Claus im Orchideenparadies in Thüringen

Begonnen von Claus, 03.Jun.09 um 20:31 Uhr

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Claus

So kurz vor Himmelfahrt ist fast immer ein guter Zeitpunkt, um sich Orchideen in freier Wildbahn anzuschauen. Nun sind da meine Lieblingsorte die Sieben Berge bei Alfeld oder der Burgberg mitten in der Pampa.

Durch meinen Besuch bei Manfred und den Austausch mit Achim (Rhodosfreund) über Aussaaten und Nährböden hatte ich Thüringen ein wenig kennen gelernt, und Achim bot mir an, einmal interessante Gebiete in und um Jena zu besichtigen. Auf dem Rückweg wollte ich mir dann Mannes Hybridenschwärme anschauen.

Achim reservierte die Übernachtung in einem schönen Vorort von Jena, und dann ging es los. Mit dem Navi fanden wir – Barbara und ich – Achims Hanggrundstück auch sofort. Da gab es schon viel zu sehen; denn ehe Achim vom Erdorchideenvirus erfasst wurde, hatte er die Epiphyten-Grippe. So ein steiles Hanggrundstück hat schon seine Vorteile; denn es ist viel größer als die Fläche, die man kauft. Außerdem ist dort alles Kalk, d.h. man muss den nicht erst einmal tonnenweise heranschaffen und einarbeiten.

Auf jeden Fall besichtigten wir am Nachmittag erst einmal Jena, und das ist ein Blick in eine lange Historie, verbunden mit der Carl-Zeiss-Stiftung. Was aber interessant ist, Orchideen gibt es schon in den Wohngebieten, wir fanden Ophrys apifera in Knospe und in größerer Anzahl, Cephalanthera damasonium und Listera ovata, mitten zwischen den Wohnblocks auf den Rasenflächen, jede Pflanze sorgfältig mit einem Stöckchen markiert und streng von den Anliegern bewacht.



Abends luden uns Achim und seine Frau zum Grillen der berühmten Thüringer Bratwurst ein. Merkwürdig, was uns hier als Thüringer Bratwurst verkauft wird, ist gar keine!

Am nächsten Vormittag trafen wir dann Manfred, mit dem wir uns in der Nähe eines der Orchideengebiete verabredet hatten. Da eine mittelgroße Völkerwanderung drohte, marschierten wir gleich los. Es ist dies eines der größten Gebiete mit Cypripedium calceolus in Europa. Im Gegensatz zum Burgberg, wo die Pflanzen in großer Zahl auf einer relativ kleinen Fläche wachsen, zieht sich das Gebiet hier ca. eine Wanderstunde lang hin. Es gibt dort aber nicht nur Frauenschuhe sondern auch andere interessante Pflanzen bzw. Orchideen.

Pyrola uniflora – einblütiges Wintergrün


Cephalanthera damasonium


Orchis purpurea


Schön die purpurnen Papillen, die aus der Nähe wie Kristalle aussehen:


Corallorhiza trifida


Epipactis atrorubens in Knospe


Gymnadenia conopsea in Knospe


Ophrys insectifera


Ophrys sphegodes


Neottia nidus-avis


Orchis purpurea albino-Form




Da ist auch kein einziger "Kristall" drin:
Platanthera chlorantha


Erst aus der Nähe kann man sehen, dass es chlorantha ist:


Und Ameisen haben dort eine Blattlausherde installiert:


Hin und wieder waren noch Anemonen zu sehen, die waren aber schon für andere reserviert:


Listera ovata


Ja, und dazwischen immer wieder große Horste von Frauenschuhen. Barbara zählte fleißig und kam auf bis zu 100 Blüten je Horst, und bei 39.999 hörten wir dann auf zu zählen ...








Achims Frau hatte uns freundlicherweise mit einem üppigen Picknick ausgestattet, das wir bei dem schönen Wetter in freier Natur genossen haben. Manfred fuhr dann wieder nach Hause.

Wir dagegen wechselten kurz das Gebiet und kämpften uns in großer Schwüle steile Hänge hoch und runter. Das war aber auch recht lohnend; denn wir sahen große Bestände an

Himantoglossum hircinum









Hier ist noch eine Pflanze ganz in Knospe:


Fliegenragwurz gab es auch.

Orchis militaris in der Abblüte


Orchis tridentata


Und, was Achim und uns besonders freute, Orchis ustulata







Dagegen fanden wir die erwartete Ophrys apifera nicht, sie war wohl wie in Jena noch nicht in Blüte – aber hier nicht mit Stöckchen markiert.

