Pilzerkrankungen an Erdorchideen

Begonnen von Berthold, 11.Sep.08 um 17:22 Uhr

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Berthold

Dieses Cypripedium macranthum ist von einen oberirdisch aktiven Pilz erwischt worden. Dieser Pilz tritt meist erst gegen Ende der Vegetationsperiode auf und macht sich über die Blätter her. Die Pflanze erleidet eine Verkürzung der Vegetationsperiode, was nicht tödlich ist aber zu geringerem Substanzaufbau führt.

hier ein Cypripedium guttatum, wie es sein sollte. Die Blätter verfärben sich beim Einziehen gleichmäßig von grün zu braun:

Dann gibt es die unterirdisch aktiven Pilze, die zum Abfaulen der Stängel führen. Der Pilz verzehrt die gesamte Knolle, wenn er nicht erkannt wird. Man bemerkt ihn dadurch, dass die Pflanzenrosette schlapp wird. Die Pflanze muss dann sofort ausgegraben werden und die Knolle sorgfältig bis ins uninfizierte Pflanzenmaterial gereinigt werden. Wenn Die Fäulnis nicht zu weit fortgeschritten ist, treibt die Knolle unterirdisch eine neue Knolle. 
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Michael, auf dem ersten Bild, das ist doch der typische Pilzbefall zu Ende der Vegetationperiode. Ist aber doch nicht weiter schlimm!
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

#2
Hier mal ein Beispiel für die berüchtigte Stängelfäule. Sie befällt fast alle Arten, hier eine Habenaria radiata:

Der Stängel der Pflanze wir unterirdisch befallen. Zunächst werden die Blätter der Rosette schlaff, dann gelb und braun. Man kann dann die Rosette leicht nach ober abziehen. Die Infektion breitet sich nach oben und unten in die Knolle hin aus.
Wenn man Glück hat, haben sich vor der Infektion schon neue Knollen gebildet, die dann etwas weiter von der Mutterpflanze entfernt liegen (hier 2 Knollen an Wurzelausläufern, eine direkt an der alten Knolle(die schwarze)).

Bei der Topfkultur in mineralischem Substrat habe ich in manchen Jahren bis zu 80 % der Pflanzen durch diese Infektion verloren. In Neudohum oder Neudohummischungen liegt die Ausfallsrate nur noch bei 5%.

Gegenmittel: Stängel von Knolle abschneiden bis ins nicht infizierte Gewebe, Fungizide drauf und Knolle wieder neu in saubereres Substrat einpflanzen. Meist bilden sich dann unterirdisch noch neue Knollen oder die bereits angelegten neuen Knollen wachsen noch etwas weiter.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Catwheazle

Hi,
das schwarz werden beim guttatum kenn ich. Ich glaub aber mittlerweile, dass das witgehend normal ist, wenngleich meiner schon deutlich mehr abgebaut hat, wenn er damit anfängt.
Ich hab mehrere Pflanzen, einer ist mittlerweile ein Horst von ca 12 Trieben. Ich hab die Pflanze seit fast 10 Jahren! Es ist jeden Herbst so, und sie wächst blüht und vermehrt sich problemlos. Das ist bei meinen Pflanzen nur beim guttatum so! yatabeanum verhält sich "normal".
Und was die Stängelfäule angeht kann ich ein Lied singen :-(
Die hab ich leider auch schon oft bei Cyprip. erlebt. Da hilft leider keine Operation :-(
Is glaub ich fusarium spec. und lässt sich in milden Fällen mit (kalten) Kamillentee (einpinseln, Sämlinge vor Auspflanzen darin baden) beeindrucken. (Zimt wird auch immer wieder mal genannt)
Bernd
οἶδα οὐκ εἰδώς, oîda ouk eidōs

pierre

Hallo Berthold,
kann man die Stängelfäule mit Fluconazol behandeln ?
vieled Dank

Catwheazle

Hi,
ich hab immer wieder mal erlebt, dass Cypripedien, besonders wenn im Frühjahr gepflanzt, leicht Pilzinfektionen bekommen. Immer wieder kommt es vor, dass der Trieb vor oder beim Austrieb infiziert wird und dann ist natürlich die ganze Pflanze hin. Erst einmal aus- und eingewachsen, ists kein offenbar Problem mehr.
Leider scheinen einige Arten empfindlicher dafür zu sein wie andere.
Deckt sich das mit eueren Erfahrungen?
Was macht ihr, ev. prophylaktisch dagegen?
Ich benutze (Uralt-Tipp von Pi)kalten Kamilletee. :-)

Noch ist hier alles dich unter Eis, aber das nächste Frühjahr kommt (hoffentlich) bestimmt.
Grüße
Bernd
οἶδα οὐκ εἰδώς, oîda ouk eidōs

Berthold

Bernd, da sprichst Du das Grundproblem pflanzlichen Lebens auf unserem Planeten an.

