Blumenobstwiese von Obstwiese

Begonnen von Obstwiese, 08.Apr.13 um 20:01 Uhr

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Obstwiese

#15
Hallo Ralf,
nun, das ist ein bisschen komplizierter.....
Das Grundproblem, welches sowohl ich hatte als auch du jetzt hast ist, dass "der Platz" besetzt ist.
Wenn du eine Wiese hast, die nicht extra extensiv gepflegt wurde, dann sind meist die Gräser die stärksten Pflanzen vor Ort.
Gräser sind sehr konkurrenzstark.
Auch die Beweidung durch die Schafe verändert das System nicht grundlegend, weil das abgefressene Gras ja wieder als "Mist" dem Boden zurückgegeben wird, und zudem ja auch in unseren Gegenden Stickstoff durch die Luftbelastung ständig dem Boden zugeführt wird.

Alle blühenden Wiesenpflanzen brauchen erst einmal zum Keimen offene Bodenstellen, die nicht von den Gräsern stark beschattet werden, also eine lückige Grasnarbe.
So lange die Pflege die gleiche bleibt wie jetzt, wirst du kaum Erfolg haben, Blütenpflanzen anzusiedeln  :nee


Am einfachsten ists wohl, wie vielfach in der Literatur zu Wildwiesen angegeben, auf umgepflügtem Boden eine Blumenwiese anzusäen - da haben die Kräuter einen großen Vorsprung gegenüber dann auch wieder keimenden Gräsern.
Aber das kam für mich mit den Bäumen drauf gar nicht in Frage.

Ich habe auch ganz am Anfang, so vor 13 Jahren schonmal Ansaaten versucht - da kam nix.
Seit 2002 wird die Wiese Ende Juli gemäht, der Schnitt vollkommen abtransportiert - wodurch Nährstoffe aus der Wiese herausgenommen werden, der Boden wird "magerer", langsam weniger nährstoffreich.
Dadurch wachsen die Gräser schwächer.
Es enstehen nach und nach Lücken zwischen den Gräserpflanzen.
Vor 4 Jahren fiel mir das auf, da zeigten sich auch schon mehr Blütenpflanzen, die als Samen aus der Umgebung eingetragen wurden.

Ab da fing ich an, nach Saatgutmischungen und vor allem professionellen und seriösen Anbietern zu suchen.
Ich wollte reine Blütenkräutermischungen, nicht mit Grassamen gemischt.
Die meisten "Schmetterlingswiesen" oder Ähnliches aus Gartencentern ist 70% Gräser und 30% Kräuter  :nee
Durch Recherche habe ich inzwischen einige Saatgutanbieter/Produzenten gefunden, die für Renaturierungs-Projekte, Naturschutz und Ähnliches produzieren.

Ich habe hauptsächlich bei "Hof-Berggarten" die Samenmischung "Eldorado" genommen (man muss auf der Onlineshop-Startseite links unter Produkte, Samen, Samenmischungen schauen, drüber sind dann die einzelnen Arten), zuletzt auch die "M6 Universalmischung" von "Syringa" (da sind Gräser mit bei, das war für einen Bereich, wo der Boden umgebrochen worden war), letztes Jahr habe ich bei "Voitsauer Wildblumensamen" noch einige wirklich seltene Halbschmarotzer als Einzelsaatgut gekauft, scheint eher kleiner zu sein, Bestellung war ein bisschen holperig, aber schlußendlich klappte alles - obs wächst, kann ich erst diesen Sommer beurteilen  grins
Dann ist auch noch "Rieger-Hofmann" ein ganz Großer in dem Bereich, aber da hab ich keine Erfahrungen

Da musste ich dann immer gegenprüfen, für welchen Boden, mit welchen Feuchtegehalten, die jeweiligen Mischungen abgestimmt sind.
Was bei mir erst mal einfach schien - schwerer Lehm, gut Feuchtigkeit speichernd.
Allerdings hab ich ja viele alte Obstbäume, die Schatten werfen, aber auch vollsonnige Bereiche.
Dann ist das ganze Gelände eine Hanglage, es gibt Ecken, die im Sommer frisch-trocken sind, andere Bereiche sind immer feucht-frisch.
Es gibt aber "Generalmischungen", die für viele Situationen passen - allerdings gehen aus denen dann eine Reihe von Pflanzen nicht auf, weil die Bedingungen für die nicht perfekt sind.

