April/Mai 2011 auf Kreta

Begonnen von Claus, 05.Jun.11 um 23:06 Uhr

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Claus

Die an Orchideen reichsten großen Mittelmeerinseln sind Rhodos, Kreta und Zypern. Am 23.4.2011 haben wir uns ins Flugzeug gesetzt und sind zum zweiten Mal nach Kreta geflogen. Da sich der Flug verspätete und unser Hotel ,,Pilot Beach" in Giorgiopoli 120 km vom Flughafen Iraklio entfernt ist, kamen wir dort etwas hungrig erst nach Mitternacht an und waren erstaunt, doch noch zu Abend essen zu können.

Das Hotel ist modulartig ein- bis zweigeschossig gebaut und auf einem riesigen Gelände zwischen Meer und Wildnis angeordnet, wir wohnten im Gartenteil nicht weit von der Wildnis entfernt:



Giorgiopoli ist ein kleinerer Ort im Westen der Insel und im Gegensatz zu vielen anderen Urlaubsorten mit einem feinsandigen Strand gesegnet. Wir aber sind nicht so fürs Strandleben und mieteten uns gleich am nächsten Morgen in der uns schon bekannten und bewährten Autovermietung Ethon einen kleinen Flitzer. Der kostete auch nur ca. 60% eines durch Hotel oder Reisegesellschaft vermittelten gleichwertigen PKW. Nun hatten wir komplette 14 Tage vor uns, zwar schon etwas spät für die Orchideensuche, aber der Winter 2011 war auf Kreta lang, und somit war es noch nicht zu spät.

Eine Anmerkung zu den Namen der Arten: Besonders bei Ophrys bin ich nicht sehr sicher, außerdem hybridisieren viele. Wenn jemand Namen korrigieren kann ändere ich das dann gern.

2007 waren wir erst- und letztmalig auf der Insel und steuerten daher die uns schon bekannte Ausgrabungsstätte bei Armeni südlich Rethimno an, fanden dort aber verschlossene Tore vor. Hier gibt es Orchis italica, Aceras anthropophorum, Ophrys heldreichii, tenthredinifera und bombyliflora, aber beim Blick durch den Zaun war nicht viel zu sehen. Hier die Ophrys bombyliflora:



Also weiter nach Spili, ca. 25 km südlich von Rethimno, Bischofssitz und Touristenort, bekannt durch seine ca. 30 Wasser speienden Löwenköpfe. Am Straßenrand immer wieder Hinweise auf Gelände, das ,,orchideenträchtig" aussieht. Wir fanden dort einige Orchis italica und auch die ersten Gynandris sisyrinchium:



Aus Macchia-Flächen lugen Anacamptis pyramidalis hervor, gut geschützt gegen den Schafsverbiss::



Fährt man von Spili nach Gerakari, so gibt es zunächst eine sehr kurvige Fahrt, bei der rechts und links die gelbe Junkerlilie (Asphodeline lutea) auffällt:



Am Ende eines grünen Hochplateaus in einer scharfen Linkskurve ist links ein Parkstreifen und rechts über einen Feldweg erreichbar in ca. 800 m Höhe ein riesiges Orchideengebiet, das wir beim letzten Besuch gar nicht vollständig absuchen konnten. Ein Teil ist eingezäunt, und das hat auch seinen Sinn; denn dort wimmelt es von Schafszecken, auch die gegenüber liegende Wiese ist verseucht, wir haben es diesmal gar nicht erst riskiert.

Schon am Straßenrand und hinter dem Zaun ist Orchis laxiflora in großen Stückzahlen zu finden:



Übertroffen wird das nun noch durch die große Anzahl an Orchis italica:





Immer wieder Orchis laxiflora in hellerer oder dunklerer Färbung:



Noch auf dem geraden Teil des Feldwegs eine Orchis lactea, wobei man vorsichtig mit der Benamsung sein muss; denn hier gibt es auch Orchis tridentata und die zugehörigen Hybriden beider Arten. Ich nenne diese einmal O. lactea:



Ab einer Rechtskurve links ein Macchiagelände, und hier fängt das Orchideenwunderland erst richtig an, es sind nicht Hunderte sondern Tausende oder Zehntausende Orchideen auf einem relativ kleinen, glücklicherweise landwirtschaftlich nicht durchgehend genutzten Gelände.  Orchis pauciflora:



Ophrys sphegodes:



Orchis sitiaca:



Schon weitgehend ruinierte Neotinea maculata:



Massenhaft Orchis boryi:

https://c1.staticflickr.com/1/781/22982280290_4e060275a8_b.jpg

Ophrys aus der fusca-Gruppe, davon gibt es auf Kreta mehrere endemische Arten. Ich kann sie nicht zuordnen, wahrscheinlich einfach Ophrys fusca:

https://c1.staticflickr.com/1/637/23251999596_e7df249781_b.jpg

Und dann die sicula-Gruppe, Ophrys phryganae und Ophrys sicula, ich kann sie nicht unterscheiden:



Und sind dies alles Ophrys heldreichii, oder mogelt sich da schon eine Ophrys episcopalis unter?







