Ein Hinweis zum Malmgren-Medium

Begonnen von Claus, 13.Nov.08 um 18:04 Uhr

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Claus

2006 haben wir zum ersten Mal auf Malmgren-Medium ausgesät, mit großem Erfolg! Dabei hatten wir als Zusätze Ananas bzw. Kokoswasser bzw. nichts genommen und auch teilweise noch Hormone zugefügt. Das Medium war aber auch noch mit Vitaminen und Surenelementen angereichert.

Bei den Umlegböden habe ich dann keine Pflanzenzusätze mehr genommen, sondern nur noch IAA, BAP oder auch ohne Zusatz, sonst aber auch mit Spurenelementen, Vitaminen und Hormonen. Diese Böden habe ich dann verglichen mit Sigma P-6668, van Waes, Steele und Murashige&Skoog. Dann habe ich den modifizierten Malmgren-Medien auch noch kleinere Mengen an Nitrat zugesetzt, außerdem auch noch pH-Werte von 8 statt 5,7 ausprobiert.

Die Sämlinge aus diesen Versuchen sind jetzt auspikierreif bzw. einige auch tot. Inzwischen habe ich weitere Versuche mit Kombinationen von Malmgren, van Waes und meinen eigenen Ideen gemacht. Diesen Medien wurden dann Zusätze beigefügt wie Svante Malmgren das auf seiner Website beschrieben hat.

Nach den jetzt vorliegenden unzähligen Ergebnissen meiner Versuche möchte hier den Hinweis geben: Versucht es bei Malmgren-Medium zum Umlegen erst gar nicht ohne diese Pflanzenzusätze wie Ananas, Kokos, Kartoffel oder Turnip. Das Malmgrenmedium ohne diese Zusätze ist hierfür absolut ungeeignet für die allermeisten Arten. Die Sämlinge bleiben klein, bekommen glasige Blätter, kümmern bzw. sterben ab. Das liegt daran, dass die Sämlinge eben doch Spurenelemente, Vitamine und Wuchshormone zu einem ordentlichen Wachstum benötigen, und die bekommen sie eben ohne diese Zusätze nicht.

Nur wenn man diese Stoffe definiert zusetzt, kommt man ebenfalls zu guten Ergebnissen. Aber Svante schreibt ja selbst, warum soll man es so kompliziert machen, wenn diese Säfte es auch können und viel leichter zugänglich sind.

Eine weitere Empfehlung gebe ich noch: Gebt zu den Umlegeböden außer den Aminosäuren und möglichst auch Caseinhydrolysat noch etwas Nitrat, eine Menge von 100 mg/l KNO3 und 150 mg/l Ca-Nitrat wirkt sich sehr positiv aus. Mein Rezept habe ich ja vor kurzem mitgeteilt.

Viele Grüße
Claus

Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Dieter

Zitat von: Claus am 13.Nov.08 um 18:04 Uhr

......Nach den jetzt vorliegenden unzähligen Ergebnissen meiner Versuche ...........


einfacher wärs ja gewesen
mit wenigen ergebnissen aus unzähligen versuchen 
das wäre eindeutiger........grins

Claus

Na Dieter,
du kritisierst auch immer gleich, aber wenn alle ihre kleinen Geheimnisse nur für sich behielten, könnten wir ja auf das Forum ganz verzichten. Wir lernen doch voneinander, jedenfalls sollte es so sein. Nicht dass einige immer nur geben, und andere immer nur nehmen.

Grüße
Claus
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Berthold

Zitat von: Claus am 13.Nov.08 um 23:35 Uhr
Na Dieter,
du kritisierst auch immer gleich, aber wenn alle ihre kleinen Geheimnisse nur für sich behielten,
Grüße
Claus

Claus, ich denke, der Dieter erzählt hier im Forum alles was er weiss.
Mit der Bodenbildung ist es einfach eine komplexe Angelegenheit.
Gruss Berthold
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

winwen

#4
Zitat von: Claus am 13.Nov.08 um 18:04 Uhr
Das Medium war aber auch noch mit Vitaminen und Surenelementen angereichert.
Oh Claus,
Sind Surenelemente so was ähnliches wie Surschnitzerl oder Surbraten? Das brauch' ich nämlich auch (neben den Vitaminen).

