Naturentnahmen?

Begonnen von Ruediger, 13.Mär.10 um 16:03 Uhr

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Ruediger

Hallo,

evtl. kann mir hier jemand Auskunft geben.
Es gibt bei Importen von verschiedenen Händlern gerne den Zusatzt Naturentnahme.
So hatte ich schon einmal eine Phal. venosa erhalten.
Ansonsten bisher meines Wissens nur Nachzuchten.

Sind dies echte Naturentnahmen oder Arten, die wie in der Natur aufgezogen wurden. Z.B. Pflanzen aus Samennachzucht die in Plantagen an Bäume im freien gesetzt wurden.
Und dann nur als solche deklariert werden um die härteren Aufzuchbedingungen zu signalisieren.
Die Pflanze sah schon ramponierter aus als meine sonstigen Käufe.
Ich neige ja eher zu letzteren Annahme, d.h. keine reine Wildform.

Ich dachte Cites läßt keine echten Sammlungen (und Handel) aus der Natur zu?
Beste Grüße

Rüdiger

Greenruck

Hallo,

Naturentnahme bedeutet in der freien Wildbahn gesammelt und nichts anderes.
Unverständlich, nach Artenschutzabkommen eigentlich undenkbar. Von welchem Land kamen denn die Pflanzen. Und wer würde auch noch drauf schreiben, das er gegen Gesetze verstößt.
Und zu Deiner Frage, wenn Du vor Ort mal in solch einer Orchideengärtnerei in einem Ursprungsland gewesen bist, da hängt alles in den Bäumen bzw. im Freien nur unter Regen - und Sonnenschutz. Ich bin zwar auch nicht mehr auf dem Laufenden, was Importe angeht, aber eventuell hat jemand noch eine Bemerkung dazu.

Steffen

Lisa.

Schön, dass jemand fragt.
Zu dem Thema habe ich auch schon relativ erfolglos gesucht. Gefunden habe ich lediglich, dass Orchideen nicht ohne behördliche Genehmigung der Natur entnommen werden dürfen. Wie es aber zu solchen Genehmigungen kommen kann...  :ka

Bei Phalaenopsis habe ich öfters den Zusatz "Naturentnahme - wild taken" gelesen.  :ka
Grüße
Lisa

AndiL

Also es gibt wohl 2 Punkte zum trennen.

Einmal die Entnahme aus der Natur, nationale Behörden.

Zum Anderen dann der internationale Handel, das regelt die Cites.




Manne

Es gibt Leute welche hoffen, bei einer Naturentnahme könnte mal eine besondere Form oder gar eine neue Art bei sein.
Ist wohl auch schon vorgekommen.
Ist also eine spezielle Werbung. Ob es dann stimmt, sei dahin gestellt.

Solanum

Also meines Wissens sind das tatsächlich Naturentnahmen, oft werden sie nichtmal als solche deklariert, man sieht es dann nur daran, daß da Äste im Wurzelwerk hängen. Soweit ich gehört habe, können lokale Orchideenhändler die Verbote umgehen, weil sie von den dortigen Behörden die erforderlichen Papiere für Naturentnahmen kriegen (da ja die Wälder eh abgeholzt werden, oder einfach so, keine Ahnung), und wenn die Papiere ok sind, können die Pflanzen ja in ein deutsches Wohnzimmer kommen.  :ka

Peter

ich kenne ein wenig die Verhältnisse in Südostasien.

Es wird nach wie vor sehr viel Primärwald abgeholzt, natürlich lokal genehmigt.
Z. B. auf Borneo werden in diesen Jahren in großem Umfang Flächen für Palmölplantagen und zum Anbau von Reis geschaffen. Weil man im malaysischen Borneo unabhängiger von Reiseinfuhren werden möchte und weil man mit Palmöl anscheinend viele Devisen erwirtschaften kann. Jedes Jahr sind dort mehr Flächen an zerstörtem Urwald erkennbar. Das nennt sich sinnigerweise clearing.

Die Orchideen an den gefällten Bäumen werden abgesammelt, sicherlich mit behördlicher Genehmigung. Sie gehen dann über Sammelstellen an Gärtnereien / Händler dort. Diese exportieren sie. Ganz legal, mit CITES. Solche Herkunft heißt hier dann m. E. "Naturentnahme".
So erkläre ich mir auch, warum hier Naturformen in dieser unglaublichen Vielfalt angeboten werden. M. E. sind die sämtlich nicht künstlich vermehrt. Es gibt einige Gärtnereien in Südostasien, v. a. in Taiwan und Thailand, die  Arten aus Samen nachziehen.

Naturformen haben dort übrigens etwa den selben Stellenwert wie hier: Hybriden sind doch viel schöner! Nur Sammler von Seltenem, und damit Wertvollem, aus China und Taiwan, kaufen Naturformen. Und Orchideenliebhaber und -freunde aus Amerika und Europa.

Gruß
P.
Grüße
P.

Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von Jedem! (Karl Valentin)

Phil

Um es mal klar zu stellen. CITES ist kein Gesetz zum Schutz der Tiere/Pflanzen. Das Ganze ist ein riesiger, aufgeblähter Verwaltungsapparat der, wie Andreas schon schrieb, den internationalen Handel regelt. Die haben mit Naturschutz und Arterhaltung nichts am Hut. Eigentlich sorgen die mit ihren Bestimmungen, dass die Arten noch eher ausgerottet werden.

