Lebenserwartung von Orchideen

Begonnen von Ruediger, 28.Apr.11 um 21:55 Uhr

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Ahriman

Berthold, ich fürchte deine Grundannahme trifft oftmals nicht zu. O-)
Der Kronenbereich ist ein extrem dynamischer Lebensraum mit unzähligen räumlich und zeitlich wechselnden ökolgischen Nischen. Die Populationen können da durchaus sehr volatil sein und sind ständig auf dem Vormarsch oder Rückzug.
Langzeituntersuchungen kenne ich eigentlich nur von Barro Colorado Island, und dort hat sich die Epiphytenzusammensetzung innerhalb einiger Jahrzehnte durchaus verändert. Manches was früher häufig war ist seltener geworden und umgekehrt - manche Arten sind verschwunden, andere hinzugekommen.

Auch die Anzahl der Nachkommen pro Elternpflanze kann stark variieren - die meisten pflanzen sich wohl gar nicht fort, einige wenige dafür sehr erfolreich (richtige genetische Ausstattung für den Standort und eine große Portion Glück). Ist im Tierreich meist genauso.

Die Lebensweise von Epiphyten kann man so auch eigentlich nicht pauschalisieren.

r-Strategen wie kleine Zweigepiphyten - etwa Psygmorchis pusilla - können in weniger als 1 Jahr zur Blüte kommen und werden auch bei optimaler Kultur selten älter als ein paar Jahre, blühen sich oft tot. Comparettia fällt auch darunter.

K-Strategen wie große Astgabel-Epiphyten oder Lithophyten - etwa B. phalaenopsis oder große Laelinae brauchen etliche Jahre bis zur Blüte und überdauern dafür im optimalen Fall  Jahrzehnte in denen sie  -  die wenigen die es soweit geschafft haben - regelmäßig blühen und fruchten können.

All diese Strategien funktionieren nebeneinander, keine ist besser oder schlechter, dazwischen gibts natürlich auch alle Übergangsformen.
Das ist ja das Wunderbare an der Evolution - solange es funktioniert ist jeder Weg recht, egal wie absurd oder verschwenderisch er scheint.

Außerdem ist es ein Fehler zu glauben dass sich alle Arten optimal vemehren - viele verlieren den Wettlauf gegen konkurrenzstärkere Nachbarn oder landen in einer evolutionären Sackgasse, spezialisieren sich also quasi zu tode - und sterben aus.
Die allermeisten Arten sind selten und kommen entweder weit verstreut oder nur in eng begrenzten Populationen vor, nur wenige sind so erfolgreich dass sie weit verbreitet und häufig sind (Unkraut).

Wie diese Populationsdynamik im Detail abläuft ist aber wie gesagt kaum verallgemeinerbar und großteils unverstanden da jede Menge Faktoren hineinspielen.

LG,
Christian

Berthold

Christian, ich will gern glauben, dass die Bestände in der Natur sehr stark schwanken.
Die Pflanzen leben in der Natur eben an ihrer Existenzgrenze (im Gegensatz zu Eerikas Gewächshaus, wo sich die Pflanzen nachweislich unkontrolliert vermehren) , die durch ein ziemlich labiles Gleichgewicht der Umweltfaktoren wie Nährstoffe, Licht, Wasser, Konkurrenzpflanzen und Fressfeinden von ganz klein bis gross bestimmt wird, was sich leicht in der einen oder anderen Richtung verschieben kann.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ralla

Zitat von: Berthold am 08.Okt.13 um 10:48 Uhr
Sehr alt wird Welwitschia mirabilis

Nur ist das leider kein Epiphyt sondern ist weitläufig mit den Koniferen verwandt.
Liebe Grüsse, Carola     

'Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.' - Thomas Mann

Berthold

Zitat von: Manne am 25.Okt.12 um 12:19 Uhr
es gibt in erfurt eine gymnadenia in einem garten, die hat über 50 jahre auf dem buckel.
Manne, hast Du die Pflanze dort gepflanzt? Ich fürchte, da hat Dich jemand belogen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

purpurea †

#110
Wie sich doch die altersangaben verändern- :whistle :whistle
Ich glaube die Zeit ist doch sehr schnelllebig. grins

""""Hallo allerseits,
die D. sambucina ist nicht schwerer zu kultivieren als andere Knollenorchideen auch. Das Alter der Pflanzen betreffend habe ich andere Erfahrungen. Knollenorchideen  können recht lange leben. Eine Bekannte von mir in Erfurt hat, bis vor einigen Jahren, eine G. conopea  42 Jahre im Garten kultiviert. Ob die Pflanze immer noch existiert weis ich allerdings nicht.
BG
Manne
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast Du es hinter Dir.

