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*Der Filmtipp*

Begonnen von Alexa, 03.Dez.08 um 19:21 Uhr

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Solanum

Mir ist noch ein phantastischer Film eingefallen, den ich wärmstens empfehlen kann:

"Garden State" von und mit Zach Braff. Es ist eine mit lakonischem Humor erzählte Selbstfindungsgeschichte, in der so manch schräger Charakter vorkommt. Oder nur schräge Charaktere? Auf jeden Fall superlustig! Den Trailer mag ich nicht so, der ist zu lang, aber wer gucken mag, hier bitte:
http://www.youtube.com/watch?v=u82n0e1mgmQ

Mr. Kaizer

Zitat von: Solanum am 10.Dez.08 um 21:54 UhrAußerdem hatte ich damals den Eindruck, daß der Regisseur nicht genug Distanz zu dem Kerl herstellt, so als wäre er ein Charakter wie viele andere und ganz ok so, wie er ist. Keine Ahnung ob das wirklich so ist, hab den Film größtenteils verdrängt  :-)

Liebe Heike, gerade das fand ich interessant bei dem Film: Man sympatisiert unweigerlich ein bisschen mit dem Mux, auch wenn einige Sachen, die er so abzieht, etwas krass sind. Man redet sich das irgendwie schön. Und dann irgendwann, allerspätestens ab einem bestimmten Ereignis... Peng!... ist die nötige Distanz wieder da.
Wie gesagt, sowas finde ich ganz reizvoll, weil man dadurch als Zuschauer seine eigenen Positionen zur Figur Mux und zu seinen Taten hinterfragen muss.

ZitatOh, ein Lukas Moodysson-Liebhaber!  :blume Hast du Zusammen gar nicht gesehen oder hast du nur nicht die DVD? So oder so weißt du ja schon mal was für deine Wunschliste! Fucking Amal finde ich auch sehr sehr schön, Lilya4ever ist etwas zu hart, um ihn öfter anzusehen, aber auch extrem gut. Sonst kenne ich glaub ich keinen...
;-) Ja, Moodysson ist klasse. "Zusammen!" habe ich noch nicht gesehen, ich zweifle aber nicht daran, daß er mindestens genauso gut wie seine anderen Filme sein wird. "Lilja4ever" (nicht zu verwechseln mit Phals4ever) ist großartig, und "Fucking Amal" ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Der bekommt jederzeit 7 von 5 möglichen Punkten von mir.
Es gibt noch einen weiteren Film von Moodysson mit deutscher Tonspur, der heißt "A Hole In My Heart". Aber ich weiß nicht, ob ich dir den vorbehaltlos empfehlen kann. Der Film ist nämlich ein echter Vorschlaghammer...

Aaaber... Anfang 2009 startet ein neuer Moodysson-Film mit dem Titel "Mammut" in den skandinavischen Kinos! Hier gibt es den Trailer:
http://www.youtube.com/watch?v=HTZ61cIcNyI
(Gael García Bernal in der Hauptrolle, da bin ich aber gespannt!)

Und dafür...
Zitat von: Solanum am 11.Dez.08 um 22:50 Uhr"Garden State" von und mit Zach Braff

...gibt es wieder viiele viiiiele Pluspunkte von mir! Ein ganz wunderbarer Film mit einer ganz bezaubernden Natalie Portman.

Gruß
Robert

Alexa

Zitat von: Mr. Kaizer am 13.Dez.08 um 00:39 Uhr

Und dafür...
Zitat von: Solanum am 11.Dez.08 um 22:50 Uhr"Garden State" von und mit Zach Braff

...gibt es wieder viiele viiiiele Pluspunkte von mir! Ein ganz wunderbarer Film mit einer ganz bezaubernden Natalie Portman.


Hehe, der steht nächstes WE bei uns auf dem Programm. Den hat der Süße schon in die Tasche gepackt.
Bin sehr gespannt!