Achim, dir und deiner Frau nochmals herzlichen Dank für eure Gastfreundschaft. Über den zweiten Teil im Unstruttal berichte ich später.

Viele Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Charlemann

Sehr schöne Bilder Claus!

Wandelt ihr jetzt alle in Orchideenwunderländern?

Claus

Nur zur Anregung, was in unseren Gärten alles blühen kann.  :thumb :thumb :thumb
Du machst ja mit deinen neuen Beeten schon die erste Annäherung.

Grüße
Claus
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Charlemann

Wenn man kein Orchideenwunderland in seiner unmittelbaren Nähe hat, muss man sich halt eines bauen. :yes

Das wird dann das Charlemann-Orchideen-Wunder-Land!

Danach ist aber auch bei mir Schluß mit bauen Claus, aus platztechnischen Gründen. :heul

pierre

Zitat von: Claus am 03.Jun.09 um 20:56 Uhr
Nur zur Anregung, was in unseren Gärten alles blühen kann.  :thumb :thumb :thumb
Du machst ja mit deinen neuen Beeten schon die erste Annäherung.

Grüße
Claus

Oh je, was in der Natur blüht, kommt nicht in meinem Garten  :devil
Was auf der Wiese wächst, wächst in meinem Garten. Ist mein Garten eine Wiese ? :whistle


Wer seinen Garten anlegt, schreibt seine stumme Biographie.



Peter

das hat mich beeindruckt.
Ich hatte keine Ahnung, das es dort eine so reiche Flora gibt.
Gruß
P.
Grüße
P.

Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von Jedem! (Karl Valentin)

Charlemann

Zitat von: hakone am 03.Jun.09 um 21:09 Uhr
Wer seinen Garten anlegt, schreibt seine stumme Biographie.

Da siehst Du es mal wieder Hakone, auch mit einem Spaten kann man schreiben.

Alexa

Nette Bilder und sehr hübscher Bericht!
Danke Claus!

Rhodosfreund

Hallo Claus,
meine Frau und ich haben Deinen Artikel mit großem Interesse  gelesen, vor allem freut es uns, dass es Dir und Deiner Frau sehr gefallen hat.
Auch uns haben die beiden Tage viel Freude bereitet.

Gruß

Achim

gaby

@ Claus,
ein sehr schöner Bericht, danke!!
Aber  wenn ihr das nächste Mal über die 7 Berge lustwandelt könnt ihr gerne auf einen Kaffee hier hereinkommen, die 7 Berge sind nur ca 10 km von hier weg :yes ;-)
LG
Gaby
Liebe Grüße
Gaby

Reinhold

Es wäre demnächst wieder so weit, oder?
Ich hatte mir mal die 99.990 calceoli angeschaut.
Habe aber schon bei 4.325 aufgehört zu zählen.
War schon beeindruckend.
Schön, dieser Nebeneffekt des real existierenden Sozialismus. Daß die keinen Grund hatten, ihre Wälder zu plündern und zu optimieren, d.h. auf gesäubertes Kapitalismusformat zu bringen.
Ja, ich weiß, ich bin ein Nostalgiker.
Aber das sogenannte "Unaufgeräumte" in der DDR, das hatte schon was für sich. Und Gott-sei-Dank wird es noch ne Weile dauern, die blühenden Landschaften aufzuräumen.
Derweil?
Machen wir uns Spaß mit Orchis.
Gruß
LI:
Im Forum steht alles; auch das Gegenteil.

Claus

Nun muss man zu den vielen Cypripedien sagen, wenn da nicht in absehbarer Zeit eine Entbuschungsaktion erfolgt, wird es mit den Orchideen bergab gehen. Die hier im norddeutschen Raum vorhandenen Bestände können auch nur durch solche Aktionen erhalten werden. Manfred sagt dazu immer: Rohboden muss her!

Wir haben doch eine so große Zahl an mehr oder weniger bezahlten Arbeitslosen. Guido hatte ja vorgeschlagen, den Kräftigen und Gesunden unter ihnen eine Schaufel in die Hand zu drücken, um den Schnee wegzuräumen. Aber was nach dem Tauwetter? Da böte sich ja so eine Tätigkeit in frischer Luft an, und die Ausgaben für die Muckibuden könnte man auch sparen.

Wie heißt es hier immer so schön? Duck und weg!  :bag :bag :bag
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)