Pollen konservieren

Begonnen von Frodo, 09.Feb.09 um 00:10 Uhr

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Frodo

Alloha!
wenn es um Vermehrung geht: sprechen Bilder meist eine bessere Sprache als blumige Romane. Da ich mich schon heftig lange mit der Vermehrung (tropische Arten) befasse, kann ich hier sicher ein bisschen was beitragen. Vorweg sollte man wissen: alles was im Orchideen-Labor passiert ist unglaublich zeitaufwendig, vor allem, wenn man es gescheit macht. Viel hat mit guter Dokumentation zu tun, sauberem arbeiten, und einem Maß an Disziplin. Es hat wenig wert wenn man eine Kapsel aussät, dann irgendwas schief geht und man 6 Jahre investiert um nachher eine Cattleya schilleriana coerulea zu haben: die als Baumarkt Oncidium aufblüht. :bag

Ich habe heute ein bisschen "rumbestäubt" :thumb und euch gleich ein Bild der neu verarbeiteten Pollen mitgebracht. Alles dokumentiert, die einzelnen Eppendorf Caps sind beschriftet und mit restlichen oder neuen Pollen befüllt, somit können die jetzt in ein dicht schließendes Glas, und in die Tiefkühltruhe.

Pollenlagerung á la Hobbit-Labor!




Gruß,
The Hobbit
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Die Halb-Wahrheit des Tages:
"Hybridizing is like doing wood sculpture with a shotgun" Ross Hella, 2008

(Gott, mein Deutsch ist schlimmer als mein English)! :ka

Ahriman

Hallo!

Trocknest du die Pollinien eigentlich etwas bevor du sie in den Tiefkühlschrank tust?
Bei welcher Temperatur lagerst du sie?
Und wie lange bleibt die Keimfähigkeit deiner Erfahrung nach erhalten?

LG,
Christian

Berthold

#2
wozu benutzt Du das Sägemesser und warum keine Pinzette?

Ich lege die Pollinen in Alufolie und falte diese, dann kann man sie in ein Röhrchen stecken. Später findet man den Pollen gut wieder.

Ich lasse die Pollinen einen Tag offen liegen, dann kommen sie in die Truhe  (-20° C).
Nach 2 Monaten funktioniert der Pollen von Ophrys noch einwandfrei. Langzeiterfahrung besitze ich leider nicht.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ahriman

Das mit dem antrocknen mache ich auch so...
Habe einige Pollinien schon etwa Jahr im Tiefkühlschrank bei -18°C da die Empfängerpflanze bislang die Blüte verweigert. Also auch keine Langzeiterfahrungen.

Berthold, das Messer ist wohl dafür gedacht diverse Schuhe zurechtzustutzen damit man besser an ihre Pollinien kommt :-D

LG,
Christian

Frodo

#4
Quatsch!!! Das Sägemesser ist: um Schokolade vom Block runterzusägen!!!, natürlich... :whistle

Nein im ernst: manchmal tüftle ich mit seltsam anmutenden Instrumenten, selbst in der Bench. Ich bilde mir mom. ein, dass ich Pollen mit der Pinzette weniger gut verarbeite als mit 2 Messern, rechte Hand fürs Skalpell, linke Hand: stumpfes Messer zum festhalten...

Zu Christians Frage:
Nein, ich trockne die Pollen nicht vor, das mache ich nur mit Saatgut. An dieser Stelle kann die Diskussion was mich betrifft in einen Roman ausarten. :ka Soweit mir bekannt gibt es keinerlei Wissen zum Thema Orchideen-Pollen Lagerung. Keine Studien, keine Aufteilung in Gruppen, keine sicheren Erkenntnisse über langfristige Lagerung... Sagt mir wenn ihr was besseres wisst! :ka

Ich arbeite mit der AOS gerade an einem kleinerem Projekt in welchem es darum geht dieses Wissen evtl. bei Amerikanischen Züchtern zu finden. Ich selbst weiß viel zu wenig!

Wir kennen alle die Berichte über 10-15 Jahre Lagerung von Saatgut, doch für Pollen: gibt es nichts Schwarz auf Weiss.