Mr. Kaizer

Zitat von: Alexa am 13.Dez.08 um 00:41 Uhr
Hehe, der steht nächstes WE bei uns auf dem Programm. Den hat der Süße schon in die Tasche gepackt.
Bin sehr gespannt!

Oha, sehr fein! Der wird dir auf jeden Fall gefallen, versprochen!  :thumb

Mr. Kaizer

#34
Okay, warum nicht mal einen ungemütlichen Film behandeln?

A Hole In My Heart (Ett hål i mitt hjärta)
Wie gesagt, ein Film von Lukas Moodysson. Ein kleiner heftiger Film.
Zur Story: Der Handlungsort ist fast ausschließlich eine Wohnung. Die Akteure sind Rickard, sein Sohn Eric, Rickards Kumpel Geko sowie die junge Tess. Rickard und Geko verbringen den Großteil ihrer Zeit mit Videospielen, wenn sie nicht gerade mit Tess Amateurpornofilme drehen, während Eric im Nebenzimmer sitzt. Dieser hasst seinen Vater und versucht sich mit Noisemusik und verdunkeltem Zimmer völlig von der Welt abzukapseln. Rickard leidet zwar unter der Zurückweisung seines Sohnes, ist aber völlig beziehungsunfähig und deshalb unfähig, an der Situation etwas zu ändern. Ähnliches gilt auch für Geko und Tess, deren tristes Leben sich fast ausschließlich auf Sex konzentriert, während sie emotional verarmen. Als Rickard und Geko eines Tages Tess beim Dreh mit Skimasken und Baseballschlägern überraschen und die Situation eskaliert, flüchtet Tess Hals über Kopf aus der Wohnung. Doch schon am nächsten Tag steht sie mit Einkaufstaschen voller Essen wieder vor der Tür, so als wäre nichts gewesen...
"A Hole In My Heart" ist ein absolut radikaler und schwer verdaulicher Film. Eine Wohnung, vier Menschen, alles auf das nötigste beschränkt. Gedreht wurde mit Handkameras, die dem ganzen einen dokumentarischen Anstrich geben. Die Bilder sind verstörend, teilweise recht hart (es gibt z.B. immer wieder unvermittelte Bildausschnitte von Vagina- und Herzoperationen), die "Musik" besteht großteils aus seltsamen Geräuschen... Alles in diesem Film ist darauf angelegt eine verstörende Atmosphäre zu kreieren, welche wiederum das Seelenleben der vier Protagonisten illustriert. Diese sind gefangen in ihrem tristen, einsamen und lieblosen Leben. Obwohl sie sich alle im Grunde ihres Herzens etwas anderes wünschen sind sie unfähig, aus ihrem Gefängnis auszubrechen.
Und doch findet man (und das ist Moodysson!) selbst in diesem trostlosen Szenario ohne Aussicht auf Besserung Anklänge von Liebe, Freundschaft und Hoffnung durchschimmern.

Also:
Viel weiter weg von Hollywood kann ein Film eigentlich kaum noch sein. Verstörend, provokativ, schonunglos, schwer verdaulich, und ganz bestimmt nichts für einen gemütlichen Abend mit Popkorn und Limo. Ein Film, den viele Leute wahrscheinlich aus tiefstem Herzen hassen werden. Und trotzdem... Wer einen Film auch als Herausforderung betrachtet und auch mit etwas heftigeren Filmen umgehen kann, der sollte "A Hole In My Heart" durchaus mal versuchen. (Keine Jugendfreigabe.)
Mir hat er jedenfalls gut gefallen, obgleich ich daran auch ein bisschen zu knabbern hatte.
Hier der kurze Trailer (leider nur auf Schwedisch), der aber die Atmosphäre ganz gut einfängt:
http://www.youtube.com/watch?v=DA4Ff6G7ZuU
Hier ein längerer unoffizieller Trailer:
http://www.youtube.com/watch?v=ubb7glIO5mc&feature=related

