Substrat Naturstandort/Topfkultur

Begonnen von Berthold, 14.Feb.14 um 14:01 Uhr

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Berthold

Zitat von: Claus am 18.Feb.14 um 22:52 Uhr
Machen wir doch das, was uns möglich ist, möglichst breite Versuche ohne gleich zu interpretieren.

aber ohne eine These über die Zusammenhänge wissen wir doch garnicht, in welche Richtung wir die Experimente ausdehnen sollen. Wie soll das gehen?

Wenn ich nicht davon ausgehen darf, dass Orchideensamen von Pilzen gekeimt werden, brauche ich doch keinen Versuch zu starten, Pilze von Orchideensämlingen zu isolieren.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Zitat von: Berthold am 18.Feb.14 um 22:56 Uhr
Wenn ich nicht davon ausgehen darf, dass Orchideensamen von Pilzen gekeimt werden, brauche ich doch keinen Versuch zu starten, Pilze von Orchideensämlingen zu isolieren.

Davon darfst du ruhig ausgehen.

Aber solche Aussagen sind Spekulation:
"Die Pilze von mascula wachsen erheblich schneller als die von Himantoglossum hirzinum."

"Die uns bekannten Keimpilze B1 und A36 z.B. können in organischem Material kaum existieren, weil sie dort von anderen Pilzen verdrängt werden, deshalb keimen viele Orchideen vermutlich nur in sehr humusarmen Böden."

Dagegen spricht schon, dass der B1 sich wunderbar in Holzsubstrat vermehrt und dort aufgelegte Samen der üblicherweise auf B1 keimenden Arten keimen und bis zum Auspikieren dort wachsen lässt.

"Es gibt Untersuchungen darüber, dass die Sämlinge schon im Frühstadium ihre Keimpilze loswerden wollen. Dact. sambucina versucht das mit B1 schon in einem sehr frühen Stadium, so dass die Protokorme oft bei 1 mm Grösse schon aufhören weiter zu wachsen."

D. sambucina-Sämlinge habe ich auf B1 immer groß bekommen. Aber sie haben das Auspikieren nicht lange überstanden. Das schiebe ich aber immer noch auf ungeeignetes Substrat und Temperatur. Hier spekuliere ich aber auch.

"Ich denke, dass alle Orchideensamen grundsätzlich antimykotische Substanzen produzieren, um sich vor Pilzen zu schützen. Dieses Schutzsystem vor den Pilzen arbeitet aber zum Glück nicht so perfekt, sodass einige Pilze dennoch zu dem Orchideensamen vordringen können, denn sonst könnte keine Orchideensamen gekeimt werden.
Das Sytem der Pilzabwehr und des Pilztolerieren scheint mit ziemlich artspezifisch zu funktionieren.

Deshalb vermute ich, dass D. sambucina versucht, B1 aktiv fernzuhalten, was zu Anfang nicht gelingt aber wenn das Protokorm grösser wird und mehr Wirkstoff produzieren kann eben doch. Das Blöde dabei ist, dass das sambucina Protokorm dabei selber abstirbt.
B1 passt eben nicht richtig zu sambucina als Keimpilz."
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Berthold

Zitat von: Claus am 19.Feb.14 um 10:14 Uhr

Aber solche Aussagen sind Spekulation:
"Die Pilze von mascula wachsen erheblich schneller als die von Himantoglossum hirzinum."

Es bildet sich um eine mascula Mutterpflanze eine kreisförmige Fläche, die sich pro Jahr etwa 20 cm im Radius vergrössert. Auf dieser Fläche erscheinen mascula Sämlinge. Die Sämlinge werden nur ca. 1 Jahr alt. Ich interpretiere dieses Phänomen so, dass eine geeigneter Keimpilz von der Mutterpflanze in die Umgebung hinein wächst und ca. 20 cm pro Jahr.
Bei H. hirzinum haben sich nach 4 Jahren in 20 cm Abstand von der Mutterpflanze 2 Sämlinge entwickelt. Ich gehe deshalb davon aus, dass ein passende H. hircinum Keimpilz sehr schlecht in die Umgebung einwächst, viel schlechter als der von Orchis mascula.     


