Wollemia nobilis - Die Wollemie

Begonnen von Mr. Kaizer, 15.Sep.08 um 22:55 Uhr

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Mr. Kaizer

Huhu!  :wink

Hab mich neulich mal mit dem Berti drüber unterhalten, jetzt ist es mir gerade wieder eingefallen...

Wollemia nobilis und die nichtvorhandene genetische Varianz, neben ihrer überraschenden Entdeckung mit das interessanteste an dieser Pflanze:

Die ältesten bekannten Fossilien der Wollemie werden auf etwa 90 Millionen Jahre datiert; sie galt als seit 65 Millionen Jahren ausgestorben. Im September 1994 wurden jedoch etwa 250 km westlich der australischen Stadt Sydney im Wollemi-Nationalpark von David Noble 23 Bäume und einige Jungpflanzen entdeckt. Sie waren versteckt in den abgeschiedenen und schwer zugänglichen Canyons der Blue Mountains. In dieser geschützten Umgebung konnte die Wollemie als lebendes Fossil bis heute überleben. Sie gilt als sehr bedrohte Pflanzenart und pflanzt sich im Moment nur klonal fort. Nach Erbgutuntersuchungen der australischen Exemplare wurde festgestellt, dass sämtliche bisher bekannten Wollemien einen Klon bilden, also identisches Erbgut besitzen. Zur Zeit sind drei Populationen mit insgesamt nur etwa 100 Bäumen bekannt.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Wollemia

Hier wird das noch etwas deutlicher beschrieben und andiskutiert:

Im Australian Journal of Botany (November 2000) gaben Wissenschaftler der Australian National University bekannt, dass sie keine genetische Variation im Erbgut der untersuchten Wollemi Kiefern aus beiden Beständen [inzwischen sind es drei Bestände] feststellen konnten. Zwar kann sich die Wollemi Kiefer vegetativ vermehren, durch das Ausschlagen neuer Triebe aus den Wurzeln. Die neu entstehenden Bäume weisen dann das gleiche Erbgut wie der Mutterbaum auf und stellen einen Klon dar. Ungewöhnlich ist jedoch, dass bisher auch bei den Sämlingen, die durch geschlechtliche Fortpflanzung entstehen, keine Unterschiede zum Erbgut der Elternbäume festgestellt wurden. Normalerweise mischt sich das Erbgut der Elternbäume bei der Befruchtung und die Bäume der nächsten Generation weisen ein verändertes Erbgut auf. Die Wissenschaftler können dieses Ergebnis bisher nicht erklären. "Wenn überhaupt, sind bisher nur wenige andere Pflanzenarten bekannt, die eine so geringe genetische Diversität aufweisen."

Auch überrascht die Forscher, dass ein Baum mit derart geringer Diversität so lange bestehen konnte. Dr. Peakall, einer der Autoren der Veröffentlichung, meint: "Bisher wurde immer angenommen, dass genetische Diversität einen Vorteil für die Selektion darstellt. Die Wollemi Kiefer könnte zeigen, dass es für Pflanzen unter bestimmten Lebensbedingungen möglich ist, auch mit geringer genetischer Diversität Tausende von Jahren zu überleben." Doch jetzt fürchten die Wissenschaftler um die seltenen Bäume. Durch die Forschungsaktivitäten und unerwünschte Besucher könnten Pathogene in den Bestand eingeschleppt werden, mit denen die Wollemi Kiefern noch nicht in Berührung gekommen sind. Dann könnte die geringe genetische Diversität ein Nachteil sein, da so die Wahrscheinlichkeit, dass einer oder mehrere der Bäume resistent sind, geringer ist.

Quelle: http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/hintergrund/173006.html
bzw. http://www.kryptozoologie.net/glossar/index.php/Wollemi-Kiefer

Gruß
Robert

Berthold

Zitat von: Mr. Kaizer am 15.Sep.08 um 22:55 Uhr
"Bisher wurde immer angenommen, dass genetische Diversität einen Vorteil für die Selektion darstellt. Die Wollemi Kiefer könnte zeigen, dass es für Pflanzen unter bestimmten Lebensbedingungen möglich ist, auch mit geringer genetischer Diversität Tausende von Jahren zu überleben."
Gruß
Robert

Robert, die genetische Diversität muss eine entscheidender Vorteil in der Selektion der Evolution sein, davon bin ich fest überzeugt. Wenn sich die Umweltbedingungen nicht ändern, braucht die Pflanze natürlich keine Diversität, aber wer wollte das schon garantieren?
Es wird sich bald zeigen, ob ihre genetische Fixierung auch für Marl geeignet ist.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ricarda

Hallo Robert, hallo Berthold,

denke auch, dass genetische Diversität ein Vorteil ist: dass es die Wollemie kaum noch gibt und nur an einem Standort, bestätigt dies doch eher.

