Moorbeet - Frage an die Chemiker

Begonnen von knorbs, 13.Aug.13 um 10:45 Uhr

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knorbs

ich bin gerade dabei mir ein kleines moor im garten anzulegen. dazu hätte ich einige "chemische" fragen. ausgangsmaterial ist normaler weißtorf in ballen mit ph-angabe ~3,5. mangels ausreichendem regenwasser (vorhanden waren ~300 L) habe ich für die erstbefüllung (einstampfen des torfs zwischen die umgedrehten wasserspeicherbehälter) eine 200 L regentonne mit brunnenwasser gefüllt. ich habe die werte des wassers früher mal gemessen und erinnere mich an eine karbonathärte von ~6. die härtebildner dürften wohl calcium- + magnesiumhydrogenkarbonat sein. in die 200 L brunnenwasser habe ich einen eimer citronensäure reingeschüttet bis ph ~3,6 erreicht war. dann habe ich die tonne nochmal mit brunnenwasser gefüllt + da keine zitronensäure mehr zur hand hatte 80%-ige essigsäure genommen. in beiden fällen, also bei der zitronen- + essigsäure hat das wasser beim vermischen etwas schaum gebildet, viel luftperlen (frei werdendes kohlendioxid?) sind aufgestiegen. der spuk war aber schnell vorbei, das wasser war dann glasklar + der ph-wert zeigte sich sehr stabil.

nun meine fragen...die hydrogenkarbonate des calcium + magnesium aus dem brunnenwasser müssten sich doch in citrate (citronensäure) bzw. acetate (essigsäure) umgewandelt haben. wie stabil sind diese verbindungen, wenn sie jetzt ins moor eingebracht wurden? da ich im moor ph-werte von ca. 3,5 - 4 halten will, wie werden sich die calcium-/magnesiumcitrate bzw. -acetate auf längere sicht auswirken? muss ich deshalb mit einem langsamen anstieg des ph. wertes rechnen? ich werde allerdings regelmäßig mit angesäuertem regenwasser (je nachdem mit citronen- oder essigsäure) mit ph ~ 3,5-4 dem moor wasser zuführen bzw. gießen. seid nachsichtig mit mir...bin kein chemiker + die schulchemie ist zu lange her.

ach ja noch vergessen...das torfvolumen wird bei 1500 L (10 ballen à 150 L) liegen. die darin enthaltenen huminsäuren werden ja auch einiges an calcium + magnesium binden oder?

Berthold

Norbert, Du kannst sicherlich davon ausgehen, dass der Torf die Salze des einmalig eingebrachten Brunnenwassers bindet, bzw. dass sie Pflanzen-unwirksam bleiben wegen der geringen Konzentration, sodass sie keine Rolle spielen werden.

Der Torf puffert auch den zu hohen pH-Wert des Regenwasser für eine gewisse Zeit (grob gesagt ein Jahr), aber dann würde der pH-Wert im Moor auf 5 bis 6 ansteigen, wenn Du das Regenwasser nicht ansäuerst und alle Cypripedium acaule würden abfaulen.

Meine acaule haben im Torfmoor im Garten im Jahr nach dem Einsetzen noch geblüht, im Folgejahr sind sie abgestorben. Der pH-Wert war auf ca. 5.5 angestiegen. Ich kannte aber damals den Zusammenhang noch nicht.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

knorbs

also die calcium- + magnesium salze (acetate/citrinate) des stark angesäuerten brunnenwassers wird sich im hinblick auf das torfvolumen nicht auswirken. wenn ich dann regelmäßig, vor allem nach regen mit angesäuertem regenwasser nachgieße, werde ich den ph-wert so einigermaßen im bereich um 4 halten können?

nochwas vergessen....neben dem moor befindet sich ein ca. 1500 L großers wasserbecken (so ein gfk-fertigteich). wenn der teich durch regen überläuft, läuft das wasser ins moor. die erstbefüllung des teichs wird mit brunnenwasser erfolgen, danach je verfügbarkeit mit regenwasser. ich muss also im bereich des übergangs ins moor künftig sehr stark angesäuertes regenwasser (ph ~ 3?) einbringen, damit im moorbereich an der eintrittsstelle nicht der ph-wert schleichend steigt, richtig?

Claus

Norbert, grundsätzlich ist die Verwendung von Leitungswasser oder Brunnenwasser bei der Anlage eines Moors nicht so günstig. Der Torf hat nur eine begrenzte Kapazität zum Puffern. Nun hast du das Wasser angesäuert und damit Ca- und Mg-carbonate bzw. - Hydrogencarbonate in die dauerhaft lösliche Form gebracht. Damit stellen sie dann auch Dünger dar, das darf man nicht vergessen.

Wenn du schreibst "Karbonathärte 6" meinst du dann °dH? Das wäre weiches Wasser, und du hättest wenig Probleme nach dem Ansäuern.

