Andalusien von links nach rechts

Begonnen von plantsman, 01.Apr.14 um 22:00 Uhr

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Eveline†

Bis plantsman in Granada ankommt und es neue Bilder gibt, verkürzen wir uns die Wartezeit.

plantsman

#31
So,

vielen Dank an Eveline daß sie die Pause mit musikalischen Melodien verkürzt hat.

Auf dem Weg von Ronda nach Granada fährt man durch eine ziemlich große Ebene nördlich der küstenbegleitenden Sierras. Hier liegen die Städte Antequera und Loja. Wer sich bei unseren Mais-Monokulturen für die Biogas-Anlagen schon Gedanken macht, findet sich hier in einer absoluten Agrarwüste wieder. Olivenbäume stundenlang und so weit das Auge reicht. Dazwischen ein paar kleine Dörfer und Müllkippen. Bei uns gibts ja wenigstens mal ein paar Wäldchen oder Feldhecken dazwischen. Dort nur Oliven von frisch gepflanzt bis alte Haine. Absolut gruselig. Man atmet innerlich richtig auf, wenn man wieder was anderes sieht.

Das Motel in Granada war einfach aber gemütlich und mit Blick auf die schneebedeckte Sierra Nevada auch landschaftlich schön gelegen.
Die Exkursion am nächsten Tag galt wieder Lapiedra martinezii, die ich bei Ronda nicht gefunden habe. Am Südrand der Sierra Nevada soll es größere Vorkommen geben. Der angegebene Standort ist eine typische Macchie mit viel Ulex, Rosmarinus und anderen +/- aromatischen Sträuchern. Darunter auch Thymelaea hirsuta, eine Verwandte unseres Seidelbastes. Die Pflanze sieht ohne Blüten wie ein grober Thuja aus. An offeneren Stellen immer wieder kleinere Zistrosengewächse wie Fumana thymifolia. Die andere, feinere Fumana-Art konnte ich nicht bestimmen. Weil es an diesem Tag so extrem windig war, wackelte sie mir einfach zu doll um sie zu fotografieren.
Tschüssing
Stefan

plantsman

#32
Über Anacamptis collina bin ich eher zufällig gestolpert. Mitten im Stechginster-Gebüsch übersieht man sie schnell und die meisten waren auch schon verblüht. Die schönste hab ich mir dann mit zwei kleinen gegabelten Zweigen so fixiert, daß sie nicht mehr ganz so schlimm im Wind wackelte. Den Erdrauch Fumana capreolata fand ich einfach schön mit diesen zwei Farben. Auch "Unkraut" kann ansprechend aussehen. Spanien ist irgendwie Fumana-Land, es gibt dort 24 Arten. Noch kleiner war ein Gelbstern, den ich, wie der bei Ronda, ebenfalls als Gagea elliptica bestimmt habe.
Tschüssing
Stefan

plantsman

Farblich auffällig in den Felsspalten war dann eine der 10 Unterarten des Wundklees, Anthyllis vulneraria. Da hab ich mir aber nicht die Mühe gemacht, ihn zu bestimmen. Bei dem Wind war man in der Nähe der Felsen immer in Gefahr weggeweht zu werden. Zwischen dem Wundklee ein Farn. Im Allgemeinen erwartet man dort keine, aber Cosentinia vellea ist ein Farn, der in der vollsten Sonne wächst und sich bei Trockenheit vollkommen einrollt. Er kann sogar dehydrieren.
Tschüssing
Stefan

plantsman

Beim Gelbstern hab ich schon von klein gesprochen, Bellis microcephalus ist aber wirklich winzig. Als Pflanze gerade mal 5 cm hoch hat sie ein Köpfchen von vielleicht 1 cm Durchmesser, total niedlich. Leider ohne Saat. Als zweite Orchidee wieder Ophrys tenthredinifera. Hier aber deutlich seltener als bei Ronda.
Lapiedra martinezii hab ich tatsächlich gefunden. Es ist eine felsspaltenbewohnende Amaryllidaceae mit fast fleischigen, weißstreifigen Blättern. Die Pflanze blüht im Herbst und die einzelne Blüte hält jeweils nur einen Tag. An diesem Standort war sie aber schon am einziehen, so daß ich nicht mal die schönen Blätter richtig sehen konnte. Es waren aber so viele, daß ich sie ohne Schwierigkeiten gefunden habe. Oben zwischen und auf den Felsen wächst sie.
Beim Abstieg leuchtete mir dann noch etwas am Wegrand entgegen. Dieses frische cremegelb fiel sehr auf und entpuppte sich als Anacamptis collina. Ein echt toller Farbton.
Tschüssing
Stefan

