B1 das unbekannte Wesen

Begonnen von Berthold, 13.Dez.11 um 15:57 Uhr

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Berthold

In dieser Saison habe ich 2,5g Haferflocken Agar mit Pilzen geimpft aus den Gläsern, in denen es im letzten Jahr die besten Keimerfolge gab.

Die Keimung in den neuen Gläser ist erstaunlicherweise recht unterschiedlich.
In einige Gläser keimten alle Samen, wurden aber kaum grösser als 1 mm.
In anderen Gläsern keimten nur 10% der Samen, die Protokorme wachsen jedoch zügig und bilden gute Triebspitzen.

Wie ist dieser Effekt zu erklären? Ist der Pilz vermischt mit anderen Pilzen oder mit Bakterien verseucht, sodass in den einzelnen Gläsern zufällig unterschiedliche Mischungsverhältnisse vorliegen, die zu unterschiedlichem Keimverhalten führen?

Ich habe auch auf den neuen B1 ausgesät. Dort keimen die allermeisten Samen, allerdings verzögert gegenüber den alten B1.

Dem Agar wurde teilweise 1g/l Düngesalz Nr. 4 zugesetzt. Hiermit konnten in den ersten 2 Monaten nach der Aussaat keine wesentlichen Unterschiede zu dem salzfreien Gel festgestellt werden.

Ausgesät wurde ausschliesslich Orchis elegans Samen. Die ersten Protokorme waren in einigen Gläsern nach 3 Wochen erkennbar (0.5 mm), in anderen nach 4,5 Wochen, bei ca. 22° im Dunkeln.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Uhu

Zitat von: Berthold am 13.Dez.11 um 15:57 Uhr
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Die Keimung in den neuen Gläser ist erstaunlicherweise recht unterschiedlich.
In einige Gläser keimten alle Samen, wurden aber kaum grösser als 1 mm.
In anderen Gläsern keimten nur 10% der Samen, die Protokorme wachsen jedoch zügig und bilden gute Triebspitzen.

Wie ist dieser Effekt zu erklären? Ist der Pilz vermischt mit anderen Pilzen oder mit Bakterien verseucht, sodass in den einzelnen Gläsern zufällig unterschiedliche Mischungsverhältnisse vorliegen, die zu unterschiedlichem Keimverhalten führen?
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eine Mischinfektion halte ich für unwahrscheinlich. Die führt bei mir fast immer zum Verlust. Nur bei sehr langsam wachsenden Schimmelinfektionen, die den Sämlingen genug Zeit geben sich zu entwickeln, kriege ich pikierwürdig Sämlinge.

Komplett gekeimte Aussaaten laufen bei mir oft auch nicht so gut weiter. Auf zu frühes Umsetzten stellen die Protokorme das Wachtum endgültig ein, bei späterem Umsetzen lassen sie sich oft nicht mehr gut trennen. Das Wachstum in ng sitzenden Gruppen kommt auch nach dem Umsetzen in der Regel nicht richtig in Schwung.

Bei der Orchis palustrisgruppe hatte ich bisher, mit 1 Ausnahme, nur verzögerte Keimungen. Zwar meistens nicht sehr viele, die sich dann jedoch gut umsetzen lassen und sich rasch zu pikierfähigen Pflanzen entwickeln. Zusätzliches Futter gebe ich erst im 2.Glas in Form von Blattzusätzen oder einer Prise Neudohum. Michael hatte das ausprobiert, bei geschossener Schneedecke eine gute Alternative.

Dieses Jahr habe ich keine selektierten B1 genommen, sondern was gerade noch da war - im Frühjahr pikierte Dactys. Einen sichtbaren Unterschied konnte ich nicht finden. Darüber führe ich keine Statistik.
Grüße Jürgen

Berthold

Zitat von: Uhu am 14.Dez.11 um 04:46 Uhr
Zitat von: Berthold am 13.Dez.11 um 15:57 Uhr
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Die Keimung in den neuen Gläser ist erstaunlicherweise recht unterschiedlich.
In einige Gläser keimten alle Samen, wurden aber kaum grösser als 1 mm.
In anderen Gläsern keimten nur 10% der Samen, die Protokorme wachsen jedoch zügig und bilden gute Triebspitzen.

