Entflaschung (Pikieren) von Erdorchideen

Begonnen von Berthold, 23.Feb.09 um 14:00 Uhr

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

Uhu

Hallo Berthold,

verräts Du uns auch was Du da pikiert hast? laxiflora oder Verwandschaft?
Grüße Jürgen

Berthold

#16
Zitat von: Uhu am 03.Nov.09 um 20:19 Uhr
Hallo Berthold,

verräts Du uns auch was Du da pikiert hast? laxiflora oder Verwandschaft?

ja, stimmt. Es sind 3 Monate alte Sämlinge. Sie waren auf dem Aussaat-Agar zum Wachstumsstillstand gekommen aber nach dem "Nachlegen" von Haferflocken haben sie sich doch noch zur Pikiergrösse entwickelt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Inzwischen habe ich als Pikiersubstrat auch den stark salzhaltigen Boden getestet, in dem auf Manfreds Wiese die Orchis palustris gedeihen und sich aussäen.

In den ersten 20 Tagen ergab sich kein erkennbarer Unterschied zu Neudohum-Pflanzerde. 100% der symbiotisch gezogenen Sämlinge von Orchis palustris und Orchis robusta sind wohl auf. Der Zuwachs ist vergleichbar mit den Pflanzen in Neudohum.

Der bisherige Test ist aber nicht sehr aussagekräftig, da die symbiotisch gekeimten Orchis palustris Sämlinge an sich sehr robust sind. Ein besserer Test wäre mit asymbiotisch gekeimten Dactylorhiza sambucina möglich, aber die mögen ev. den hohen Salzgehalt im Substrat nicht. 
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Manne

Berthold, in diesem Boden wachsen auch Cypris sehr gut. Das wäre vieleicht auch mal einen Test wert.

Claus

#19
Berthold,
mein Versuch im letzten Jahr vernalisierte Sämlinge von Cyp. reginae und Ulla Silkens vergleichsweise auf
- Sand und Löss aufgedüngt mit Compo Blühpflanzendünger
- Foraton 3
- Seramis/Perlite/Bimskies 1:1:1 aufgedüngt

zeigte zu Beginn ganz deutlich den Vorzug des letzten Substrats. Dass dann alle drei Substrate nichts brachten lag an unserer Putzfrau, die im Urlaub kein Gefühl für die richtige Bewässerung entwickelte. Aber ein Obi-Beet, das abgedeckt war und nicht austrocknen konnte, blieb verschont.
Das sind nun zwar Cypripedien, aber viele andere Arten wollen diese organischen Stoffe nicht wirklich. Bei Neudohum bin ich immer irgendwie auf der Kippe. Wenn es funktioniert bekomme ich wegen der Düngerkonzentration relativ große Knollen, wenn nicht ist alles weg.

Ein mineralisches Gemisch muss natürlich das Wachstum fördernde Stoffe enthalten. Da bin ich inzwischen im Zweifel, ob die käuflichen Dünger die richtige Zusammensetzung haben. Aus Kostengründen werden relativ große Mengen an Ammonmiumsalzen zugefügt oder sogar Harnstoff bzw. Carbamate, auch im Falle von Guano als zugesetzter Komponente ist das Ammonium. In der asymbiotischen Kultur haben die sich nun aber überhaupt nicht bewährt. also lassen wir sie doch mal weg und düngen mit der Zusammensetzung unserer Nährböden, d.h. Stickstoff als Nitrat und ggf. als Aminosäuren. Bei letzteren könnte ich mir allerdings im unsterilen Substrat die Gefahr von Fäulnis vorstellen.

Also ein Versuch ist es doch wert: Calciumnitrat 300 , Kaliumnitrat 200, Kaliumdihydrogenphosphat 250, Magnesiumsulfat 100, EDTA-Eisen-(III)-Na-Salz 30 und Spurenelemente, alles in mg/l salzfreiem Wasser zum Befeuchten des Substrats. Da ist alles drin, und man kann als Substrat rein mineralisch arbeiten. Dactys unbd Epiphyten und andere spezielle Arten brauchen natürlich auch Humus, aber bei denen ist Neudohum auch kein Problem.

Aber Cypripedien, Orchis militaris, purpurea, Himantoglossum halte ich für Beispiele, bei denen man das ausprobieren kann, ebenfalls bei Mittelmeer-Ophrys. 
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Die erste Saison nach dem Pikieren meiner Orchis robusta-Sämlinge ist um. Die Sämlinge sind eingezogen.

Ich hatte folgende Pikiersubstrate getestet:
-reines Neudohum
-reinen Salzlehm von Manfred, auf dem die Orchis palustris bei ihm in der Natur wachsen
-Seramis/Akadama/Neudohum in verschiedenen Mischungsverhältnissen

In der Seramis-Mischung sind alle Pflanzen nach anfänglichem brauchbaren Anwachsen abgefault

In reinem Neudohum sind in einem Topf alle Sämlinge abgefault, in anderen Töpfen haben sich alle Sämlinge gut entwickelt

In dem Salzlehm haben sich alle Sämlinge gut entwickelt und sind auch jetzt noch grün, aber nur in einem Topf, der permanent nass stand. In einem anderen Topf, der zwischenzeitlich auf Bügelfeuchte abgetrocknet ist sind alle Sämlinge abgestorben.