Meine Ansaaten hab ich immer im Herbst gemacht, viele einheimische Wiesenkräuter sind Kaltkeimer, brauchen also den Winter, bevor sie überhaupt keimen können.
Ich hab mir auch noch die Mühe gemacht, das Saatgut in einem Chilli-Extrakt zu baden, in der Hoffnung, die Vögel fressen sie dann nicht - letztens meinte allerdings jemand, dass Vögel das Capsaicin daraus gar nicht wahrnehmen können  :ka
Dann hab ich immer in Lücken zwischen den Gräsern so "prisenweise" gesät, ich lief sozusagen kreuz und quer durch die Wiese und suchte die offenen Stellen und streute dann immer eine prise Samen aus - nicht einfach so breitwürfig schmeißen  grins

Und dann braucht man erstmal Geduld - aber die sollten Gärtner ja immer haben  :-D
Denn die Kräuter, wenn sie denn keimen, überleben, wachsen, blühen erst im 2. Jahr.
Einige Anbieter mischen deswegen Klatschmohn, Kornrade, Kornblume mit rein, damit es im ersten Jahr schon toll ausschaut.
Aber da kauft man eigentlich Saat mit, die uninteressant für den eigentlichen Zweck ist, die verschwinden meist im 2. Jahr, weil sie immer offenen, gestörten Boden brauchen.

Und wenn dann die ersten Blütenpflanzen auftauchen, dann bleiben sie meist auch, die Pflanzen sind Stauden und eigentlich recht zäh - und dann fangen sie an, sich selber auszusäen und selber zu verteilen.
Da braucht man dann nicht mehr nachsäen.
Gut, vielleicht eher speziellere Arten wie die Halbparasiten ausgenommen, Klappertopf z.B. ist einjährig, die fluktuieren im Bestand, das schreibt Lloyd auch in seinem Wiesenbuch.
Bei mir ist Klappertopf grad auf dem aufsteigenden Ast und wird mehr - ich hab aber auch letzten Sommer nochmal Samen von meinen Pflanzen geerntet und an anderen Stellen ausgestreut.
Ich hab den Eindruck, dass in den 2-3m², wo viele wachsen, das Gras niedriger und schütterer ist, aber solche Flächen gibts inzwischen auch unabhängig vom Klappertopf in der Wiese  :classic

Uff, wieder sone Bleiwüste  :swoon

Ok, genug für heut - wenn ich die Anbieter hier auflisten darf, würd ich das gern für alle machen, ansonsten per private Mitteilung für Ralf.

LG, Obstwiese

Eveline†

Viele Jusa hier kennen Deinen Garten nicht. Er ist wirklich sehenswert. Nicht "nur" die Obstwiese, sondern denke ich dabei insbesondere auch an den idyllischen Hofgarten (der mir persönlich besonders gut gefällt), die Ruine und den Eibenhain. Es wäre uns eine Freude, von Dir auf einen fotografischen Rundgang durch Dein Reich eingeladen zu werden. Bei Zeit und Gelegenheit natürlich, ich möchte nicht drängeln  :classic  .... aber - je eher desto gut!  grins

Alexa

Hallo Obstwiese!
Herzlich willkommen im Forum! Schön, dass du hergefunden hast.
Sehr interessantes Thema hast du mitgebracht und möchte mich Eveline gerne anschließen. Ich bin dafür, dass du so schnell wie möglich ein Bild von deiner Wiese zeigst.
Dabei ist es ja egal, ob jetzt schon etwas blüht oder nicht. Die Wiese im Jahresverlauf zu beobachten ist bestimmt interessant. Außerdem würde mich interessieren, von was für Ausmaßen du hier sprichst. Wie groß ist denn deine Wiese?

Deine Erfahrungen mit Händlern und deine Bezugsquellen (nenn es auch "Werbung") darfst du hier gerne schreiben, das ist sogar erwünscht. Dafür haben wir das Board "Gewerbliche Lieferanten".

Dürfen wir dich denn auch mit einem anderen Namen ansprechen als mit Obstwiese?