Wie ist dieser Effekt zu erklären? Ist der Pilz vermischt mit anderen Pilzen oder mit Bakterien verseucht, sodass in den einzelnen Gläsern zufällig unterschiedliche Mischungsverhältnisse vorliegen, die zu unterschiedlichem Keimverhalten führen?
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eine Mischinfektion halte ich für unwahrscheinlich. Die führt bei mir fast immer zum Verlust. Nur bei sehr langsam wachsenden Schimmelinfektionen, die den Sämlingen genug Zeit geben sich zu entwickeln, kriege ich pikierwürdig Sämlinge.

Komplett gekeimte Aussaaten laufen bei mir oft auch nicht so gut weiter.

Jürgen, es gibt Pilze, die sich optisch ähnlich verhalten wie unser B1, d. h. brav auf der Agaroberfläche bleiben, keine Lufthyphen bilden aber keinen einzigen Samen keimen. Solch einen Kameraden hatte ich mal von Ophryssämlingen selektiert.

Wenn sich solche Kandidaten mit dem echten B1 mischen, hat man ganz schlechte Übersicht über das Geschehen.

Dann habe ich manchmal bakterielle Infektionen auf dem B1, erkennbar an einer Schleimbildung auf der Oberfläche. Der B1 kämpft gegen diese Bakterien, manchmal gewinnt er, manchmal verliert er. Je nach Ausgagng des Kampfen hat man verzögerte, garkeine oder normale Keimung. Sehr unübersichtlich, die Lage.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

O. elegans als Test für die Eignung des B1 halte ich für ungeeignet. Ich habe zwischen 0 Keimung und mittelstarker Keimung auf dem zur gleichen Zeit hergestellten Nährboden bei dieser Art alles erlebt. Und niemals Massenkeimung.

Wenn man den Pilz auf Wirksamkeit überprüfen will muss man Gymnadenia conopsea, Dactylorhiza maculata oder fuchsii, Anacamptis morio und insbesondere Anacamptis longicornu nehmen.

Und, natürlich, steriles Arbeiten. Die Pilze sind sehr empfindlich gegen Infektion von Schimmel, und diese Sporen fliegen überall herum.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Uhu

Zitat von: Berthold am 14.Dez.11 um 09:49 Uhr

Jürgen, es gibt Pilze, die sich optisch ähnlich verhalten wie unser B1, d. h. brav auf der Agaroberfläche bleiben, keine Lufthyphen bilden aber keinen einzigen Samen keimen. Solch einen Kameraden hatte ich mal von Ophryssämlingen selektiert.


schade, schade, wär zu schön gewesen

Claus, verschiedene Linien des B1 mit Arten zu testen, die sich als schwierige Kandidaten gezeigt haben, ist doch gar nicht schlecht. Bei den von Dir Genannten wissen wir wie gut mit B1 sie laufen.

Übrigens waren B1 Aussaaten von Gymnadenia nicht so der Hit. Bleibe da aber am Ball.
Grüße Jürgen

Berthold

Zitat von: Claus am 14.Dez.11 um 09:53 Uhr
O. elegans als Test für die Eignung des B1 halte ich für ungeeignet. Ich habe zwischen 0 Keimung und mittelstarker Keimung auf dem zur gleichen Zeit hergestellten Nährboden bei dieser Art alles erlebt. Und niemals Massenkeimung.

Claus, aber die Keimung von Orchis elegans bzw. der palustris-Gruppe ist doch der eigentliche Selbstzweck. Deshalb muss ich den Pilz nach der Art der Orchidee austesten, nicht umgekehrt.

