invitro Mutation von Keimpilzen

Begonnen von Tobias, 11.Aug.10 um 06:41 Uhr

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knorbs

Zitat von: uhu/jürgenLetztlich werden sich auch obligate Mykorrhizapilze immer nur von den Grundsubstanzen zur Aufrechterhaltung eines Stoffwechsels ernähren können. Diese liefert, wahrscheinlich neben anderen "Wuchsstoffen", der pflanzliche Partner.

ich denke du siehst da was falsch jürgen. mykorrhizapilze liefern ihren pflanzenpartenrn nährstoffe, in erster linie phosphat, aber auch stickstoff + wahrscheinlich noch einige andere mineralien sowie wasser. dafür erhalten sie von der pflanze energie aus der photosynthese, vulgo zucker + das nicht zu wenig (bis zu 20% der photosynthelesitung der pflanze wird an den pilz abgegeben):

aus einer diplomarbeit:

Bis zu 20% der Photosyntheseprodukte fließen dabei zum pilzlichen Symbiosepartner (Wright et al. 1998). Für die Pflanze lohnt es sich aufgrund der hohen Energiekosten einer Mykorrhiza, selbige nur dann auszubilden, wenn ihr Wachstum durch niedrige Konzentrationen an zugänglichem Phosphor limitiert ist. Im Gegenzug erhält die Pflanze vom Pilz vor allem Phosphor, den der Pilz effizienter aufnehmen und in Form von Polyphosphaten in seiner Vakuole akkumulieren kann. Phosphor liegt zwar meist in relativ großen Mengen im Boden vor, ist jedoch in Form von schwerlöslichen Salzen oder Phytinsäuren für die Pflanze nur schwer zugänglich (Holford, 1997). Die verbesserte Aufnahme von Phosphor durch den Pilz wird durch die insgesamt größere Oberfläche der feinen Hyphen, ein dadurch größeres Einzugsgebiet im Boden, Sekretion von Phosphatasen und organischen Säuren sowie durch besonders hochaffine Phophattransporter begründet (Duff et al. 1991; Bücking und Shachar-Hill 2005).

nochmal zu "obligat biotroph" im bezug auf die mykorrhizapilze. da unteliegst du einem fehlschluss, wenn du andeutest "Die in vitro-Bedingungen müssen nur eine physiologische Ernährung für die Pilze sicher stellen".

ZitatDie VAM-Pilze werden als Obligat-Biotrophe betrachtet, da sie bis jetzt nicht erfolgreich unter keimfreien Bedingungen kultiviert werden konnten (Hepper, C.M., VAM spore germination and hyphal growth in vitro: prospects for axenic culture in Proc. 7th NACOM, Sylvia et al., ed., University of Florida, Gainesville, 172-174 (1987);
(quelle)

die sporen der mykorrhizapilze bilden bei der keimung eine keimschlauch aus, der nur ein bestreben hat...eine wurzel eines pflanzenpartners zu finden um dort einzudringen. findet der keimschlauch keine wurzel, wird er resorbiert. dieser vorgang wiederholt sich einige male. wenn keine wurzel gefunden wird, stirbt der sporenkeimling. erst bei besiedelung einer wurzel werden die namensgebenden arbuskel ausgebildet.

bisher gelang ledigilich eine monoxenische in vitro von va-mykorrhizapilzen

ZitatEin wichtiger Meilenstein in der Entwicklung der monoxenischen AM-Kultur wurde 1996 mit der erfolgreichen Nutzung von Bi-Kompartment-Petrischalen erreicht [43]. Nun war die physikalische Trennung zwischen extraradikalem AM-Pilzmyzel und Wirtswurzel möglich und damit konnten große Mengen von AM-Pilzmateriel, speziell Sporen und Hyphen, getrennt vom Wirt aber immer noch im symbiotischen Stadium, hergestellt werden (der Pilz ist immer noch mit dem Wirt verbunden aber räumlich getrennt). So produziertes Pilzmaterial bildet heute die Grundlage für viele molekularbiologische Studien über AM-Pilze.
(quelle))

verstehst du jetzt, weshalb ich zu dem schluss komme, dass die in in vitro kultur befindlichen orchideenkeimpilze keine mykorrhizapilze sein können, sondern saprophyten sein müssen. diese sind in der lage die nötige energie (zuckerverbindungen) aus den organischen beimischungen herauszuspalten (cellulose, lignin). sie brauchen keinen pflanzenpartner. sie halten quasi "ewig" aus, der einzige limitierende faktor ist die nahrung.