Ich persönlich halte Naturentnahmen, in einem gemäßigten Rahmen, für völlig ok.
Man muss sich mal vor Augen führen wie viele Personen überhaupt bereit sind Naturentnahmen, für evtl. viel Geld, zu kaufen? Diese dann mühsam zu päppeln und nach zig Jahren zum Blühen zu kriegen? Davon gibt es in Deutschland wohl nur eine Hand voll.
Es ist doch sowieso paranoid, dass es verboten ist Naturentnahmen zu machen, wenn aber der Regenwald abgeholzt wird und dabei alle möglichen Epiphyten verbrannt werden, es strafbar ist diese zu retten. Völliger Humbug.
Die Sesselfurzer von der CITES haben keine Ahnung was ihre (schlechte) Gesetzgebung für Auswirkungen hat.

Des Weiteren bringen Naturentnahmen immer wieder frisches Genmaterial zu den seit Jahrzehnten durch Inzucht vermehrten Kulturen. Über diese Problematik habe ich mich letztes Jahr mit Herrn Junginger unterhalten. Er hat schon des öfteren Probleme, dass ganz viele Angraecoide aus ein und der selben Linie stammen und Bestäubungsversuche dadurch scheitern oder nur tauber Samen dabei rumkommt.
Der Verstand und die Fähigkeit, ihn zu gebrauchen sind zwei verschiedene Gaben.
Franz Grillparzer

Charlemann

Angeblich soll es Händler geben die eine Erlaubnis haben Pflanzen vor Rodungen der Natur entnehmen zu dürfen. Das Widerspricht aber dem Naturschutzgesetz (Klingt komisch, ist aber so).
Das hat mir selber mal ein Händler gesagt (hörte sich auch sehr glaubwürdig an). Aber ich wusste damals schon das er mich angeflunkert hat.
Naturentnahmen sind grundsätzlich verboten.

Im Prinzip muss ich aber Phil vollkommen beipflichten.
Wenn zu einem gewissen Prozentsatz gewährleistet ist, das durch die Kultur bei einem Liebhaber oder Züchter die Art bei ihrem Überlebenskampf noch unterstützt wird, halte ich dies auch für angemessen.

Das soll jetzt nicht heissen, das alle in den Wald laufen und sämtliche Orchideen ausbuddeln weil sie dort falsch stehen.
:tsts

Berthold

Zitat von: Charlemann am 13.Mär.10 um 20:45 Uhr
Naturentnahmen sind grundsätzlich verboten.

Das heist, sie sind ohne Genehmigung verboten.
In meinem Garten kann ich so viele Calypso ausgraben wie ich will. Wenn ich aber mit ihnen handeln will, muss ich bei den Behörden sehr viel Überzeugungsarbeit leisten, um die Genehmigung zu bekommen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Charlemann

Zitat von: Berthold am 13.Mär.10 um 21:10 Uhr
Zitat von: Charlemann am 13.Mär.10 um 20:45 Uhr
Naturentnahmen sind grundsätzlich verboten.

Das heist, sie sind ohne Genehmigung verboten.
In meinem Garten kann ich so viele Calypso ausgraben wie ich will. Wenn ich aber mit ihnen handeln will, muss ich bei den Behörden sehr viel Überzeugungsarbeit leisten, um die Genehmigung zu bekommen.

Dein Garten zählt ja auch nicht zur Natur.
(Obwohl der ja natürlicher ist als manches Waldstück.)
Wenn Du nachweisen kannst, das Du sie in Deinem Garten vegetativ oder generativ vermehrt hast ist Deine Rechnung die Du ausstellst praktisch ein Cites-Papier.
Oder täusche ich mich da und Du musst vorher dafür Cites-Papier besorgen?
So genau weiß ich das ehrlich nicht.

Lisa.

Zitat von: AndiL am 13.Mär.10 um 16:57 Uhr
Einmal die Entnahme aus der Natur, nationale Behörden.

Ist einleuchtend, schliesslich bestimmen ja auch die Länder darüber, ob z.B. Walfang erlaubt ist.


Eine CITES-Zwischenfrage: Theoretisch hätte ich mir für mein Phragmipedium besseae irgendeinen Beleg von der Gärtnerei ausstellen lassen sollen? Die Floristin hätte wahrscheinlich so  :pill gemacht.
Grüße
Lisa

Charlemann

Zitat von: Moli am 13.Mär.10 um 21:25 Uhr
Theoretisch hätte ich mir für mein Phragmipedium besseae irgendeinen Beleg von der Gärtnerei ausstellen lassen sollen? Die Floristin hätte wahrscheinlich so  :pill gemacht.

Die Rechnung sollte für Dich vollkommen ausreichen.
Das CITES-Rumgetue halte ich auch echt für überholt und überbürokratisch.

Lisa.

Ein Kassenzettel, auf dem "Zimmerpflanze" steht?
Unabhängig davon, was man von CITES hält, man braucht von jedem Paph und Phrag einen Herkunftsnachweis, wenn ich das richtig verstehe.
Grüße
Lisa

Alexa

Zitat von: Charlemann am 13.Mär.10 um 21:33 Uhr
Die Rechnung sollte für Dich vollkommen ausreichen.
Das CITES-Rumgetue halte ich auch echt für überholt und überbürokratisch.

Joa, aber...

Frage ist nur:
Was passiert, wenn dich jemand beim Bundesamt für Naturschutz (oder wie auch immer das heißen mag) anzeigt?
Dann biste nämlich plötzlich nachweispflichtig.

Irgendwie nicht ganz ausgereift diese Cites- Geschichte, das hab ich mir schon öfter gedacht.