Gruß
Robert

Solanum

Zitat von: Mr. Kaizer am 13.Dez.08 um 00:39 UhrWie gesagt, sowas finde ich ganz reizvoll, weil man dadurch als Zuschauer seine eigenen Positionen zur Figur Mux und zu seinen Taten hinterfragen muss.

und "Fucking Amal" ist einer meiner absoluten Lieblingsfilme. Der bekommt jederzeit 7 von 5 möglichen Punkten von mir.
Es gibt noch einen weiteren Film von Moodysson mit deutscher Tonspur, der heißt "A Hole In My Heart". Aber ich weiß nicht, ob ich dir den vorbehaltlos empfehlen kann. Der Film ist nämlich ein echter Vorschlaghammer...

Irgendwie hab ich das mit dem mehrfach zitieren nicht raus... Naja.

Tja, ich nehme an, daß du recht hast und das so gedacht war vom Regisseur, aber ich konnte mich mit diesem Mux nicht identifizieren, und daß das trotzdem vom Zuschauer erwartet wird (zumindest bis zu einem gewissen Ereignis), hat mich krankgemacht.

7 von 5 Punkten, genau!!  :thumb
Mit dem Porno-Film hast du sicher recht, daß der nichts für mich ist. Aus dem Trailer zu "Mammut" werde ich nicht schlau, muß mal mehr Infos abwarten.

Mr. Kaizer

#36
Zitat von: Solanum am 13.Dez.08 um 23:18 UhrIrgendwie hab ich das mit dem mehrfach zitieren nicht raus... Naja.

Ganz "einfach": Zweites Browserfenster öffnen und kopieren. Komfortabler geht es glaube ich nicht.

ZitatMit dem Porno-Film hast du sicher recht, daß der nichts für mich ist.

Mmmmmmh naja, ein Porno ist es eigentlich nicht, zumindest kein richtiger. Keine wirklich expliziten Szenen, und überhaupt ist der Film nicht gerade stimulierend.
Zitat von: Supermoderator am 13.Dez.08 um 04:32 Uhr
Zitat von: Mr. Kaizer am 13.Dez.08 um 03:09 Uhr
(es gibt z.B. immer wieder unvermittelte Bildausschnitte von Vagina- und Herzoperationen)
Erst dachte ich "BINGO, ein Film für mich!"

Basti, dabei vergaß ich zu erwähnen, daß Geko in einer Szene Tess in den Mund kotzt. Die Trailer zeigen natürlich nicht die pikanten Sachen.
Aber mal Klartext: Ich wüsste nicht, wem ich diesen Film überhaupt empfehlen sollte. Der ist nämlich alles andere als unterhaltend, zumindest im herkömmlichen Sinne. Vor allen Dingen zieht der einen ziemlich runter. Ich sage mal so: Wenn ihr ein paar nette Leute zu Hause habt, richtig gute Stimmung, lustig und nett, und euch geht das auf den Zeiger, dann müsst ihr nur den Film in den Player schmeißen. Danach ist die Stimmung garantiert im Arsch.

Aber wenn du mal einen richtig guten Skandalfilm sehen willst... oder kennst du den vielleicht sogar? ...