Spaß ohne:
Dass Malmgren im Original ohne die "Pflanzensafteln" nicht geht ist eigentlich absehbar. V.a. die B-Vitamine spielen ja eine gewaltige Rolle und B1 scheint überhaupt essentiell zu sein, wenn man über die Phase mit der noch bleichen Triebspitze an den Protokormen hinaus kommen möchte.
Allerdings ist Malmgren auch mit den komplexen organischen Bestandteilen eine ziemlich dünne Suppe. Sogar die niedermolekularen Eiweiße sind mit einem Äquivalent von 500mg Aminosäuren vergleichsweise dürftig bemessen.
Umso erstaunlicher ist, dass da bestimmte Pflanzen trotzdem darauf "funktionieren".

Wie auch immer: Anstatt dann zusätzlich definierte Spurenelemente und Vitamine hinzuzufügen (und dafür die Säfte wegzulassen) würde mich interessieren, ob man den gleichen Effekt erzielt, wenn man Malmgren "fetter" macht (z.B.: 1mMol KH2PO4, 1mMol MgSO4 und 1/2 mMol Ca3(PO4)2) vor allem mit 2g Caseinhydrolysat anstatt der Nitrate.

Die wesentlichen Frage sind doch:
1.) Ist es der Nitratzusatz, der die besseren Ergebnisse bringt oder generell der zusätzliche Stickstoff (dann müsste es ausreichen, einfach mehr Aminosäuren oder Caseinhydrolysat zu nehmen um auf gleiche Resultate zu kommen).
2.) Sind die "definierten Spurenelemente und Vitamine" besser für das Ergebnis als die Säfte (wenn man selbige ersetzt) oder schlechter bzw. kann durch Verwendung von "definierten Spurenelementen und Vitaminen" zusätzlich zu den Säften Wesentliches gewonnen werden.

Könntest Du dazu etwas schreiben?

Claus

Hallo winwen,

ja, Surenelemente funktionieren in Nährböden so wie Sülmittel beim Abwaschen.  :-D

Also, das "reine" Malmgren-Medium ohne Vitamine und Spurenelemente hatten wir gar nicht ausprobiert, ich nannte es daher "Malmgren modifiziert". Und, wie gesagt, mit Ananas oder Kokos oder mit bzw. ohne Hormone angereichert.

Dieses Medium funktioniert bei fast allen Arten für die Keimung sehr gut, das war ja die Überraschung; denn mit z.B. P-0931 oder P-6888, auch mit Hormonen, hatte ich bei schwierigeren Arten keine Keimerfolge.

So, nun zu dem "fetteren" Malmgren. Ich hatte mich schon seinerzeit über die Rezepturen von van Waes mit seinen Millimol und Mikromol geärgert, und nun kommst du auch mit Millimol.  :bag Ich habe doch keine Waage, die in Millimol geeicht ist! Da muss ich doch erst einmal die Atomgewichte suchen, die habe ich doch nicht mehr alle im Kopf! Wenn mein Taschenrechner mich nicht belogen hat, sind

1 mMol KH2PO4 = 136 mg
1 mMol MgSO4 = 120 mg
0,5 mMol Ca3(PO4)2 = 155 mg

Ich habe eingesetzt:

KH2PO4 = 200 mg/l
MgSO4 = 100 mg/l
Ca3(PO4)2 = 100 mg/l

Das ist aber kein wesentlicher Unterschied zu deinem Vorschlag. Außerdem habe ich mehr Kalium (als Nitrat) und Calcium (als Nitrat) eingesetzt. Übrigens sind außer Phosphor auch die Mengen für Mangan und Borsäure gegenüber van Waes erhöht. Das hatte Otto Möller nach einer Standort-Bodenanalyse empfohlen.

