Calopogon und Platanthera

Begonnen von Ronny K., 28.Dez.20 um 11:47 Uhr

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Ronny K.

Hallo,
ich habe mich mal an der symbiotischen Aussaat an Calopogon tuberosus, Platenthera ciliaris und P. blephariglottis versucht. Die Calopogon habe ich auf Sphagnum, Nadelbaumstreu, feiner Pinienrinde und Pappe ausgesät. Die Pappe habe ich mit etwas Wasser übergossen, in welches ich etwas Sphagnun, Nadelbaumstreu und feine Pinienrinde getan habe. Die groben Stücke habe ich dabei gleich mit auf die Pappe gegeben. Die Platanthera habe ich nur auf in dieser Weise behandelte Pappe gesät.
Hier das Ergebnis:


Calopogon keimt auf jedem Medium, am besten aber auf Nadelbaumstreu.


Hier ein Protokorm im Pilzgeflecht.

Bei der Platanhera bin ich mir nicht, ob da etwas keimt. Was meinen die Profis?




Grüße
Ronny

Berthold

#1
Ronny, ich bin nicht sicher, ob es bei Calopogon wirklich um eine symbiotische Keimung handelt. Die Embryonen dieser Art sind so fett, dass sie ohne äußere Unterstützung bis zu einer Grösse heran wachsen können, in der sie selber mit Chlorophyll und Licht Zucker and more synthetisieren können.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

winwen

Wie geht's den gekeimten Calopogons? Haben sie sich weiterentwickelt?

wölfchen

...und bei den Platanthera ???

Ronny K.

Hallo,
die Calopogon bekommen zum Teil ihr erstes Blatt. ich werde dämnächst wieder Bilder machen. Bei den Platanthera hatte ich möglicherweise ein Protokorm. Leider ist mir der Ansatz aber vertrocknet.

Grüße
Ronny

winwen

Das ist wirklich unglaublich!
Bin schon gespannt auf das nächste Photo der Calopogons.
Zwei Fragen dazu:
1.) Hast du sie unter Licht stehen?
2.) Meinst du, dass die Calopogons symbiotisch gekeimt sind, oder dass sie das doch aus eigener kraft geschafft haben?
Bekannt ist ja, dass Calopogon steril auf 30g Hafer-Agar keimen, obwohl unklar ist, wodurch sie dazu motiviert werden. Schließlich fehlt da völlig der Zucker und die kurzkettigen Eiweiße. Du schriebst, dass sie praktisch auf jedem Substrat keimen, was es eigentlich unwahrscheinlich erscheinen lässt, dass es pilzabhängig wäre (da müsste überall ein funktionierender Pilz vorhanden sein)

FlorianO

Es gibt einige Erdorchideen die unproblematisch keimen und auch ein erstes Blatt entwickeln. Dazu ist dann erstmal kein Pilz von nöten. Das prominenteste Beispiel ist wohl die Gattung Bletilla. Schwierig wird es die Sämlinge weiterhin gut mit Nährstoffen und Feuchtigkeit zu versorgen damit sie sich weiter entwickeln. Das geht auf sterilem Zuckerboden natürlich viel einfacher und schneller.

Berthold

Zitat von: winwen am 09.Feb.21 um 13:52 Uhr
Das ist wirklich unglaublich!
Bin schon gespannt auf das nächste Photo der Calopogons.
Zwei Fragen dazu:

Bekannt ist ja, dass Calopogon steril auf 30g Hafer-Agar keimen, obwohl unklar ist, wodurch sie dazu motiviert werden. Schließlich fehlt da völlig der Zucker und die kurzkettigen Eiweiße. Du schriebst, dass sie praktisch auf jedem Substrat keimen, was es eigentlich unwahrscheinlich erscheinen lässt, dass es pilzabhängig wäre.

Sie keimen wie fast alle anderen Pflanzen, denn ihre Embryonen sind so dick bzw. enthalten so viele Kohlenhydrate und anderes, dass der Keimling damit allein ein Keimblatt mit Chlorophyll herstellen kann.
Dann läuft bei Licht der normale Photosynthese-Apparat wie in allen anderen Grünpflanzen. Dazu sind keine Pilze für die Ernährung mehr notwendig.

Die Orchideen produzieren meist sehr kleine Samen in riesiger Stückzahl. Dann sind sie zwar zur Keimung meist auf Pilzunterstützung angewiesen, können sich aber durch Wind sehr weit verbreiten.
Es ist eine andere Strategie der Vermehrung, die manchmal von Vorteil, manchmal von Nachteil ist.
Wenn sie keine Nachteile hätte, wäre der gesamte Erdball durch Orchideen verunkrautet.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

winwen

Zitat von: Berthold am 09.Feb.21 um 15:13 Uhr
Zitat von: winwen am 09.Feb.21 um 13:52 Uhr
Das ist wirklich unglaublich!
Bin schon gespannt auf das nächste Photo der Calopogons.
Zwei Fragen dazu:

Bekannt ist ja, dass Calopogon steril auf 30g Hafer-Agar keimen, obwohl unklar ist, wodurch sie dazu motiviert werden. Schließlich fehlt da völlig der Zucker und die kurzkettigen Eiweiße. Du schriebst, dass sie praktisch auf jedem Substrat keimen, was es eigentlich unwahrscheinlich erscheinen lässt, dass es pilzabhängig wäre.