Timm Willem

Hallo Norbert,
Du kannst durchaus damit richtig liegen, aber dann drehen wir uns alle mit den Wortdefinitionen im Kreis.
Es ist nicht klar, ob es einen Erkenntnisgewinn beisteuert, oder am Ende zu Wortklauberei führt.
Die Untersuchungen wurden bis jetzt nur an wenigen Beispielarten durchgeführt.
Aber es gibt vermutlich auch noch große Lücken, die bei den "Symbiosen" noch nicht untersucht wurden und wahrscheinlich auch nie werden. Ebenso ist nicht klar, ob der wirkliche Charakter solcher Lebensformen überhaupt schon erkannt ist.
Sicher ist, es leben austauschbare Keimpilze an Wurzeln staudiger Pflanzen, diese leben dort mit den staudigen in Symbiose, Erdorchideen schmarotzen offensichtlich daran, es gibt einen großen Unterschied je nach Wuchsstärke des staudigen Partners, das entscheidet wiederum wie viel die Orchidee sich klemmen kann. Die Frage ist also, wie spezifisch muss für die Orchideen der "Pilzwirt" sein?
Da bleibt uns nur die Spekulation als Vorstufe von zu beweisenden Thesen.

knorbs

#17
es geht mir nicht um wortklauberei. ;-) ich wollt nur einen denkanstoß geben, dass die keimung von orchideen in vitro mithilfe eines oder mehrerer pilze m.e. sehr wahrscheinlich mit saprophytischen pilzen + nicht mithilfe von mykorrhizapilzen erfolgt. die keimung von orchideen mithilfe von mykorrhizapilzen lässt sich wohl nur in vivo umsetzen. das sind dann mehr oder weniger zufällige ergebnisse, wenn in aussaatgefäßen orchideen keimen + andere pflanzen im gleichen topf mitkultiviert werden, die eine mykorrhiza ausgebildet haben.

ich gebe dir recht, dass es offenbar noch große lücken gibt, was die symbiosebeziehung pflanze/orchidee + pilz anbelangt. das lese ich immer wieder, wenn ich mich durch diverse arbeiten zu dem thema lese.

Zitat von: timm willemDie Frage ist also, wie spezifisch muss für die Orchideen der "Pilzwirt" sein?

zumindest gibt es dazu erkenntnisse, dass mykoheterotrophe orchideen durch wechsel ihres/ihrer pilzpartner(s) standortveränderungen (beschattung/licht) ausgleichen können (Spektrum Wissenschaftsmagazin der Uni Bayreuth, Heft 3/2004, S. 32-33; quelle). aber da geht es ja um orchidee<->pilz-beziehungen adulter pflanzen + nicht um deren keimung.

erkenntnisgewinn? ich habe welchen :-D.


Timm Willem

Hallo Norbert,
es ist leider in vielen Fällen nicht bekannt wodurch die Keimung genau ausgelöst wird. Bei einigen ist es die Temperatur, bei anderen sind es von Pilzen abgesonderte Cytokinine unter Verdacht stehen noch spaltbare Kohlenwasserstoffe die ebenfalls von Pilzen abgesondert werden und die oder deren Verhältnis eventuell spezifisch ist.
Es gibt jedoch auch viele Orchis die keimen einfach nachdem der Samen gequollen ist, da bleibt dann die Frage: was soll das?
Zum einen sind diese mit Sicherheit nicht sofort von Mykorr. abhängig, sie haben gegen die allgemeine Auffassung so viele Speicherstoffe im Embryo, dass sie eine gewisse Zeit ohne kompetenten Pilz auskommen. Dann suchen sie sich aber ein Opfer,vermutlich relativ willkürlich. 
Für die Orchideen ist dabei wichtig, dass der Pilz auch was kann, und da werden Pilze, die wiederum als Kohlenstoffquelle eine andere Pflanze anzapfen bevorzugt, nicht gezielt, der Rest schafft es nur nicht.
Wenn man nun Papers über das Thema liest, werden dort oft Sonderfälle beschrieben, der Widerspruch wird jedoch in der Versuchsanlage nicht geklärt.
Würde man solche Versuche mit Gymnadenia oder Dac. machen, wäre offensichtlich: die warten einfach bis eine Kohlenstoffquelle vorbeiwächst die sie dann aussaugen können, denen ist egal wie oft sie den Pilz"partner" wechseln, denke ich. 