Nach den jetzt unzähligen Ergebnissen der unzähligen Versuche reicht das Anheben der Aminosäuremenge nicht aus, das habe ich mehrfach probiert. Auch Pepton, zumindet in der Form von Sojapepton - ich hatte weder tryptisch verdautes noch aus Fleisch hergestelltes Pepton bekommen, welche vielleicht besser geeignet wären, liefert keinen guten Nährboden. Von Hefeextrakt ganz zu schweigen.

Ich denke, van Waes erreichte seine Erfolge mit dem Caseinhydrolysat so wie Malmgren mit seinem Aminosäure-Gemisch. Beide zusammen sind besser als eines allein - wir kennen ja die Aminosäure-Zusammensetzung des Caseinhydrolysats nicht, vielleicht ist es nur eine einzige Aminosäure, die wirklich benötigt wird und durch die Kombination beider Stoffe im Pegel erreicht wird. Was die winzige Menge an Glycin in der van Waes-Rezeptur bedeutet, weiß ich auch nicht, vielleicht hatte er nur noch diesen Rest zur Verfügung. Ich möchte ihn gern fragen, habe aber nie eine Anschrift oder Ähnliches gefunden.

Man könnte nun vieles ausprobieren, ich habe dank Claudia - von der wir leider nichts mehr hören - fast alle essentiellen Aminosäuren in reiner Form. Aber das in verschiedenen Kombinationen auszuprobieren, dazu würden auch die 1-Euro-Kräfte wohl nicht ausreichen.

Die Zugabe von K- und Ca-Nitrat brachte den Durchbruch bei Umlegeböden für die schwierigeren Arten wie Cypripedien, Himantoglossum und bestimmte Orchis. Das kann ich jetzt ganz klar an den Gläsern sehen, die noch mit den alten Rezepturen gefüllt sind gegenüber den neueren. Ich werde jetzt auch noch bestimmte, vor sich hin kümmernde, wie z.B. Him. affine, auf neue Böden umlegen. In einem neuen Versuch habe ich die Menge an Ca-Nitrat nochmals erhöht.

Noch einmal zu Vitaminen und Spurenelementen: Die habe ich immer drin gehabt, mit oder ohne Pflanzensäfte. Nur, wenn ich Kokos, Kartoffel, Ananas oder Turnip eingesetzt habe, dann wurden diese Mengen halbiert. Der Versuch, diese definierten Mengen jetzt einmal herauszunehmen, um die Ergebnisse zu vergleichen, reizt mich ehrlich gesagt, sehr wenig. Da hätte ich spannendere Ideen.

Viele Grüße
Claus
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Claus

Hallo Timm,
na ja, Sigma packt ja 825 mg NH4NO3 und 950 mg KNO3 pro Liter rein, das ist ja schon ganz schön heftig, zumal dann noch 2000 mg/l Pepton dazu kommen. Nun nehmen wir zur Aussaat von Erdorchideen ja meistens nur halbe Konzentration, aber nach dem Umlegen kann man volle Pulle gehen.

Das Murashige-Medium für Cattleya enthält 1650 mg/l NH4NO3 und 1900 mg/l KNO3, jedoch keinen organischen Stickstoff.

Das Steele-Medium enthält zum Umlegen 400 mg Ca-Nitrat, 200 mg KNO3 und 400 mg NH4NO3, dazu 400 mg Caseinhydrolysat je Liter. Das hat sich bei mir nicht nur für Cypripedien bewährt, für die es von Bill Steele eigentlich komponiert wurde.

Wo ist also die Grenze? Ich versuche mich langsam hochzuhangeln, bislang scheint es so zu sein, dass viel Nitrat viel hilft. Ich bin jetzt bei 100 mg/l KNO3, 350 mg/l Ca-Nitrat und 700 mg org. Stickstoff in Form von Aminosäuren, Glutamin und Caseinhydrolysat. Da scheint es noch eine Menge Spielraum nach oben zu geben. Ich denke aber, irgendwann beginnt das Wachstum abzunehmen, natürlich bei empfindlichen Arten zuerst.

