Mal wieder Neudohum

Begonnen von Claus, 11.Jan.11 um 12:44 Uhr

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Claus

Heute habe ich nach längerer Zeit mal wieder meine gut 30 Obi-Beete durchgesehen, da fällt einem doch bei diesen vielen Sämlingen das eine oder andere auf.

Obi-Beeete, das sind Plastikkästen von Obi so ca. 30 x 40 cm Größe, die 8-15 cm hoch mit Substrat gefüllt, und deren Grifflöcher von innen mit transparentem Paketklebeband verschlossen sind. Deckel drauf, und schon hat man ein Mini-Gewächshaus mit allerdings hoher Luftfeuchte. Tropische Arten lieben das, Erdorchideen je nach Gattung und Art nicht ganz so sehr.

Man kann die Kästen gut stapeln bis ca. 10 Stück.

Ich habe verschiedene Substrate darin: Neudohum / Seramis 2:1, gekauftes Cypripediensubstrat, aufgedüngten Mix aus Perlite, Bimskies und Seramis. Neudohum-haltige Substrate werden immer zuvor mit Bi 58 frei von Trauermückeneiern gemacht, und die geschlossenen Deckel verhindern das Eindringen von Trauermücken von außen. Dachte ich.  :-D :-D :-D

Als ich heute von einer Kiste den Deckel abnahm, umschwirrten mich sofort jede Menge Trauermücken. Also Deckel drauf, raus auf den Balkon und Deckel öffnen. Es waren hunderte. Durch die Temperaturen nicht viel über dem Nullpunkt wurden sie sofort sehr matt. Im Kasten Sämlinge von O. anatolica, collina und boryi. Ich habe sofort mit Bi 58 gespritzt, weiß aber nicht wie weit die Wurzeln schon geschädigt sind. In den anderen Kästen war alles ok.

Inzwischen habe ich sehr viel Erfahrungen mit Neudohum und neudohum-haltigen Substraten, positive und viele negative.

Neudohum darf nicht austrocknen, weil man es ohne mechanische Behandlung nicht wieder anfeuchten kann.

Neudohum darf nicht zu nass werden, die Sämlinge faulen garantiert. Ich feuchte den Mix immer in der Schiebkarre bis zur Bügelfeuchte an, und die verschlosenen Kästen verlieren die Feuchte nur gaaaanz, gaaanz langsam. Man muss vor einem weiteren Umsetzen eigentlich nie nachfeuchten.

Das Verhältnis Neudohum / Seramis 2:1 ist zu reich an Neudohum. Neudohum ist sehr stark vorgedüngt, und das vertragen Erdorchideen nicht unbedingt gut. Insbesondere für solche Arten, die nur schwache Düngung vertragen, ist so ein Verhältnis Gift. Berthold ist inzwischen bei 20:80 angelangt.

Wofür eignet sich ein Substrat mit viel Neudohum besonders gut? Vor allem für viele Dactylorhizen, insbesondere D. praetermissa, die scheinen den Dünger geradezu zu fressen. Ich vermute auch, dass Neudohum den Stickstoff vor allem in Form von billigem Ammonium enthält, und den mögen Dactys meistens sehr. Dagegen sehe ich deutlich, dass sich die Nigritella nigra mit dem hohen Düngergehalt quälen, sie bilden verformte Triebe, und später faulen sie leicht.

Gut wachsen in solchen Obi-Beeten auch Epiphyten in einem Gemisch aus Neudohum / Seramis 2:1. Ich habe darin Sämlinge von Cattleya bowriniana, Barkeria scandens, Dendrobium pulchellum und Encyclia mariae, am besten wachsen darin Cattleya und Barkeria. Ich habe auch mal einen Steckling von Dendrobium kinginianum hinein gesteckt, der ist jetzt kurz vor der Blüte.  :thumb

Wie verhalten sich die anderen Substrate? Nun, darin habe ich meistens Arten, die nicht wintergrün sind, da sieht man noch nicht viel. Und denen schadet die hohe Luftfeuchte wahrscheinlich. Sehr gut entwickeln sich auf dem gekauften Cyp.-Substrat Spiranthes spiralis.