Claus

So ist es wohl.

Bei meinen Keimersuchen mit B1 hatte ich ja queer Beet alles, was ich an Arten hatte, symbiotisch ausgesät. Da keimen viele, ohne dass sie eine weitere Entwicklung durchmachen. Der Pilz ernährt sie nicht, und die Stärke können sie als Energiequelle noch nicht verwerten. Sie bilden noch kleine Rhizoide, und dann sind die winzigen Energievorräte verbraucht.

Bekannt ist auch, dass viele Arten auf reinem Wasseragar keimen, sich dann aber eben auch nicht weiter entwickeln können.
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Timm Willem

Zitat von: Claus am 07.Sep.10 um 10:05 Uhr

Bekannt ist auch, dass viele Arten auf reinem Wasseragar keimen, sich dann aber eben auch nicht weiter entwickeln können.
Hallo Claus,
ich stolpere bei dieser Aussage immer etwas, ist ja oft zu lesen.
Bei Duchefa und anderen Anbietern gibt es Agarprotokolle zum nachlesen, da schluckt man erst mal, was alles drin ist.

Berthold

Zitat von: Timm Willem am 07.Sep.10 um 10:52 Uhr
Zitat von: Claus am 07.Sep.10 um 10:05 Uhr

Bekannt ist auch, dass viele Arten auf reinem Wasseragar keimen, sich dann aber eben auch nicht weiter entwickeln können.
Hallo Claus,
ich stolpere bei dieser Aussage immer etwas, ist ja oft zu lesen.
Bei Duchefa und anderen Anbietern gibt es Agarprotokolle zum nachlesen, da schluckt man erst mal, was alles drin ist.

zunächst muss ja mal ein Eindringen von Wasser in den Embryo stattfinden, also ein reines Quellen, bevor jeglicher biochemischer Ablauf starten kann. Es wäre doch schon vorstellbar, dass einige Arten dabei bis auf gut sichtbare Grössen aufquellen.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

knorbs

aber die keimung, also die entwicklung des protokorms ist doch ohne keimpilz möglich. das protokormstadium hält eine bestimmte zeitlang an. entweder gibt es in der zeit eine geeignete pilzinfizierung, damit sich das protokorm dann weiterentwickelt oder eben nicht. im letzteren fall stirbt der keimling/protokorm. was ist also an aussagen wie "keimen auch auf wasseragar" oder die von claus beobachtete keimung vieler orchideen auf b1 ohne weiterentwicklung des protokorms verwunderlich? ein definitionsproblem des begriffs "keimung"?

Claus

Zitat von: Berthold am 07.Sep.10 um 11:11 Uhr
zunächst muss ja mal ein Eindringen von Wasser in den Embryo stattfinden, also ein reines Quellen, bevor jeglicher biochemischer Ablauf starten kann. Es wäre doch schon vorstellbar, dass einige Arten dabei bis auf gut sichtbare Grössen aufquellen.

Nee, das ist es nicht, es bilden sich richtige Rhizoide, aber ganz winzige, wie frine Härchen. Und mit dem Wasseragar habe ich das auch mal ausprobiert, da war wirklich nur Wasser und Agar drin. Nun ist natürlich die Frage, was ist noch im Agar drin?
Wer Chemiker werden will, muss Chemie studieren; wer Jurist oder Arzt werden will, muss Jura oder Medizin studieren. Aber um Politiker zu werden, ist lediglich das Studium der eigenen Interessen notwendig. (Max O'Rell)

