Autoklavieren: von Polypropylen auf Twist/off-Gläser

Begonnen von Matthias, 01.Nov.18 um 08:52 Uhr

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Matthias

Es ergab sich die letzten Monate eine Grundsatzfrage ... . Mein Vorrat an Polypropylenbechern neigt sich dem Ende zu. Ca. 2.000 habe ich noch hier. Es war also Zeit, bei meinem Importeur anzufragen. Zur Antwort kam, wir haben diese nicht mehr im Sortiment, können aber eventuell nochmals bestellen. Für knapp 10.000 Becher samt Deckel 2.700 Euro, liegt mir jetzt als Offert vor.
Also nun wirklich umsteigen auf Twist/off-Gläser. Aber nicht nur das, sondern es bedurfte eines neuen Sterilisators. Den fand ich in Kiew und Stalin wurde schon geliefert. Interessantes Ding und erstaunlich günstig, arbeitet mit 5 bar und knapp 80 dieser Gläser passen hinein. 600 Gläser samt Deckel liegen auch schon bereit. Und nun erhebt sich die Frage ... möchte ich mir wieder eine Sehnenscheidenentzündung beim Öffnen dieser Gläser zuziehen oder Loch bohren und Micropore kreuzweise draufpappen.
Dieser Sterilisator ist so blöd zu befüllen, dass wenn ich die Deckel nur leicht zuschraube, ich sicher beim Herausfischen der Gläser ab und an bloß den Deckel abhebe. Die Gläser stehen in 16 Türmen zu je 5 Gläsern.
Die ganze Mediumzubereitung, der ganze Sterilisationsvorgang wird sich ändern. Die Menge von 7 Litern pro Durchgang wird gleichbleiben, es wird nur beim Mediumabfüllen das Agar gewiss hart werden und geht dann erst in die Sterilisation. Keine Ahnung, ob das Medium dann erneut jene Konsistenz haben wird, die ich brauche.
Grundsätzlich mag ich es nicht, ein eingespieltes, funktionierendes System zu verändern, habe leider keine andere Wahl.
Sterilisator arbeitet eben mit 5 bar und sollte vor dem Erhitzen auf 1 bar aufgepumpt werden. Mit einem Kompressor geht das leicht, mit einer Fahrradpumpe - wie vom Hersteller empfohlen - werde ich zum Schwammerl.
Ob ich die 5 bar erreiche, wird das Manometer zeigen. Stalin ist mit soetwas ausgestattet. Nur gibt die Beschreibung an, dass das oberste Glas 2 cm mit Wasser bedeckt sein muss. Das kann ich nat. nicht durchführen, weder mit Loch im Deckel, noch mit Deckel nur draufgelegt.

Nachdem ich aktuell die Lilium-Art Nr. 106 in der Vermehrung habe, sich also langsam Licht am Ende des Tunnels zeigt, möchte ich nicht aufhören. Mit 6.000 solchen Gläsern sollte ich mein Auslangen finden, das geht von der Bearbeitung her. Und wenn alles passt, sind diese Gefäße ja wiederverwendbar. 
Forscher haben herausgefunden ... und sind dann doch wieder hineingegangen.

FlorianO

Du kannst das ungenutzte Medium während dem Auffüllen auf einem Heizer lassen der auf 50 Grad eingestellt ist und vielleicht bekommst du deinen Stalin schon warm damit das Agar nicht so schnell auskühlt. 80 Gläser ist schon eine Herausforderung. Man sagt der Agar sollte nur 1x aushärten. Ich habe einen Melag da gehen 21 Becher rein. Dann ist mir die Lust am Auffüllen und Stapeln auch schon vergangen.
Ich bin ja von den Gläsern auf Becher umgestiegen wegen dem Gewicht, Preis und vor allem Beleuchtung.

Berthold

Zitat von: FlorianO am 01.Nov.18 um 10:35 Uhr
Man sagt der Agar sollte nur 1x aushärten.

Ich habe Haferflocken-Agar im Zeitabstand von 6 Wochen zweimal bei 120° im Glas sterilisiert. Es gab keine Probleme mit dem Aushärten.
Bei ersten Mal hat sich eine Infektion mit verunreinigtem Pilz im Glas gebildet. Durch die zweite Sterilisation wurde alles abgetötet und die optisch störenden toten Hyphen störten nicht mehr.

