Vernalisieren und Auspikieren von Cypripedien-Sämlingen

Begonnen von Claus, 21.Jul.11 um 13:35 Uhr

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Claus

Das Auspikieren von Erdorchideen aus dem geruhsamen Schlaf im sterilen süßen Medium ist für die Sämlinge mit unglaublichem Stress verbunden, müssen sie sich doch jetzt mit allen Angriffen aus der Umwelt auseinander setzen, Schimmel, Bakterien und nicht zuletzt Nacktschnecken.

Es gibt in der Literatur sehr viele Anregungen wie man das machen soll, wenige davon taugen etwas. Ich habe vieles ausprobiert, letztlich wie auch in meinen Aussaat-Threads habe ich mich zu einer eigenen Arbeitsweise durchgewuschtelt, mit der ich bislang recht gut zurecht komme.

Wenn man sich bei manchen Gattungen auch durchmogeln kann, was die Ruhephase vor dem Auspikieren betrifft, bei Cypripedien geht das nicht, fertige Sämlinge müssen vernalisiert werden, d.h. 3 oder besser 4 Monate im Kühlschrank bei 4°C gelagert werden. Auch 5 Monate sind durchaus möglich, wenn es der Zeitplan erfordert. Nur dann gibt es im folgenden Frühjahr auch einen richtigen Austrieb. Und man sollte die Sämlinge auch nicht zu spät im Frühjahr auspikieren, weil sie ja die Saison voll nutzen sollen.

Wenn es sich um kleine Mengen an Sämlingen handelt, dann kann man das auch im Glas tun, hat man aber Massenkeimungen gehabt und viele Gläser, dann sollte man die Sämlinge vorsichtig aus dem Nährboden ziehen - bei Cypripedien geht das besonders gut, ohne dass die Wurzeln abreißen - und zunächst einmal gut waschen, Leitungswasser ist ok. Normale Cypripedienwurzeln haben kaum Nährboden anhaften, meistens sind das noch Stückchen zwischen den Wurzelstümpfen, die muss man z.B. mit einem Zahnstocher entfernen.

Ich packe dann in ein großes Kirschglas mit breitem Hals ca. 5 cm angefeuchtete - nicht nasse - Perlite hinein und lege dann die Sämlinge als Ballen einfach darauf. Das Glas wird dann ohne Belüftung mit dem Deckel verschlossen. Die Perlite sorgt für hohe Luftfeuchte, nässt aber die Wurzeln nicht; denn der Kontakt von Wurzeln und flüssigem Wasser lässt sie absterben und schwarz werden.

Nach der Vernalisierung kommen die Sämlinge in eine Art Beet, bei mir sind es eben diese Obikisten von 45x35 cm, und in die fülle ich das Substrat etwa 8 cm hoch ein.

Mit den Substraten habe ich viele Versuche gemacht. Camiel de Jong empfiehlt ja ein rein mineralisches Substrat für das erste Jahr. Damit habe ich die schlechtesten Erfahrungen gemacht: Perlite, Seramis, Bims, leicht aufgedüngt, führt zu hohen Verlusten. Ich denke, es fehlt einfach die organische Komponente.

Deutlich bessere Ergebnisse erhielt ich durch direkte Verwendung des käuflichen Cypripediensubstrats: http://gartenorchideen-shop.de/product_info.php?info=p219_cypripedium-spezialerde-10-liter.html

Damit habe ich eigentlich schon recht gute Ergebnisse gehabt. Allerdings ist die Zusammensetzung eigentlich nicht für Sämlinge geeignet, sie ist dafür zu grob, und leider schwankt sie auch von Lieferung zu Lieferung stark. Ich habe daher schon gebrauchtes und leicht aufgedüngtes Gemisch aus Perlite, Seramis und Bims zugefügt, das war dann noch besser, weil das feinere Substrat die Wurzeln besser umschließen kann.

Als Neuestes habe ich diesem Gemisch noch ca. 20% Buchenlauberde zugegeben, dabei gehen dann einige Arten ab wie Schmitt's Katze. Wenn man diese Erde ernten will, dann sollte man in einen Buchenwald gehen und dort nach vom Laub zugeschütteten Gräben und Vertiefungen suchen, dort ist dann die Schicht der verrotteten Blätter dick genug, dass es sich lohnt.

Die Versuche gehen natürlich weiter, aber der jetzige Stand befriedigt mich schon sehr.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Ich habe passerinum im Herbst pikiert und ins Kalthaus auf den Boden gestellt und welche im März pikiert, die 4 Monate im Kühlschrank bei 3° geruht haben.

Die Sämlinge aus der Kühlschranküberwinterung sind alle ohne Ausfälle bestens ausgetrieben.
Die Sämlinge mit der Kalthausüberwinterung sind nur zu 5% ausgetrieben.

Vermutlich standen sie im Kalthaus nicht lange genug hinreichend kalt.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Ich denke, passerinum wird in unserem Klima noch eine richtige Herausforderung. Die Sämlinge treiben schon ohne Vernalisierung im Jahr der Aussaat aus, entwickeln sich dann aber nach dem Auspikieren weniger gut. Außerdem fürchte ich, dass auch die vernalisierten in den heißen Tagen zu leiden beginnen. Warten wirs ab. Vielleicht klappt es in diesem nassen Sommer doch, und dann sind sie ja schon ein Jahr weiter. Für die vielen Kisten habe ich aber auch keinen Kühlschrank für den Winter.  :-D
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purpurea †

Schick mir mal einige. :thumb
In der kühlen "Gruft" ist noch Platz. :rot
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast Du es hinter Dir.

Claus

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