Hier kommt was ich weiß:
Für mich selbst ist die ganze Frage nichtmehr schwarz/weiss, es gibt soweit es mich betrifft 4-5 Gruppen von Pollen innerhalb der tropischen Fraktion allein, die man (was Lagerung betrifft) unterscheiden und unterschiedlich behandeln muß, um überhaupt Ergebnisse zu erzielen.

Und hier kommt die Frage der Fragen überhaupt! Wie weiß ich ob mein Pollen noch brauchbar ist?

Das scheint wohl erstmal das Thema zu definieren, was einige Jahre Forschung bedeuten dürfte. Antworten habe ich wenige, und möchte sie nicht teilen, solange ich keine halbwegs verlässlichen Daten kenne. Es bringt auch nichts jemandem zu erzählen "Das geht schon...", wenn man es nicht halbwegs genau weiß.

Die Gruppen in die ich mom. unterteile sind folgende:

1. Wachsartige Gattungen in "brauchbarer Größe" (was den Pollen betrifft). Beispiele: Cattleya, Phalaenopsis (excl. der parishinae-artigen, und Verwandten), Stanhopea plus Anhang, Catasetum-Complex, Lycasten.
Pollen werden behandelt wie oben beschrieben und bei -20Grad gelagert. Mom. würde ich sagen alles bis zu 3 Jahre ist es wert: als brauchbarer Pollen bezeichnet zu werden.

2. Miniatur Pollenartige. Diese können nicht wie 1 behandelt werden. Kühlschrank Lagerung über wenige Wochen erscheint möglich, frischer Pollen ist jedoch immer zu bevorzugen. Arten: Aerangis, Masdevallien, einige Dendrobien, die Liste wäre lang wenn man es genauer betrachtet.

3. Lagerungsunfähige. Diese Gruppe scheint definiert durch die Kleinheit der Pollen! Hier wäre einige Forschung angebracht! Arten wie Lepanthes, viele kleine Masdevallien, alle Draculas!!!, ich würde kategorisch sagen: der Pleurotallis Complex, und ein Großteil der der Bulbophyllum gehören momentan dazu. Ich denke der einzige Ansatz zur Lagerung wäre derartige Pollen in einer wasserbasierenden Lösung, evtl. in Honig oder einem Gel zu lagern, welches dann evtl.  einzufrieren wäre. Bei Pollen dieser Gruppe ist die Dehydration das maßgebliche Problem, entsprechend wäre auch ein Vakuum bei kontrollierter Feuchte im Gefäß ein Ansatz :heul 

4. Paphiopedilum, scheint die einzige Art zu sein, für welche konventionelles Wissen vorhanden ist!!! Thank God! :thumb Paphiopedilum Pollen werden rel. luftdicht im Kühlschrank gelagert. Paph. Pollen bestehen bei der Ernte aus einer honigartigen Masse die man in die Lagergefässe "einklebt", einfach an die Glaswand des Röhrchens schmiert, und dann bei Bedarf portionsweise abkratzt. In der Basis des Röhrchens kann Silica Gel sein, ich bin jedoch nicht sicher das dies bei Paphies wirklich wichtig ist. Der Pollen bleibt über Jahre (10 Jahre bestätigt) konsistenzstabil UND BRAUCHBAR. Selbst wenn die Masse eintrocknet: kann man das ganze mit Honig wieder benutzbar machen, und das ganze funktioniert auch noch. :thumb

5. Phragmipedium scheint!!!, wenn der Pollen geerntet wird, meist krümellig oder von pudriger Konsistenz zu sein. Hier habe ich selbst rel. wenig Erfahrung, doch die Verarbeitung von Phrag. Pollen ist schwieriger als bei Paphies. Die Konsistenz scheint hier ein Schlüssel zu sein. Mom. bilde ich mir ein das man Phrag. Pollen behandeln könnte wie Paphiopedilum Pollen, wenn man ihm "künstlich" zu einer Paph.-artigen Konsistenz "verhilft". Wie soll das gehen? Indem man den geernteten Pollen wiederum mit Honig mischt, wie man es zur Bestäubung einer Blüte eh tun würde. Diese Masse sollte dann in gleicher Art wie bei Pahies lagerfähig sein. Phrag. Blüten mit nacktem Pollen zu bestäuben ist fast nicht möglich, da der Pollen nicht haftet (Konsistenz), Paph. micrathum hat selbiges Probelm was interessant ist, jedoch hier nicht hingehört.