Jede Pflanze befindet sich in der Natur bei dem Aufbau ihrer Zellstrukturen (sprich wachsen)  in einem ständigen Überlebenskampf mit Pilzen, Mikroorganismen und anderem in ihrer Umgebung, gegen die sich die Pflanze durchsetzen müssen.

Dieser Kampf findet auf einem sehr schmalen Grat statt. Bei Erdorchideen ist dieser Grat schmaler als bei Radieschen. Selbst innerhalb einer Orchideenart gibt es zwischen den einzelnen Individuen durch ganz kleine genetischen Differenzen deutlich Unterschiede wie sie mit ihrer Umwelt zurecht kommen.

Wenn man also nicht geklonte Jungpflanzen aussetzt, kann es vorkommen, dass einige robuster sind als andere, dann durchkommen und sich zu adulten Pflanzen entwickeln können während andere Pflanzen abfaulen. Die Anfälligkeit gegen Infektionen hat also nicht unbedingt etwas mit der Zartheit der Jugend zu tun sondern mit der genetischen Ausstattung der einzelnen Pflanze. Für den gewerblichen Verkauf der Pflanzen selektiert und züchtet man deshalb manchmal robuste Rassen mit einem "höheren Gartenwert".

Generell sind die Pflanzen robuster gegenüber Infektionen, wenn sie in einer Wachstumsphase stecken. Das ist meist im Frühjahr. Bei den höheren Temperaturen im Frühjahr sind allerdings auch die Parasiten aktiver.

Bernd, der Kamillentee trinke ich selber, jeden Morgen, mit Hagebuttentee gemicht.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Catwheazle

Hi Berthold,
sei mir nicht böse, aber das ist mir schon klar wie es abläuft  :blume
Mich interessiert, ob ihr bei frisch gepflanzten Cypripedien oder deren
Sämlingen sozusagen prophylaktisch was macht bzw. was ihr bevorzugt [ausser Neudohum ;-) ]
Natürlich nicht bei "Radieschen" ich hab ja auch den Eindruck, dass in diesem
Forum - im Gegensatz zu anderen - nicht unbedingt die "Radieschenzüchter" posten
:bag

(um Missverständnissen vorzubeugen: ich mag Radieschen) :blush:

Bernd
οἶδα οὐκ εἰδώς, oîda ouk eidōs

Claus

Es gibt eine sehr schöne Arbeit über das Auspikieren von Cypripedien-Sämlingen von Camiel de Jong "How to raise in vitro propagated Cypripedium seedlings to fully established hardy plants for the garden" http://www.cypripedium.de/forum/Deflasking%20of%20Cypripedium%20seedlings.pdf

Die dort beschriebenen Methoden benutzt ein Bekannter von mir seit längerer Zeit mit Erfolg, d.h. im ersten Jahr nach dem Auspikieren nur in rein anorganischem Substrat, das allerdings gedüngt sein muss.

Ich werde dieses Verfahren versuchsweise übernehmen, d.h. die Sämlinge von C. calceolus, guttatum und reginae, die jetzt reif sind, kommen bis Ende April in den Kühlschrank.

Parallel pikiere ich auf käufliches Cypripediensubstrat sowie Sand+Lehm aus.

Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Bernd_S am 24.Jan.09 um 13:35 Uhr
ich hab ja auch den Eindruck, dass in diesem Forum - im Gegensatz zu anderen - nicht unbedingt die "Radieschenzüchter" posten
Bernd

Bernd, da muss ich Dir leider Recht geben. Meine Radieschen erreichen bis zu 120 cm Wuchshöhe und einen Knollendurchmesser von maximal 4 mm.