Berthold

Zitat von: plantsman am 14.Apr.14 um 18:04 Uhr
Dieses frische cremegelb fiel sehr auf und entpuppte sich als Anacamptis collina. Ein echt toller Farbton.

ein Albino. Man soll sie häufiger finden, nur ich habe sie noch nie gesehen. :wacko
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

plantsman

Eine Pflanze, die ich unbedingt finden wollte, war Clematis cirrhosa. Es ist eine immergrüne, winterblühende und gut duftende Art, die eigentlich ziemlich häufig sein soll. Mir hat sie sich nicht gezeigt, die blöde Nuss :huffy:.

Auf der Suche gabs aber doch ein paar nette Sachen zu sehen. Allium subvillosum war überall in den Hecken zu finden. Der Sturm des Vortages hat sich aber noch nicht gelegt und deshalb war es schwer die Pflänzchen ordentlich zu fotografieren.
Ein Stückchen weiter gab es wieder Ophrys speculum. Witzigerweise bestand dieser Bestand ausschließlich aus 3er-Gruppen.
Die Rosetten der Mariendistel, Silybum marianum sind auch ohne Blüten schön, auch wenn es "nur" ein olles Ruderalpflänzchen ist. Daneben steht noch ein interessanter Verwandter des Rettich, Carrichtera annua. Für eine einjährige Pflanze war sie ausserordentlich stark verzweigt und buschig. Sonst sind diese ja immer recht einfach gebaut.
Tschüssing
Stefan

plantsman

Da sich Madame Clematis an ihrem belegten Standort mir nicht offenbart hat, ging es weiter ins Gebirge. An einem Wasserfall hab ich halt gemacht und der Wind hat ihn ordentlich zerstäubt.
Interessant sind die Felswände die in der Nähe des Wasserfalls die Straße säumen. Durch den Kalkstein drückt Wasser durch so daß diese Wande stark mit Algen, Moosen, Farnen und diversen feuchtigsliebenden Pflanzen bewachsen sind. Das Moos fängt sogar schon an Tuff zu bilden. Eine Pflanze war habituell sehr interessant und auf die Entfernung hielt ich sie anfangs für eine Pinguicula. Leider konnte ich sie nicht weiter einordnen, vermute aber, daß es Lobelia urens sein könnte (die soll aber nur auf sauren Böden wachsen :ka)
Tschüssing
Stefan

Kater Karlo

herzliche Grüße
Matthias

plantsman

So,

drei Essenseinladungen später kann ich euch mal wieder was andalusisches anbieten. Derartige Angebote nimmt man natürlich gerne an und so ist der Reisebericht halt etwas ins Hintertreffen geraten.

Vom Wasserfall bin ich dann ein wenig die Straße entlanggeschlendert. Sie war tief in den Berg geschnitten worden und die Steilhänge hatten ein paar interessante Pflänzchen zu bieten. Einmal die typischen Sträucher Rosmarin und Zistrosen aber auch endlich eine Erica-Art, leider ohne Blüten. Überall dort sind wilde Löwenmäulchen zu finden. Von denen hat Spanien ja auch einige zu bieten. Antirrhinum hispanicum ist variabel, von weiß bis kräftigrosa sind alle Farbschläge vorhanden. Zwischen den Löwenmäulchen dann aber eine sehr ungewöhnliche Pflanze. Sie hat mich total begeistert. Später hat sie sich als eine endemische, monotypische Gattung herausgestellt. Sie ist dort unten zwar nicht selten, aber nur dort in den substratlosen Felsspalten zu finden. Sie hatte auch einen Haufen Samen zu bieten.......... :blush:. Darf ich vorstellen, Lafuentea rotundifolia. Nach meinen Recherchen hat sie in der Familie Plantaginaceae keine näheren Verwandten und scheint eine Relikt-Art darzustellen.
Tschüssing
Stefan

plantsman

#40
Eine bekanntere Pflanze war dort in regelrechten Vorhängen zu finden, Putoria calabrica. Sie ist mit unserem Waldmeister verwandt und auch ein typischer Felsspaltenbewohner des Mittelmeerraumes. Leider war ich etwas früh. Viele der Polster waren voll mit Knospen und sind 2 oder 3 Wochen später bestimmt eine absolute Schau gewesen.
An Stellen mit etwas Feinerde wächst Aphyllanthes monspeliensis. Eine gräuliche Binse mit wunderschönen Blüten.
Tschüssing
Stefan

