für die Anwendung völlig unvollständig ist, nur weil einige Stoffe darin brauchbar sind.

Mir ist völlig klar, dass die Beschaffung der Aminosäurelösung schwierig ist, wenn man keine Quelle dazu hat. Evtl. kann sie auch durch entsprechend mehr Caseinhydrolysat ersetzt werden, aber dazu liegen keine Ergebnisse vor, das muss jeder selbst ausprobieren.

Ich könnte nur empfehlen, es mal mit Aminosäure-Gemischen zu versuchen, die in den Muckibuden verkauft werden, nach Möglichkeit ohne Geschmacksstoffe. Allerdings sind da immer Konservierungsmittel drin, und meine Erfahrungen mit Konservierungsmitteln in Nährböden sind schlecht.

Ansonsten gibt es natürlich sehr viele Aminosäure-Präparate im Medizingeschäft, sicher auch für den Veterinärbereich.

Statt dieses Eisenchelats selbst kann man auch Eisen-II-sulfat plus EDTA-Na-Salz einsetzen. Die Chelatisierung ist aber sehr wichtig, weil sie auch Auswirkungen auf die anderen Spurenelemente hat.

Viele Grüße
Claus
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winwen

Zitat von: Greenruck am 25.Mär.09 um 21:28 Uhr
Weiterhin, hat jemand einen Tip wo man etwas Eisenchelat herbekommt?
Danke!
VG
Steffen
Ja, den Tipp gebe ich gerne weiter: Es gibt von Compo (offenbar eine Vertriebsmarke von Bayer) das Produkt "Fetrilon", das ist reines Eisenchelat. Du bekommst es u.a. bei Obi oder kannst es auch beim Schneckenprofi bestellen.
Ich selbst verwende Compo Pflanzen-Vital (vollständiger Spurenelemente-Dünger auf Chelatbasis)

Gruß
Erwin

Berthold

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Die Rezeptur aus Stammlösungen wurde nochmals etwas verändert.

Unter dem Gesichtspunkt, dass ein asymbiotisches Medium zumindest alle Elemente enthalten sollte, welche die Pflanzen höchstwahrscheinlich benötigen, habe ich 20 mg/l NaCl zugesetzt und damit Natrium als eine Art Spurenelement berücksichtigt. Die Wechselwirkungen zwischen Kalium, Natrium, Calcium und Magnesium in lebenden Zellen sind bekannt, und es könnte sein, dass ein Fehlen des Natriums Hemmungen des Wachstums auslöst. Natrium wird auch in einigen Rezepturen der Literatur eingesetzt, z.B. bei Kohls/Kähler "Orchideen im Garten" auf Seite 30.

Dort wird auch Pantothensäure als weiteres B-Vitamin eingesetzt, das habe ich jetzt der Stammlösung B-Vitamine in Form von Ca-Pantothenat zugesetzt. Man muss dabei aufpassen; denn offenbar ist das Präparat leicht sauer, der pH-Wert der Vitaminlösung stellt sich auf 4,8 ein. Zunächst löst sich das Salz ganz leicht auf, dann fallen Flocken aus. Durch Messen des pH-Wertes war mir klar, dass dieser Wert für die enthaltenen Vitamine viel zu sauer ist, und ich habe mit 2n-Kalilauge (80 g/l) den Wert wieder über 8 gestellt, bei dem wieder ein klare Lösung auftritt.

Zu beachten ist auch, dass durch das Einfrieren der Stammlösung 4 nach dem Auftauen zunächst ein paar kleine Kristalle ausgefallen sind. Diese lösen sich aber beim Erwärmen auf Raumtemperatur vollständig auf. 

In diesem Zusammenhang fiel mir ein Kopierfehler in der bisherigen Rezeptur auf, der die Konzentration der B-Vitamine betrifft und den ich korrigiert habe.

Mir ist natürlich klar, dass die Rezeptur sehr komplex ist und sie nur von wenigen nachgestellt werden kann. Andererseits ist sie sehr gut, und es schadet wohl kaum, sie hier zur Verfügung zu stellen.

Die Rezeptur hänge ich wieder in gezipter Form an.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Charlemann

Hallo Claus,

vielen Dank für die Rezeptur.
Du benutzt sie aber schon auch zur Aussaat hoffe ich.
In der Datei steht als Überschrift "Medium nach Bernert zum Umlegen".
Oder hast Du da kleinere Veränderungen in der Rezeptur die Du uns lieber vorenthalten möchtest? grins

Claus

Hallo Michael,
nein, die Rezeptur benutze ich in der Grundrezeptur auch zur Aussaat. Der Zuckergehalt beträgt in beiden Fällen 20 g/l, ich habe keine Unterschiede zwischen 10, 15 und 20 g/l feststellen können. Zur Zeit koche ich gerade wieder Umlegemedium, wobei sich herausgestellt hat, das die in der Rezeptur angegebene Kombination von Kartoffelextrakt, Ananas und Kokoswasser für die meisten Arten das Optimum ist. Dies immer unter der Voraussetzung, dass das Verhältnis dieser 3 Additive nicht optimiert wurde, das schaffe ich nicht.

Zur Aussaat gibt es aber ein paar Ausnahmen:

Bei der Aussaat verwende ich natürlich auch synthetische Hormone wie z.B. IAA und BAP. Insbesondere die Kombination von 0,2 ppm BAP und 10% Kokoswasser hat sich ja bisher als einziges geeignetes Medium für Calypso gezeigt. Auch bei anderen schwierigen Arten ist es die richtige Kombination. Bei der letzten Runde habe ich auch die Kombination von Kinetin und IAA benutzt (die allerdings auch zum Umlegen). Zur Zeit läuft auch ein Versuch mit 0,05 / 0,1 und 0,2 ppm Thidiazuron.

Es gibt Hinweise, dass in einigen Fällen p-Aminobenzoesäure notwendig sein soll. Ich werde heute so ca. 10 Gläsern auch diesen Stoff zufügen. Und eine Kokosnuss habe ich gerade geschlachtet.

Die heutigen Umlegeböden sollen dazu dienen, einen Großteil der Sämlinge zu retten, die noch in Gläsern mit dieser modifizierten Malmgren-Rezeptur und der Steele-Rezeptur bzw. P-6668 stecken. Da hatte sich ja herausgestellt, dass Malmgren zur Aussaat sehr gut, aber zum Umlegen nicht besonders geeignet ist, es sei denn, man fügt recht große Mengen an Kokos, Ananas oder Kartoffel zu. Aber das wusste ich 2006 noch nicht.

Du weißt, dass ich keine Geheimnisse bei den Nährböden habe, weil ich keine Geschäftsinteressen habe.

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)