Irreversibel (Irréversible)
Ein Film von Gaspar Noé, mit Monica Bellucci und Vincent Cassel, der Skandalfilm von Cannes 2002.
Zur Geschichte: Das Thema des Films ist Rache. (Mehr will ich dazu nicht schreiben.)
Zur Kontroverse: Vor allem die explizite Darstellung eines Rachemordes (Feuerlöscher zerstört Gesicht) und einer brutalen Vergewaltigung haben einiges an Diskussionen ausgelöst,  wie weit Kunst in seiner Darstellung gehen darf, und ob Noé da Grenzen überschritten hat.
Zur Erzählweise: Der Film beginnt mit dem Abspann. Im weiteren Verlauf wird die Geschichte konsequent rückwärts erzählt (machen andere Filme auch, ich weiß), und das klappt ganz wunderbar. Somit beginnt der Film quasi mit dem Ende der Geschichte, und szenenweise geht es dann weiter bis zum Anfang, wobei die einzelnen Abschnitte scheinbar ohne Zwischenschnitte auskommen. Diese Erzählweise ist interessant und verstörend zugleich, weil man immer zuerst mit den Konsequenzen aus den vorherigen Geschehnissen konfrontiert wird, die man aber noch nicht kennt. Ironischerweise endet dieses Drama dann am Ausgangspunkt der Geschichte in einem Happy End, wenn auch mit einem bitteren Beigeschmack. Man weiß ja was kommen wird...
Die Kameraführung ist grandios und verrückt! Sowas habe ich selten gesehen. Auch die Musik, die Stimmung in den einzelnen Szenen (teilweise durch tolle Farben untermalt (Rot und Grün)), symbolhafte Querverweise innerhalb der Geschichte, die schauspielerische Leistung... Alles großartig!

Abseits aller Kontroversen um den Film bin ich der Meinung, daß es sich hier um ein virtuoses Meisterwerk handelt. Von dem Punkt aus würde ich ihn jedem empfehlen. Zur expliziten Gewaltdarstellung habe ich oben ja schon etwas geschrieben. Wer schon mit ungemütlichen Filmproduktionen aus Hollywood Probleme hat, und die sind im Vergleich zu Irreversibel Kindergarten, der sollte seine Finger davon lassen. (Keine Jugendfreigabe.)
Ansonsten: Anschauen!  :thumb

Trailer:
http://www.youtube.com/watch?v=3M32xgAALhU

Kennt ihr den vielleicht schon? Es würde mich sehr interessieren, wie ihr den Film bewerten würdet. Wie gesagt... Für mich ein ganz großer Film.

Gruß
Robert

Berthold

Zitat von: Supermoderator am 14.Dez.08 um 13:16 Uhr
Zwischenmenschliche Ereignisse sind mir fremd,

Du fliegst aber doch in einem Doppelsitzer.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Solanum

Zitat von: Mr. Kaizer am 14.Dez.08 um 02:33 Uhr
Mmmmmmh naja, ein Porno ist es eigentlich nicht, zumindest kein richtiger. Keine wirklich expliziten Szenen, und überhaupt ist der Film nicht gerade stimulierend.


Aber wenn du mal einen richtig guten Skandalfilm sehen willst... oder kennst du den vielleicht sogar? ...
Irreversibel (Irréversible)
Ein Film von Gaspar Noé, mit Monica Bellucci und Vincent Cassel, der Skandalfilm von Cannes 2002.
Zur Geschichte: Das Thema des Films ist Rache. (Mehr will ich dazu nicht schreiben.)
Zur Kontroverse: Vor allem die explizite Darstellung eines Rachemordes (Feuerlöscher zerstört Gesicht) und einer brutalen Vergewaltigung haben einiges an Diskussionen ausgelöst,  wie weit Kunst in seiner Darstellung gehen darf, und ob Noé da Grenzen überschritten hat.

Schon klar, daß das kein Porno ist.

Irréversible sehe ich mir ganz bestimmt nicht an, da rege ich mich ja schon beim Gedanken daran auf. Ich hab den Skandal darum mitbekommen und auch, daß die Vergewaltigung aus einer sehr voyeuristischen Perspektive gezeigt wird. Sowas braucht die Welt nicht, es gibt auch so schon genug Leute, die einer Vergewaltigung etwas abgewinnen können.

Berthold

Zitat von: Solanum am 14.Dez.08 um 17:01 Uhr
Sowas braucht die Welt nicht, es gibt auch so schon genug Leute, die einer Vergewaltigung etwas abgewinnen können.

Heike, ich denke unter den Männern ist es noch die Minderheit. Die Frauen kann ich in dieser Hinsicht nicht einschätzen.