Machst du mal einen Vorschlag?

Viele Grüße
Claus
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winwen

#7
Zitat von: Timm Willem am 17.Nov.08 um 16:43 Uhr
1.) NH4NO3 ist für fast alle Erdorchideen immer schädlich. Ausnahme sind hier die größeren Dactylorhiza-Arten. (Die negative Wirkung beruht auf mindestens drei Aspekten)
.......
2.) Dann müsste Ca jedoch als CaCl2 zugegeben werden, wäre sinnlos. (gibt es in der Literatur aber einige Beispiele)
.......
3.) Man könnte nun versuchen, in Medien ohne Phytohormone einen Gewichtsanteil des KNO3 einfach durch Ca(NO3)2 zu substituieren. In der Summe blieben 2 g/l Nitratsalze. Das würde wahrscheinlich funktionieren, weil bei diesen Mengen noch keine Toxizität auftritt.
.......
4.) Bei organischem Stickstoff bleibt das Problem mit der undefinierten Qualität. Bei 2g/l Pepton kann vermutlich von Altlastenentsorgung gesprochen werden.

Hallo Timm,

ad 1.) Bitte um Nennung von 2 der 3 Aspekte (die Tatsache wurde ja schon von mehreren Autoren beschrieben, jedoch die Begründung blieben sie im Wesentlichen schuldig)

ad 2.) Warum soll CaCl2-Zugabe sinnlos sein?

ad 3.) Gibt es nicht Belege in der Literatur dafür, dass zu hohe Ca-Konzentrationen die Entwicklung verlangsamen (van Waes scheint sogar ganz ohne auszukommen)?

ad 4.) Bei organischem Stickstoff pauschal vielleicht ja (wenngleich 2g/l ein durchaus üblicher Wert ist), bei Claus jedoch nicht: er verwendet Aminosäuregemische und da ist die Qualität sehr gut definiert. BTW: Was ist mit den, bei Erdorchideen üblichen 500mg-1g Caseinhydrolysat pro Liter?

Noch was: Ich denke nicht, dass Ammonium-Verbindungen gänzlich ausgespart werden sollten (Malmgren neutralisiert ja den Ananassaft sogar mit Salmiak). Es gibt doch Hinweise in der Literatur, dass die eher sauer wachsenden Orchideen eine Prise  Ammoniumsulfat zu schätzen wissen, die eher basisch stehenden hingegen auf Nitrate abfahren. Bei manchen Erdorchideen (Bletilla & Co) scheint es wiederumg optimale Mischungsverhältnisse zu geben...

LG
WinWen

Claus

Erdorchideen-Embryonen haben häufig keine oder zu wenig Enzyme, um Ammonium zu verarbeiten. Bei Sämlingen sieht das anders aus. Die Pflanzenphysiologen haben bisher bei allen untersuchten Arten - Orchideen waren allerdings nicht darunter - immer einen Enzymsatz gefunden, der alle anorganischen oder organischen Stickstoffverbindungen nutzen kann. Man nimmt deshalb an, dass es bei Orchideen auch so ist.

Bei den Nährböden gibt es pH-Verschiebungen durch Nutzung durch die Pflanzen: Nehmen sie Ammonium auf, so verschiebt der pH-Wert sich ins Saure, nehmen sie Nitrat auf, so verschiebt er sich ins Basische. Man kann das ausgleichen, indem man beide Komponenten einsetzt. Ob das für unsere Kulturen eine Rolle spielt weiß ich nicht. Wenn wir öfter umlegen oder nur wenige Pflanzen in ein Glas legen wahrscheinlich nicht. Die Neutralisation von Ananassaft mit Ammoniak bringt nur geringste Mengen Ammonium ins Medium.