Berthold

Zitat von: purpurea am 27.Jan.15 um 15:29 Uhr
Eine Bekannte von mir in Erfurt hat, bis vor einigen Jahren, eine G. conopsea  42 Jahre im Garten kultiviert. Ob die Pflanze immer noch existiert weiss ich allerdings nicht.
BG
Manne

Solche Aussagen sind mit Vorsicht zu betrachten, da sie nicht ohne weiteres überprüfbar sind.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

purpurea †

Ich denke dass es sich hier um ein und die selbe Pflanze handelt die auf wundersame Weise in kurzer Zeit um ein paar Jahre gealtert ist. :blush: :rot
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast Du es hinter Dir.

Berthold

Hier im Garten ist eine Gymnadenia conopsea nie älter als 7 Jahre geworden (3 mal blühen, dann verschwand sie wieder)
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Berthold


Zitat von: Charlemann am 26.Okt.12 um 10:14 Uhr
Hier noich etwas gefunden eine über 11.000 Jahre alte Pflanze
http://www.innovations-report.de/html/berichte/biowissenschaften_chemie/bericht-8279.html

Wurden inzwischen Pflanzen auf der Erde entdeckt, die älter als 11000 Jahre sind? Gibt es neue Erkenntnisse?
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FlorianO

#115
Lomatia tasmanica fällt mir ein.
https://de.wikipedia.org/wiki/Lomatia_tasmanica

Ah die wurde schon behandelt. Ja das ist korrekt das es sich um ein Fossil handelt. Endgültig kann es wohl nicht geklärt werden ob es tatsächlich der selbe Klone ist oder auch ob die Pflanze noch älter ist. Bei lebenden Pflanzen lässt sich mit Sicherheit nur das Alter eines Baumes bestimmen den man fällt.

orchis pallens

Ich habe eine Orchis morio 2004 gekauft, da war sie schon blühfähig und seitdem hat sie jedes Jahr geblüht, allerdings habe ich immer den Blütenstand nach der Blüte abgeschnitten. Sie ist also 13 Jahre bei mir und bestimmt noch 3 - 4 Jahre älter...
Blumen sind das Lächeln der Erde

Berthold

Jan, hast Du Erfahrung mit Orchis mascula und Ophrys apifera? Diese beiden Arten sind nach meiner Beobachtung im Garten relativ kurzlebig (ohne Entfernen der Blüten).
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orchis pallens

Ophrys apifera habe ich jetzt seit 11 Jahren, aus den 4 Knollen, die ich hatte, sind im Laufe der Jahre 5 geworden, sie blühen jedoch sehr unregelmäßig. Blütentrieb immer gekappt und jährlich umgetopft. Das Foto zeigt eine der Pflanzen, die ich seit 2006 habe in 2015, 2016 hat sie nicht geblüht.

Reine Orchis mascula habe ich keine, nur die Albino-Form, seit einem Jahr.

Orchis mascula ssp. signifera und f. alba habe ich auch schon seit mindestens 6 Jahren, keine Probleme in der Kultur.
Blumen sind das Lächeln der Erde

Berthold

Ja, Jan, aber die Topfkultur mit jährlichem Substratwechsel und der Entfernung der Blüten ist etwas anderes als das Wachstum in der Natur.
Mit dem Substratwechsel werden Stoffwechselprodukte der Pflanze vernichtet und mit der Blütenentfernung werden andere Wachstumsregulatoren in der Pflanze aktiviert als bei ausreifenden Samenkapseln.

Klassisches Beispiel ist auch der zweijährige rote Fingerhut. Er stirbt zu 95% im 2. Jahr nach der Blüte ab. Entfernt man die Blüte, erscheint er im 3. Jahr wieder und bildet eine klein Blüte.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)