Insektenhotel

Begonnen von stpo2009, 22.Apr.10 um 14:36 Uhr

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Ralla

Ich vermute mal, dass eine kleine Biene, die eine sehr schmale Röhre benutzt, keine 20 cm Tiefe braucht.
Liebe Grüsse, Carola     

'Fantasie haben heißt nicht, sich etwas auszudenken, es heißt, sich aus den Dingen etwas zu machen.' - Thomas Mann

Jürgen a.d.E.

Da lieg ich ja garnicht so falsch.
In meinem Steingarten sind auch wieder einige Brutgänge angelegt und eine Trockenmauer hab ich sowieso.
Dort fühlen sich allerdings auch die Spitzmäuse wohl.


Ruediger

Zitat von: Laetitia am 16.Mai.24 um 09:17 UhrEnde Februar/Anfang März schwirren die Mauerbienen raus und gehen zu ihren sauberen Nisthotels wieder zurück. Das wiederholt sich jedes Jahr

👍

So steigen die Überlebenschancen deutlich wie ich annehme?

Den Stapel aus Platten verschraubst (befestigst) Du, und im Oktober nimmst Du ihn vermutlich auseinander.
Beste Grüße

Rüdiger

Muralis

#93
Die Wirksamkeit von derartigen Nisthilfen für den Bienenschutz wird weit überschätzt. In Österreich gibt es ca. 700 Arten von Wildbienen, in Deutschand auch immerhin über 600. Davon brütet nur ein ganz geringer Prozentsatz in diesen Nisthilfen. Es sind immer dieselben Arten, meist gewisse Osmien (Mauerbienen), die ohnehin häufig vorkommen und nicht gefährdet sind.
Weiters werden die handelsüblichen Nisthilfen, wie übrigens auch hier zu sehen, fast immer falsch produziert, d.h. Niströhren werden stereotypisch ins Stirnholz gebohrt, statt quer zur Faserrichtung des Holzes. Dies führt zu verstärkter Rissbildung entlang der Bohrlöcher, wodurch Brutparasiten in alle Brutzellen eines Nestes eindringen können. An den Nesteingängen kommt es zu verstärkter Faserbildung, wodurch die Flügel der Bienen geschädigt werden.

In Extremfällen werden Bienenhotels verkauft, in denen nahezu keine Bienen einziehen. Der deutsche Wildbienenpapst Paul Westrich versucht seit Jahrzehnten, gegen diese Missstände aufzutreten, offenbar ohne jeden Erfolg.

Natürlich habe ich selbst auch ein Bienenhotel betrieben, weil es mich einfach interessiert. Aber ich habe mein Hotel selbst produziert. Man kann da spannende Dinge beobachten, z.B. farbenprächtige Goldwespen und andere Brutparasiten oder interessante Verhaltensweisen.

Die wichtigste Maßnahme für den Bienenschutz wäre aber eine ökologische Gartengestaltung, die auf regelmäßiges Rasenmähen verzichtet und auf Förderung von bienenrelevanten heimischen Pflanzenarten abzielt, wie Natternkopf, Wiesensalbei, Glockenblumen, Schmetterlingsblütlern (Klee, Wicken, Platterbsen etc.), Kreuzblütler (z.B. Barbarakraut, Ackersenf etc.), Doldengewächse (Giersch, Wiesenkerbel, Bärenklau,...), Dost, Beinwell, und andere. Offene, besonnte Bodenstellen für die Nestanlage sollten auch vorhanden sein, denn die meisten Bienen nisten im Boden. Auch dürre Pflanzenstängel (Himbeere, Brombeere, Karden, Königskerze,...) wären gut.