Gruss Berthold
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Mr. Kaizer

Zitat von: Supermoderator am 14.Dez.08 um 13:16 Uhr
Zitat von: Mr. Kaizer am 14.Dez.08 um 02:33 Uhr
Basti, dabei vergaß ich zu erwähnen, daß Geko in einer Szene Tess in den Mund kotzt.
Was war nun eher da, dieser Film oder 2girls1cup? ;-)
Basti, ich vermute, daß 2girls1cup zuerst da war, weiß es aber nicht genau. Außerdem glaube ich, daß die Menschen sich schon viel länger gegenseitig in den Mund kotzen als wir zwei Schöngeister uns vorstellen mögen.

Zitat...aber für meine Begriffe ist nur Schönes Kunst...
Ich kenne eine Dame, die das gleiche sagt. Sie meint aber diesen Schnickschnack, den man bei Nanu-Nana kaufen kann. (Aber das ist trotzdem ok so.)

ZitatZwischenmenschliche Ereignisse sind mir fremd, ich kann mich deshalb schlecht in derartige Filme hineinfühlen.
Das glaube ich dir nicht.

Gruß
Robert

Mr. Kaizer

Zitat von: Solanum am 14.Dez.08 um 17:01 UhrIrréversible sehe ich mir ganz bestimmt nicht an, da rege ich mich ja schon beim Gedanken daran auf. Ich hab den Skandal darum mitbekommen und auch, daß die Vergewaltigung aus einer sehr voyeuristischen Perspektive gezeigt wird. Sowas braucht die Welt nicht, es gibt auch so schon genug Leute, die einer Vergewaltigung etwas abgewinnen können.

Liebe Heike, bitte nicht so viel aufregen. Du erlaubst ein paar Anmerkungen?

Nun ja, voyeuristische Perspektive... In dem Ausdruck liegt ja schon eine Wertung. Ich meine, daß eine Kamera gar nicht anders kann als voyeuristisch zu sein. Und jeder Film bedient in dem Sinne mit dem was er zeigt einen Voyeurismus. Etwas nicht zu zeigen geht aber natürlich auch.

Zugegeben ist Irreversibel in dem, was er zeigt, um einiges drastischer als andere Filme, und gerade bei sexueller Gewalt ist der Film im allgemeinen doch recht zurückhaltend. Im Gegensatz zu körperlicher Gewalt und Mord, die ja allgegenwärtig sind und fast schon beiläufig über die Leinwand flimmern. Es entsetzt wohl kaum noch jemanden, wenn Bruce Willis in einer halben Stunde 10 Menschen umbringt. Und eine moralische Reflexion darüber findet dort bestimmt nicht statt, weder im Film noch beim Zuschauer selbst, und in der Gesellschaft auch nicht. Und ich glaube nicht, daß man einem Menschen, der sich einen Actionfilm oder ein Kriegsdrama oder was auch immer ansieht vorwerfen darf, daß ihm das Töten von Menschen etwas gibt.
Irreversibel erhebt zwar auch nicht den moralischen Zeigefinger (und das ist gut so), verherrlicht aber auch in keinster Weise das gezeigte. Die Reflexion darüber muss schon der Zuschauer selbst übernehmen, und das passiert bei diesem Film würde ich meinen automatisch. Auch die gesellschaftlichen Kontroversen über diesen Film unterstreichen das meiner Meinung nach. Und das ist doch eigentlich auch gut so, wenn Kunst noch gesellschaftliche Debatten und Diskussionen über Moral aufwerfen kann.

Ich glaube fast, daß das eigentlich skandalöse an Irreversibel ist, daß er trotz aller Drastik und Provokation ein so guter Film ist. Sonst würde er irgendwo in der Mottenkiste mit einem FSK18-Aufkleber landen und gut ist. Keiner würde sich darüber aufregen und öffentliche Debatten über seinen Inhalt würden mit Sicherheit nicht geführt werden. Was dort im Film wie gezeigt wird mag bestimmt nicht jedem gefallen und das persönliche sittliche Empfinden ziemlich beleidigen, aber es ist trotzdem (meiner Meinung nach!) ein großartig gemachter Film, der bis ins letzte Detail durchkomponiert ist, und Noé ein ziemlich genialer, ungewöhnlicher und sicherlich auch umstrittener Regisseur.