Timm Willem

Zitat von: knorbs am 07.Sep.10 um 11:29 Uhr
aber die keimung, also die entwicklung des protokorms ist doch ohne keimpilz möglich. das protokormstadium hält eine bestimmte zeitlang an. entweder gibt es in der zeit eine geeignete pilzinfizierung, damit sich das protokorm dann weiterentwickelt oder eben nicht. im letzteren fall stirbt der keimling/protokorm. was ist also an aussagen wie "keimen auch auf wasseragar" oder die von claus beobachtete keimung vieler orchideen auf b1 ohne weiterentwicklung des protokorms verwunderlich? ein definitionsproblem des begriffs "keimung"?
Hallo Norbert,
Du hast natürlich mit allem Recht, was Du geschrieben hattest, ich sehe nur eine Gefahr darin sich an einer wissenschaftlichen Diskussion über die Begriff Mykorrhiza oder Symbiose festzubeißen, denn darum geht es in der Kultur von Erdorchideen wohl nur am Rande. Ich glaube, die Definitionen von Symbiosen werden auch in der Wissenschaft wie eine Henne-Ei-Diskussion geführt.
Ich wollte Dich damit nicht ärgern, mein impulsives Schizophren reagiert nur auf bestimmte Schlagwörter etwas unkontrolliert.

Berthold

Zitat von: knorbs am 07.Sep.10 um 11:29 Uhr
was ist also an aussagen wie "keimen auch auf wasseragar" oder die von claus beobachtete keimung vieler orchideen auf b1 ohne weiterentwicklung des protokorms verwunderlich? ein definitionsproblem des begriffs "keimung"?

Bei Keimung auf Wasseragar sind ja keine Nährstoffe im Medium vorhanden, die zum Aufbau der neuen Zellen benötigt werden (z.B. Zucker). Man fragt sich also, wo kommen die her.
Ist der Embryo selber ist zu klein, um sie zu liefern?
Es gibt auch Orchideenarten, die haben so grosse Embryonen mit so viel Reservestoffen, dass sie auf Torf selbständig keimen können. Diese Arten, die in Wasseragar kleine Protokorme bilden scheinen ebenfalls in diese Richtung zu gehen und haben vermutlich grössere Embryonen als die "normalen" Arten. 
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

knorbs

keine bange timm...sehe keinerlei gefahr einer zu "wissenschaftlichen" betrachtung. dafür fehlt mir schon die universitäre vorbildung grins. grund meines postings war lediglich die bemerkung von stefan, der das zwingende vorhandensein eines mykorrhizapilzes zur erfolgreichen keimung in vitro voraussetzt. da erinnerte ich mich an die diversen arbeiten zur schwierigkeit der axenischen in vitro-kultur von mykorrhizapilzen. das war + ist für mich ein widerspruch. daher auch meine schlussfolgerung, dass die verwendeten keimpilze saprophyten sein müssen. that's all. ;-)

nochmal zum protokormstadium, dass ja nach meinem verständnis schon ein keimvorgang ist. ich dachte die mehr oder weniger geringe zellteilung des orchideenkeimlings zu einem protokorm ("zellhaufen"?) schafft er aus den wenigen stoffen, die er mitbekommen hat. wenn diese verbraucht sind muss das protokorm pilz infiziert werden um weiter versorgt zu werden. sehe ich das falsch?


Berthold

Zitat von: knorbs am 07.Sep.10 um 20:03 Uhr
..ich dachte die mehr oder weniger geringe zellteilung des orchideenkeimlings zu einem protokorm ("zellhaufen"?) schafft er aus den wenigen stoffen, die er mitbekommen hat. wenn diese verbraucht sind muss das protokorm pilz infiziert werden um weiter versorgt zu werden. sehe ich das falsch?

im Prinzip kann man das so sehen. Aber das Protokorm muss nicht zwingend von einem Pilz versorgt werden, es kann auch aus seiner Umgebung Nährstoffe selber aufnehmen, Zucker z.B.. Das ist das Prinzip der asymbiotischen Aussaat und Keimung.

Das muss aber steril ablaufen, weil diese Nährstoffe, die das Protokorm braucht, in der freien Natur sofort von allen möglichen Pilzen und Mikroorganismen verstoffwechselt werden und deshalb in der realen Natur in der Umgebung des Orchideensamens praktisch nicht existieren können.
Weniger gelobt ist genug kritisiert (frei nach Peter Altmaier)

knorbs

ja klar berthold...ich hatte die natürliche keimung im sinn. :classic

Belo144

Dies ist ja auch die These von O. Möller, der beobachtet hat, wie andere auch, daß z.B. Orchis mascula verstärkt im Traufbereich von Weißdorn keimt, wo sehr viel Zucker von Niederschlägen abgewaschen wird und auf den Boden gelangt.
Gruß,
Lothar