Bei van Waes habe ich die Vermutung, dass er kein destilliertes Wasser eingesetzt hat sondern hartes Leitungswasser. Oder er hat den Ca-Zusatz einfach vergessen anzugeben. Oder er hat nur die Keimung beobachtet, ich habe die Artikel nicht mehr so im Gedächtnis. Jedenfalls hätten wir wohl nur geringe Erfolge, wenn wir auf den Ca-Zusatz verzichten würden.

CaCl2 als Zusatz halte auch ich für eine Verschwendung, es sei denn, man hat durch die anderen Zusätze bereits das Soll bei z.B. Stickstoff voll erfüllt. Die Hersteller von Nährböden unterliegen ja aber auch wirtschaftlichen Zwängen. Ich halte den Zusatz von CaCl2 für deutlich preiswerter als den von Ca-Nitrat. Hohe Chloridmengen wären auch schädlich, geringe wären ok.

Kannst du mal Literatur angeben, nach der hohe Ca-Konzentrationen die Entwicklung verlangsamen?

Grüße
Claus
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winwen

Naja, wegen dem CaCl2 denke ich mir, dass wohl im Aussaatmedium auf Nitrate verzichtet werden sollte, zumal die ja auch in dem Ruf stehen, sich verlangsamend auf die Keimung auszuwirken (zumindest bei bestimmten Arten). Wie also bringt man nun Calcium ins Medium, ohne auf Nitrate zurückzugreifen?
Malmgrens Antwort ist Calciumorthophosphat, das jedoch kaum wasserlöslich ist (ebenso auch Gips). Deshalb (und weil man es ja nur in relativ geringen Mengen braucht) nehme ich an, dass viele eben CaCl2 verwenden. Folgt man Hanne Rassmussens Buch, sollten Chloride keine dramatisch negative Wirkung haben.

Das Paper wegen dem Calcium suche ich Dir noch raus - ich glaube im früheren Forum gab es eine Referenz darauf.

winwen

Der erste Hinweis, dass eine optimale Calcium-Konzentration auch bei basenliebenden Erdorchideen durchaus niedrig liegen kann kam von Dir selbst, Claus: http://www.forum.orchideen-forum.de/showthread.php?t=29704&highlight=ammoniumsulfat

Ich habe dann noch was gefunden, das kommt noch....

Claus

Also ich schrieb ja vor einem Jahr dazu: "Die Versuche mit D. incarnata als Beispiel einer grundsätzlich auf kalkhaltigem Sumpfboden wachsenden Orchidee sind ausgesprochen umfangreich gewesen, mir haben allerdings einige der mathematischen Spielchen nicht gefallen, mit denen man Abhängigkeiten nachweisen wollte.  Es fehlten nur noch doppelt logarithmische Grafiken, um Geraden bei den Abhängigkeiten zu erreichen, der Fachmann weiß was ich meine."

Ich würde die genannten Daten nicht für bare Münze nehmen.

Auch Sigma setzt CaCl2 neben sehr hohen Gehalten an Nitraten ein, ich glaube wirklich, dass dies nur wirtschaftliche Gründe sind. Ich glaube auch nicht, dass das Rezept bei Sigma entwickelt wurde, sicher haben sie eins übernommen, so wie andere das auch tun, wie z.B. Phytotechlab in USA. Und was da passiert, kann ich dir an einem Beispiel zeigen: Als ich zum ersten Mal das mod. Malmgren-Medium anmischte, fehlte mir das tert. Ca-Phosphat, außerdem hatte ich mir, wie du auch, die Löslichkeit in Wasser angesehen. Für den Chemiker ist das kein Problem, ich setzte also K2HPO4 mit Ca(NO3)2 um, dabei entsteht aber das sekundäre Ca-Phosphat, das übrigens eine deutlich bessere Löslichkeit in Wasser hat. Damit ging es natürlich auch.