Kannst du zum Befüllen des GFK-Teichs nicht bis zu stärkeren Regenfällen warten? Die Düngung bewirkt ja auch eine Algenbildung; denn Stickstoff bekommst du genügend aus der Luft, und die Spurenelemente mit dem Brunnenwasser.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: knorbs am 13.Aug.13 um 12:07 Uhr
also die calcium- + magnesium salze (acetate/citrinate) des stark angesäuerten brunnenwassers wird sich im hinblick auf das torfvolumen nicht auswirken. wenn ich dann regelmäßig, vor allem nach regen mit angesäuertem regenwasser nachgieße, werde ich den ph-wert so einigermaßen im bereich um 4 halten können?
Richtig :yes

Zitat
nochwas vergessen....neben dem moor befindet sich ein ca. 1500 L großers wasserbecken (so ein gfk-fertigteich). wenn der teich durch regen überläuft, läuft das wasser ins moor. die erstbefüllung des teichs wird mit brunnenwasser erfolgen, danach je verfügbarkeit mit regenwasser. ich muss also im bereich des übergangs ins moor künftig sehr stark angesäuertes regenwasser (ph ~ 3?) einbringen, damit im moorbereich an der eintrittsstelle nicht der ph-wert schleichend steigt, richtig?

Richtig, oder Du kannst das 1500 l Wasserbecken gleich ansäuern, wenn Du das Wasser nicht noch für andere Zwecke brauchst.

Der pH-Wert vereinheitlich sich sehr schnell im gesamten Moor, wenn es nass ist.

Die Erstbefüllung mit Regenwasser wäre besser als mit Brunnenwasser, wie Claus schon andeutet. Aber wenn Du für die Befüllung nur 400 Liter Wasser brauchst, sollte es keine grosse Rolle spielen.
Sonst kannst Du auch einfach auf Regen warten. In Deutschland fällt im Mittel pro Jahr 40 cm mehr Regen als verdunstet.
Ein 4 Meter tiefer Pool wäre also nach 10 Jahren vollgeregnet, auf Reunion an der Wetterseite in 3 Monaten.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

knorbs

#5
ja claus...meinte 6 KH dH, gemessen mit so einem tröpfchenreagenz zur bestimmung der KH im aquarienwasser. ja, ist mir schon klar, dass das mit dem brunnenwasser suboptimal ist. aber ich muss das ding aus bestimmten gründen jetzt fertigstellen + in meiner gegend sagen sie schon wieder schönwetter voraus. :-D pflanzen kommen jetzt eh nicht rein. erst soll sich mal über herbst/winter das ganze setzen + mit regenwasser voll saugen. den gfk-teich werde ich wieder abpumpen + abwarten, bis er voll regenwasser ist. habe 2 x 300 L-behälter an eine dachrinne (beschichtetes alu) angeschlossen. wenn's  mal wieder ordentlich regnet, ist der teich schnell voll.

ich habe bei pur den hinweis bekommen, künftig mit schwefelsäure anzusäuern, da die leicht biologisch abbaubaren acetate/citrinate, die ich durch verwendung der zitronensäure bzw. essigsäure für das brunnenwasser geschaffen habe, im laufe der zeit in stabilere sulfatverbindungen umwandelt.

also bis jetzt habe ich 8 torfballen reingepackt, werde aber noch ca. 3 ballen brauchen. dann noch ~300 L regenwasser + 2x 200 L auf ph ~3,7 angesäuertes brunnenwasser. aber die oberen schichten des torf sind noch ziemlich trocken, so wie der torf aus den ballen halt rauskam. wenn ich den jetzt ohne weitere wasserzufuhr in den kommenden angesagten sonnigen tagen so liegen lasse, befürchte ich, dass der torf zu trocken wird + sich nachher nicht mehr vollsaugt. evtl. unbegründet?.

Claus

Zitat von: knorbs am 13.Aug.13 um 15:27 Uhr
aber die oberen schichten des torf sind noch ziemlich trocken, so wie der torf aus den ballen halt rauskam. wenn ich den jetzt ohne weitere wasserzufuhr in den kommenden angesagten sonnigen tagen so liegen lasse, befürchte ich, dass der torf zu trocken wird + sich nachher nicht mehr vollsaugt. evtl. unbegründet?.

Ja, wenn der Torf einmal richtig durchgetrocknet ist, kannst du ein paar Wochen Urlaub nehmen bis er bei Regen wieder vollgesogen ist.

Bei meinen kleinen Mengen für die Mörtelwannen fülle ich den trockenen Torf in eine Schiebkarre, gebe 10 Liter Wasser dazu und knete das Ganze manuell durch bis eine dicke Pampe entsteht. Bei deinen Mengen müsstest du dir Aspiranten aus dem Fitness-Center dafür abwwerben.   grins Ich nehme reinen Torf aber nur bis zur Oberkante der Wasserspeicher, darüber kommt dann ein Gemisch aus Torf und Quarzsand 1:1. Ich finde, die Pflanzen mögen dieses etwas lockere Substrat mehr als reinen Torf, auch für Carnivoren.