plantsman

#41
Von der Straße blickt man auf diese Felshänge. Als Fan von "Mauerblümchen" fragt man sich natürlich, was sonst noch da oben wächst.
Ein paar Meter weiter dann eine Antwort: Sarcocapnos enneaphylla. Ich hatte gehofft, diese Gattung zu finden, aber nicht damit gerechnet, sie direkt an der Straße wachsen zu sehen. Leider waren die schönsten Polster nur in Teleobjektiventfernung. Ein kleines Pflänzchen war aber gut erreichbar und so war mir eine Makroaufnahme der Blüten möglich.
Tschüssing
Stefan

plantsman

Am Straßenrand im Schotter gab es auch noch ein nette Polsterpflanzen zu sehen. Da hatte es mir besonders Helichrysum stoechas angetan. An dem Tag war es aber auch wieder so windig, daß nur diese kleine knuffige Strohblume abgelichtet werden konnte.
An einem Hang in der Nähe ist mir dann ein Bestand eines merkwürdigen Strauches aufgefallen. Relativ kleine immergrüne Blätter sind dort ja häufig zu finden, aber mit den Blüten konnte ich überhaupt nichts anfangen. Sie dufteten wunderbar. Beim Schnuppern ist mir dann der Fruchtknoten zwischen den weißen Blütchen aufgefallen. Diese haben die Pflanze dann als Buxus balearicus geoutet. Dieser Buchs hat ein ziemlich zerstückeltes Verbreitungsgebiet (Sardininen, Balearen, sehr selten auf Felstland-Spanien, Nordwest-Afrika und Süd-Anatolien), ist ziemlich selten und auch dort waren es nicht viele Pflanzen. Es ist wohl auch eine Relikt-Art. Wer aber den "Duft" unseres Wald- und Wiesen-Buchs nicht mag, dieser ist wirklich angenehm.

Meine letzte Exkursion hab ich in die einzige natürliche Wüste Europas gemacht, Desierto de Tabernas. Wer die alten Spaghetti-Western von Sergio Leone mit Clint Eastwood, Lawrence von Arabien oder auch den dritten Indiana Jones-Teil gesehen hat, hat sie auch schon mal gesehen.

Mehr dann morgen wieder.
Tschüssing
Stefan

plantsman

Die Wüste von Tabernas ist eine ziemlich artenreiche Landschaft und es gibt dort viele Endemiten. Leider konnte ich nicht so tief in sie vordringen, die Wasservorräte waren nicht groß genug grins. Trotzdem blühte gerade so einiges.
Am Parkplatz selbst eine Gänsedistel, die aussieht, als wenn man sie mit Stacheldraht gekreuzt hat, Launaea arborescens. Wenn die Blätter im Sommer abgestorben sind, ist es wirklich nur noch dorniges Gestrüpp.
Was ich dort nicht erwartet hätte, waren die großen Doldenblüter wie Thapsia villosa und Ferula communis in der endemischen Unterart ssp. catalaunica. Bei ihrer Größe, vor allem Blätter und Blütenstände, meint man, daß sie deutlich mehr Wasser brauchen als die jährlichen Niederschläge von ca. 240 mm........ und sie wuchsen nicht mal in den Abflußrinnen, wo sich das Wasser in tieferen Schichten bestimmt länger hält.
Tschüssing
Stefan

plantsman

#44
Ganz skurril wird es, wenn man, wegen der teilweisen Versalzung, über Flächen geht, die nur von strauchigen Gänsefußgewächsen besiedelt sind. Dazwischen gibt es immer wieder völlig vegetationslose Bereiche (?). Das stimmt so nicht, unterirdisch lebt auf den Wurzeln der Gänsefußsträucher der Vollparasit Cistanche phelypaea ssp. lutea und bricht im Frühjahr durch den hart verbackenen Lehm. Dann leuchten einem wirklich große, leuchtendgelbe Kerzen in dieser unwirklichen Umgebung entgegen. Sie wird umgangssprachlich auch als Wüsten-Orchidee bezeichnet, ist verwandtschaftlich aber mit unserer Sommerwurz und dem Klappertopf verbandelt.
Tschüssing
Stefan