Ich will damit sagen, falls der "Konstrukteur" des Sigma-Mediums gerade kein Ca-Phosphat hatte oder auch an die schlechte Löslichkeit glaubte, setzte er eben als Ca-Komponente CaCl2 ein. In der Chemie ist ja vieles möglich. Auch Eisen wird in unterschiedlichster Art eingesetzt, als Fe-II-sulfat, als Chelat mit EDTA oder als Eisen-Ammonium-Citrat. Alle Versionen funktionieren, ob eine besser ist als die andere, hat wohl noch niemand getestet. Und an die 0,001 mg/l Nickelchlorid im Steele-Medium glaube ich auch nicht. Das Kochen des Nährbodens im Edelstahltopf wird sicher mehr Nickel in das Medium bringen als dieser Fliegensch...

Nun noch zur Löslichkeit des tert. Ca-Phosphats: Im Handbook of Chemistry and Physics steht dazu, dass die Löslichkeit in kaltem Wasser 2 mg/l sei und dass es sich in heißem Wasser zersetze. Und dann gibt es noch Nebeneffekte durch andere Komponenten, welche die Löslichkeit verbessern können. Tatsächlich löst sich das tert. Ca-Phosphat in Kombination mit den anderen Komponenten des Nährbodens beim Kochen vollständig auf.

Ich bin so der Typ, der schon über theoretische Dinge eine Zeitlang nachdenkt, dann gehe ich aber an den Chemikalienschrank und mische drauflos.  :-D :-D :-D

Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

winwen

Hallo Claus,

eines ist mir noch nicht klar:
Diese, Deine neuen Medien (mit Nitraten UND Pflanzensafteln) - setzt Du die als Umlegeböden oder auch für die Aussaat ein und wenn für Aussaat: hattest Du bei den bisherigen Versuchen den Eindruck, dass die Nitrate im Aussaatmedium sich keimungs-hemmend oder -verlangsamend auswirken?

Claus

Das ist nicht ganz einfach zu beantworten, weil die Aussaat dem Umlegen zeitlich immer voran geht und man dadurch erst viel später Ergebnisse von Aussaat und Umlegen hat. Die ersten Versuche mit den Säften habe ich im März zum Umlegen gemacht und nur mit Ca-Nitrat, ohne KNO3. Das erste Medium zur Aussaat und zum Umlegen Ende Mai, auch da nur mit Ca-Nitrat. KNO3 wurde erstmals Anfang Juli zugefügt und mit 15 g/l Zucker dieser Anteil von 20 g/l etwas reduziert.

Auf diesem letzen Medium habe ich aber hauptsächlich Cypripedien ausgesät und zum Teil Massenkeimung bekommen. Cypripedien lieben Nitrat, offenbar schon als Sämlinge. Andere Arten, die mehr oder weniger gut keimten, waren A. pyramidalis, G. odoratissima und Him. hircinum. Ich habe aber bei der Keimung keine wesentlichen Unterschiede zu nitratfreien Medien beobachtet. Der wesentliche Unterschied zeigte sich erst bei den Umlegeböden. Bei den Aussaatböden fehlt noch der große Überblick.

Für die vor einigen Tagen gekochten Umlegeböden habe ich den Gehalt an Ca-Nitrat weiter auf 350 mg angehoben, allerdings habe ich auch parallel die mit 150 mg/l. Da wird man vielleicht einen Unterschied sehen. Das Problem ist immer, dass man eine größere Zahl von Versuchen benötigt, um einen verlässlichen Überblick zu bekommen.

Zur Aussaat reicht ja eigentlich auch das mit B-Vitaminen und Spurenelementen modifizierte Malmgren-Medium mit für schwierigere Arten 0,2 ppm IAA oder BAP, sonst aber ohne Säfte.

Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Volzotan

Ich habe Ammoniumnitrat jetzt bei Ophrys, Himantoglossum hircinium und Cypripedium calseolus verwendet und keine schädliche Wirkung festgestellt, das heißt kein unnatürliches Wachstum, keine Verfärbung im Nährboden durch Soffwechselprodukte der Pflanzen und kein Verflüssigen des Nährbodens. Dennoch werde ich demnächst auf die Komposition von Claus unsteigen und für die Keimung das reine BM2 ausprobieren.

Gruß Volzotan