Ein paar aktuelle Beispiele von meinem Garten:

Die Sandbiene Andrena pontica wurde erst 1972 von dem deutschen Bienenkundler Warncke beschrieben und gilt als selten. Sie kommt hauptsächlich in Oberösterreich vor, der Erstnachweis stammt aus 1984 aus Niederösterreich. Seither wurde die Art hier aber nicht mehr nachgewiesen. Die Weibchen sammeln hautsächlich an Giersch. Ich habe meinen Gierschbestand an der südlichen Hausmauer immer für die Bienen stehen gelassen, und nun ist es mir endlich gelungen, Andrena pontica an meinem Giersch wiederholt nachzuweisen. Ich kann somit die ersten Lebendfotos dieser Art im Internet präsentieren (dort gibt es nur 1 genadeltes Tier aus Slowenien).

Damit nicht genug ist mir noch eine weitere kleine Sandbiene (Andrena) am Giersch aufgefallen, nur etwa 6mm groß. Dank eines befreundeten Bienenkundlers konnte ich das Tier bestimmen. Es handelt sich um Andrena aeneiventris, eine mediterrane Art, die früher nur ganz selten im äußersten pannonischen Osten Österreichs und im Schweizer Wallis vorkam. Klimabedingt scheint sie sich auszubreiten und ihre Vorkommen im Osten zu verdichten. Aber dass die so weit im Westen in meinem Garten Fuß fasst - eine echte Sensation! Aber ich habe meinen Giersch für diese Sensationen in weiser Voraussicht bereit gehalten  :classic
Natürlich gibt es auch von A. aeneiventris keine Lebendfotos im Netz.

Ein Fabriksbesitzer in unserer Bezirkshauptstadt hat sein sandiges Betriebsgelände mit dem Saatgut pannonischer Blütenstauden einsäen lassen. Ergebnis: ich finde dort nach 13 Jahren eine östliche/südliche Bienensensation nach der anderen, 100km außerhalb des normalen Areals. Zuletzt die extrem seltene Lein-Sandbiene Andrena braunsiana, die nur auf blaublühenden Lein-Arten Pollen sammelt. Erstnachweis für Niederösterreich, Zweitnachweis einer Population für ganz Österreich!

So in etwa könnte konsequenter Bienenschutz aussehen. Wenn 10% der Leute ihren Garten so machen würden wie ich, dann wäre die Welt für die Bienen wieder i.O.

partisanengärtner

Nur qualitatives Wachstum hat keine Grenzen.

Rüdi

Zitat von: Laetitia am 16.Mai.24 um 09:17 UhrSeit 5 Jahren habe ich verschiedene Nisthilfe, die ich jährlich Mitte Oktober aufmachen kann und alle Gänge von Milben und Dreipunktkäfern reinige. Die Kokons werden abgeduscht, auf Küchenrollenpapier gelegt und in Pizzaschteln mit Löchern (ohne Pizza) abgelegt. Diese Schachteln bleiben dann vor der Kellertür (also Wintertemperaturen aber mit Überdachung für Regenschutz. Ende Februar/Anfang März schwirren die Mauerbienen raus und gehen zu ihren sauberen Nisthotels wieder zurück. Das wiederholt sich jedes Jahr
Du betreibst also Brutpflege  :Erleuchtung:
Mit gütigen Menschen zu leben, ist wie einen Raum mit Orchideen zu betreten -
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Rüdi

Zitat von: Muralis am 17.Mai.24 um 07:57 UhrDie Wirksamkeit von derartigen Nisthilfen für den Bienenszuchutz wird weit überschätzt.