Ich denke, die oft beschriebene positive Wirkung von Neudohum ist vorhanden. Aber es ist kein Universalsubstrat für alle terrestrischen Arten.

In diesem Jahr werde ich zum Auspikieren einmal Mischungen mit deutlich geringerem Neudohum-Anteil verwenden und dabei parallel dieselben Arten pikieren.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Manne

Das Neudohum etwas zu testen, hatte ich ja auch angesagt.
Das erwähnte Cypripedien Fertigsubstrat bringt unter Zusatz von 10 – 20 % Neudohum sehr gute Ergebnisse bei allen Cypripedium Sämlingen. Die Überlebensrate liegt über 90 %. Es gibt auch keinen Stillstand, die Sämlinge legen sofort los.
Auch die C. reginae 009 von Timm.
Bei erwachsenen Cypris bin ich noch am Testen. Dort arbeite ich mit meinem erprobten Lehm-Sand Gemisch plus 20 % Neudohum. Die ersten Ergebnisse sahen nicht schlecht aus. Dazu nächstes Jahr mehr.
Zu den Knollenorchideen nachher noch etwas.

Uhu

Hallo Claus,

warum hälst Du die Luftfeuchte so hoch? Ich stelle die Töpfe nach dem Entflaschen in Minigewächshäuser, lasse aber die seitlichen Lüftunglöcher offen; nach 2 Tg wird der 1. Dachschieber geöffnet, nach weiteren 2 Tg wird der 2. Dachschieber geöffnet. Nach weiteren 3 Tagen entferne ich das Dach. Funkntioniert bisher mit allen meinen Knollenorchideen gut.

Auspikieren in reines Neudohum funktioniert ebenfalls sehr gut. Mache ich aber nicht mehr, da ich keine Lust habe nach 4 Monaten im Wuchs umzupflanzen.

Gruß Jürgen
Grüße Jürgen

Claus

Hallo Jürgen,
wenn die nur wenige Tage mit offenen Schlitzen stehen, dann ist das Substrat bei unserer niedrigen Luftfeuchte völlig ausgetrocknet und die Pflanzen auch. Und Neudohum lässt sich praktisch nicht mehr gleichmäßig anfeuchten.

Wo hast du die denn stehen?

Viele Grüße
Claus
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Uhu

#4
Moin Claus,

der beste Platz ist am Westfenster, ganz in der Ecke. Dort bekommen sie, auch wenn alle 2 Wochen mal die Sonne vorblinzelt, keine direkten Strahlen ab.

Nebenan stehen in Knospe eine Tolunia und Oncidium ornithorhynchum. Pl. maculatat wird wohl nicht mehr zur Blüte kommen. Der kleine grüne Knubbel dürfte der Neutrieb sein. Zimmertemp. kühl/temperiert. Extremes Austrocknen des Neudom muss sicherlich vermieden werden. Das reagiert ansonsten wie trockener Torf. Ausgleichend für den Feuchtigkeitshaushalt wirkt das zugemischte Seramis. Ich gieße sobald die oberste Schicht trocken wird mit einer Spritzfalsche; immer nur um die sämlinge herum und vermeide diese selbst nass zu machen. Ds Substrat reicht nach dem Entflaschen für die 1.Vegetationsperiode.

Gruß Jürgen
Grüße Jürgen

Charlemann

Zitat von: Claus am 11.Jan.11 um 20:52 Uhr
Und Neudohum lässt sich praktisch nicht mehr gleichmäßig anfeuchten.

Doch Claus,
Du musst die Töpfe dann für 10min. tauchen und nachher wieder sehr gut abtropfen lassen.
Die GWH die Jürgen da hat sind wirklich geeignet dafür, da si im Boden Aussparungen für Jiffy-Quelltöpfe haben. Da kann man die Töpfe rel. schnell wieder reinstellen und die letzten Tropfen Wasser sammeln sich unter den Töpfen.