Herzliche Grüße und weiterhin viel Spaß hier
Alexa

Obstwiese

Hallo allerseits,

na gut, ein paar Infos zu meinem Garten  :-)
Das Grundstück, fast 4000m², liegt an einem ehemaligen Bauernhof, 1779 erbaut, ist wohl seit über 100 Jahren Obstwiese.
Früher weidete das letzte Arbeitspferd dort, später Schafe von Nachbarn.
Aber Mitte der 90er hörte der letzte Landwirt mit Schafen auf, danach musste ich mir was wegen der Pflege überlegen.
Zuerst machte die Mahd ein Naturschutzverbund, der eigentlich primär für die Gemeinden in der freien Landschaft tätig ist.
Denen war das Grundstück aber zu umständlich, die wollten nach einigen Jahren nicht mehr.
Dann hab ich glücklicherweise einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb gefunden, der spezielle Mäher für solche Wiesen hatte, die machens jetzt.

Hier mal ein Übersichtsplan:



Und ein Überblick von vor 2 Wochen (das Gestrüpp links hinter dem Lounge-Ei ist Schnittgut von Cornus-sanguinea-Hecke, die ich auf den Stock gesetzt habe, damit sie von unten dichter wird, ist jetzt auch weg  :rot)
(Die folgenden Fotos sind immer von der auf dem Plan eingetragenen Terrasse aus gemacht):




So siehts dann im Mai (2012) aus:




Im Juni:




Im Juli:




Anfang August nach der Mahd:






Wie man sieht, sieht man noch nicht viel von Wiesenblumen, das ist eher punktuell - und letztes Jahr war das Gras auch nochmal sehr üppig, weil es so viel regnete.
Aber sowas gibts schon:























Obstwiese

Die "Nicht-Wiese-Bereiche" werd ich bei Gelegenheit auch mal zeigen  :yes

@Alexa:
Danke auch für dein Willkommenheißen  :-)
Allerdings würd ich erst mal gern beim Usernamen bleiben.... :rot

Berthold

Zitat von: Obstwiese am 09.Apr.13 um 11:49 Uhr
Hallo allerseits,
na gut, ein paar Infos zu meinem Garten  :-)

sehr schön, da stechen Standorte für heimische Orchideen förmlich ins Auge. Allerdings scheint die "Begleitflora" sehr aktiv, sodass heftig abgemagert werden sollte, z. B. durch Aufkälken (ausmergeln) und mehrmaliges Schneiden im Jahr.
Man kann auch lokal mit Planzenvernichtungsmitteln (Roundup) arbeiten.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Berthold

Zitat von: Obstwiese am 09.Apr.13 um 11:55 Uhr
Allerdings würd ich erst mal gern beim Usernamen bleiben.... :rot

Obstwiese, was hälst Du von "Magerwiese" oder "Streuobstwiese"? grins
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Eveline†

Danke für die Bilder, Obstwiese.  :classic

Das Bild mit der putzigen Veronica gefällt mir besonders gut. Habe ich auch im Garten (allerdings ohne Wiese, aber immerhin unterm Apfelbaum).  :-D

Du hast Erfahrung mit Eibenhecken. Bitte sei so gut und schau mal hier, ob Du Ralf im nachhinein noch Rat geben kannst.  :classic

Alexa

Zitat von: Obstwiese am 09.Apr.13 um 11:55 Uhr
Allerdings würd ich erst mal gern beim Usernamen bleiben.... :rot

Kein Problem!

Sehr hübsches Gärtchen hast du da.
Und wofür benutzt man das Ei? Ist das Kunst?

Berthold

Zitat von: Alexa am 09.Apr.13 um 13:00 Uhr
Und wofür benutzt man das Ei? Ist das Kunst?

Das Ei ist ein Symbol für die Konstanz des Seins auf dieser Wiese. Die Wiese ändert ihr Erscheinungsbild im Laufe der Jahreszeiten und der Zeit.
Aber das Ei und das Sandsteinmäuerchen bleiben immer gleich.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Obstwiese

Zitat von: Berthold am 09.Apr.13 um 12:01 Uhr
sehr schön, da stechen Standorte für heimische Orchideen förmlich ins Auge. Allerdings scheint die "Begleitflora" sehr aktiv, sodass heftig abgemagert werden sollte, z. B. durch Aufkälken (ausmergeln) und mehrmaliges Schneiden im Jahr.
Man kann auch lokal mit Planzenvernichtungsmitteln (Roundup) arbeiten.