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knorbs

ja, so hab ich das bisher gemacht gehabt...bis zur oberkante der wasserspeicherbehälter (umgedrehte 40 L mörtelkuften aus PE mit luftlöchern + andere größere schwarze plastiktöpfe) den torf in die spalten reingestampft. der ist auch gut nass. aber mir wurde dann von jemanden geraten auch für die obere schicht reinem torf zu nehmen + nur bei bedarf für bestimmte pflanzen für die pflanzstelle ein 1:1-gemisch aus torf/quarzsand zu nehmen. ich könnte ja für die noch einzubringenden 3 torfballen das substrat mit quartzsand + groben sandriesel mischen.

purpurea †

Norbert,ich würde sagen reiner Torf verdichtet zu sehr. Ich hatte im meinem kleinen Moor
ganz am anfang reinen Torf(Hochmoorweisstorf, baltige Herkunft).Das alles klumpte mit der Zeit zusammen.Ich würde nur 50% Torf nehmen.
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast Du es hinter Dir.

Berthold

Zitat von: knorbs am 13.Aug.13 um 15:27 Uhr
ich habe bei pur den hinweis bekommen, künftig mit schwefelsäure anzusäuern, da die leicht biologisch abbaubaren acetate/citrinate, die ich durch verwendung der zitronensäure bzw. essigsäure für das brunnenwasser geschaffen habe, im laufe der zeit in stabilere sulfatverbindungen umwandelt.

Norbert, mit der Schwefelsäure wäre ich vorsichtig, denn einige Salze der Schwefelsäure sind nicht besonders pflanzenverträglich oder düngen.

Ich habe mal ein Substrat für Cypripedium acaule mit Eisendünger (Eisen-2-Sulfat) auf pH 4 eingestellt. Alle Sämlinge sind abgestorben.

Die Verlängerung des Torfes mit Quarzsand halte ich für eine sehr sinnvolle Massnahme. Du kannst an Stellen der Oberfläche auch unterschiedliche Sandkonzentrationen erzeugen.  So wächst z. B. Sumpfbärlapp nur an Stellen mit viel Sand.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

knorbs

so, ich habe nochmal 3 ballen rein, aber ich werde wohl noch 2 ballen brauchen + die dann mit quarzsand + groben sandriesel strecken. hab mir das auch so vorgestellt...ein bisschen modellieren mit schlenke + an anderer stelle erhöht, so entstehen auch unterschiedliche feuchtezonen. habe ein loch im torf gebuddelt  + in dem wasserloch gemessen...ph 3,5. hätte ich dest. wasser gehabt, wäre dieser wert wohl auch in etwa rausgekommen. das wird schon. jetzt soll alles erst mal zur ruhe kommen. wenn dann die herbstregen drübergehen + die winter- + frühjahrsnässe, dann hoffe ich im frühjahr, wenn ich mit dem pflanzen einsetzen anfange, dass der ph-wert um 4-4,5 ist. werde erst mal robusteres reinsetzen + sehen, wie sich die pflanzen machen. Pogonia ophioglossoides habe ich in einer mörtelkufte eh schon genügend. mit der kann ich ja testen. vielen dank für eure tipps. :blume

Berthold

Zitat von: knorbs am 13.Aug.13 um 21:30 Uhr
. Pogonia ophioglossoides habe ich in einer mörtelkufte eh schon genügend. mit der kann ich ja testen. vielen dank für eure tipps. :blume

Norbert, ich glaube, Pogonia verträgt so saures Milieu nicht gut, während Cypripedium acaule es braucht, um nicht abzufaulen. Den niedrigen pH-Wert vertragen die Fäulnisbakterien nicht
Bei mir ist Pogonia aus dem Torf in die lockere luftige Sphagnumschicht darüber gewachsen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Ich habe mit Pogonia im völlig sauren Moorbeet keine Probleme, sie vermehren sich bereits durch Ausläufer.
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knorbs

#13
wie haltet ihr es mit Sphagnum im moorbeet? es wuchert ja ziemlich schnell. so ganz ohne möchte ich es nicht haben. lässt sich das Sphagnum gut kontrollieren oder hat man sich die "pest" reingeholt, wenn es erst mal drin ist, da es aus jedem fitzelchen wieder austreiben kann? es gäbe ja so schöne rötliche formen, die niedriger bleiben als das starkwachsende grüne.

Berthold

#14
Es gibt viele langsam wachsende Arten, die man unbedingt im Moor installieren sollte. Ich hatte eine Sphagnum-Art, auf der sogar rundblättriger Sonnentau gewachsen ist.
Die Farbe des Sphagnum hängt stark von der Bestrahlung ab und ist nicht sehr artspezifisch. Die langsamen Arten haben kleine Köpfe und bilden dichtere Oberflächen.

Eine andere schnellwachsende Art hat aber inzwischen zusammen mit Gras alles überwachsen. Das ist sehr schlecht. Das schnelle Sphagnum kann ich zwar für die Epiphytenkultur ernten, aber für ein kleines Moor ist es die Hölle.

Bis das Sphagnum selber das Moor sauer hält dauert sehr lange und ist nur bei grossen Mooren realisierbar.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)