Ich kann aber trotzdem verstehen, wenn sich Leute diesen Film nicht anschauen wollen. Ist ja auch okay so.

Gruß
Robert

Phil

Auch mal was von mir.

Day of the Wacko (Dzien Swira)

Ein polnisch sprachiger Film, den es nur mit englischem Untertitel gibt. Die DVD mit englischen Untertiteln ist leider so gut wie nicht erhältlich.
Hauptdarsteller ist Marek Kondrat, ein super Schauspieler den ich sehr mag.
Dieser spielt einen Literaturprofessor mittleren Alters der so manch einen Tick hat und etwas depressiv ist. Der Film zeigt einen Tag aus dem Leben dieses "Verrückten". Der Wortwitz ist genial und wahrscheinlich nur für Muttersprachler wirklich gänzlich erfassbar.
Einen Trailer mit englischen Untertiteln habe ich leider nicht gefunden.
Bei youtube gibt es aber viele Filmausschnitte.
Hier noch was zum Film bei imdb: http://www.imdb.com/title/tt0330243/
Der Verstand und die Fähigkeit, ihn zu gebrauchen sind zwei verschiedene Gaben.
Franz Grillparzer

Solanum

Zitat von: Berthold am 14.Dez.08 um 20:06 Uhr
Heike, ich denke unter den Männern ist es noch die Minderheit. Die Frauen kann ich in dieser Hinsicht nicht einschätzen.

Ich hatte deinen subtilen Humor schon fast vermißt, Berthold.

Zitat von: Mr. Kaizer am 14.Dez.08 um 23:29 Uhr
Ich meine, daß eine Kamera gar nicht anders kann als voyeuristisch zu sein. Und jeder Film bedient in dem Sinne mit dem was er zeigt einen Voyeurismus. Etwas nicht zu zeigen geht aber natürlich auch.

Es entsetzt wohl kaum noch jemanden, wenn Bruce Willis in einer halben Stunde 10 Menschen umbringt. Und eine moralische Reflexion darüber findet dort bestimmt nicht statt, weder im Film noch beim Zuschauer selbst, und in der Gesellschaft auch nicht. Und ich glaube nicht, daß man einem Menschen, der sich einen Actionfilm oder ein Kriegsdrama oder was auch immer ansieht vorwerfen darf, daß ihm das Töten von Menschen etwas gibt.

Irreversibel erhebt zwar auch nicht den moralischen Zeigefinger (und das ist gut so), verherrlicht aber auch in keinster Weise das gezeigte. Die Reflexion darüber muss schon der Zuschauer selbst übernehmen, und das passiert bei diesem Film würde ich meinen automatisch. Auch die gesellschaftlichen Kontroversen über diesen Film unterstreichen das meiner Meinung nach. Und das ist doch eigentlich auch gut so, wenn Kunst noch gesellschaftliche Debatten und Diskussionen über Moral aufwerfen kann.

Klar darfst du Anmerkungen machen, Robert!