Ich besprühe alle Sämlinge vor dem Einpflanzen mit allen Fungiziden, die ich habe. Ob das notwendig ist kann ich aber nicht beurteilen, da ich mich bisher mit den Cypripedium-Sämlingen nicht genauer beschäftigt habe.




Zitat von: Claus am 24.Jan.09 um 14:02 Uhr
Camiel de Jong..

Die dort beschriebenen Methoden benutzt ein Bekannter von mir seit längerer Zeit mit Erfolg, d.h. im ersten Jahr nach dem Auspikieren nur in rein anorganischem Substrat, das allerdings gedüngt sein muss.
Grüße
Claus

Herr de Jong hat sich klugerweise auf Cypripedium-Arten beschränkt, die relativ robust sind. Aber bei sensiblen wie z.B. passerinum, arietinum oder shanxiense kommt er mit seiner Technik überhaupt nicht klar. Über arietinum schreibt er selber, die Ausbeute sei sehr gering. Da muss er also wohl noch einen wichtigen Effekt übersehen haben.
Und wenn Herr de Jong bereits selektierte Pflanzen pikiert hat er es natürlich auch einfacher.

Claus, drücke ihm eine Passerinum-Samenkapsel aus den Kanadischen Rockies in die Hand und frage 5 Jahre später nach, was in Mitteleuropa überlebt hat.

Für robustere Arten allerdings erscheint mir seine Technik sehr plausibel.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: Berthold am 24.Jan.09 um 15:59 Uhr
Aber bei sensiblen wie z.B. passerinum, arietinum oder shanxiense kommt er mit seiner Technik überhaupt nicht klar.

Berthold,
damit fange ich doch nicht an, wie du mich kennst. Und was ist mit wardii?  :bag

Gruß Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

purpurea †

Hallo Claus
Wenn bei mir mehr wie eine blüht bekommst Du 'ne Kapsel. :thumb
Wenn ich bis dorthin eine neue Brille habe. :rot :rot
Versprochen. :wink
Und zum setzen von Sämlingen nehme ich grundsätzlich  ein Neudohumgemisch.
Damit habe ich bis jetzt die besten Ergebnisse.
Da meine vor 2 Jahren gesetzten montanum- Sämlinge noch leben nehme ich an das es verwendungswürdig ist.
Bei Pilz oder verfärben der Blätter die auf eine Krankheit hindeuten werden die befallenen Stellen entfernt und mit Pysan behandelt.
Anschliesend kommt das altbewährte Holzkohlepulver zum Einsatz.
Gerade so wie bei den Tropischen.
Gruss Rudolf
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast Du es hinter Dir.

Claus

Rudolf,
hst du mal mit Chinosol gearbeitet? Das habe ich vor 35 Jahren bei der Anzucht von Kakteen benutzt. Die müssen anfangs auch hohe Luftfeuchte haben, was sie natürlich gegen Pilze empfindlich macht. Da war Substrat = Ziegelgrus + Dünger und Chinosol gegen Pilzbefall ein sehr gutes Rezept.

Gruß Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Claus am 24.Jan.09 um 14:02 Uhr
im ersten Jahr nach dem Auspikieren nur in rein anorganischem Substrat, das allerdings gedüngt sein muss.
Grüße
Claus

ein hoher Nährstoffgehalt im Substrat scheint mir für die Kleinen wichtig. Wenn sie stark und schnell wachsen sollte das Zellgewebe straffer und damit unanfälliger gegenüber Infektionen zu sein.

Ein grosses Infektionrisiko besteht immer dann, wenn die Sämlinge bereits in der Flasche Blattgrün gebildet haben, das dann nach dem Auspikieren abschlafft.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

purpurea †

Zitat von: Claus am 24.Jan.09 um 17:38 Uhr
Rudolf,
hst du mal mit Chinosol gearbeitet? Das habe ich vor 35 Jahren bei der Anzucht von Kakteen benutzt. Die müssen anfangs auch hohe Luftfeuchte haben, was sie natürlich gegen Pilze empfindlich macht. Da war Substrat = Ziegelgrus + Dünger und Chinosol gegen Pilzbefall ein sehr gutes Rezept.

Gruß Claus
Hallo Claus
Ich habe bis jetzt immer Physan ( Consan) genommen.
Rudolf
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast Du es hinter Dir.