Bodenphysik – Der Unterschied zwischen Topf- und Beetkultur

Begonnen von flo, 17.Jan.09 um 14:28 Uhr

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flo

Hallo zusammen,
ich habe noch nicht viele Erfahrungen mit Erdorchideen gesammelt, lediglich 5 Jahre mit den gängigen Anfängerpflanzen in Beet wie auch Topfkultur. Zu der Substratfrage möchte ich mich deswegen nicht wirklich äußern, allerdings kann ich die Diskussion um Lehm/Sand als Topfsubstrat auch nicht einfach so ignorieren.
Deshalb möchte ich das ganze Thema mal Bodenkundlich und in Bezug auf Intensivkulturen beleuchten. Leider war Bodenkunde nie eines meiner Lieblingsfächer (hat es nicht eh irgendjemand hier studiert?), aber ich versuche mal noch alles zusammen zu bekommen.

Wenn wir ein Medium für den Produktionsgartenbau auf seine Eignung hin untersuchen möchten, müssen wir uns zuerst mal seinen pF-Wert ansehe. Dieser Wert zeigt uns, wo im Medium das Wasser gebunden ist. Mann kann also ablesen, wie viel H2O pflanzenverfügbar in der sogenannten NFK (nutzbare Feldkapazität) vorliegt. Die NFK liegt im Bereich pF 1,8-4,2, alles >4,2 wird als der PWP (permanenter Welkepunkt) bezeichnet, dieses Wasser ist in kleinen Poren gelagert und wird auch als totes Wasser bezeichnet.
Je höher also der pF-Wert, desto größer ist die Kraft, mit der das Wasser an die Bodenteilchen gebunden ist.
Leider ist mir nicht mehr klar, welche Rolle pF-Werte <1,8 spielen. Sie werde als Sickerwasser bezeichnet und sind nur in groben Poren gebunden. Demnach müssten sie theoretisch leicht pflanzenverfügbar sein aber den Luftgehalt einschränken. (Vielleicht kann sich mal jemand mit Ahnung dazu äußern?)

Das Hauptproblem ist nun, das der pF-Wert stark von der Höhe des Bodens abhängig ist:
- 10cm Lehmschicht besitzt einen pF-Wert von 0,7 daraus lassen sich ablesen das 44 Vol.-% Wasser, 1 Vol.-% Luft und 55 Vol.-% Festsubstanz ausmachen.
- 30cm Lehmschicht (pF 1,18) ergeben kaum andere Werte: 43,5% zu 1,5% zu 55%.
Wenn wir nun einen gewachsenen Boden aus Lehm betrachten, bei dem das Grundwasser in 2m Tiefe steht (pF 2,3), so erhalten wir für die obersten 30cm 32% Wasser zu 13% Luft.

Die genauen Werte für Sand habe ich jetzt leider nicht da, aber wenn mir jemand die bodenkundliche Bezeichnung eures Gemisches mitteilt, dann kann ich in den Semesterferien ab Febr. einige weitere Berechnungen anstellen.

Nach meiner Meinung (und der gängigen Literatur) eignen sich gewachsene Böden absolut nicht als Substrat zur Topfkultur, zumindest bei Intensivkulturen. Als Gründe würde ich erst mal die viel zu geringen Luftgehalte angeben und schließlich noch den zu geringen pF-Wert. Bei pF-Werten <1,8 sollte das Substrat entweder richtig nass oder richtig trocken seien.
Wie die Eignung für Erdorchideen ist, kann und will ich hier nicht beurteilen. Ich möchte lediglich mal auf die riesigen Unterschiede zwischen Naturstandort bzw. Beet- und Topfkultur hinweisen.

So, soviel wollte ich einfach mal dazu sagen. Leider kann ich nicht garantieren, das ich alle Zusammenhänge richtig dargestellt habe. Vielleicht kann mich ja jemand ggf. korrigieren oder auch bestätigen. In den nächsten zwei Wochen habe ich leider keine weitere Zeit um mich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Falls es danach noch aktuell ist, werde ich mich noch einmal in die Materie stürzen.

Gruß, florian


Manne

Guten Tag,
einer der Fachleute hier im Forum, der hier wissenschaftlich exakt antworten könnte, ist momentan irgendwie nicht greifbar. Als Mann der Praxis, werde ich einmal versuchen, dieses Thema von dieser Seite anzugehen. Einfach einen beliebigen Boden oder Lehm in einen Topf zu füllen geht nach meinen Erfahrungen nicht. Schon beim Lehm beginnt das Problem. Zwischen einem beliebigen Lehmboden und einem Lößlehm gibt es schon sehr erhebliche Unterschiede. Bei den Sanden ist die Differenzierung noch größer.
Entscheidend ist wohl, wie im vorhergehenden Posting dargestellt, das entstehende Poren- und Luftvolumen im Topfsubstrat. Wenn ein Löß oder ein vorher strukturierter Lehm mit 50 – 80 % scharfem Sand gemischt wird, erreicht man wohl einen guten Wert.
Wenn dann nicht zu reichlich gegossen wird, geht dies sehr gut.
Leider meinen viele Menschen, man müsse Feuchtgebietsarten sehr nass halten. Was am Naturstandort aus verschiedenen Gründen nötig ist, im Topf aber meist tödlich. Auch Feuchtgebietsorchideen sollten im Topf oder Kasten nur erdfeucht, aber nie nass stehen.
Wie sich dies wissenschaftlich erklärt, überlasse ich nun den Fachleuten.
Mit freundlichen Grüßen
Manne