So, sagte ich nicht 5 Gruppen??? Wenig Wissen, und sehr viele Fragezeichen. Und dabei haben wir die Europäischen Arten nichtmal erwähnt. Können einige der Experten sich (oder ihre Pollen) hier in einer Gruppe wiederfinden? :heul Ich glaube ja  nicht...und ich selber weiß leider rein Garnichts, Wobei ich denke das es für Cypripedium Arten Wissen geben muss!!!

Jetzt dürft ihr...

Ich habe fertig!

Gruß,
The Hobbit
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Alexa

Das ist aber doch schon einiges an Wissen, was Ihr zusammengetragen habt, Herr Frodo.  :thumb

Die Einteilung in die fünf Gruppen ist mir noch nicht ganz klar (hab mich aber bisher auch noch zu wenig mit dem Aussehen unterschiedlicher Pollen beschäftigt)
So unterscheiden sich die Pollen der ersten drei Gruppen hauptsächlich in der Größe oder?

Gruß
Alexa

Berthold

Zitat von: Frodo am 09.Feb.09 um 22:45 Uhr
Bei Pollen dieser Gruppe ist die Dehydration das maßgebliche Problem, entsprechend wäre auch ein Vakuum bei kontrollierter Feuchte im Gefäß ein Ansatz :heul 

Jetzt dürft ihr...
Ich habe fertig!
Gruß,
The Hobbit

Ich glaube, die Vertrocknung ist wirklich immer das fast einzige Problem. Aber deshalb sollten die Pollen doch eher bei 100% Feuchtigkeit und eher unter Druck als unter Vakuum aufbewahrt swerden. Nur dann kann man das komplette Austrocknen (Gefriertrocknen wie bei Nescafe) verhindern.

Jetzt mal so von der Theorie her betrachtet.

In erster Näherung würde ich die Pollen von Erdorchideen (zumindest aus Europa) als weitgehend einheitlich in der Pollinengrösse zwischen 0.5 un 1.5 mm betrachten.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Catwheazle

Hi, hab heute auf den Freisinger Gartentage ein nettes Schühlein gefunden. Es blüht und soll seine Pollen an meinen im Garten abgeben. Der ist aber erst ein paar cm hoch und brauch noch ne Weile zum blühen.
Kann ich die Pollen im Kühlschrank aufbewahren? wie lange?
Danke!
Grüße
Bernd
οἶδα οὐκ εἰδώς, oîda ouk eidōs

Frodo

Holá Bernd,
ich hatte zum Thema schonmal einen Roman begonnen, weiß nur nicht ob es hier war, oder im Zickenforum.... :ka

Wenn Du mal schnell suchen willst?! :rot :ka

Gruß,
The Hobbit
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Catwheazle

οἶδα οὐκ εἰδώς, oîda ouk eidōs

Berthold

Mit geht es aktuell um Pollen von Mammillaria.

Nach meinem jetzigen Kenntnisstand scheint mir folgender ein guter Weg, oder?

Pollen bei Zimmertemperatur offen ca. 2 Tage aufstellen, um etwas Wasser austrocknen zu lassen.
Dann in Alufolie und Gefrierbeutel verschließen und in der Tiefkühltruhe bei -20°C lagern.

Der Pollen enthält dann noch etwas Restfeuchtigkeit, aber nicht so viel Wasser, dass durch die Kristallbildung Zellen im Pollen zerstört werden.

Ist der Pollen dann nach einem Jahr noch aktiv, wenn man ihn nach dem Erwärmen 1 Tag in feuchter Luft lagert?

Wie ist das Infektionsrisiko bei Pollen? Sollte man Infektionsmittel sprühen?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Uhu

das könnte klappen. Mit Kakteenpollen hab ich keine Erfahrungen; vor Jahren hat die Befruchtung mit eingefrorenen morio-Pollen geklappt.

Desinfektionsmittel würde ich nur versuchen, wenn es ohne nicht klappen sollte. Die Gefahr mehr Schaden als Nutzen anzurichten halte ich für groß.
Grüße Jürgen