Gibt es pelorische oder halb-pelorische Naturformen?

Begonnen von Trocknerflusen, 24.Mär.11 um 12:53 Uhr

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Trocknerflusen

Hallo,

ich habe mich gefragt, ob es Naturformen gibt, die von Natur aus pelorisch sind (also keine Randmutation, sondern mehr oder weniger alle Pflanzen). Entweder mit zu Lippen umgeformten Petalen, oder vielleicht sogar mit zu einem Petalum umgeformter Lippe?
Gruß,
Christian

Berthold

Wenn die pelorischen Formen in der Natur irgendwelche Überlebensvorteile hätten, hätte die Evolution sich solche Pflanzen entwickelt.
Aber solche Vorteile scheinen nicht zu existieren, sondern nur Nachteile.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Trocknerflusen

Das würde ich nicht so pauschalisieren. Erworbene Merkmale können im Verlauf der Evolution wieder abgelegt und ein zweites Mal neu erworben werden. Das ist keine Seltenheit. Siehe auch Resupination.
Was nun evolutionär vorteilhafter ist, das kann man nun auch nicht so einfach sagen.
Es gibt ja auch nicht wenige Orchideen, wo die Lippe sich kaum von den Petalen unterscheidet, wie z. B. bei manchen Aerangis.
Gruß,
Christian

Carsten

Zu Arten, die 3 Lippen haben, fällt mir nichts ein. Da ja die Lippe, wenn sie besonders gestaltet ist, eine Lock (Ophrys) oder Leit (Stanhopea, Paphis)-Funktion bei der Bestäubung hat, kann ich mir bei 3 Lippen höchstens Verwirrung auf Bestäuberseite vorstellen.
Arten, deren Lippe wie ein normales Petalum aussieht (oder fast) gibt es mehr. Thelymitra fällt mir da ein.

Zeppi

Zitat von: Trocknerflusen am 24.Mär.11 um 12:53 Uhr
ich habe mich gefragt, ob es Naturformen gibt, die von Natur aus pelorisch sind

Nein, denn sollte sich die pelorische Form einer Art stabil durchsetzen (weil sie zufällig einen passenden Bestäuber anlockt), wäre es eine neue Art. Die Definition "pelorisch" ist ja nur eine willkürliche menschliche Festsetzung.
Schau dir mal eine P. appendiculata im Vergleich zu den üblichen Phals an, wenn das nicht "pelorisch" ist.  grins

Grüße ... Ricci

Manne

Bei Ophrys insektifera gibt es das dann und wann.

krötenlilly

Wenn man über Google Infos zum Thema Pelorie sucht, stößt man auf die Seite von Günther Blaich
In seinem Glossar schreibt er was über natürlich vorkommende Pelorien:
http://www.guenther-blaich.de/wo_pelor.htm

Die dreilippigen Varianten gehören seiner Meinung nach wohl nicht zum Repertoire von Mutter Natur?! :ka
Gruß
krötenlilly

Berthold

Zitat von: krötenlilly am 24.Mär.11 um 21:50 Uhr
Die dreilippigen Varianten gehören seiner Meinung nach wohl nicht zum Repertoire von Mutter Natur?! :ka

Sie kommen natürlich in der Natur vor, sind aber sicherlich eine Sackgasse der Evolution wie die allermeisten genetischen Veränderungen (wenn die Mehrlippigkeit überhaupt eine genetische Veränderung ist?).

Es gibt doch auch Menschen mit 2 Köpfen. Aber die können sich in der Gesellschaft nicht durchsetzen, weil sie so schwer nur einen Partner zur Fortpflanzung finden.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Phil

@Zeppi

appendiculata finde ich jetzt als Beispiel nicht so gut. Besser ist da doch celebensis.
Der Verstand und die Fähigkeit, ihn zu gebrauchen sind zwei verschiedene Gaben.
Franz Grillparzer

Zeppi

Zitat von: Phil am 24.Mär.11 um 22:04 Uhr
@Zeppi

appendiculata finde ich jetzt als Beispiel nicht so gut. Besser ist da doch celebensis.

Das verstehe ich nicht, celebensis sieht doch aus wie eine recht typische Phal-Blüte.  :ka
Grüße ... Ricci

Phil

http://www.phals.net/celebensis/04ph0220.jpg

Also, dass da die Lippe etwas in den Blütenblättern vorhanden ist, das kann man doch nicht übersehen, oder?

Vielleicht verstehen wir aber unter Pelorie etwas Unterschiedliches?!?
Der Verstand und die Fähigkeit, ihn zu gebrauchen sind zwei verschiedene Gaben.
Franz Grillparzer

Trocknerflusen

Die appendiculata ist super-zygomorph, die besteht fast nur aus einer gigantischen Lippe. Bei der celebensis sind zumindest die beiden Petalen irgendwie "anders", wenn auch nicht wirklich wie die Lippe.

Und an alle die meinen, Pelorie sei ein evolutionärer Nachteil und die Bestäuber würden dadurch verwirrt und daher sei es unmöglich:

Orchideen sind ja sicherlich mal aus einem pelorischen (radial-symmetrischen lippen-losen) Vorfahren entstanden. Die erste Mutante, die plötzlich eine Lippe hatte, hat sicherlich auch die Stamm-Bestäuber verwirrt. Trotzdem haben wir jetzt ein paar tausend Orchideen-Arten. Also nicht gleich alles gleich als unmöglich abtun.  ;-)
Gruß,
Christian

totepe

Hallo,

Tolumnia guianensis sieht zumindest fast pelorisch aus:
http://www.flickr.com/photos/lika_sweden/3891571811/

schönen Gruß: Theo

Phil

Der Verstand und die Fähigkeit, ihn zu gebrauchen sind zwei verschiedene Gaben.
Franz Grillparzer

matucana

Hi,

das sind verschiedene Fragen, die ihr da aufwerft, die augefälligsten
- wie hat sich die Lippe entwickelt
- welche Funktion  hat die Zygomorphie heute

Über das erste kann ich nur spekulieren. Klar ist es bei Ophrys , in der Literatur finden sich noch viele weitere ähnliche Beispiele.

Danach gab es aber weitere Entwicklungen, wie Masdevallia/Dracula, da ist die Lippe völlig uninteressant - da könnte man eher von zygomorphen Sepalen sprechen, oder diese Ameisenblüten von Zootrophion, die noch spezialisierter sind.

Die Bilder von Oncidium und Tolumnia deuten für mich daruaf hin, dass die Lippe ihre ursprüngliche Signalfunktion eingebüßt hat und da wieder die allgemeine Signalfunktion im Vordergrund steht.
Schöne Grüße Helli


Ich mag alle Farben, nur schwarz müsen sie sein.