Ich bin nicht der Meinung, daß Filmen zwangsläufig voyeuristisch ist. Es gibt viele Filme, die Gewalt zeigen oder andeuten, ohne die Perspektive eines unbeteiligten Zuschauers oder eines Täters einzunehmen, sondern die Empathie mit dem Opfer vermitteln. Andererseits gibt es auch Filme, die bewußt den Zuschauer zum Täter machen wollen, um ihn zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Voyeurismus zu zwingen. "Funny Games" scheint so ein Film zu sein, ich hab ihn allerdings nicht gesehen. Vor kurzem hab ich anläßlich des Remakes eine Filmbesprechung gelesen, Zitat: "Doch der Vorwurf, Haneke verrohe das Publikum, ist abwegig. Wer der langsamen Hinrichtung einer Urlauberfamilie durch zwei bestialische Killer beigewohnt hat, ist von Gewaltfilmen aller Art geheilt. Genau darin bestand die Absicht des Films. Funny Games wollte die Gewaltlust des Kinogängers, seine libidinöse Identifikation mit dem Grauen, denunzieren. Es ist gelungen."
Das ist für mich das Problem, wenn ein Film so eine Identifikation erschleichen will. Und wenn man genau das kritisieren will, muß man es sehr geschickt anstellen, um nicht doch solche Bedürfnisse zu bedienen. Die Tatsache, daß es um Irréversible so einen Skandal gab, sagt mir, daß der Regisseur Probleme mit der Gratwanderung hatte. Möglich daß ich unrecht habe, ich kenne halt den Film nicht.

Außerdem glaube ich nicht, daß man sexuelle Gewalt mit Herumballern (jeweils im Film) vergleichen kann. Kaum jemand kann sich ernsthaft vorstellen, einen Menschen umzubringen, während bei sexuellen Szenen die Distanz wohl eher schwererfällt, würde ich annehmen. Und wer eine Vergewaltigung mit Monica Bellucci als Opfer dreht, will wohl auch gar keine Distanz.

Deinem letzten Punkt stimme ich zu, ich finde es sehr gut, wenn Kunst zum Nachdenken und Diskutieren anregt. Aber wenn mir nach einem Kinobesuch schlecht ist, kommt die evtl. vorhandene Botschaft nicht mehr an.

Mr. Kaizer

Zitat von: Solanum am 15.Dez.08 um 23:55 Uhr
Klar darfst du Anmerkungen machen, Robert!

Ich bin nicht der Meinung, daß Filmen zwangsläufig voyeuristisch ist. Es gibt viele Filme, die Gewalt zeigen oder andeuten, ohne die Perspektive eines unbeteiligten Zuschauers oder eines Täters einzunehmen, sondern die Empathie mit dem Opfer vermitteln. Andererseits gibt es auch Filme, die bewußt den Zuschauer zum Täter machen wollen, um ihn zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Voyeurismus zu zwingen. "Funny Games" scheint so ein Film zu sein, ich hab ihn allerdings nicht gesehen. Vor kurzem hab ich anläßlich des Remakes eine Filmbesprechung gelesen, Zitat: "Doch der Vorwurf, Haneke verrohe das Publikum, ist abwegig. Wer der langsamen Hinrichtung einer Urlauberfamilie durch zwei bestialische Killer beigewohnt hat, ist von Gewaltfilmen aller Art geheilt. Genau darin bestand die Absicht des Films. Funny Games wollte die Gewaltlust des Kinogängers, seine libidinöse Identifikation mit dem Grauen, denunzieren. Es ist gelungen."
Das ist für mich das Problem, wenn ein Film so eine Identifikation erschleichen will. Und wenn man genau das kritisieren will, muß man es sehr geschickt anstellen, um nicht doch solche Bedürfnisse zu bedienen. Die Tatsache, daß es um Irréversible so einen Skandal gab, sagt mir, daß der Regisseur Probleme mit der Gratwanderung hatte. Möglich daß ich unrecht habe, ich kenne halt den Film nicht.

Außerdem glaube ich nicht, daß man sexuelle Gewalt mit Herumballern (jeweils im Film) vergleichen kann. Kaum jemand kann sich ernsthaft vorstellen, einen Menschen umzubringen, während bei sexuellen Szenen die Distanz wohl eher schwererfällt, würde ich annehmen. Und wer eine Vergewaltigung mit Monica Bellucci als Opfer dreht, will wohl auch gar keine Distanz.