Die feinen organischen Komponenten im Agar für die sterile Aussaat werden teilweise durch eine zweite Sterilisation zerstört.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Matthias

#3
https://shop.wienkiew.com/product_info.php?info=p243_autoklaven--edelstahl-age40--fuer-40-glaeser-0-5-liter-oder-28-glaeser-1-liter.html

Stalin

Ich denke, alles in allem kommt es auf einen Versuch an. Agar wird ja nicht 2 x sterilisiert, sondern nur 1x aber vorher entsprechend mit dem Medium aufgekocht.
Ich überlege, diese Lochdeckel nur für die Mediumherstellung zu verwenden. Dann, wenn die Liliensamen oder Sämlinge hineinkommen, durch geschlossene Originaldeckeln wieder zu ersetzen. 3M Mikropore hat vor Jahren, als ich es (selten) für die Orchideen benutzte, schon steril gehalten, sofern 1x kreuzweise verklebt, aber der Nährboden begann nat. zunehmend auszutrocknen. Lilien sind dahingehend möglicherweise robuster als Orchideen, dennoch eingetrocknetes Medium von Glaswandungen zu kratzen, mag ich nicht. Ich erinnere mich auch an alsbald vollkommen rostige Deckeln, sobald diese gelöchert wurden.

Auf jeden Fall habe ich mir jetzt bei amazon den berühmten Eddingtons EasiTwist Glas- und Flaschenöffner in mintgrün mit roten Herzerln drauf bestellt, der selbstredend in keinem modernen Haushalt fehlen soll.
https://www.amazon.de/gp/product/B000H7AFZ6/ref=ox_sc_act_title_6?smid=A3JWKAKR8XB7XF&psc=1
Das war der einzige Öffner, bei dem in der Produktbeschreibung weder die Bezeichnung "körperliche Behinderung", noch "Altersschwäche" vorkam.

Ich fürchte, dass ich die ca. 80 Gläser nach der Mediumabfüllung und vor der Sterilisation nicht irgendwo warm/heiß zwischenlagern kann. Ich probiere es mal, ob der Nährboden nach der Sterilisation noch einmal fest wird.

Wenn diese Methode funktioniert, dann darf noch ein 2. Sterilisator hier einziehen, zumal, wie aus der Beschreibung hervorgeht, mit einigem Zubehör dieser Autoklav zum Schnapsbrennen verwendet werden kann. Vielleicht eröffnet sich damit ein weiteres Feld.

Was ich nicht verstehe, laut Beschreibung, die offensichtlich mit eingien technischen Hilfsmitteln von russisch auf deutsch übersetzt wurde: wenn die Temperatur noch über 30°C ist und der Druck von 5 bar abgelassen wird, dann "schießen die Gläser". Sicherheitshalber werde ich die ersten Autoklavierungsversuche im Freien, in Nachbars Garten durchführen und dabei in Deckung gehen. Ich überlege mir die Installation einer Live-Cam, wer also bei den Schussübungen dabeisein möchte, kann sich die Exekution bequem ansehen. Stalin eben.

Forscher haben herausgefunden ... und sind dann doch wieder hineingegangen.

Claus

Mit diesen Handschuhen habe ich noch jedes Schraubglas öffnen können: https://www.hoffmann-group.com/DE/de/hom/Arbeitsschutz/Handschutz/Chemikalienschutzhandschuhe/Chemikalienschutz-Handschuh-Paar-Ultranitril-492/p/094745?adword=google/de/DSA&gclid=CjwKCAjw6-_eBRBXEiwA-5zHacdt3mKihmTram7uGRIQg6H8wRLitwipbBRq-DdqY-vkfBtaK0EUxRoC0E8QAvD_BwE

Na ja, die Gläser "schießen", wenn sie noch zu warm sind und der Überdruck abgelassen wird. Dann verdampft Wasser im Nährboden spontan. lässt die Deckel fliegen und reißt das Medium ggf. aus den Gläsern.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Matthias