Zeitgleich mit Orchis robusta pikierte Sämlinge von Orchis laxiflora haben sich in allen Substraten gleichmässig gut entwickelt.

Pikierte Sämlinge von Orchis palustris (Samen von Manfred) lagen in ihrer Entwicklungsfreude zwischen laxiflora und robusta.

Alle Orchis wurden auf B1 ausgesät.


Ich fasse zusammen:
Bei sensiblen Arten scheint reines Neudohum für die ersten 5 Monate nach der Flasche das beste Medium zu sein.
Bei Spiranthes romanzoffiana (Samen aus Kanada, von Claus asymbiotisch ausgesät) konnte zwischen den verschiedenen Substraten kein Unterschied festgestellt werden. Alle Substrate waren gleich gut geeignet. Es gab praktisch keine Ausfälle.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: Berthold am 23.Aug.10 um 20:18 Uhr
Bei Spiranthes romanzoffiana (Samen aus Kanada, von Claus asymbiotisch ausgesät) konnte zwischen den verschiedenen Substraten kein Unterschied festgestellt werden. Alle Substrate waren gleich gut geeignet. Es gab praktisch keine Ausfälle.

Die scheinen ziemlich robust zu sein, auch bei mir. Wachsen ja in Kanada im Straßengraben.  grins
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Platanthera dilatata (Samen aus Kanada, Aussaat Claus, asymbiotisch) wurde in Seramis/Akadama/Neudohum (70/20/10) pikiert. Der Topf stand immer feucht bis nass. Es gab keine Ausfälle und gesunde Sämlinge für die nächste Saison.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Uhu

Die unterschiedlichen Ergebnisse von Topf zu Topf kenne ich auch.

Bei mir gab es zwischen Pikieren in reines Neudohum (1xumsetzen nach 4 Monaten) und Seramis/Neudohum/Kalk-Gemisch (ohne Umsetzen) keine besonders starken Unterschiede. Habe jedoch nur jeweils 3 Töpfe pikierte A.palustris und morio verglichen. Die Seramismischung nehme ich beim umpikieren sonst nach der reinen Neudohumphase. Um keine unnötige Arbeit zu haben pikiere ich zur Zeit nur in das Gemisch. Nun versuche ich diese Mischung mit 2-wöchentlicher Düngung aufzupeppen.

Gruß Jürgen
Grüße Jürgen

Jürgen a.d.E.

Ich habe mir mal die Seite von Malmgren angeschaut. Der scheint auch nur in Laub-/Nadelerde zu pflanzen.

Berthold

Inzwischen gibt es erste Hinweise auf die Eignung von Salz-Lehm aus Manfreds Naturstandort für das Pikieren.

Auspikiert wurden Orchis palustris von Manfreds Standort und Orchis robusta aus Mallorca-Samen.

Die Sämlinge wachsen merklich langsamer als in reinem Neudohum. Wenn der Lehm trocken wird sterben die Sämlinge ab. Steht der Lehm in einer Wasserschale, wachsen die Sämlinge gleichmässig und verlustfrei. Es gab weniger Ausfälle als in reinem Neudohum.

Insgesamt denke ich, für die Orchis laxiflora Gruppe ist optimal (symbiotische Aussaat, nicht gewerbliche Anzucht)):

Pikieren in reines Neudohum, nach 4 bis 5 Monaten umsetzen in Seramis /Neudohum 80/20.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Greenruck

Ich pikiere gerade aus und erwarte das alles gut läuft. Mein Substrat setzt sich aus dem Rindenhumus vom TOOM sowie Perlite, Vermiculite und gebrochenem Blähton zusammen. Gespannte Athmosphäre und nicht zu warm. Bei versch. Arten wie D. samb. setze ich einen Splitt aus Basalt oder Porphyr mit zu.

Greenruck

#27
Die Begeisterung ist sarkastisch gemeint. Der Salat muß ja noch in den Boden!

Berthold

Zitat von: Greenruck am 13.Mär.11 um 13:29 Uhr
Bei versch. Arten wie D. samb. setze ich einen Splitt aus Basalt oder Porphyr mit zu.


Hast Du Erfahrung mit Dact. sambucina?

Nach meiner Erfahrung ist die Art sehr empfindlich und fault nach dem Pikieren sehr leicht ab.

Ich habe allerdings nur mit Sämlingen einer einzigen, gelben Pflanze getestet. Vielleicht gibt es genetisch bedingt Unterschiede in der Empfindlichkeit.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Greenruck

es sind nun die letzten Flaschen, habe aber bei denen eine Menge schön entwickelte Bulben schon im Glas. Da macht das Pikieren Spaß!
Und Jürgen, es sind gut 10 Wanzen geworden nur sind die Stiele durch die vorangegangenen Wärme nicht die Welt, siehe Foto!
Greenruck