Albanien, eine Reise wert? !!

Begonnen von Berthold, 08.Feb.09 um 15:58 Uhr

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Wittgenstein

Ich erinnere mich, als ich noch klein war (so Anfang der 90er) und meine Familie besucht habe, wimmelte es da unten von Albanern. Bei denen konnte man immer billig Zigaretten kaufen. Ich habe mich immer gefragt, wie es da wohl aussieht. Von unserem Dorf im Süden aus kann man bei Ebbe zwar rübergucken, aber viel gesehen habe ich nie (bin ja kurzsichtig).

Mehr Fotos  :-D!
Gruß
Ange

grünblatt

cool,

solche Bilder sieht man nicht alle Tage... wer reist schon nach Albanien?
Genau: Mehr Bilder!  ;-)

LG
Katha

Eerika

Schön und interessant! :thumb
Mach nur weiter

Berthold

#18
Jetzt hat sich alles geändert.

Man erreicht Albanien mit dem Flugzeug von München oder Wien und landet auf dem Mutter Teresa Flughafen in Tirana ( TIA für Carola, LATI für Basti), dem einzigen Flughafen im Lande und  der einzige Ort des Landes mit Rauchverbot. Ein Delay im Anflug wegen hohen Verkehrsaufkommens ist nicht zu erwarten. Der Flughafen hat etwa die halbe Grösse vom International Airport  Dortmund.

Was sofort auffällt ist die Sprache der Menschen, sie ist unzumutbar. ,,Danke" heisst z.B.  ,,Falimenderit". Im Landesinneren ist keine Verständigung mit den Menschen über Sprache möglich. Englisch lernen die Kinder, einige Erwachsene verstehen italienisch, englisch niemand. Mit  meinem Latein war ich am Ende.

Alles ist im Aufbau. Man hat zunächst mit den Tankstellen angefangen. Es ist wohl das Land mit der höchsten Tankstellendichte auf der Welt. Die Menschen durften früher keine PKW's besitzen, deshalb besteht ein grosser Nachholbedarf. 80 % der PKW's sind Mercedes, von ganz alten C-Klasse-Typen bis zu neuen S-Klasse-Fahrzeugen.

Wenn man investieren möchte und benötigt eine behördliche Genehmigung sollte man sich an einen der S-Klasse-Fahrer wenden, denn sie wissen, wie man ,,optimale" Verhandlungen mit den Behörden führt. In einigen Fällen müssen sich allerdings auch die S-Klasse-Fahrer von irgendwelchen Italiener ,,beraten" lassen.

Nach den Tankstellen kommt der Straßenbau. Einige Hauptverbindungen sind zwischen den Städten gut ausgebaut. In den Städten allerdings gibt es meist grösste Probleme. Manchmal ist die Fahrbahn durch 20 Tonnen Strassenschotter versperrt. Dieses Strassenstück gehört noch zum Stadgebiet:



Nach 45 Minuten ist aber das Material planiert und man kann passieren. Ein einziger übersehener offener Kanalschacht in Strassenmitte kann die Reiseplanung allerdings deutlich länger verzögern. Es ist eine wirklich gute Angewohnheit des deutschen Strassenbaues, grosse Vertiefungen in der Fahrbahndecke deutlich zu kennzeichnen, insbesondere in der Dunkelheit.

Nebenrouten sind problematisch. Für eine 60 km-Strecke aus den Bergen an die Küste benötigten wir 7 Stunden, alles im ersten Gang. Es gibt unendlich viele Querrinnen, Längsrinnen und Schrägrinnen von bis zu 50 cm Tiefe. Alle paar km kommt eine grosser Stein, der ca. 5 cm in die Ölwanne des Fahrzeuges hinein reicht.



Es ist eine wahnsinnige Schüttelei. Man sollte vor der Fahrt nicht zu viel essen. Touristinnen mit grossen Brüsten sollten einen strammen BH tragen und ich musste zur Fahrt richtige Schuhe anziehen.
Der Beifahrer sollte auch immer die Wassertiefe prüfen.


Aber die Strapazen lohnen oft.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ralla

Zitat von: Berthold am 06.Jun.09 um 23:19 Uhr

Man erreicht Albanien mit dem Flugzeug von München oder Wien und landet auf dem Mutter Teresa Flughafen in Tirana ( TIA für Carola, LATI für Basti)
TIA kannte ich mittlerweile.  ;-)


Zitat von: Berthold am 06.Jun.09 um 23:19 Uhr
... und ich musste zur Fahrt richtige Schuhe anziehen.

:swoon
Dann scheint es empfehlenswert, im Fall der Nachahmung, auf keinen Fall mit dem eigenen Auto dort herumfahren, es sei denn, das eigene Fahrzeug hat sowieso fragwürdige Stoßdämpfer, oder?
Liebe Grüsse, Carola     

'Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.' - Thomas Mann

Alexa

Zitat von: Berthold am 06.Jun.09 um 23:19 Uhr
ich musste zur Fahrt richtige Schuhe anziehen.

Welches Modell hast du denn gewählt?

Berthold

Zitat von: Alexa am 07.Jun.09 um 00:38 Uhr
Welches Modell hast du denn gewählt?