Ich danke sehr für diesen aufklärenden Beitrag.  :thumb

Schon schwierig einen Bienenkundler in der Region zu erwischen um ihm vor Ort die verschiedenen Bienenarten vorzuführen. Leider ist es den meisten von uns  nicht vergönnt, Fotos der doch blitzschnellen Tierchen zu "schießen". Wir haben zwar im Lande ein Biodokumentationszentrum, aber mangels Personal (wie in vielen Bereichen unserer öffentlichen Dienste)
fehlt die Zeit, sich um solche Dinge außerhalb der Hotspots im Artenbereich zu kümmern. Habe öfters für das Zentrum gearbeitet.
Ich kenne es aus meinem Bereich der Denkmalpflege ebenfalls.

in meinen zusammengebündelten Röhrichten aller Art, Breite, Länge und Dicke schwirren vor allem die wesentlich kleineren Arten, die ich aber nicht beschreiben kann. 
Mit gütigen Menschen zu leben, ist wie einen Raum mit Orchideen zu betreten -
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Kater Karlo

Vielen Dank für den Beitrag, Wolfgang.

Zum Beispiel wusste ich nicht, dass es hier so viele Wildbienenarten gibt. Diese dann auch unterscheiden zu können, ist eine zusätzliche Aufgabenstellung. Gibt es dafür Fachmedien, eventuell spezielle Literatur?
Die auf den zwei ersten Fotos hätte ich im Feld sicher nicht als verschiedene Arten erkannt.
herzliche Grüße
Matthias

Muralis

#98
Zitat von: Rüdi am 17.Mai.24 um 13:50 UhrSchon schwierig einen Bienenkundler in der Region zu erwischen um ihm vor Ort die verschiedenen Bienenarten vorzuführen. 

Das kann ich bestätigen. Die wenigen Bienenkudler, die es überhaupt gibt, wohnen fast immer in den großen Städten, bei uns Linz und Wien, und haben keine Zeit, in einer wenig versprechenden Provinz nach Bienen zu sehen. Der pannonische Osten ist bei uns das Mekka, wo es diese Leute hinzieht.

Ich konnte aber in den letzten Jahren durch aufsehenerregende Sensationsfunde die Aufmerksamkeit auch etwas auf meine Region lenken und so kommt heute ein bekannter Bienenkundler und Buchautor in meinen Garten - ihm fehlt noch ein Bild von Andrena pontica  ;-)

A. pontica hat inzwischen auch Deutschland erreicht. Der bekannte bayrische Bienenkundler Scheuchl hat 2011 die ersten Funde bei Passau getätigt, in der Folge hat sich die Art im angrenzenden Donau- und Inntal ausgebreitet und es wurde 2022 sogar ein Fund im nördlichen Salzburg gemacht. Die Art ist wegen mehrerer nahe verwandter Arten schwer bestimmbar und wird leicht übersehen. Im pannonischen Osten, wo es mehr Bienenkundler gibt, scheint sie aber nicht vorzukommen.

Muralis

Zitat von: Kater Karlo am 18.Mai.24 um 07:32 UhrZum Beispiel wusste ich nicht, dass es hier so viele Wildbienenarten gibt. Diese dann auch unterscheiden zu können, ist eine zusätzliche Aufgabenstellung. Gibt es dafür Fachmedien, eventuell spezielle Literatur?
Die auf den zwei ersten Fotos hätte ich im Feld sicher nicht als verschiedene Arten erkannt.

Die Zahl der Wildbienen ist gar nicht so das Problem, als viel mehr die morphologische Ähnlichkeit vieler Arten. Um bei den Bienen weiterzukommen, ist viel Sitzfleisch und Spezialliteratur nötig. Einige Arten kann man aber doch ganz gut schon im Feld bestimmen, etwa wegen anatomischer Besonderheiten oder weil sie bestimmte Pflanzenarten zum Pollensammeln brauchen. Der durchschnittliche Gartenbesitzer darf sich schon freuen, wenn er z.B. die hübsche, attraktive Knautien-Sandbiene (Andrena hattorfiana) in seinem ökologisch gepflegten Garten mit vielen Knautien findet.