Aber wenn man den Samen ordentlich mischt und bekommt trotzdem so unterschiedliche Keimergebnisse, kann es doch nur daran liegen, dass der Pilz nicht homogen in den Gläsern verteilt ist. Und das wiederum ist für mich nur bei Mischpilzkuturen oder bakteriellen Verunreinigungen denkbar.

Ich hatte jedoch jetzt bei der asymbiotischen Aussaat noch einen weiteren Effekt bemerkt.
Den Samen von 3 Epiphyten hatte ich 10 Minuten in 3% H2O2 desinfiziert und alle Aussaatgläser sind fürchterlich verpilzt. Der Samen war also nicht pilzfrei.

Bei der symbiotischen Aussaat merkt man das nicht so leicht, denn die Pilzsporen am Samen können sich im B1 nicht so leicht entfalten, sodass man sie nicht optisch erkennt. Aber für die lokale Verdrängung des B1 und damit für die Keimungsverhinderung kann es noch gut reichen.

Also, auch bei symbiotischer Aussaat den Samen bitte sehr sorgfältig desinfizieren. 
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: Uhu am 14.Dez.11 um 18:27 Uhr
Claus, verschiedene Linien des B1 mit Arten zu testen, die sich als schwierige Kandidaten gezeigt haben, ist doch gar nicht schlecht. Bei den von Dir Genannten wissen wir wie gut mit B1 sie laufen.

Übrigens waren B1 Aussaaten von Gymnadenia nicht so der Hit. Bleibe da aber am Ball.

Ich habe ja 2009 auf dem alten B1 eine ganze Reihe von Arten getestet, u.a. auch O. elegans. Ich hatte zwar Keimung, aber nur sehr kümmerliche.

Im August 2011 habe ich auf dem neuen B1 Gymnadenia ausgesät, erste Klasse!

Allerdings habe ich momentan wenig Zeit mich um die symbiotischen zu kümmern. Es wäre notwendig, mal den A36 richtig durchzuchecken mit verschiedenen Arten. Der Q414 scheint dagegen gar nichts zu bewegen. Und dann habe ich gerade noch 10 Pilze bekommen, die Cypripedien keimen sollen. Da habe ich zunächst auf jeden mal ein paar Cyp. reginae-Protokorme gelegt und warte nun ab. Außerdem habe ich sie je 2x archiviert. Mehr geht zur Zeit nicht.

Zum Thema Desinfektion der Samen: Sicherer geht es natürlich mit 0,5% NaOCl, aber Hypochlorit tötet auch gut ab. D.h. 10 min mit 0,5% NaOCl kann dazu führen, dass gar nichts keimt. Ich nehme auch 3% H2O2 für 10 min. Da gibt es Ausrutscher, jawoll.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Claus am 14.Dez.11 um 19:18 Uhr
Zum Thema Desinfektion der Samen: Sicherer geht es natürlich mit 0,5% NaOCl, aber Hypochlorit tötet auch gut ab. D.h. 10 min mit 0,5% NaOCl kann dazu führen, dass gar nichts keimt.

aber wenn man mit nicht explizit sterilisiertem Wasser nachspült, sollte es doch klappen für die symbiotische Aussaat, oder?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: Berthold am 14.Dez.11 um 19:31 Uhr
Zitat von: Claus am 14.Dez.11 um 19:18 Uhr
Zum Thema Desinfektion der Samen: Sicherer geht es natürlich mit 0,5% NaOCl, aber Hypochlorit tötet auch gut ab. D.h. 10 min mit 0,5% NaOCl kann dazu führen, dass gar nichts keimt.

aber wenn man mit nicht explizit sterilisiertem Wasser nachspült, sollte es doch klappen für die symbiotische Aussaat, oder?