Zitat von: Claus am 02.Nov.18 um 10:42 Uhr
Mit diesen Handschuhen habe ich noch jedes Schraubglas öffnen können: https://www.hoffmann-group.com/DE/de/hom/Arbeitsschutz/Handschutz/Chemikalienschutzhandschuhe/Chemikalienschutz-Handschuh-Paar-Ultranitril-492/p/094745?adword=google/de/DSA&gclid=CjwKCAjw6-_eBRBXEiwA-5zHacdt3mKihmTram7uGRIQg6H8wRLitwipbBRq-DdqY-vkfBtaK0EUxRoC0E8QAvD_BwE

Na ja, die Gläser "schießen", wenn sie noch zu warm sind und der Überdruck abgelassen wird. Dann verdampft Wasser im Nährboden spontan. lässt die Deckel fliegen und reißt das Medium ggf. aus den Gläsern.

Einen verdreckten Stalin zu säubern, stelle ich mir sehr grauslich vor. Also werde ich micht bemühen, die Gläser nicht schießen zu lassen, aufdass sich Stalin nicht inwändig anscheiß.. tut.
Danke Claus, du meinst, dass wenn ich grüne Ultranitril Handschuhe anziehe, die Deckeln ohne Zutun von selbst w.o. geben und aufspringen? Farblich schlägt sich halt dein Ultranitril doch sehr mit meinem Eddingtons EasiTwist. Ich habe es halt auch in meiner Cleanbench gerne ästhetisch ansprechend.
Forscher haben herausgefunden ... und sind dann doch wieder hineingegangen.

Berthold

Zitat von: Matthias am 02.Nov.18 um 12:52 Uhr
Farblich schlägt sich halt dein Ultranitril doch sehr mit meinem Eddingtons EasiTwist. Ich habe es halt auch in meiner Cleanbench gerne ästhetisch ansprechend.

Du kannst ja den Nährboden mit Lebensmittelfarbe harmonisch an die Handschuhe anpassen. Dann passt es doch.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Die grünen Handschuhe haben innen Noppen, dadurch kann man gut greifen, Kraft benötigt es natürlich auch.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Matthias

Ich danke für die konstrukltiven Ratschläge.
Der erste Durchgang hat nicht funktioniert, Deckeln habe ich nur leicht zugeschraubt. In die untersten 2 Ebenen der Gläser scheint es einiges an Dreck hineingepresst zu haben, Nährboden wurde sehr dunkel und riecht verbrannt. Medium wurde auch nicht hart. In keinem einzigen Glas. Temperatur konnte ich gut auf 125°C halten, vom Druck her ging es auf knapp 5 bar. 
Beim heutigen 2. Versuch habe ich die Deckeln fest verschraubt. Ich konnte durch Vorheizen des Autoklaven und schnelles Arbeiten verhindern, dass das Medium dazwischen auskühlt. Nicht alle befüllten Gläser passten in den Sterilisator, 3 blieben übrig und das Medium wurde hart, exakt in dieser Konsistenz, wie ich es brauche. Es lag also nicht an einem gewiss auch schon alten Agar. Erneut wurde zu Beginn der Sterilisator auf 1 bar aufgepumpt. Der Druck bei 125° C stieg dann auf 3,5 bar. Sterilisationsvorgang ist soweit fertig, wahrscheinlich kann ich meine Neugier nicht bis morgen zügeln. Andererseits ist es bereits Nacht hier.
Da die Beschreibung von "Stalin" angibt, dass die obersten Gläser noch 2 cm von Wasser bedeckt sein müssen, bin ich mir unsicher, ob ein Wasserspiegel von bloß ca. 15 cm Höhe den Sterilisationsvorgang ungünstig beeinflusst. Agiere ich laut Beschreibung, dann ginge das ja auch nur bei vollkommen verschlossenen Gläsern, abgesehen davon, sie zum Aufschwimmen begännen, was spätestens dann, wenn die Gläser im Sterilisator vollkommen abkühlen, kontraproduktiv wäre, wenn das Medium irgendwo im Glas pickt. Ich brauche das Medium am Boden und nicht auf der Seite oder gar auf der Innenseite des Deckels. Die sehr beengte Öffnung des Sterilisators verhindert, dass ich die Glas-Türme von oben beschwere.
Es sollte aber möglich sein, wenn alle Gläser im Sterilisator untergebracht sind, ich noch einiges an heißem Wasser hineingieße. Das wäre dann der Versuch Nummer 3.