Möchte man aber Besonderheiten, wie die Andrena pontica oder die A. aeneiventris finden und bestimmen, dann kommt man kaum umhin, Belegtiere mitzunehmen und die unter dem Bino mit Spezialschlüsseln zu bestimmen. Die beiden kann man übrigens nicht verwechseln, erstere hat ungefähr 1cm und ist damit deutlich größer als zweitere mit 6-7mm. Man beachte da auch die helle, ganz kurz geschorene Thorax-Behaarung sowie den metallischen Glanz am Abdomen, worauf auch der wissenschaftliche Artname Bezug nimmt. Die kleine Art ist also relativ leicht bestimmbar, da gibt es nicht wirklich ähnliche Arten.

Beim Fotografieren gebe ich Rüdi übrigens recht: Bienenfotografieren ist eine Königsdisziplin. Heuer geht fast jeden Tag starker Wind und die Blüten von Lein und Giersch schaukeln ununterbrauchen. Die Bienen selbst bewegen sich ebenfalls unentwegt. Die scheue Lein-Sandbiene hält sich an den Leinblüten durchschnittlich 3 Sekunden auf. In dieser Zeit muss man an die Blüte rankommen, die Schärfe einstellen und hoffen, dass die Biene das richtige Posing macht und nicht vorzeitig abhaut. Um so ein gestochen scharfes Bild zu schießen, braucht man Können, Geduld und Glück.

Muralis

Fachliteratur vergessen: Ich empfehle 2 Bildbände: Paul Westrich: "Die Bienen Deutschlands" und Heinz Wiesbauer: "Wilde Bienen".

Mit diesen beiden Prachtwerken (beide Ulmer-Verlag) ist einem wirklich geholfen.

Ruediger

Zitat von: Muralis am 18.Mai.24 um 07:58 UhrIch konnte aber in den letzten Jahren durch aufsehenerregende Sensationsfunde die Aufmerksamkeit auch etwas auf meine Region lenken und so kommt heute ein bekannter Bienenkundler und Buchautor in meinen Garten - ihm fehlt noch ein Bild von Andrena pontica  ;-)

A. pontica hat inzwischen auch Deutschland erreicht.

Schön das Du diese Rarität bei Dir gefunden und dokumentiert hast.
Die weiße Hose stehet ihr gut.

Und solche Einwanderer sind herzlich willkommen, da kann man nur hoffen, dass blitzsauber durchgefegte Gärten, noch schlimmer die Schotterpiste ,,Steingarten" immer seltener werden.

Eine Ecke mit Wildblumen im Garten, anstatt nur merkwürdiger Zuchthybriden aus dem Ausland, das wäre schon mal was.

Übrigens hatte ich mal gelesen, diese importierten Pflanzen erhöhen die Pollenlast und Allergien, da sie teils besonders viele Pollen produzieren.
Hier in Berlin gibt es viele Platanen, vor meinem Haus sieht das Auto sehr schnell gelb gepudert aus, und obwohl ich nicht gegen sie explizit allergisch bin, muß ich bei maximalerer Blüte niesen und husten, das zeigt die allergische Reaktion bei immenser Pollenlast.

Natürlich habe ich auch eine Pollinosis (Heuschnupfen) gegen Gräser u.ä.
Beste Grüße

Rüdiger

Rüdi

ZitatEine Ecke mit Wildblumen im Garten, anstatt nur merkwürdiger Zuchthybriden aus dem Ausland, das wäre schon mal was.
Hier jedenfalls schwirrt und summt es nur so. Wenn dann noch die Heide bei mir im Sommer und zeitigen Frühjahr blüht.....
Mit gütigen Menschen zu leben, ist wie einen Raum mit Orchideen zu betreten -
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Ruediger

Ist doch schön, wenn es Leben im Garten gibt.👍

Ok, Bremsen oder Mücken müssen es nicht sein. :whistle
Beste Grüße

Rüdiger

Rüdi

Wenn mein Garten - wenn man den so nennen will - kein Insektenparadies ist, weiß ich nicht, wie eines anders aussehen sollte.
Mit gütigen Menschen zu leben, ist wie einen Raum mit Orchideen zu betreten -
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