Was ist denn nun "nicht explizit sterilisiertes Wasser"? Ist es nun steril oder nicht oder nur levitiert?  :ka :ka :ka
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Claus am 14.Dez.11 um 21:16 Uhr

Was ist denn nun "nicht explizit sterilisiertes Wasser"? Ist es nun steril oder nicht oder nur levitiert?  :ka :ka :ka

Es ist das Wasser aus meinem Wasserkran aus dem Brunnen. Die Keimzahl ist unterhalb des gesundheitlich bedenklichen Limits, sagt meine Gesundheitsbehörde.

Früher war es ein Teil von dem Wasser, das ich über die Kläranlage und die Sickergrube im Garten versickert habe, damals als ich noch einen autonomen Wasserkreislauf betrieben habe.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Na, das kannst du natürlich nicht nehmen. Es ist doch kein Problem, ein Marmeladenglas mit 3/4 Füllung und losem Deckel in den Sicomatic zu stecken.
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Berthold

Zitat von: Claus am 14.Dez.11 um 21:46 Uhr
Es ist doch kein Problem, ein Marmeladenglas mit 3/4 Füllung und losem Deckel in den Sicomatic zu stecken.

nein, natürlich nicht.
Aber der Samen liegt hier nach der Desinfizierung sowieso 2 Stunden zum Trocknen in der Küchenluft. Und das hat bisher nicht die geringsten Probleme bereitet bei der symbiotischen Aussaat.

Für die asymbiotische Aussaat ginge das natürlich nicht so.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: Berthold am 14.Dez.11 um 22:02 Uhr
Für die asymbiotische Aussaat ginge das natürlich nicht so.

Symbiotisch auch nicht! Hab ich ja selbst versucht, Aussaat auf dem Schreibtisch. Einige Zeit ging es gut, dann war alles hinüber.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Uhu

Zitat von: Claus am 14.Dez.11 um 19:18 Uhr

Ich habe ja 2009 auf dem alten B1 eine ganze Reihe von Arten getestet, u.a. auch O. elegans. Ich hatte zwar Keimung, aber nur sehr kümmerliche.

Im August 2011 habe ich auf dem neuen B1 Gymnadenia ausgesät, erste Klasse!

Zum Thema Desinfektion der Samen: Sicherer geht es natürlich mit 0,5% NaOCl, aber Hypochlorit tötet auch gut ab. D.h. 10 min mit 0,5% NaOCl kann dazu führen, dass gar nichts keimt. Ich nehme auch 3% H2O2 für 10 min. Da gibt es Ausrutscher, jawoll.

Ich habe weiterhin ausschließlich auf dem Alten B1 ausgesät. O.elegans brachten aus 2 Herkünften eine befriedigende Anzahl pikierfähiger Sämlinge. Somit bin ich ganz zufrieden.

Samen desinfiziere ich ausschließlich mit H2O2. Lege zum trocknen auf ein frisches Küchentuch. Zur Aussaat desinfiziere ich meine Hände mehrfach gründlich mit entsprechender Einwirkzeit und ziehe einen Mundschutz auf. So funktioniert die Aussaat einfach auf dem schreibtisch im Arbeitszimmer.
Grüße Jürgen

Berthold

Zitat von: Uhu am 14.Dez.11 um 22:51 Uhr
Samen desinfiziere ich ausschließlich mit H2O2. Lege zum trocknen auf ein frisches Küchentuch. Zur Aussaat desinfiziere ich meine Hände mehrfach gründlich mit entsprechender Einwirkzeit und ziehe einen Mundschutz auf. So funktioniert die Aussaat einfach auf dem schreibtisch im Arbeitszimmer.

Ich trage beim Aussäen keinen Mundschutz, sondern halte den Atem an.
Jürgen, aber vielleicht ist Deine Methode doch praktischer.

Ich impfe sterilisierten Agar inzwischen nicht mehr mit verpilztem Agar, auf den schon ausgesät worden ist, sondern erzeuge immer parallel zu den Aussaatgläsern Pilzrückstellgläser, die ich zum Neuinfizieren benutze, wenn die Aussaatgläser gute Keimerfolge gezeigt haben.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)