Umbenennung der Pflanzen

Begonnen von Eerika, 19.Mär.19 um 13:02 Uhr

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Eerika

Zitat von: Rüdi am 20.Mär.19 um 13:41 Uhr

Wie ist der aktuelle Stand?

Laut KEW gibt es Anacheilium nicht mehr.

Anacheilium cochleatum wäre jetzt: Prosthechea cochleata (L.) W.E.Higgins, Phytologia 82: 377 (1997 publ. 1998).

FlorianO

Die alten Namen sind ja nicht falsch, sie sind ja nur veraltet und können weiterhin als Synonym in dem Katalog stehen damit die Suche weiterhin greift.

walter b.

ZitatWenn die Verwandtschaft so geklärt werden kann, OK

Geklärt werden kann die Verwandtschaft durch den Namen oder deren Änderung nicht, aber dargestellt! Geklärt wird sie momentan hauptsächlich durch genetische Untersuchungen.

Eerika, als Laelia kautskyana wird ein oranges Steinchen mit cinnabarina-Ähnlichkeit gehandelt (auch bei O&M). Ist nochmal etwas komplett Anderes als Laelia kautskyi/Cattleya neokautskyi.
Vielleicht wurde die Art auch nie korrekt beschrieben und ist deswegen nicht bei Kew gelandet. Möglicherweise wurde der Name aber inzwischen eingezogen und ist mit irgendeiner der ähnlichen Arten synonym. Oder aber es musste durch die Namensgleichheit (Withner schreibt in seinem Buch "The Cattleyas and their relatives" von kautskyi/neokautskyi als kautskyana) überhaupt ein anderer gefunden werden...

orchis pallens

Manche Sachen sind meines Erachtens auch völliger Humbug. Nigritella und Gymnadenien in eine Gattung zu schmeißen, trotz erheblicher Unterschiede. Oder Barlia und Himantoglossum, beides völlig verschiedene Pflanzen, Coeloglossum und Dactylorhiza, ich könnte da noch viele Sachen aufzählen.

Aber in dieser Hinsicht sind die Lager sehr gespalten, wie sonst auch, ich bin da sehr konservativ und wenig begeistert für Veränderungen.
Blumen sind das Lächeln der Erde

Stanislav

Zitat von: orchis pallens am 21.Jul.20 um 18:15 Uhr
Manche Sachen sind meines Erachtens auch völliger Humbug. Nigritella und Gymnadenien in eine Gattung zu schmeißen, trotz erheblicher Unterschiede. Oder Barlia und Himantoglossum, beides völlig verschiedene Pflanzen, Coeloglossum und Dactylorhiza, ich könnte da noch viele Sachen aufzählen.

Aber in dieser Hinsicht sind die Lager sehr gespalten, wie sonst auch, ich bin da sehr konservativ und wenig begeistert für Veränderungen.
To rename plants, I want to say that in some cases it is not necessary, but possible, ie debatable (Nigritella - Gymnadenia, Coeloglossum - Dactylorhiza). In other cases, however, it is justified because it eliminates polyphilecity - see the case of Orchis, Anacamptis, Neotinea. Polyphyletic taxon (polyfylum): A group of species that do not have an ancestor that would be common just to them. It is therefore not a matter of arbitrariness of botanical authorities, but of scientific knowledge based on DNA analysis.

Muralis

Ich zweifle die Erkenntnisse von DNA-Studien in keinster Weise an, denn davon verstehe ich nichts. Aber es war nie der Sinn von Namensgebung, verschieden aussehende Sachen gleich zu benennen. Menschen haben seit jeher verschieden aussehenden Dingen verschiedene Namen gegeben, und zwar aus Gründen der Zweckmäßigkeit, eben, um die Dinge zu unterscheiden.
Seit Einzug dieser DNA-Untersuchungen werden nun völlig verschieden aussehenden Pflanzen und Tieren gleiche Namen gegeben und andererseits homogen aussehende Gattungen aufgespalten bis hinunter zu monotypischen Gattungen.

Und das halte ich für eine Pest! Es ist nicht im Sinne des Erfinders und auch nicht zweckmäßig, denn Menschen sollen mit Namen etwas anfangen können. Das Diktat von Genetikern interessiert mich nicht.

Berthold

Wolfgang, es gibt in der Natur aber auch Konvergenz. Die Pflanzen gleichen sich durch äussere Einflüsse optisch sehr stark an, obwohl sie zu völlig anderen Gattungen und sogar Familien gehören.
Sollte man ihnen den selben Namen geben?