Ich hatte einen Fiat 4WD mit etwas grösserer Bodenfreiheit gemietet. Dennoch wurde eine Unterbodenvergleidung zerstört. Sie war aus Plastik und hätte aus Stahlblech sein sollen.
Am Besten man leiht sich von einem Freund einen Porsche Cayenne Turbo mit Mobilitätsgarantie, denn ein Leihwagen kostet das Vierfache wie auf Mallorca.

Und noch ein Hinweis für die Autofahrer: Unsere österreichischen Freunde haben den Albanern ganz viele Laserpistolen verkauft. Permanent zielt ein albanischer Polizist mit solch einem Gerät auf einen, das ist etwas lästig. Aber die Polizisten sind nett und winken einem freundlich zu, manchmal auch mit ihrer Kelle, was mich anfänglich etwas irritierte. Ich werde auch in Deutschland demnächst einfach zurück winken.

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Wann kommen denn die orchideenmäßigen Offenbarungen?

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Claus am 07.Jun.09 um 13:22 Uhr
Wann kommen denn die orchideenmäßigen Offenbarungen?

Viele Grüße
Claus

Man fährt durch solche wirklich dann ganz menschleere Berglandschaften:




In 1600 m Höhe werden die Kiefern (Pinus heldreichii) dann etwas lichter:



Plötzlich Orchis pallens:



auch in grösseren Beständen:



und zur grossen Überraschung (hatte ich aber eigentlich erwartet) Orchis spitzelii:



Und was ich eigentlich überhaupt nicht erwartet hatte, Nicole hatte sogar einen Frauenschuh gefunden:
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

#24
Am Ende der Welt in den albanischen Alpen erreicht man die 10-Häüsersiedlung Thethi, der neue Geheimtip für junge tschechische Alpenwanderer. Hier der Blutturm der Siedlung:



Der Albaner ist sehr verletzlich in seiner Ehre. Es gibt kein Landgericht Göttingen in der Siedlung, ist aber auch nicht notwendig. Der Dorfälteste regelt alles nach dem Kanun (wäre auch ein Job für mich).
Bei Ehrverletzungen, die mit dem Tode geahndet werden, kann sich der Angeklagte in den Blutturm flüchten. Dort wird er nicht verfolgt. Er muss allerdings so lange dort bleiben bis er stirbt oder der Ehrverletzte stirbt. Der Blutturm ist also so eine Art freiwilliges Gefängnis, ziemlich praktisch finde ich.

Die jungen Frauen auf dem Lande waren mir gegenüber etwas scheu. Nie winkte eine zurück. Das liegt wahrscheinlich am Kanun, denn sie können sich ihre Partner sowieso nicht selber aussuchen. Im 3. Buch des Kanun ist der Ablauf der Heirat genau festgelegt. Dieses Kapitel sollte dringend mal Alice Schwarzer zur Überarbeitung vorgelegt werden.

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Alexa

Oh man...
Ich weiß schon, warum ich nicht als Albanerin auf die Welt gekommen bin.

Claus

Alexa,
also im Falle der Wiedergeburt schließe schon mal diese Gegend aus, falls du Einfluss hast.  :nee :nee :nee Ich tat das bereits 1978 bei einer Busfahrt durch Anatolien.

LG Claus
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Berthold

#27
Zurück geht es wieder in die Zivilisation. Halbfertige Häuser über das ganze Land vertstreut:


Die Besitzer dieser Immobilien sind meist E-Klasse-Baujahr1990-Fahrer. Oft wohnt man auch im Rohbau und hängt die Fenster und Türen mit Tüchern zu.

Die Männer haben auch wenig Zeit zur Arbeit. Meist verbringen sie den Tag im Kafe, erzählen Geschichten und lassen ihre Talente schlummern.



An Baustellen sieht man oft 4 Männer, einer arbeitet, drei schauen zu, wahscheinlich Auzubildende. Die Frauen arbeiten fast den ganzen Tag auf dem Feld und sind stark gefährdet durch den Biss der schwarzen Witwe. Angeblich gab es bisher 300 Tote durch den Spinnenbiss.


Die Zahnklinik in Berat, einer 65000 Einwohner Stadt:


Die Kapazität scheint ausreichend, denn nicht alle Albaner besitzen Zähne.

Das grösste Problem des Landes ist der Müll und seine Beseitigung. Wer am Fluss wohnt hat Glück, er entsorgt sich ins Wasser:



Aber es gibt auch schöne Seiten im Lande, ein Angebot eleganter Brautkleider. Auf solche Dinge wird grosser Wert gelegt:


Der Schnitt der Kleider im Lande ist einheitlich. Die Farbe jedoch wird harmonisch auf den Tain der Braut abgestimmt.

Dann geht es wieder in die Natur.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Manne

Hallo,
die Bilder erinnern mich stark an Armenien und Rußland 1986.
BG
Manne

Berthold

Zitat von: Charlemann am 08.Jun.09 um 19:59 Uhr
Ist das da drüber Stacheldraht?
Wofür soll das denn gut sein?

das sind Haltedrähte für den Wein, der im Sommer über den Fluss wächst und im Herbst geerntet wird.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)