"Die uns bekannten Keimpilze B1 und A36 z.B. können in organischem Material kaum existieren, weil sie dort von anderen Pilzen verdrängt werden, deshalb keimen viele Orchideen vermutlich nur in sehr humusarmen Böden."

Dagegen spricht schon, dass der B1 sich wunderbar in Holzsubstrat vermehrt und dort aufgelegte Samen der üblicherweise auf B1 keimenden Arten keimen und bis zum Auspikieren dort wachsen lässt.

Ich erkenne nicht, warum das dagegen spricht. Du hast das Holzsubstrat selbstverständlich sterilisiert, bevor Du es mit B1 geimpft hast. In sterilem Substrat kann kein anderer Pilz den B1 verdrängen, weil keiner vorhanden ist. Warum hast Du das Substrat sterilisiert? Vermutlich, weil Du spekuliert hast, dass der B1 von anderen Pilzen verdrängt wird und sich nicht ansiedeln kann, oder?

"Es gibt Untersuchungen darüber, dass die Sämlinge schon im Frühstadium ihre Keimpilze loswerden wollen. Dact. sambucina versucht das mit B1 schon in einem sehr frühen Stadium, so dass die Protokorme oft bei 1 mm Grösse schon aufhören weiter zu wachsen."

D. sambucina-Sämlinge habe ich auf B1 immer groß bekommen. Aber sie haben das Auspikieren nicht lange überstanden. Das schiebe ich aber immer noch auf ungeeignetes Substrat und Temperatur. Hier spekuliere ich aber auch.

Ich halte das für wahrscheinlich, weil andere Samen sich überhaupt nicht von B1-Hyphen bewachsen lassen wollen

"Ich denke, dass alle Orchideensamen grundsätzlich antimykotische Substanzen produzieren, um sich vor Pilzen zu schützen. Dieses Schutzsystem vor den Pilzen arbeitet aber zum Glück nicht so perfekt, sodass einige Pilze dennoch zu dem Orchideensamen vordringen können, denn sonst könnte keine Orchideensamen gekeimt werden.
Das Sytem der Pilzabwehr und des Pilztolerieren scheint mit ziemlich artspezifisch zu funktionieren.

Deshalb vermute ich, dass D. sambucina versucht, B1 aktiv fernzuhalten, was zu Anfang nicht gelingt aber wenn das Protokorm grösser wird und mehr Wirkstoff produzieren kann eben doch. Das Blöde dabei ist, dass das sambucina Protokorm dabei selber abstirbt.
B1 passt eben nicht richtig zu sambucina als Keimpilz."

Es muss in der Natur Keimpilze geben, die Dactylorhiza sambucina, Ophrys-Arten, Orchis-Arten, Riemenszungen und Cypripedien besser keimen als B1, denn diese Arten keimen alle in der Natur anstandslos. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der B1 in einer anderen Umgebung als Haferflocken-Agar Ophrys oder Cypripedien keimen kann, deshalb würde ich keine Experimente in dieser Richtung machen.
Frank keimt argentinische Orchideenarten mit einem argentinischen Pilz. Mit B1 klappt das nicht, wie er sagt.
Es ist in meinen Augen absolut selbstverständlich, dass für die erfolgreiche Keimung von Orchideen spezifische Paarungen aus Pilzart und Orchideenart bestehen.


Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

Claus

Ich habe inzwischen eine recht große Anzahl an Pilzen ausprobiert. Beginnend mit den Pilzen von Beyrle von der DSMZ über selbst isolierte, den B1, L1, A36, Q414, etwa 15 Pilze, die Roman aus Cypripedien isoliert hatte und auch Monilia. Außer den üblichen B1-Sämlingen hat nie etwas anderes gekeimt. Auf Romans Pilze legte ich jeweils Samen von Cyp. reginae, Himantoglossum hircinum und Gymnadenia conopsea, um einen Querschnitt zu fassen, ehe ich weiter differenziere. Dazu legte ich jeweils ein asymbiotisch gekeimtes Protokorm von Cyp. reginae, um zu sehen ob es überlebt. Ergebnis: Es keimten auf einigen wenigen Pilzen mehr schlecht als recht Gymnadenia, sonst nichts. Und von den Protokormen lebten einige wenige etwas länger - ohne Wachstum - ehe sie wie alle anderen abstarben.