Berthold, willst Du die Wollemie im Freien halten? Ist sie frostbeständig?
Ich hab sie im Gardenshop bei Kew Gardens zum Verkauf gesehen...und nicht mitgenommen. Ein englischer Bekannter, der Koniferen sammelt, ist schon ganz gespannt, wieviel Frost seine aushält, wenn sie mal etwas größer ist und er sie rausstellt. Nun ist England / Cambridge wohl auch milder als Marl, oder?

Berthold

Zitat von: Adracir am 16.Sep.08 um 17:21 Uhr
Berthold, willst Du die Wollemie im Freien halten? Ist sie frostbeständig?

Hallo Ricarda, sei begrüsst!
Ich halte die Pflanze hier draussen, stark geschützt zwischen anderen wintergrünen Büschen (Kamelien, Azaleen und Rhododendron). Da sollte wirklich nichts mehr passieren in Marl im Jahre 2008. Am Originalstandort in den Blue Mountains wird es deutlich kälter (ich habe zeitweise mächtig gefroren).
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ricarda

Hallo Berthold,

na dann wünsche ich Deiner Wollemie ein schönes Leben in Marl. Wie groß sie wohl werden wird?

ZitatAm Originalstandort in den Blue Mountains wird es deutlich kälter (ich habe zeitweise mächtig gefroren).

Hast sie selber ausgegraben...cool  ;-)
Nein nein, bestimmt korrekt gekauft.

Geht die Vermehrung auch über Stecklinge? Oder Abmoosen?

Ricarda


Berthold

Zitat von: Adracir am 16.Sep.08 um 19:40 Uhr

Hast sie selber ausgegraben...cool  ;-)
Nein nein, bestimmt korrekt gekauft.

Geht die Vermehrung auch über Stecklinge? Oder Abmoosen?

Selber ausgraben darf man nicht, ausserdem sind sie kaum zu finden, da man sich in einer Schlucht abseilen muss und ich habe keine Übung darin, da ich nie Steinadlereier ausgehoben habe.
Aber die Uni Sydney hat eine kleine Forschungsstaion in den Blue Mountains, dort konnte ich die Pflanzen bestaunen. Gekauft habe ich letztes Jahr hier für 80 Euro (allerdings mit CD). Sie sind in Europa im Preis von 130 schon auf 60 Euro gefallen. Ich denke, die Pflanze entwickelt sich zur Baumarktkonifere für Besserverdienende.

Wie gross sie hier wird kann ich schlecht beurteilen aber mit meinen Sequoia gigantea oder sempervirens wird sie nicht mithalten können.
Eine Sequoia gigantea haben ich vor 36 Jahren im alten Garten gepflanzt, sie ist die grösste im Ruhrgebiet.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

matucana

Hi,

hier in Wuppertal steht auch eine im Garten. Sie wird aber die ersten Jahre Winterschutz erhalten, in Form von Mulch und Kokosmatten.
Schöne Grüße Helli


Ich mag alle Farben, nur schwarz müsen sie sein.

Mr. Kaizer

#8
Zitat von: Berthold am 15.Sep.08 um 23:10 UhrRobert, die genetische Diversität muss eine entscheidender Vorteil in der Selektion der Evolution sein, davon bin ich fest überzeugt. Wenn sich die Umweltbedingungen nicht ändern, braucht die Pflanze natürlich keine Diversität, aber wer wollte das schon garantieren?
Zitat von: Adracir am 16.Sep.08 um 17:21 Uhr
Hallo Robert, hallo Berthold,

denke auch, dass genetische Diversität ein Vorteil ist:

Moin Berthold und Ricarda,

daß genetische Diversität einen entscheidenden Vorteil darstellt ist natürlich unbestreitbar. Genetische Diversität ist die Grundlage für Evolution.
Deshalb ist die Wollemia in diesem Zusammenhang ja auch so interessant. Denn hier kann praktisch keine Neukombination von Genen/Eigenschaften mehr stattfinden, da ja alle Individuen der Gesamtpopulation genetisch identisch sind. (Nur Mutationen im Genom könnten da theoretisch noch neue Eigenschaften einbringen.) Die Wollemia scheint sich sozusagen aus den dynamischen Prozessen der Evolution ausgeklinkt zu haben (wenn man das so sagen darf) bzw. darauf für eine lange Zeit verzichtet haben zu können. Klar: Hier wird das isolierte Vorkommen vielleicht ein entscheidender Faktor sein, sich diesen Luxus leisten zu können.

Zitat von: Adracir am 16.Sep.08 um 17:21 Uhrdenke auch, dass genetische Diversität ein Vorteil ist: dass es die Wollemie kaum noch gibt und nur an einem Standort, bestätigt dies doch eher.