Deinem letzten Punkt stimme ich zu, ich finde es sehr gut, wenn Kunst zum Nachdenken und Diskutieren anregt. Aber wenn mir nach einem Kinobesuch schlecht ist, kommt die evtl. vorhandene Botschaft nicht mehr an.

Liebe Heike, da biste ja wieder!

Nun... das mit dem Voyeurismus meinte ich eher allgemein und neutral, also im Sinne von Voyeur als Beobachter, ohne jede Wertung, und daß man als Zuschauer also zwangsweise ein Voyeur ist.

Ich gebe dir Recht wenn du sagst, daß es Filme gibt, die sich von Gewaltdarstellungen distanzieren, u.a. durch Empathie mit dem Opfer. Und gerade da kommt man bei Irreversibel ins Schlingern... Bis zur Vergewaltigungsszene in der Mitte des Films hat man nämlich kaum Gelegenheit, sich mit einem der drei Hauptdarsteller zu identifizieren, weder mit dem Opfer (Belucci), weil sie gar nicht in Erscheinung tritt, noch mit den anderen beiden Männern auf dem Rachefeldzug. Das liegt eben an der speziellen Erzählweise des Films (rückwärts), so daß man zunächst gar nicht genau weiß, was da eigentlich geschieht, ja vielmehr die beiden Männer als Agressoren erscheinen. Erst nach der Vergewaltigung (also zeitlich davor) findet eine Identifikation mit den Dreien statt, wodurch wiederum eine klare Distanz zu der Vergewaltigung und dem Rachemord geschaffen werden. Der Vergewaltiger selbst dient zu keinem Zeitpunkt als Identifikationspunkt für den Zuschauer, es wird also eine eindeutige Distanz gewahrt.
Also: Ich würde sehr wohl sagen, daß eine Distanz zum Gezeigten geschaffen wird, allerdings findet sie durch einen Kunstgriff nicht wie gewohnt vor dem Drama, sondern danach statt. Deshalb ist der Zuschauer zum Zeitpunkt der Vergewaltigung ein relativ "neutraler" Beobachter, der so gut wie nichts über Täter und Opfer weiß, und die Tat steht für sich selbst.
Ich glaube, daß der Vorwurf des Voyeurismus (im Sinne vom "lustvollen" Beobachten einer Vergewaltigung) zum großen Teil auf den Ruf Irreversibels als Skandalfilm zurückzuführen ist, der in dem Zuge auf den Punkt "Monica Bellucci wird vergewaltigt" reduziert wird. Damit tut man zum einen dem Film Unrecht, und zum anderen bedient man damit genau die Masche, die Kritiker dem Film vorwerfen. Eine problematische Form von "Werbung".

Daß der Zuschauer auch zuweilen die Rolle eines Täters übernehmen kann ist bestimmt in einem gewissen Rahmen richtig. (Funny Games habe ich auch noch nicht gesehen, nur ein bisschen was darüber gelesen. Scheinbar lässt der Film verschiedene Lesarten zu... Könnte durchaus interessant sein.) Ich denke da z.B. an "Natural Born Killers", der u.a. ganz gut mit dem Thema Identifikation mit Verbrechern spielt. Aber der Film wird ja auch durchaus kontrovers diskutiert.

Daß Noé bei Irreversibel Probleme mit der Gratwanderung hatte glaube ich nicht, eher das Publikum. Er ist nun mal ein enfant terrible, und auch sein Vorgängerfilm "Menschenfeind" ist hammerhart (aber auch gut!). Der wusste ganz genau um die Wirkung seines Films.

Zum Vergleich sexuelle Gewalt und Mord, und der Distanz dazu... Ich habe zu beidem eine sehr große Distanz, und möchte beides tunlichst aus meinem Leben fernhalten. Aber die Darstellung auf der Leinwand wiegt unterschiedlich, das eine ist ziemlich tabuhaft belegt, das andere alltäglich. Eigentlich eine merkwürdige Sache...

Gruß
Robert