Man muss da einen Kompromiss finden.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Eerika

Zitat von: Muralis am 28.Jul.20 um 12:36 Uhr
Menschen haben seit jeher verschieden aussehenden Dingen verschiedene Namen gegeben, und zwar aus Gründen der Zweckmäßigkeit, eben, um die Dinge zu unterscheiden.


:thumb

Ich habe mehrere Standortfotos von Odontoglossum sp. aus Ecuador.

Ich poste die Bilder gerade bei iNaturalist, aber die Odontoglossumbilder kann ich nicht posten!
Odontoglossum gibt es nicht mehr, die Arten, die ich hatte, waren specs. Ich weiss ja nicht, was aus denen geworden ist, als was ich sie posten soll.
Möglichkeiten gibt es viel: Oncidium, Rhynchostele, Cyrtochilum, Otoglossum, Aspasia, Rossioglossum, Miltonia, Cuitlauzina... :sad:

FlorianO

In der Taxonomie geht es nicht darum ähnlich aussehendes einzuteilen, es geht um die Einordnung der Lebewesen in systematische Kategorie, dabei ist die Gentechnik ein ein Werkzeug was in vielen Fällen gut Aufschluss geben kann und zum Beispiel auch nicht gleich offensichtliche Verwandtschaftsverhältnisse aufzeigen kann.

walter b.

Das sehe ich auch so. Sonst könnten wir die Pflanzen in Bäume, Sträucher, rote, gelbe, weiße und gelbe Blumen einteilen...

Muralis

Das mag ja alles recht schön und gut sein für die Taxonomen und vor allem für die Genetiker, die sich hier ihre eigenen Denkmäler setzen können. Aber ich denke doch, dass letztlich die Wissenschaft für die Allgemeinheit arbeitet, von der sie auch bezahlt wird. Und die sollte am Ende auch irgendwo verstehen, was da herauskommt, nicht ausschließlich die wissenschaftliche Elite ( da wundert es mich gerade bei dir Walter, dass du dieses Elitendenken so unterstützt  ;-) ).

Ich würde diese Änderungen ja geistig auch noch irgendwie "derpacken" und hab ja auch eine gewisse Expertise. Aber ich bin schon sehr froh, dass ich meine Bezirksflora schon 2001 geschrieben habe, noch vor diesen genetischen Ergüssen. Ich musste das Vorkommen von über 1400 Pflanzenarten in unzähligen Familien und Gattungen verarbeiten, und da tat ich mir schon leichter, weil die Familien und Gattungen in sich eben homogen waren, da kann man auch als Einzelkämpfer diese Datenfülle ordnen und bewältigen.
Und vor allem - auch meine Leser sollten damit etwas anfangen können. Damals waren Blütenmerkmale entscheidend, nicht Gene. Aber das Niveau, wonach die Pflanzen in Bäume, Sträucher, rote und gelbe eingeteilt werden, das hatte ich doch auch damals deutlich überschritten. Immerhin habe ich eine Menge respektabler Rezensionen einsacken können  :yes (z.B.: https://www.zobodat.at/pdf/NEIL_2-3_0299-0338.pdf#page=13   Seite 311)

Muralis

Ergänzend wäre noch anzumerken: Die Sache mit den brasilianischen Ex-Lälien betrifft das z.B. nicht. Denn da sieht man ja auch, dass sie den mexikanischen Lälien, die eine abgegrenzte, eigenständige Gruppe darstellen, nicht wirklich sehr ähnlich sind, vielmehr den brasilianischen Cattleyen (abgesehen von den Pollinien). Da hat mich Walter definitiv überzeugt  :yes

Überhaupt habe ich bei meinem ursprünglichen Post ein bisschen auf den Putz gehauen, damit die Diskussion ein wenig in Gang bleibt  ;-) In Wahrheit ist das, was ich oder andere hier glauben, ohne Relevanz. Man kann höchstens seine Meinung äußern und die anderer erfahren, aber man kann kaum jemanden überzeugen und schon gar nicht den Lauf der Dinge ändern. Und mich kann grundsätzlich auch keiner überzeugen. Ich hab mich in der Prä-Genetiker-Ära wohler gefühlt und eine Orchis wird bei mir keine Neotinea. Und eine Anacamptis auch nicht. Aber extrem ernst nehmen muss man das alles nicht  grins

FlorianO

Die alten Namen sind ja auch nicht falsch, sie sind nur veraltet  :thumb

Stanislav

Zitat von: Muralis am 31.Jul.20 um 11:40 Uhr
Ich hab mich in der Prä-Genetiker-Ära wohler gefühlt und eine Orchis wird bei mir keine Neotinea. Und eine Anacamptis auch nicht.
The renaming also took place in the so-called "Prä-Genetiker-Ära". E.g. the current Himantoglossum caprinum changed its names as follows:
Orchis caprina 1819
Aceras caprinum 1835
Loroglossum caprinum 1890
Current taxonomy tries to put plants into kinship (monophyletic) groups, which is a more exact approach than subjective evaluation by appearance. It is definitely not a question of taxonomists to build their own monuments.

walter b.