Sie keimen wie fast alle anderen Pflanzen, denn ihre Embryonen sind so dick bzw. enthalten so viele Kohlenhydrate und anderes, dass der Keimling damit allein ein Keimblatt mit Chlorophyll herstellen kann.
Dann läuft bei Licht der normale Photosynthese-Apparat wie in allen anderen Grünpflanzen. Dazu sind keine Pilze für die Ernährung mehr notwendig.
Allein die Reserven in den Samen müssen nicht unbedingt hinreichend sein für eine selbständige Keimung. In der Regel sind im Orchideenembryo die für das Verstoffwechseln von Stärke nötigen Metabolismen noch nicht ausgebildet. Derartige Reserven, v.a. Lipideinlagerungen dienen gemäß Hanns Rasmussen dazu, um potentielle Symbiosepartner anzulocken. Ich habe zuvor noch nie von eigenständiger Keimung von Calopogon tuberosus gehört und von einer eigenständigen Entwicklung bis hin zum ersten Blatt schon gar nicht. Deshalb ist dieser Thread so rasend interessant für mich.
Immerhin: möglich erscheint es schon, sind doch Bletilla und Calopogon miteinander enger verwandt.

Berthold

Bei fast allen anderen Pflanzen enthalten die Embryonen genügend Reserven für die Entwicklung eines Keimes mit grünem Blatt.
Es gibt sicher auch alle Formen von Übergängen zwischen den kleinen Orchideensamen, die mit ihren Reserven nur Pilze anlocken können und dickeren Samen, die selbständig keimen können.
Dann gibt es sicherlich auch Samen, die beides können je nach lokalen Standortbedingungen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ronny K.

Hallo,
ich finde die Samen von Calopogon und Bletilla nicht besonders groß. Samen von z.B. Epipactis sind ähnlich groß. Zufällig habe ich auch Bletilla striata ausgesät, sowie Bletilla ochracea. Letztere habe ich aber erst vor ein paar Tagen gemacht. Im Gegensatz zu den Bletilla sieht man bei Calopogon deutlich Pilzhyphen aus dem Protokorm wachsen. Allerdings ist die Bildung eines Blattes bisher die Ausnahme. Aber seht selbst:


Calopogon


Calopogon


Bletilla striata

Grüße
Ronny

Berthold

Zitat von: Ronny K. am 10.Feb.21 um 19:25 Uhr
Im Gegensatz zu den Bletilla sieht man bei Calopogon deutlich Pilzhyphen aus dem Protokorm wachsen.

Schöne Fotos, Ronny. Woher stammen denn die Hyphen, worauf hast Du ausgesät?
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Ronny K.

Zitat von: winwen am 09.Feb.21 um 13:52 Uhr
Zwei Fragen dazu:
1.) Hast du sie unter Licht stehen?
2.) Meinst du, dass die Calopogons symbiotisch gekeimt sind, oder dass sie das doch aus eigener kraft geschafft

Hallo,
1. Ja, da sie grün sind, denke ich, dass sie schon zur Fotosynthese fähig sind.
2. Kann ich nicht genau sagen, man sieht aber deutlich die Pilzhyphen in den Protokorm wachsen.

Möglicherweise ist dies eine Form von echter Symbiose. Viele Orchideen besitzen kein Chlorophyll im Protokorm und parasitieren daher den Pilz.

Zitat von: Berthold am 10.Feb.21 um 19:31 Uhr
Schöne Fotos, Ronny. Woher stammen denn die Hyphen, worauf hast Du ausgesät?

Calopogon habe ich auf totem Sphagnum, Nadelbaumstreu, Pappe und feiner Pinienrinde gesät. Die Bilder zeigen die Protokorme auf der Pinienrinde. Die Bletilla liegt auf Pappe.

Grüße
Ronny

FlorianO

Zitat von: Ronny K. am 10.Feb.21 um 19:25 Uhr
Hallo,
ich finde die Samen von Calopogon und Bletilla nicht besonders groß. Samen von z.B. Epipactis sind ähnlich groß. Zufällig habe ich auch Bletilla striata ausgesät, sowie Bletilla ochracea. Letztere habe ich aber erst vor ein paar Tagen gemacht. Im Gegensatz zu den Bletilla sieht man bei Calopogon deutlich Pilzhyphen aus dem Protokorm wachsen. Allerdings ist die Bildung eines Blattes bisher die Ausnahme. Aber seht selbst:


Calopogon


Calopogon


Bletilla striata

Grüße
Ronny

Bletilla stritata hat im Vergleich zu den allermeisten anderen Orchideen sehr große Samen die Testa fast 2mm lang und der Embryo etwa einen halben Millimeter.
https://www.orchideenkultur.net/index.php?topic=391.msg441418#msg441418

Berthold

Zitat von: Ronny K. am 10.Feb.21 um 19:38 Uhr
Viele Orchideen besitzen kein Chlorophyll im Protokorm und parasitieren daher den Pilz.

Ronny, Chlorophyll besitzen keine Pflanzen im Embryo, aber die meisten besitzen Ausgangsstoffe, um während der Keimung Chlorophyll zu synthetisieren, meist Kohlenwasserstoffe wie Zucker.
Nur wenn diese Ausgangsstoffe zu wenig vorhanden sind wie bei den meisten Orchideen, müssen sie sich mit Pilzpartnern zusammen tun, die ihnen diese Stoffen liefern.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)