Forscher haben herausgefunden ... und sind dann doch wieder hineingegangen.

Berthold

Matthias, hast Du mal eine Beschreibung von diesem Sterilisator? Ich weiss überhaupt nicht, wie er wirklich funktioniert.
Ich weiss nur, wie man medizinisches Werkzeug sterilisiert und Nährbodengläser im Küchendrucktopf.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Irgendwie passen ja 5 bar und 125°C nicht zueinander, das kann natürlich daran liegen, dass Luft eingepumpt wird. Ich kenne ja auch nur die Sicomatic-Töpfe, bei denen es besonders wichtig ist, dass keine Luft im Topf ist, d.h. man lässt in der Anheizphase so lange Dampf ab, bis alle Luft entfernt ist. Ich halte dann die Hand in den Dampfstrom, und man merkt dann deutlich den Übergang von warmer Luft zu heißem auf der Hand kondensierenden Dampf. Ist ungefährlich.

Das verbrannte Medium zeigt deutlich, dass die Temperatur viel zu hoch war. Dann hydrolysiert auch der Agar zu Galactose, das Medium wird nicht mehr fest.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Der Steri für medizinische Instrumente arbeite nur mit warmer Luft und sterilisiert trockene Geräte.
Nach Verschluss des Steri wird etwas Luft abgesaugt, damit auch Hohlräume in Instrumenten etwas entleert werden.
Dann wird aufgeheizt auf 135 °C. Dabei steigt der Druck der verdünnten Luft im Steri auf 2 bar.
Nach 30 Minuten herrscht Ruhe an der Instrumenten.

Dieses Verfahren klappt natürlich nicht mit Nährbodengläsern, da darin das Wasser verdampfen würde
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Matthias

2. Fehlversuch: die Gläser, wiewohl fest zugeschraubt, zeigten einen lockeren Deckel, der sich beim nochmaligen Versuch des Festschraubens durchdrehen ließ. Ich hab nun folgende Vermutung (und bitte um Korrektur). Die Gläser bzw Deckeln dieses Twistoff-Gefäße passt nicht. Sie dehnen sich offenbar bei der Hitze auf und dann schießt der Wasserdampf hinein. Kessel ist innen imprägniert, daher rührt der Dreck.
Diese Gläser habe ich verwendet:
https://www.etivera.com/factum-schraubglas-370ml-weissglas-mdg.-to70de-karton-80stk.html?cPath=5_58

Schaut euch mal das Schraubgewinde an, ist das vielleicht "zu kurz"?

Morgen andere Gläser kaufen mit besserem Verschluss und vielleicht weg von diesem Twistoff. Wiewohl ich Deckeln verwendete, die autoklavierbar sind, scheinen sie sich zu sehr auszudehnen.

Klar habe ich Beschreibung von diesem Gerät.
Es ist halt das Übel, von einem funktionierenden Bechersystem jetzt umsteigen zu müssen. Es ist ein Herantasten bis es wieder so klappt, wie ich es gewohnt war. Ist halt alles auch ein Kostenfaktor.
Vor Urzeiten verwendete ich ja mal Marmeladegläser. Die hatten Blechdeckeln und das funktionierte. Werde schauen, dass ich mir mal davon so ca. 100 Gläser besorge.

Zur Temp., wenn das Thermometer 125°C anzeigt, sollte ich mich doch darauf verlassen können.
Forscher haben herausgefunden ... und sind dann doch wieder hineingegangen.

Berthold

Du musst darauf achten, dass bei 125° im Steri der Wasserdampf-Partialdruck in den Gläsern identisch ist mit dem Wasserdamp-Partialdruck im Sterilisator.
Sonst zischt das Medium aus den Gläsern oder es trocknet ein.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Matthias

Du meinst, ein vollkommenes Verschließen der Gläser vor/während der Sterilisation funktioniert nicht?
Forscher haben herausgefunden ... und sind dann doch wieder hineingegangen.