ZitatAber ich denke doch, dass letztlich die Wissenschaft für die Allgemeinheit arbeitet, von der sie auch bezahlt wird.

Aber Wolfgang, das heißt dass die Wissenschaftler empirische Erkenntnisse nach "angenehm oder unangenehm für die Allgemeinheit (wer auch immer das sein soll; ich scheinbar nicht, denn ich lerne gerne dazu)" reihen sollen und letztere ignorieren? Und was macht man dann bloß mit dem (mehr oder weniger breiten, je nach Ansicht, Interesse und Toleranz) Graubereich?
Ich glaube, da könntest Du an Deinem Bild von Grundlagenforschung noch etwas arbeiten.

ZitatUnd die sollte am Ende auch irgendwo verstehen, was da herauskommt, nicht ausschließlich die wissenschaftliche Elite ( da wundert es mich gerade bei dir Walter, dass du dieses Elitendenken so unterstützt  ;-) ).

Also, eine wissenschaftliche Elite ist ja wohl etwas Anderes als irgend eine andere...
Die "die" darf aber durchaus auch ihren Kopf benutzen, wenn es da etwas zu verstehen gibt. Bei gewissen Erkenntnissen gibt es vielleicht auch gar nicht so viel zu verstehen, oft reicht es wenn man näher hinschaut. Zum Beispiel um zu verstehen dass purpurata eine Cattleya ist und sicher keine Laelia. Oder eben auch bei den europäischen Orchideen.

ZitatIch hab mich in der Prä-Genetiker-Ära wohler gefühlt und eine Orchis wird bei mir keine Neotinea. Und eine Anacamptis auch nicht. 

Wie gesagt, in der Grundlagenforschung kann es nicht vordergründig darum gehen dass sich jemand wohl oder nicht wohl fühlt, es geht schlicht und ergreifend um Erkenntnisgewinn.
Wenn Du Dir aber gewisse Zusammenhänge ansiehst, wie zum Beispiel die natürliche Hybridisierung, wird auch das deutlich nachvollziehbarer. Natürlich kann man die Gattung Orchis noch größer machen, aber da sprechen wohl auch einige Aspekte dagegen. Wo sich doch "Orchis" auch sehr wiederspruchsfrei aufteilen lässt. Sinnvoll ist es dabei jedenfalls über die Grenzen Österreich bzw. Mitteleuropas zu schauen und Arten aus dem restlichen Europa und dem Mittelmeergebiet einzubeziehen.

Gewisse Artengruppen der früheren "Orchis" hybridisieren regelmäßig miteinander und mit ehemals anderen früheren (oft monotypischen) Genera, mit anderen "Orchis" hingegen so gut wie nie.
Als Erstes denke ich da an Kreuzungen von Orchis anthropophora mit anderen Arten ihrer Verwandtschaft wie militaris, simia, usw., die ganze Hybridschwärme bilden können.
Oder ist für mich die optische Ähnlichkeit von Neotinea maculata mit N. ustulata ein offensichtlicher Hinweis auf eine Verwandtschaft dieser Arten. Die Häufigkeit von N x dietrichiana bei gemeinsamem Vorkommen der Elternarten erklärt den Rest...
Bei Anacamptis läuft es ähnlich. Hier stellt allerdings die unterschiedliche Blütezeit von A. pyramidalis eine recht effektive Kreuzungsschranke dar (doch kommt auch das vor), vor allem die Arten der morio-Gruppe kreuzen munter miteinander, wo immer sie sich treffen. Seltener mit "Anteriorchis" und "Paludorchis" (wenn man die weiter abtrennt), wobei auch das regelmäßig vorkommt. Interessanterweise aber mit keiner "echten" Orchis oder einer Neotinea, selbst am gemeinsamen Standort.

ZitatAber extrem ernst nehmen muss man das alles nicht

Das bleibt Jedem und Jeder selbst überlassen. Doch ist das doch alles sehr interessant und erweitert den Horizont.