:classic
Naja, wie ich schrieb wars letztes jahr hauptsächlich dem vielen Nass von oben geschuldet - das Jahr davor mit extrem trockenem Frühjahr sah die Wiese fast ein bisschen schon nach Trockenrasen aus  :weird

Das mit dem Abmagern ist bei meinem Boden sehr schwierig - es ist Lehm, kalkhaltig (ph um 7), sehr wenig Grobanteile - wahrscheinlich könnte man damit auch Töpfern  :wacko - jahrelang vom Landwirt kräftig stickstoffgedüngt, damit seine Schafe auch was zu fressen hatten.
Die 12 Jahre Einmalmahd mit Abtransport des Schnittes hat aber schon deutliche Veränderungen in der Zusammensetzung der Wiese gebracht, das sieht man auf den Bildern natürlich nicht, wenn man die Wiese nicht vorher kannte  grins
Seit 2 Jahren lassen wir nochmal im Herbst, nach den Herbstzeitlosen mähen - aber bei grob 3500m² ist das natürlich ein Kostenfaktor, mehr als 2x geht nicht  :sad:

"Magerwiese" passt insofern nicht - dann eher "Streuobstwiese" - zerstreut bin ich auch manchmal  grins

@Alexa:
Das ist eigentlich eine Liege - da gehört eine Auflage dazu, die obere Hälfte des Polyrattangeflechts ist nicht so dicht geflochten und lässt gefiltert Sonnenlicht durch - aber mir gefiel so gut, daß es so skulptural ausschaut  :-D
Schön geschrieben, Berthold  ;-)

Ich mag es, starke Kontraste auszuprobieren - moderne Liege, wilder Garten - kommt an einigen Stellen in meinem Garten vor  grins

Alexa

Zitat von: Obstwiese am 09.Apr.13 um 13:29 Uhr
Das mit dem Abmagern ist bei meinem Boden sehr schwierig - es ist Lehm, kalkhaltig (ph um 7), sehr wenig Grobanteile

Magst du uns denn sagen aus welchem Teil Deutschlands du uns schreibst? Vielleicht gibt es User in der näheren Umgebung, die sich mit dem Boden auch auskennen, dann könntet ihr euch austauschen.

Irina

Zitat von: Alexa am 09.Apr.13 um 14:31 Uhr
Zitat von: Obstwiese am 09.Apr.13 um 13:29 Uhr
Das mit dem Abmagern ist bei meinem Boden sehr schwierig - es ist Lehm, kalkhaltig (ph um 7), sehr wenig Grobanteile

Magst du uns denn sagen aus welchem Teil Deutschlands du uns schreibst? Vielleicht gibt es User in der näheren Umgebung, die sich mit dem Boden auch auskennen, dann könntet ihr euch austauschen.

:classic
Zitat von: Obstwiese am 08.Apr.13 um 20:01 Uhr
Hallo allerseits,
ich bin eine zweigeteilte Persönlichkeit - gebürtiger Luxemburger, wo sich auch mein Garten befindet, Zweitwohnsitz in Düsseldorf.
"Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen"
(Johann Wolfgang von Goethe)

Obstwiese

Laut geologischen Karten für den Süden Luxemburgs liege ich in einem Bereich mit der Bezeichnung "Mergeliger Oberer Lias", unterteilt in 5 Untergruppen, wo ich aber nicht rausfinden konnte, welche nun genau unter meinem Garten liegt:

lo1"Tonstein, mergelig, fein blättrig, grau, («Bitumenschiefer ), kerogenhaltig; an der Basis fossilführende Kalkbänke"
lo2"Tonstein, mergelig, blättrig, grau, Kalkkonkretionen, («versteinerte Brote»); im Hangenden Crassus-Schicht; im Westen an der Basis kerogenhaltig"
lo3"Mergel, sandig, grau, fossilreich; Toneisensteine, Phosphorite; Belemniten"
lo4"Mergel, sandig, grau, mit gelben, auskeilenden Sandsteinbänkchen"
lo5"Mergel, tonig, blättrig, grau"

Der letzte kommt noch am besten hin  :ka

Phil

Der Verstand und die Fähigkeit, ihn zu gebrauchen sind zwei verschiedene Gaben.
Franz Grillparzer