Aus England kam vor ein, zwei Jahren die Botschaft, man habe einen Pilz für Ophrys. Als HOS-Mitglied bat ich um den Pilz. Man schrieb mir, dass der Pilz nicht stabil sei, er keimte Ophrys nicht mehr.

Eigentlich müsste es ja funktionieren, wenn man vom Originalstandort eine Bodenprobe nimmt, z.B. wo Himantoglossum oder Ophrys wachsen, und diese mit einer größeren sterilen Bodenprobe mischt, so dass der Pilz sich ausbreiten kann. Das hat sicher schon jemand gemacht, aber gehört hat man davon nichts. Dennoch empfiehlt Svante Malmgren zum Auspikieren von asymbiotischen Sämlingen Substrat vom Standort zuzumischen. Ich habe vom Calypso-Standort so eine Moosprobe mitgebracht und in den Auspikiertopf gekrümelt. Tatsächlich blieben alle Sämlinge in diesem Topf bisher erhalten, im Paralleltopf gingen aber die meisten ein. Beweis???  :ka :ka :ka :nee :nee :nee Der Paralleltopf enthält ein etwas anderes Substrat.  grins

Wat nu? Ich bin Praktiker, weniger Theoretiker. So habe ich auch in der Industrie gearbeitet, Modifizierte Verfahren im Labor ausprobiert, im Technikum getestet, Anlage gebaut, Patente geschrieben. So mache ich das hier auch - ohne Patente.  :-D Ich ziehe Sämlinge heran, egal ob asymbiotisch oder symbiotisch und versuche diese auf möglichst kurzem Wege in verschiedene Substrate in den Garten zu bringen. Bei einigen klappts, bei anderen nicht. Aber es werden im Garten mehr. Mal sehen was in diesem Frühjahr wiederkommt.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

purpurea †

Vieleicht wären die Pilze von INOQ verwenbar.Ich habe hier zwei Eimer rumstehen.Einmal Endomykorrhiza und dann noch
Ericoide Mykorrhiza.
Trägermaterial ist Torf.
Ablaufdatum 2016.
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast Du es hinter Dir.

Claus

Rudolf, wir hatten das schon mal diskutiert. Nehmen wir mal an, dass die Pilze bei irgendwelchen Gattungen funktionieren. Aber sie sind nicht sauber, d.h. sie enthalten mit 100% iger Gewissheit Schimmelsporen oder andere Bodenpilze wie Botrytis. Dann kann man sie aber nicht auf dem sterilen Haferagar ausbringen, weil der Schimmel immer lebensfähiger ist.

Man könnte mal probieren, ob die Pilze keimen, wenn man sie mit einem sterilisierten Substrat mischt, das wir zum Auspikieren verwenden, z.B. 25% Seramis, 25% Perlite, 25% Bims, 25% Rindenhumus oder auch Neudohum. Sterilisiert deshalb, weil dann nicht noch zusätzliche Schadpilze eingebracht werden. Dann Samen der verschiedenen Gattungen aufstreuen - ggf. desinfiziert - anfeuchten, eintüten, dunkel stellen und warten.

Ein Problem sehe ich aber noch darin, dass INOQ wahrscheinlich nur mit lebenden Pflanzen in Symbiose geht.
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purpurea †

Zitat von: Claus am 19.Feb.14 um 18:09 Uhr
Ein Problem sehe ich aber noch darin, dass INOQ wahrscheinlich nur mit lebenden Pflanzen in Symbiose geht.

Ich glaube da hast Du recht. :yes
Ich dachte man könnte den Pilz irgend wie isolieren. :rot
Liebe Grüsse an die meisten.
Rudolf.V
Du darfst nicht alles glauben was Du weisst!
Lieber zuviel essen als zu wenig trinken!

Beginne den Tag mit einem Lächeln, dann hast Du es hinter Dir.

Berthold

Zitat von: Claus am 19.Feb.14 um 18:09 Uhr
Ein Problem sehe ich aber noch darin, dass INOQ wahrscheinlich nur mit lebenden Pflanzen in Symbiose geht.

Ja, das sind keine Saprophyten. Die kann man solo im Topf ohne Begleitpflanzen kaum am Leben halten, fürchte ich.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)