Ricarda, das würde ich so nicht unbedingt sagen wollen, obwohl ein Zusammenhang zwischen der nichtvorhandenen genetischen Diversität und dem isolierten Vorkommen naheliegt. (Ich glaube auch an diesen Zusammenhang.) Andererseits gibt es aber natürlich auch viele Beispiele für Pflanzen mit "normaler" genetischer Diversität, die aber trotzdem nur ein sehr begrenztes Vorkommen haben, aus den verschiedensten Gründen. Aber das ist auch das Problem dabei: Während es sehr viele Beispiele für genetisch "reiche" Pflanzenpopulationen gibt, stellt die Wollemia mit ihrer extremen genetischen "Armut" (auf Diversität bezogen) eine Ausnahme dar.

Man könnte auf der anderen Seite für die Wollemia auch sagen, daß es höchst erstaunlich ist, daß eine Art praktisch ohne genetische Varianz über so eine lange Zeit existieren konnte. Denn hier können bei bestandsgefährdenden Ereignissen (wechselnde Umweltbedingungen, Pathogene, etc...) die Prinzipien der Evolution nicht mehr greifen (Neukombination von Genen, neue Eigenschaften), weshalb die Gesamtpopulation ja auch als potentiell gefährdet gilt.
Es wäre natürlich interessant zu erfahren, wie lange die Gesamtpopulation der Wollemia schon aus Klonen besteht. Vielleicht ist das ja noch gar nicht so lange der Fall?

Naja, so oder so, die Wollemia stellt in diesem Zusammenhang eine Ausnahme dar. Ich bin jedenfalls mal gespannt, wie sie sich in den Gärten der Welt behaupten wird. Denn dort wird sie wohl mit vielen für sie bislang unbekannten Pathogenen in Berührung kommen. Bisher scheint sie sich ja ganz gut zu behaupten, sogar in Wuppertal und Marl.

Gruß
Robert

matucana

Hi Robert,

für Wuppertal, 300 m üNN,  ist es definitv zu früh, etwas zu sagen. Sie steht erst seit 14 Tagen an ihrem Platz und ist schon drei mal beinahe zwei kleinen Kindern zum Opfer gefallen  :wacko :weird :bag

Ich werde im nächsten Frühjahr berichten.

Schöne Grüße Helli


Ich mag alle Farben, nur schwarz müsen sie sein.

matucana

#10
Moin,
ein erster Frühjahrbericht von meiner Wollemi! Die Pflanze hat den Winter ohne Schaden überstanden, und jetzt hat die Polarknospe ausgetrieben. Minimaltemperatur hier war "nur" -15° C. Frostschutz waren nur zwei Kokosmatten, je 0,5 cm dick, und der Schnee.

Schöne Grüße Helli


Ich mag alle Farben, nur schwarz müsen sie sein.

Berthold

Ich fürchte, inzwischen sind alle Wollemia nobilis, die in Deutschland in Gartenkultur waren, abgestorben. Sind jemandem noch Pflanzen in bot. Garten in Kalthäusern bekannt?
Ich glaube, Wien hatte mal Exemplare, angeblich die ersten ausserhalb der Blauen Berge.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

plantsman

Moin,

wir haben in Magdeburg 3 quietschfidele Exemplare. Eins davon ist schon ca. 3,5 m hoch. Auch einer meiner Kollegen hat eine Pflanze zu Hause und die blüht sogar und hat gefruchtet. Leider waren die Samen taub.
Tschüssing
Stefan

matucana

Guten Morgen,

ich krame diesen Faden mal wieder aus. Gartenkultur in D ist wahrscheinlich nicht ganz einfach, sie dürfen nicht austrocknen und bei -8°C etwa ist wohl Schluss. Im Botanischen Garten in Dortmund haben sie einige Exemplare, die zusammen mit den anderen Kalthauspflanzen überwintert werden, aber im Sommer draußen stehen.

In Großbritannien scheint es besser zu gehen. Ich habe mir von dort insgesamt ca. 30 Samen schicken lassen, vier Wochen im Kühlschrank stratifiziert und am 02.01.2019 ausgesät. Bis heute sind drei Sämlinge erschienen. Ich hoffe noch auf ein paar mehr, Keimquote soll etwa 30% betragen. Hier ein Foto von heute, die Pinguicula soll die Trauermücken etwas dezimieren.
Wollemia nobilis by pics-by-helli, auf Flickr
Schöne Grüße Helli


Ich mag alle Farben, nur schwarz müsen sie sein.

Berthold

Hellmuth und ich dachte schon, inzwischen ist diese Pflanzer auf dieser Welt ausgestorben.
In keinem Pflanzenzentrum habe ich sie mehr im Angebot gefunden.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)