Substrat.
Ich habe auch feststellen müssen das ein zu hoher NeudoHumgehalt sich eher negativ auswirkt. Meine Mischung ist z.Zt. 30/70 wobei der 70%ige Anteil nicht nur aus Seramis besteht sondern aus einem Gemisch aus Seramis, Perlite, Bimskies und gebr. Blähton.

Eveline†

Ist mit NeudoHum die Orchideenerde oder die Pflanzerde gemeint?

Charlemann

Die Pflanzerde ist hier gemeint.
Die Orchideenerde für tropische Orchideen von Neudorff ist aber auch sehr empfehlenswert.

Eveline†

Charlemann danke. Ich interessiere mich ausschließlich für winterharte Erdorchideen und trage mich mit dem vorsichtigen Gedanken, irgendwann einmal Cypripediensämlinge in der Flasche zu kaufen. Da ich leider keine Ahnung habe, wie dann weiter vorzugehen ist, hänge ich da an Euren Lippen. Ich wäre auch für Fotos sehr dankbar. :-)

Charlemann

Claus hat da einen sehr schönenThread gestartet.

http://www.orchideenkultur.net/index.php?topic=3155.15

Den hast Du aber bestimmt schon gesehen.
Im Prinzip ist es gar nicht soo schwierig, wenn man ein keine grundlegenden Fehler macht. Cyps in der Flasche würde ich nichtkaufen, sondern ausgeflaschte bereits vernalisierte Sämlinge. Die kann man dann direkt auspflanzen.

Claus

#10
Du kannst also mit den Schiebern die Luftfeuchte regulieren. Bei mir sind das ja die Obikästen, da könnte man im Prinzip mit den 4 Griffschlitzen spielen. Das habe ich auch versucht. Weil die aber seitlich sind, trocknet dann ein Teil der Oberfläche aus und damit die darauf stehenden Sämlinge. Vor allem, wenn die Kästen im Sommer auf dem Balkon stehen und Wind weht, erfolgt die Abtrocknung innerhalb von Stunden.

Da ich mich in der Zahl der Obikösten jetzt 40 nähere, ist ein Wechsel zu wirklichen Mini-GWH nicht möglich. Und Löcher in die Deckel möchte ich eigentlich auch nicht bohren.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Manne

Knollenorchideen im Kalthaus wachsen auch so ganz gut. Mit einem Anteil von 20 % Neudohum wird die Substratfeuchte allerdings wesentlich ausgeglichener. Das spielt speziell im Frühjahr eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Bei mir habe ich derzeit die besten Ergebnisse mit einer Mischung aus, 40% Sand, 10% Lehm, 30% Perlite und 20% Neudohum.
Man muss so auch nicht umtopfen. Das Neudohum baut sich ein und es gibt keine Fäulnis. Die Eigenschaften der Bestandteile ergänzen sich sehr positiv. Man kann es so auch mehrere Jahre wieder verwenden.
Neben dem Feuchteausgleich tendiere ich derzeit dahin, den Holzfasern im Neudohum eine wichtige Wirkung zu zu schreiben(siehe da Beyerle).

Charlemann

@Claus,

schaffst Du es nicht in dem Raum die Luftfeuchte etwas anzuheben?
Wenn Du sie auf 60%-65% rel. Luftfeuchte hochbekommen würdest, könntest Du nochmal mit Deinen Griffschlitzen experimentieren.
Um in dem Raum die Luftfeuchte hoch zu bekommen könntest Du z.B. darin die Wäsce trocknen lassen oder einen kleinen Luftbefeuchter hinstellen.

Eveline†

Sind bei diesen Mischungsverhältnissen Masse- oder Volumensprozent gemeint?

Charlemann

Bei mir ist es Volumenprozent.
Weil ja Stoffe wie Perlite sehr leicht sind würden Masseprozente zumindest bei diesem Zuschlagstoff einen ungeheueren Anteil gegenüber den anderen Zusätzen haben.