Das war für den ersten Tag schon ganz schön reichlich. Falls gewünscht setze ich das fort.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

orchitim

Diskutiere niemals mit Idioten. Sie holen dich auf ihr Niveau und schlagen dich dort mit Erfahrung.

Ute Rabe

Na klar ist das gewünscht! Tolle Impressionen der Blütenfülle! :thumb
Gruß, Ute

"I've learned that people will forget what you said, people will forget what you did, but people will never forget how you made them feel." - Maya Angelou

http://www.flickr.com/photos/wendy0307

Ralla

Zitat von: Claus am 05.Jun.11 um 23:06 Uhr
Falls gewünscht setze ich das fort.


Da bekomme ich doch Lust auf Urlaub. Bitte unbedint fortsetzen!  :thumb
Liebe Grüsse, Carola     

'Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.' - Thomas Mann

Natascha

LG Natascha :to_pick_ones_nose:

Eveline†

Ja, bitte unbedingt fortsetzen  :-)

Claus

#6
Die nächsten Tage waren weitgehend orchideenfrei.

Längs durch Kreta läuft eine 2- bzw. 4-spurige Schnellstraße. Es gibt viele Geschwindigkeitsbegrenzungen und auch viele Radaranlagen. Uns wunderte, dass die Griechen sich überhaupt nicht an die Vorgaben halten und auch das Überholverbot oder verbotene Linksabbiegen auf die Schnellstraße völlig  ignorieren. Am letzten Tag klärte uns ein Einheimischer auf. Man hat zwar die Radaranlagen installiert, aber dann durch Parlamentsbeschluss nicht in Betrieb genommen, weil es ja sein kann, dass auf dem Foto eines Sünders aus dem Parlament die daneben sitzende Dame nicht seine Ehefrau ist.

Wenn man an der Schnellstraße bei Episkopi abbiegt und in Richtung Argiroupolis fährt, so gibt es ein Hinweisschild auf Lappa, ein historisch wichtiges Dörfchen mit vielen noch erhaltenen oder ausgegrabenen Sehenswürdigkeiten aus allen möglichen Zeiten. Am Dorfplatz ist eine kleine Unterführung, darin ein Kosmetikladen mit Produkten aus Kreta-Avocadoöl, und dort kann man einen Plan über die Sehenswürdigkeiten erhalten. Am besten trinkt man aber erst einmal an der Mauer einen griechischen Kaffee mit Keks oder Kringel. Gegründet wurde das Geschäft durch eine Kanadierin, welche die Liebe nach Lappa brachte. Wir stolperten vor 4 Jahren über ihr gutes Englisch und lobten sie dafür, so klärte sie uns auf. Die Frucht der Liebe bediente uns diesmal, eine hübsche junge Dame, ihr Englisch nun mit stark griechischem Akzent.

Auf dem Rundgang durch das Dorf kommt man u.a. an einem römischen Tor vorbei, auf dem noch die Inschrift ,,OMNIA MUNDI FUMUS ET UMBRA" teilweise zu lesen ist. ,,Alles auf der Welt ist Rauch und Schatten" passt ja auch in unsere Zeit.



Weiter unten sieht man die Reste einer ionischen Säule:



Hier ist ein Blick in eine der vielen griechisch-orthodoxen Kirchen:



Besonders beeindruckend St. Georg, der Vorgänger von Monsanto & Co. als
Vertilger allen Ungeziefers:



In der Nähe von Lappa gibt es sehr viel Wasser und einen kleinen Wasserfall. Dort stapeln sich die Busse mit den vielen Touristen. Man kann aber zu Fuß vom Kirchplatz in Lappa einen touristenfreien gepflasterten Weg absteigen, allerdings kann man sich dort auch gut verlaufen, so wie uns das passierte. Statt Wasser und kühlen Getränken gab es allenfalls ein paar Blümchen:



Wieder auf den richtigen Weg gebracht kamen wir an dem erfrischenden Ort an, wo wir dann mit Kaffee und handgepresstem Orangensaft unseren Kreislauf wieder in Gang brachten.

Zu Lappa gehört auch eine Nekropole, in den Kalkstein gehauene Hohlräume für die Sarkophage, die aber nun im Museum in Rethimno zu sehen sind:



Dass es für unsere Verhältnisse schon ein heißer Tag war, konnte man daran erkennen, dass sogar die Schafe Schatten suchten;



Wir erholten uns am Strand von Georgiopoli mit einem guten Cappuccino:


Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Alexa

Sehr schöne Bilder Claus, danke für den Bericht. Aber ihr ward doch sicherlich nicht nur zwei Tage dort...  :-)
Hast du noch mehr Orchideenfotos?

Claus

Ja, eine ganze Menge, aber ich muss jetzt Nährböden kochen, sonst haben wir nichts für unsere kommenden Grünaussaaten. Geht dann weiter.
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Ohey †

Hallo Claus,
sehr schöne Fotos hast Du da eingestellt. Welche Jahreszeit oder <Monat warst Du auf Kreta.
Viele Grüße
Dieter

Claus

Zitat von: ohey am 16.Jun.11 um 17:35 Uhr
Hallo Claus,
sehr schöne Fotos hast Du da eingestellt. Welche Jahreszeit oder <Monat warst Du auf Kreta.
Viele Grüße
Dieter

Hallo Dieter,
steht oben: 23.4. - 9.5.2011. Wegen des langen und kalten Winters auch auf Kreta war noch nicht viel verblüht.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Claus

#11
Also, ich mache dann doch schon mal weiter.

Akrotiri ist die Halbinsel westlich von Georgiopoli, und Chania ist der dortige internationale Flughafen, der aber erst in der Hauptsaison stärker genutzt wird. Außerdem hat die NATO dort einen größeren Militärflughafen. Der nördliche Teil der Halbinsel ist ziemlich wild, trocken und unwirtlich, dort gibt es seit alten Zeiten Klöster, die auch heute noch teilweise recht unzugänglich sind. Wir verfuhren uns mal wieder und landeten in den Außenbezirken von Chania, da kann man dann nur noch nach Gefühl und Himmelsrichtungen agieren, sonst fährt man für immer im Kreis.

Das Kloster Moni Gouverneto war mal wie meistens verriegelt, so ließen wir das Auto dort stehen und wanderten einen uralten gepflasterten Pfad hinab zum Meer, so ca. 300 m Abstieg. Unterwegs kamen wir an der Bärenhöhle vorbei, wo ein heller Stalagmit einen Bären vortäuscht:




Im 10. Jahrhundert lebte dort ein Eremit, der von einem Bauern für ein wildes Tier gehalten und erschossen wurde. Weiter unten kommt man zum verfallenen Kloster Katholiko, das immer wieder von Seeräubern überfallen wurde, weshalb sich die Mönche dann nach oben zurückzogen:





Die Gegend ist wild und bis auf diesen Pfad völlig unerschlossen:



Von dort kann man über einen steinigen Pfad zum Meer absteigen. Es ist dort schwül, und die Vegetation zeigt bereits blühende Drachenwurz:



Die Küste ist rein felsig, man kann aber hinabklettern und ein längeres Stück geschützt wie in einem Kanal schwimmen, was sich zwei nackerte Nixen  gönnten. Die sind hier nicht zu sehen zwengs der Moral:



Am Meer sieht man die Felsschichtung sehr schön. Was mag da vor Millionen Jahren abwechselnd passiert sein?



Mangels Orchideen machte ich mal eine Nahaufnahme einer winzigen Pflanze, ihr wisst schon welche:



Aber auf dem Rückweg lugten zwei Anacamptis pyramidalis aus der Macchia.
Also, ganz orchideenfrei ist Akrotiri auch nicht!



Auf der Rückfahrt machten wir noch einen Halt an dem jetzt geöffneten Kloster Agia Triada und stiegen den Mönchen aufs Dach:



Wenn man dann wieder auf der Schnellstraße Richtung Georgiopoli ist und bei Kalami abfährt, kann man die antike Stadt Aptera besichtigen. Nun, zu dieser Uhrzeit war eine Besichtigung nicht möglich, aber auch von außerhalb des Zaunes konnte man die Ruinen bewundern. Kreta ist ja oft umkämpft worden, und die Türken hatten die Insel lange Zeit im Griff, aus dieser Zeit stammt auch das Kastell:



Die Wucherblumen blühten:



Der Ausblick vom Kastell über die Bucht von Kalieves war sehr schön:


Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Alexa

Sehr schön Claus.
Wie warm war es denn da schon? Wetter beständig?

Claus

Wir hatten herrliche Tage, tagsüber über 20°C, abends etwas kühler. Es gab einen Gewittersturm mit massivem Regen, manchmal leicht bewölkt, meistens blauer Himmel. Zum Baden war es mir noch zu kalt, meine Frau ging abends in den Swimmingpool, einige hartgesottene Gäste gingen auch im Meer baden.
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Postpiet

#14
Zitat von: Claus am 19.Jun.11 um 23:13 Uhr
...
Mangels Orchideen machte ich mal eine Nahaufnahme einer winzigen Pflanze, ihr wisst schon welche:



...


Moin,

und der scheint sogar "echt" zu sein, nicht nur eine "var. arzurea" ...


Schönen Gruß

Peter
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